Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. Februar 2002
Aktenzeichen: 26 W (pat) 60/00

(BPatG: Beschluss v. 27.02.2002, Az.: 26 W (pat) 60/00)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin ist Inhaberin der Wortmarke 395 07 760.5.

ABI, die seit 30. Oktober 1995 ua für "Bier" eingetragen ist.

Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 20. Oktober 1997 - am 5. Februar 1998 als Kopie beim Deutschen Patentamt eingegangen - die teilweise Löschung der Marke für "Bier" mit der Begründung beantragt, die Angabe "ABI" stelle für die genannten Waren eine unmittelbar beschreibende Angabe dar, weil sie lediglich darauf hinweise, daß es sich um ein Bier handele, das von einem speziellen Abnehmerkreis anläßlich eines speziellen Anlasses getrunken werde. An einer derartigen reinen Sach- und Zeitangabe bestehe ein Freihaltebedürfnis; außerdem fehle diesem Begriff jegliche Unterscheidungskraft.

Die Antragsgegnerin hat diesem Antrag fristgerecht widersprochen. Es bestehe kein Bedürfnis, "ABI" für "Bier" freizuhalten. Für den Verkehr stelle sie eine originelle, unterscheidungskräftige Bezeichnung dar.

Die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Marke antragsgemäß wegen fehlender Unterscheidungskraft gelöscht. Das Wort "ABI" werde als Kurzfassung für "Abitur" benutzt und verstanden. Soweit die Antragsgegnerin auf weitere Sinngehalte verweise, für die "ABI" als Abkürzung verwendet werde, seien diese ungebräuchlich und für den inländischen Verkehr gerade als Kennzeichnung für Bier nicht ohne weiteres verständlich und nicht einschlägig. Vor allem kleinere Brauereien würden zu bestimmten Jahreszeiten oder Anlässen speziell gekennzeichnete Biere auf den Markt bringen. So gebe es bspw Weihnachtsbiere, Osterbiere oder Jubiläumsbiere für Sportvereine und dgl mehr. Die gewählten Bezeichnungen wiesen dabei nicht auf den Hersteller, sondern lediglich auf den Anlaß hin, zu dem sie hergestellt seien. Es sei deshalb davon auszugehen, daß der Verkehr der Marke für "Bier" keinerlei betriebskennzeichnende Originalität beimesse.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin. Ihrer Ansicht nach verfügt die angegriffene Marke über die erforderliche Unterscheidungskraft, denn die Bezeichnung "ABI" sei mehrdeutig und auch im Sinne von "Abitur" für die Kennzeichnung von "Bieren" ungebräuchlich und nicht einschlägig. Die von der Markenabteilung angeführten Beispiele wie "Weihnachtsbier, Osterbier, Jubiliäumsbiere für Sportvereine" etc. beinhalteten alle die Warenbezeichnung "Bier" und seien schon aus diesem Grund warenbeschreibend und mit der Marke "ABI" deshalb nicht zu vergleichen. Mangels beschreibenden Charakters sei "ABI" auch nicht freihaltebedürftig.

Demgemäß beantragte die Antragsgegnerin sinngemäß, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Beschluß. Sie verweist ua auf ein Schreiben der Antragsgegnerin vom November 1997, woraus hervorgehe, daß es der Markeninhaberin entgegen ihrer Argumentation offensichtlich um ein "ABI"-Bier gehe, das ausschließlich im Zusammenhang mit dem Abitur vermarktet werde. Der Verkehr könne der Kennzeichnung "ABI" entnehmen, zu welchem Zweck und für welchen Zeitpunkt die betreffende Ware bestimmt sei.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin erweist sich in der Sache als unbegründet, weil der Eintragung der angegriffenen Marke für die Waren "Biere" das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegenstand und dieses Schutzhindernis zum jetzigen Zeitpunkt fortbesteht (§§ 54, 50 Abs 1 Nr 3, Abs 2 MarkenG).

Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren dienen können. Dabei ist davon auszugehen, daß ein Eintragungshindernis auch dann besteht, wenn eine Benutzung als Sachangabe bisher nicht verfolgt ist, eine solche jedoch nach den gegebenen Umständen erfolgen wird (vgl BGH GRUR 1995, 408 - PROTECH). Zu den nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG vom Markengeschutz ausgeschlossenen Angaben zählen auch solche, die für den Verkehr wichtige und für den umworbenen Abnehmerkreis irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die betreffende Waren selbst beschreiben (vgl BGH BlPMZ 1999, 410 -FOR YOU mwN). Diese Voraussetzungen lagen bei der angegriffenen Marke sowohl zum Zeitpunkt ihrer Eintragung als auch zum Entscheidungszeitpunkt vor.

Wie die in der mündlichen Verhandlung erörterten Internet-Fundstellen belegen, war bereits im Jahre 1992 bei Abiturienten die Idee aufgekommen, auf der Abiturfeier ein "Abibier" anzubieten. Diese Idee soll bei den Bierbrauereien auf große Freude gestoßen sein und dazu geführt haben, daß eine Brauerei aus Dortmund dem Abiturjahrgang mehrere 50 l-Fässer Bier schenkte. Weitere Fundstellen aus dem Internet weisen eine Verwendung von "AbiBier" oder "Abibier" in den Jahren 1996 und 1998 nach. Aufgrund des jeweiligen Zusammenhangs der betreffenden Texte bestehen keine Zweifel, daß mit "Abibier" jeweils ein Bier bezeichnet wird, das Brauereien einer bestimmten Zielgruppe, nämlich Abiturienten, aus Anlaß des (Abi(tur)s) oder für die Abi(tur)feier anbieten. Abnehmerkreise, Verbrauchszweck und Erbringungszeit werden mithin durch "Abibier" bestimmt (vgl dazu Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl , § 8 Rdn 101). Im übrigen spricht das eigene Schreiben der Antragsgegnerin an die Abiturienten der Jahrgangsstufe 97/98 in Aalen und Umgebung im November 1997, mit dem sie den Adressaten ein Angebot zum Bezug von Bier für das bevorstehende Abitur unterbreitet, dafür, daß den Abiturienten unter der Bezeichnung "Abi" ein speziell gekennzeichnetes Bier offeriert wurde. Mithin stellt "Abibier" eine konkret warenbezogene beschreibende Sachaussage dar, die auf eine bestimmte für den Verkehr bedeutsame Eigenschaft (hier ein bestimmter Anlaß für den Konsum) der Ware "Bier" selbst Bezug nimmt. Das danach für die Bezeichnung "ABI-Bier" als unmittelbar beschreibende Bestimmungsangabe bestehende Freihaltungsbedürfnis gilt auch für "ABI" allein. Zunächst handelt es sich bei dem Begriff "Abi" um eine übliche, in den allgemeinen Wortschatz eingegangene Abkürzung für "Abitur". Dafür sprechen auch vergleichbare Wortkombinationen wie zB "Abizeitung", "Abi-Ball" oder "Abizeugnis". Soweit die Antragsgegnerin demgegenüber auf andere Bedeutungen von "ABI" als Abkürzung verweist, sind diese dem angesprochenen Verkehr weitgehend unbekannt. Es ist deshalb davon auszugehen, daß insbesondere die Abiturienten als Bezieher der betreffenden Ware die Kennzeichnung "ABI" als Kurzfassung für Abitur verstehen. Da außerdem Brauereien üblicherweise zu bestimmten Jahreszeiten und besonderen Anlässen speziell gekennzeichnete Biere auf den Markt bringen (zB Weihnachts- und Winterbiere oder Oktoberfestbiere sowie Jubiläumsbiere für Sportvereine), liegt es nahe, auch für den besonderen Anlaß "ABI" die Biere besonders zu kennzeichnen. Die angegriffene Bezeichnung "ABI" entbehrt ihren warenbeschreibenden Charakter nicht dadurch, daß sie nicht zusammen mit dem Warennamen "Bier" verwendet wird. Zum einen macht bereits die Kennzeichnung "ABI" allein deutlich, für welchen Verwendungszweck das damit gekennzeichnete Produkt bestimmt ist, zum anderen sprechen die oben geschilderten Umstände dafür, daß Mitbewerber für ihr "Bier" für«s "Abi" werben.

Damit unterlag und unterliegt die angegriffene Marke für die Waren "Biere" dem Freihaltungsbedürfnis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, wobei der von der Markenabteilung bejahte Löschungsgrund des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG dahingestellt bleiben kann.

Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen (§ 71 Abs 1 MarkenG) bestand kein Anlaß.

Kraft Reker Richterin Eder ist infolge Urlaubs an der Unterschriftsleistung gehindert Kraft Na






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Beschluss v. 27.02.2002
Az: 26 W (pat) 60/00


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