Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. April 2003
Aktenzeichen: 28 W (pat) 132/02

(BPatG: Beschluss v. 30.04.2003, Az.: 28 W (pat) 132/02)

Tenor

Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 12 des DPMA vom 11. Juli 2000 und vom 6. Mai 2002 aufgehoben.

Gründe

I.

Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist das Wort EUROTOP als Kennzeichnung für die Waren Fahrzeugverdecke, Cabrioverdecke, Faltdächer für Fahrzeuge.

Die Markenstelle für Klasse 12 hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen, denn das Wort Top heiße im deutschen Sprachgebrauch (auch) "Verdeck", und "Euro" sei ein Hinweis auf "europäisch". "Eurotop" werde vom angesprochenen Verkehr deshalb als "Verdeck, welches europäischen Vorstellungen oder Qualitätsstandards entspreche" verstanden und nicht als Hinweis auf den Hersteller.

Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt die Anmelderin ihr Begehren auf Eintragung weiter und bestreitet, dass ein Cabrioverdeck auch als "Top" benannt wird. Selbst wenn dies zutreffe, so sei das Gesamtwort "Eurotop" doch ausreichend eigentümlich, denn es gebe weder ein "europäisches Verdeck" noch entsprechende europäische Standards. Zudem könne mit "Eurotop" auch auf eine "Spitzenstellung in Europa" hingewiesen werden, womit das angemeldete Zeichen mehrdeutig sei.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der begehrten Eintragung in das Markenregister steht weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG), noch das des Freihaltebedürfnisses (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG) entgegen.

Es steht nicht mit der für die Versagung einer Eintragung notwendigen Sicherheit fest, dass der Begriff EUROTOP einen derart eindeutig beschreibenden Begriffsinhalt hätte, dass er von dem angesprochenen Verkehr - Fachverkehr und auch allgemeiner Verbraucher, denn Cabrioverdecke sind in aller Regel kurzlebiger als das Auto selbst - in dem von der Markenstelle genannten Sinn verstanden wird. Wegen des Anspruchs auf Eintragung gemäß § 33 Abs 2 S 2 MarkenG müssen Zweifel letztlich aber zugunsten der angemeldeten Marke gewertet werden.

Entgegen den Ausführungen im patentamtlichen Beschluß konnte nicht festgestellt werden, dass ein Cabrioverdeck im deutschen Sprachgebrauch auch als "Top" bezeichnet wird. Zwar gibt es das Hardtop und das Softtop, in Alleinstellung ist "Top" mit diesem Bedeutungsinhalt jedoch weder in deutschen Lexika, in Abkürzungs- und Kurzwortverzeichnissen der Automobil-Fachsprache, noch in maßgeblichen Fundstellen im Internet festzustellen. Angesichts der dort möglichen Suchbreite sind die vorgefundenen Treffergebnisse auf ihre Relevanz hin sorgfältig zu überprüfen. Die von der Markenstelle als Nachweis vorgelegten Internetfundstellen genügen diesen Anforderungen nicht, denn bei dem ersten Beleg handelt es sich um eine private Seite, bei der in flapsiger und orthografisch fehlerhafter Schreibweise die Worte "Bikinitop" und "Top" miteinander vermengt werden; bei der zweiten Fundstelle ist von "Cabrio-Top" (und nicht von "Top") die Rede; beim dritten Treffer (unbekannter Herkunft) wurde das Wort "Verdeck" in die englische Sprache mit "Top" übersetzt. Dies alles kann kein deutsches Sprachverständnis iSv Top = Cabrioverdeck belegen. Das wird bestätigt durch eine eingehende Nachschau im Internet, wo sich zwar Begriffe wie "Topin-Top Verdeck" oder "Fast-Top-Verdeck", oder "Popp-Top Dach", sowie "High-Top Dach" (für ein Wohnmobil-Dach) finden, nicht jedoch "Top" in Alleinstellung als Bezeichnung des Autoverdecks (vgl hierzu auch BPatG, PAVIS; TWINTOP, schutzfähig ua für Schutzdächer für Landfahrzeuge; Klapptopp, schutzfähig ua für Klappverdecke für Automobile).

Die Frage des beschreibenden Inhalts von "Top" kann letztlich dahinstehen, denn zusammen mit dem weiteren Bestandteil "Euro" verliert das Zeichen an einem klaren Begriffsinhalt. Für Cabrio-Verdecke gibt es weder einen europäischen Standard, noch eine europäische Norm, es bleibt also ungewiss, welchen Aussagegehalt "europäisch" im Zusammenhang mit diesen Produkten haben soll. Dies umso mehr, also der Gesamtbegriff "Eurotop" auf den unterschiedlichsten Waren- und Dienstleistungsgebieten meist kennzeichnend als Hinweis auf eine "europäische Spitzenstellung" verwendet wird (zB Eurotop Reisen, Banker-Eurotop, Eurotop Sportversicherung, Eurotop Landmaschinen, Nissan Eurotop). Diese begriffliche Zweideutigkeit genügt dem Verkehr, um in der Marke einen betrieblichen Hinweis zu sehen, womit die geringen Anforderungen an die Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG) erfüllt sind.

Wegen dieses unscharfen und mehrdeutigen Begriffsinhaltes, der ohne ergänzende weitere Angaben einen eindeutig beschreibenden Inhalt auch in Verbindung mit den Waren nicht erkennen lässt, kann auch das Schutzhindernis eines Freihaltebedürfnisses (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG) nicht hinreichend sicher festgestellt werden.

Schwarz-Angele Paetzold Schramm Bb






BPatG:
Beschluss v. 30.04.2003
Az: 28 W (pat) 132/02


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