Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. Dezember 2005
Aktenzeichen: 6 W (pat) 49/02

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F 16 C des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. Januar 2002 aufgehoben und das Patent erteilt.

Bezeichnung: Lagereinrichtung, insbesondere für ein Festplattenlaufwerk mit Spindelmotor Anmeldetag: 14. April 2000 Prioritätstag: 14. April 1999 Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:

Patentansprüche 1 bis 5, Beschreibung Seiten 1 bis 3 und 12 bis 19, 1 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 und 2, alle eingegangen am 13. Dezember 2005.

Gründe

I.

Die Beschwerde der Anmelderin ist gegen den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F 16 C des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. Januar 2002 gerichtet, mit dem die vorliegende Anmeldung zurückgewiesen worden war, da der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt sind zum Stand der Technik folgende Druckschriften berücksichtigt worden:

1) JP 07-127 644 A 2) WO 98/44 270 A1 3) DE-Z: Antriebstechnik 30 (1991) Nr. 12, S. 50 - 53 4) DE-Z: Tribologie + Schmierungstechnik, 44 Jg., 2/1997, S. 70 - 72 5) DE-Z: Tribologie + Schmierungstechnik, 42 Jg., 6/1994, S. 310 - 314 6) DE-Z: Antriebstechnik 35 (1990) Nr. 4, S. 41 - 44 7) DE-Z: Industrieanzeiger 7/96, 1996, S. 36 - 37 8) US 55 93 234 A 9) JP 04-360 077 A 10) JP 07-282 551 A 11) WO 99/14 512 A1 12) JP 11-106 935 A 13) JP 11-045 144 A 14) JP 11-045 145 A.

Gegen den vorgenannten Beschluss hat die Anmelderin mit Schreiben vom 18. Februar 2002, eingegangen am gleichen Tage, Beschwerde eingelegt. Sie hat mit Schreiben vom 9. Dezember 2005 (eingegangen am 13. Dezember 2005) neue Ansprüche 1 bis 5, neue Beschreibungsseiten 1 bis 3 und 12 bis 19 sowie neue Figuren 1 und 2 vorgelegt und sinngemäß beantragt, den Beschluss der Prüfungsstelle aufzuheben und ein Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 bis 5, Beschreibung Seiten 1 bis 3 und 12 bis 19, Figuren 1 und 2, alle eingegangen am 13.12.2005.

Der Anspruch 1 lautet:

"Lagereinrichtung, insbesondere für ein Festplattenlaufwerk mit Spindelmotor, mit einer Welle (4, 9), einem Gehäuse und wenigstens zwei Kugellagern (1) mit jeweils - einem inneren Laufring (1n)

- einem äußeren Laufring (1g) und - einer Mehrzahl von Kugeln (B), wobei die jeweiligen inneren Laufringe (1n) auf der Welle (4, 9) und die jeweiligen äußeren Laufringe (1g) im Gehäuse angeordnet sind, die Kugellager (1) voneinander beanstandet sind und eine Vorspannung der Kugellager (1) in fester Position in axialer Richtung angelegt ist, dadurch gekennzeichnet, dassder innere Laufring (1n), der äußere Laufring (1g) und das Basismaterial der Kugeln (B) aus einem Stahl mit einem linearen Wärmeausdehnungskoeffizienten von 10,1 x 10-6 bis 13,5 x 10-6 hergestellt sind, nur die Kugeln (B) einen harten Überzugsfilm aus Keramiken, elektrisch leitenden Keramiken oder diamantartigem Kohlenstoff umfassen, dieser harte Überzugsfilm eine Dicke von 0,5 µm bis 2,5 µm aufweist und härter ist als der Stahlwerkstoff der Kugeln (B)."

Laut Beschreibung (S. 13, Abs. 2) soll die Aufgabe gelöst werden, eine Lagereinrichtung zu schaffen, die es gestattet, eine voreingestellte, feste Vorspannung des in dieser Lagereinrichtung verwendeten Wälzlagers auch bei erhöhter Betriebstemperatur aufrechtzuerhalten.

Hinsichtlich der auf den Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 5 sowie wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig und im Hinblick auf die geltenden Unterlagen auch begründet.

1. Die Gegenstände der geltenden Ansprüche 1 bis 5 sind in den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen offenbart, die Ansprüche sind somit zulässig. Der geltende Anspruch 1 ergibt sich aus den ursprünglichen Ansprüchen 1 bis 4 und 8 und die geltenden Ansprüche 2 bis 5 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 5 bis 7 und 9.

2. Der Anmeldungsgegenstand stellt eine patentfähige Erfindung i. S. d. PatG §§ 1 bis 5 dar.

a. Die Lagereinrichtung nach Anspruch 1 ist gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik neu, denn keine der entgegengehaltenen Druckschriften zeigt eine Lagereinrichtung mit sämtlichen im Anspruch 1 angegebenen Merkmalen, wie sich auch aus den folgenden Ausführungen ergibt.

b. Der Gegenstand des Anspruchs 1 der vorliegenden Anmeldung, dessen gewerbliche Anwendbarkeit nicht in Zweifel steht, ist das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit.

Aus der JP 04-360 077 A ist eine gattungsgemäße Lagereinrichtung bekannt. Dort ist das Lager durch eine Feder druckvorgespannt. Da diese Feder jedoch Dimensionsänderungen des Lagers kompensieren kann, tritt das erfindungsgemäße Problem dort nicht auf. Darüber hinaus ist dieser Druckschrift auch nicht die spezielle Materialwahl für den inneren und äußeren Laufring und für das Basismaterial der Kugeln sowie für die Beschichtung der Kugeln zu entnehmen. Von dieser Druckschrift kann somit mangels entsprechender Hinweise keine Anregung auf die erfindungsgemäße Lehre ausgehen.

Eine solche Anregung erhält der Fachmann, ein mit der Konstruktion von Lagereinrichtungen befasster Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau, auch nicht bei Kenntnis der übrigen Entgegenhaltungen.

Aus der JP 07-282 551 A ist eine weitere Lagereinrichtung für ein Festplattenlaufwerk bekannt, aber auch dort ist weder die spezielle Materialwahl für den inneren und äußeren Laufring und für das Basismaterial der Kugeln zu entnehmen noch ist die spezielle Beschichtung für die Kugeln angegeben.

Die übrigen Druckschriften, die allesamt noch weiter vom Erfindungsgegenstand abliegen, da sie keine vorgespannten Lagereinrichtungen, sondern nur Wälzlager als solche betreffen, lassen allenfalls Teilmerkmale der erfindungsgemäßen Lehre erkennen, sie vermögen jedoch keine Anregungen in Richtung auf den Patentgegenstand zu geben, da die hier angesprochene Problematik der Aufrechterhaltung der Vorspannung bei einer erhöhten Betriebstemperatur dort nicht thematisiert wird.

So befassen sich die Druckschriften JP 07-127 644 A, WO 98/44 270 A1, DE-Z: Antriebstechnik 30 (1991) Nr. 12, S. 50 - 53, DE-Z: Tribologie + Schmierungstechnik, 44 Jg., 2/1997, S. 70 - 72, DE-Z: Tribologie +Schmierungstechnik, 42 Jg., 6/1994, S. 310 - 314, DE-Z: Antriebstechnik 35 (1990) Nr. 4, S. 41 - 44, und DE-Z: Industrieanzeiger 7/96, 1996, S. 36 - 37 mit der Beschichtung von Wälzlagern mit Keramiken mit dem Ziel einer Verbesserung der Verschleiß- und Notlaufeigenschaften. Ein Zusammenhang zwischen keramikbeschichteten Wälzlagern und der Vorspannung von Lagereinrichtungen ist in diesem Stand der Technik aber ebenso wenig erläutert, wie dort Angaben über das erfindungsgemäß für die inneren und äußeren Laufringe und das Basismaterial der Kugeln verwendete Material oder die spezielle Art und Dicke der Beschichtung der Kugeln enthalten sind.

Der übrige Stand der Technik vermag zu diesen Merkmalen ebenfalls keine Anregung zu liefern. So geht die US 55 93 234 auf die Vorteile mehrfachbeschichteter Lager, insbesondere die Härte, den Korrosionsschutz, die chemische Beständigkeit und die geringe Reibung ein (Sp. 12, Z. 34 bis 56 und Sp. 13, Z. 31 bis 56).

Die WO 99/14 512 offenbart ein Wälzlager, dessen Elemente mit einer Mischung aus einem Metall, z. B. Nickel, und diamantähnlichem Kohlenstoff beschichtet sind, um die Notlaufeigenschaften des Wälzlagers zu verbessern (S. 2, Z. 4 bis 7 und S. 3, Z. 17 bis 19).

Die übrigen Druckschriften JP 11-106 935, JP 11-45 144 und JP 11-45 145 müssen unberücksichtigt bleiben, da die JP 11-106 935 die japanische Prioritätsanmeldung der vorliegenden Anmeldung ist und die JP 11-45 144 und die JP 11-45 145 erst nach dem Prioritätstag der vorliegenden Anmeldung veröffentlicht worden sind und daher gemäß § 4 PatG bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht in Betracht gezogen werden dürfen.

Zusammengefasst ergibt sich somit, dass der Stand der Technik jeweils für sich allein betrachtet aufgrund mangelnder Hinweise nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 führen kann. Aber auch eine Zusammenschau kann nicht zu der im Anspruch 1 angegebenen Lösung führen, da die Entgegenhaltungen dem Fachmann für den grundlegenden Gedanken, nämlich für die inneren und äußeren Laufringe und das Basismaterial der Kugeln ein spezielles Material zu wählen und zusätzlich die Kugeln in besonderer Art und Weise zu beschichten, keine Anregungen geben.

Der Anspruch 1 ist somit gewährbar. Das gleiche gilt für die auf diesen Anspruch rückbezogenen Ansprüche 2 bis 5, die auf Merkmale zur Weiterbildung der Lagereinrichtung nach Anspruch 1 gerichtet sind.

Lischke Schneider Hildebrandt Müller Cl






BPatG:
Beschluss v. 21.12.2005
Az: 6 W (pat) 49/02


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