Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. März 2010
Aktenzeichen: 9 W (pat) 322/05

(BPatG: Beschluss v. 22.03.2010, Az.: 9 W (pat) 322/05)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Die vorliegende Gerichtsentscheidung des Bundespatentgerichts betrifft den Widerruf eines Patents für eine elektrisch angetriebene Sitzgleitvorrichtung für ein Fahrzeug. Gegen das ursprünglich angemeldete Patent wurde Einspruch eingelegt, mit der Begründung, dass das Patent über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinausgehe und dass die beanspruchte Sitzgleitvorrichtung nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Die Einsprechende beantragt daher den Widerruf des Patents.

Die Patentinhaberin hingegen stellt den Antrag, das Patent in vollem Umfang aufrechtzuerhalten, und hat zusätzlich noch mehrere Hilfsanträge gestellt, in denen das Patent beschränkt aufrechterhalten werden soll. In der Gerichtsentscheidung wird dargelegt, dass der Einspruch zulässig ist und der Gegenstand des Patents über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinausgeht. Es wird auch ausgeführt, dass die vorgeschlagene Sitzgleitvorrichtung nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

Die Gerichtsentscheidung behandelt ebenfalls die einzelnen Hilfsanträge der Patentinhaberin und kommt zu dem Schluss, dass auch diese den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung überschreiten. Es wird jedoch nicht abschließend darüber entschieden, ob die Gegenstände nach den jeweiligen Patentansprüchen die Patentierungsvoraussetzungen erfüllen.

Insgesamt führt der Einspruch zum Widerruf des Patents, da der Gegenstand des Patents über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinausgeht. Es ist jedoch zu beachten, dass nicht abschließend über die Patentierungsvoraussetzungen nach § 1 bis 5 PatG entschieden wurde.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 22.03.2010, Az: 9 W (pat) 322/05


Tenor

Das Patent wird widerrufen.

Gründe

I.

Gegen das am 25. November 1999 unter Inanspruchnahme der japanischen Priorität 10-336008 vom 26. November 1998 angemeldete und am 7. Oktober 2004 veröffentlichte deutsche Patent 199 56 738 (Streitpatent) mit der Bezeichnung

"Elektrisch angetriebene Sitzgleitvorrichtung für ein Fahrzeug"

ist Einspruch eingelegt worden.

Die Einsprechende macht geltend, dass das Streitpatent über den Inhalt der beim Deutschen Patentund Markenamt eingereichten Anmeldung hinausgehe. Insbesondere betreffe dies den Patentanspruch 1. Zudem ist sie der Meinung, dass die beanspruchte Sitzgleitvorrichtung nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Zum Stand der Technik verweist sie auf die bereits im Prüfungsverfahren berücksichtigten Druckschriften:

D1 DE 43 30 367 A1 D2 DE 41 27 503 C2 D3 DE 35 02 345 A1 D4 JP 09-142181 A und zugehöriges Abstractsowie die Druckschrift D5 EP0759374A2.

Die Einsprechende beantragt, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag, das Patent in vollem Umfang aufrecht zu erhalten (Hauptantrag), hilfsweise das Patent aufrecht zu erhalten mit Patentansprüchen 1 bis 4 gemäß Patentschrift, Beschreibung Abs. 0001 bis 0009 und 0012 bis 0031 sowie Zeichnungen Figuren 1 bis 3 gemäß Patentschrift (Hilfsantrag 0)

weiter hilfsweise, das Patent beschränkt aufrecht zu erhalten mit Patentansprüchen 1 bis 4 gemäß erstem Hilfsantrag, eingegangen am 12. März 2010, Beschreibung und Zeichnungen wie Hilfsantrag 0 (Hilfsantrag 1)

weiter hilfsweise, das Patent beschränkt aufrecht zu erhalten mit Patentansprüchen 1 bis 4 gemäß zweitem Hilfsantrag, eingegangen am 12. März 2010, Beschreibung und Zeichnungen wie Hilfsantrag 0 (Hilfsantrag 2)

weiter hilfsweise, das Patent beschränkt aufrecht zu erhalten mit Patentansprüchen 1 bis 3 gemäß drittem Hilfsantrag, eingegangen am 12. März 2010, Beschreibung und Zeichnungen wie Hilfsantrag 0 (Hilfsantrag 3).

Die Patentinhaberin macht geltend, dass die behaupteten Widerrufsgründe nicht vorlägen.

Der erteilte und weiterhin nach Hauptantrag sowie Hilfsantrag 0 geltende Patentanspruch 1 lautet:

Elektrisch angetriebene Sitzgleitvorrichtung für ein Fahrzeug mit: einer unteren Schiene (1) für eine Befestigung an dem Fahrzeugboden; einer oberen Schiene (2) zum Stützen einer Sitzvorrichtung (SD), wobei die obere Schiene (2) an der unteren Schiene (1) gleitfähig montiert ist; einem Mutterelement (32), das an der unteren Schiene (1) gesichert ist; einer Schraubwelle (31), die in der oberen Schiene (2) gelagert ist und mit dem Mutterelement (32) im Gewindeeingriff steht; einer elektrischen Antriebsquelle, die beim Einschalten eine Drehbewegung erzeugt; einem Flansch (36), der an der Schraubwelle (31) befestigt ist; einem Getriebegehäuse (33), das durch die obere Schiene (2) gehalten ist und mit der elektrischen Antriebsquelle und der Schraubwelle (31) verbunden ist, wobei das Getriebegehäuse (33) die Umdrehung von der elektrischen Antriebsquelle zu der Schraubwelle (31) so überträgt, dass sich die Schraubwelle (31) relativ zu dem Mutterelement (32) dreht, wodurch die obere Schiene (2) relativ zu der unteren Schiene (1) gleitet, gekennzeichnet, durch ein Blockelement (6), das an der oberen Schiene (2) gesichert ist und sich entlang der Welle (31) erstreckt, ohne gegenseitigen Kontakt in der Radialrichtung der Welle (31), wobei das Blockelement (6) zwischen dem Flansch (36) und dem Getriebegehäuse (33) positioniert und in Anlagekontakt bringbar ist.

Unmittelbar darauf rückbezogen schließen sich hieran die Patentansprüche 2 bis 4 an.

Der nach Hilfsantrag 1 geltende Patentanspruch 1 lautet (Änderungen gegenüber Hauptantrag fett hervorgehoben):

Elektrisch angetriebene Sitzgleitvorrichtung für ein Fahrzeug mit: einer unteren Schiene (1) für eine Befestigung an dem Fahrzeugboden; einer oberen Schiene (2) zum Stützen einer Sitzvorrichtung (SD), wobei die obere Schiene (2) an der unteren Schiene (1) gleitfähig montiert ist; einem Mutterelement (32), das an der unteren Schiene (1) gesichert ist; einer Schraubwelle (31), die in der oberen Schiene (2) gelagert ist und mit dem Mutterelement (32) im Gewindeeingriff steht; einer elektrischen Antriebsquelle, die beim Einschalten eine Drehbewegung erzeugt; einem Flansch (36), der an der Schraubwelle (31) befestigt ist; einem Getriebegehäuse (33), das durch die obere Schiene (2) gehalten ist und mit der elektrischen Antriebsquelle und der Schraubwelle (31) verbunden ist, wobei das Getriebegehäuse (33) die Umdrehung von der elektrischen Antriebsquelle zu der Schraubwelle (31) so überträgt, dass sich die Schraubwelle (31) relativ zu dem Mutterelement (32) dreht, wodurch die obere Schiene (2) relativ zu der unteren Schiene (1) gleitet, gekennzeichnet, durch ein Blockelement (6), das an der oberen Schiene (2) gesichert ist und sich entlang der Welle (31) erstreckt, ohne gegenseitigen Kontakt in der Radialrichtung der Welle (31), wobei das Blockelement (6) zwischen dem Flansch (36) und dem Getriebegehäuse (33) positioniert und in Anlagekontakt bringbar ist, wobei das Getriebegehäuse (33) in eine Halterung (39) eingepasst und daran befestigt ist, die mit der oberen Schiene (2) verbunden ist, und wobei das Blockelement (6) mit dem Flansch (36) und der Halterung (39) in Anlagekontakt bringbar ist.

Unmittelbar darauf rückbezogen schließen sich hieran die Patentansprüche 2 bis 4 an.

Der nach Hilfsantrag 2 geltende Patentanspruch 1 lautet (Änderungen gegenüber Hauptantrag fett hervorgehoben bzw. durchgestrichen):

Elektrisch angetriebene Sitzgleitvorrichtung für ein Fahrzeug mit: einer unteren Schiene (1) für eine Befestigung an dem Fahrzeugboden; einer oberen Schiene (2) zum Stützen einer Sitzvorrichtung (SD), wobei die obere Schiene (2) an der unteren Schiene (1) gleitfähig montiert ist; einem Mutterelement (32), das an der unteren Schiene (1) gesichert ist; einer Schraubwelle (31), die in der oberen Schiene (2) gelagert ist und mit dem Mutterelement (32) im Gewindeeingriff steht;

einer elektrischen Antriebsquelle, die beim Einschalten eine Drehbewegung erzeugt; einem Flansch (36), der an der Schraubwelle (31) befestigt ist; einem Getriebegehäuse (33), das durch die obere Schiene (2) gehalten ist und in dem ein Untersetzungsgetriebezug (38) untergebracht ist, der mit der elektrischen Antriebsquelle und der Schraubwelle (31) verbunden ist, wobei das der Untersetzungsgetriebezug (38) in dem Getriebegehäuse (33) die Umdrehung von der elektrischen Antriebsquelle zu der Schraubwelle (31) so überträgt, dass sich die Schraubwelle (31) relativ zu dem Mutterelement (32) dreht, wodurch die obere Schiene (2) relativ zu der unteren Schiene (1) gleitet, gekennzeichnet, durch ein Blockelement (6), das eine umgekehrt U-förmige Nut (63) ausgebildet hat, die sich in einer axialen Richtung erstreckt, das an der oberen Schiene (2) gesichert ist und sich entlang der Welle (31) erstreckt, ohne gegenseitigen Kontakt in der Radialrichtung der Welle (31), wobei das Blockelement (6) zwischen dem Flansch (36) und dem Getriebegehäuse (33) positioniert und in Anlagekontakt bringbar ist.

Unmittelbar darauf rückbezogen schließen sich hieran die Patentansprüche 2 bis 4 an.

Der nach Hilfsantrag 3 geltende Patentanspruch 1 lautet (Änderungen gegenüber Hauptantrag fett hervorgehoben):

Elektrisch angetriebene Sitzgleitvorrichtung für ein Fahrzeug mit: einer unteren Schiene (1) für eine Befestigung an dem Fahrzeugboden; einer oberen Schiene (2) zum Stützen einer Sitzvorrichtung (SD), wobei die obere Schiene (2) an der unteren Schiene (1) gleitfähig montiert ist; einem Mutterelement (32), das an der unteren Schiene (1) gesichert ist; einer Schraubwelle (31), die in der oberen Schiene (2) gelagert ist und mit dem Mutterelement (32) im Gewindeeingriff steht; einer elektrischen Antriebsquelle, die beim Einschalten eine Drehbewegung erzeugt; einem Flansch (36), der an der Schraubwelle (31) befestigt ist; einem Getriebegehäuse (33), das durch die obere Schiene (2) gehalten ist und in dem ein Untersetzungsgetriebezug (38) untergebracht ist, der mit der elektrischen Antriebsquelle und der Schraubwelle (31) verbunden ist, wobei der Untersetzungsgetriebezug (38) in dem das Getriebegehäuse (33) die Umdrehung von der elektrischen Antriebsquelle zu der Schraubwelle (31) so überträgt, dass sich die Schraubwelle (31) relativ zu dem Mutterelement (32) dreht, wodurch die obere Schiene (2) relativ zu der unteren Schiene (1) gleitet, gekennzeichnet, durch ein Blockelement (6), das eine umgekehrte U-förmige Nut (63) ausgebildet hat, die sich in einer axialen Richtung erstreckt, das an der oberen Schiene (2) gesichert ist und sich entlang der Welle (31) erstreckt, ohne gegenseitigen Kontakt in der Radialrichtung der Welle (31), wobei das Blockelement (6) zwischen dem Flansch (36) und dem Getriebegehäuse (33) positioniert ist, wobei das Getriebegehäuse (33) in eine Halterung (39) eingepasst und daran befestigt ist, die mit der oberen Schiene (2) verbunden ist, und wobei das Blockelement (6) mit dem Flansch (36) und der Halterung (39) in Anlagekontakt bringbar ist.

Unmittelbar darauf rückbezogen schließen sich hieran die Patentansprüche 2 und 3 an.

II.

1.

Die Zuständigkeit des Beschwerdesenats des Bundespatentgerichts ist durch § 147 Abs. 3 Satz 1 PatG in den vom 1. Januar 2002 bis zum 30. Juni 2006 geltenden Fassungen begründet.

2.

Der Einspruch ist zulässig. Gegenteiliges hat auch die Patentinhaberin nicht vorgetragen.

3.

In der Sache führt der Einspruch zum Widerruf des Patents.

4.

Laut Beschreibungseinleitung betrifft das Streitpatent eine elektrisch angetriebene Sitzgleitvorrichtung. Derartige Vorrichtungen seien aus der DE 43 30 367 A1 und der JP 9-142181 A2 bekannt. Diese sollen dahingehend weitergebildet werden, dass eine hohe Stabilität mit einem einfachen Aufbau und geringem Materialaufwand erreicht wird.

Als den mit der Lösung des Problems beauftragten Durchschnittsfachmann legt der Senat seiner Entscheidung einen Dipl.-Ing. der Fachrichtung Maschinenbau mit Fachhochschulabschluss zugrunde, der über mehrjährige Erfahrung in der Entwicklung und Konstruktion von Fahrzeugsitzen, insbesondere deren Befestigung mit dem Fahrzeugchassis verfügt.

5.

Die vorgeschlagene Lösung einer elektrisch angetriebenen Sitzgleitvorrichtung für ein Fahrzeug nach Patentanspruch 1 (erteilte Fassung) stellt sich in Form einer Merkmalsgliederung (in Anlehnung an den Vorschlag der Einsprechenden) wie folgt dar:

1.

Elektrisch angetriebene Sitzgleitvorrichtung für ein Fahrzeug mit:

2.

einer unteren Schiene (1) für eine Befestigung an dem Fahrzeugboden;

3.

einer oberen Schiene (2) zum Stützen einer Sitzvorrichtung (SD), 3.1 die obere Schiene (2) ist an der unteren Schiene (1) gleitfähig montiert;

4.

einem Mutterelement (32), 4.1 das Mutterelement (32) ist an der unteren Schiene (1) gesichert;

5.

einer Schraubwelle (31), 5.1 die Schraubwelle (31) ist in der oberen Schiene (2) gelagert;

5.2 die Schraubwelle (31) steht mit dem Mutterelement (32) im Gewindeeingriff;

6.

einer elektrischen Antriebsquelle, die beim Einschalten eine Drehbewegung erzeugt;

7.

einem Flansch (36), der an der Schraubwelle (31) befestigt ist;

8.

einem Getriebegehäuse (33);

8.1 das Getriebegehäuse (33) ist durch die obere Schiene (2) gehalten;

8.2 das Getriebegehäuse (33) ist mit der elektrischen Antriebsquelle und der Schraubwelle (31) verbunden;

8.3 das Getriebegehäuse (33) überträgt die Umdrehung von der elektrischen Antriebsquelle zu der Schraubwelle (31) so, dass sich die Schraubwelle (31) relativ zu dem Mutterelement (32) dreht, wodurch die obere Schiene (2) relativ zu der unteren Schiene (1) gleitet;

Oberbegriff 9. einem Blockelement (6), 9.1 das Blockelement (6) ist an der oberen Schiene (2) gesichert;

9.2 das Blockelement (6) erstreckt sich entlang der Welle (31);

9.3 es besteht kein gegenseitiger Kontakt zwischen dem Blockelement (6) und der Welle in der Radialrichtung der Welle (31);

9.4 das Blockelement (6) ist zwischen dem Flansch (36) und dem Getriebegehäuse (33) positioniert und in Anlagekontakt bringbar.

Kennzeichen Nach dem Verständnis des vorstehend genannten Fachmanns stellt sich der Streitgegenstand hinsichtlich der Merkmale 9. bis 9.4 wie folgt dar: An der oberen Schiene der Sitzgleitvorrichtung ist ein Blockelement gesichert. Dieses Blockelement erstreckt sich entlang einer zur Sitzgleitvorrichtung gehörenden Schraubwelle. Dabei hat das Blockelement keinen Kontakt zu der Welle in der Radialrichtung der Welle. Aus der Beschreibung (vgl. Abs. 0010) ergibt sich, dass kein Kontakt zwischen Blockelement und Schraubwelle vorliegen soll. In der angegebenen Passage wird eine Erstreckung des Blockelements auf der Schraubwelle ohne Anlagekontakt beschrieben. Das Merkmal 9.4 legt die Position des Blockelements zwischen einem an der Schraubwelle befestigten Flansch und einem Getriebegehäuse fest. Es lässt offen, mit welchen Bauteilen der Sitzgleitvorrichtung das Blockelement in Anlagekontakt bringbar ist.

6a. Der Gegenstand gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag geht über den Inhalt der ursprünglich beim Deutschen Patentund Markenamt eingereichten Fassung hinaus (§ 21, Abs. 1, Nr. 4 PatG).

In den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen ist keine Sitzgleitvorrichtung enthalten, die ein Blockelement aufweist, das sich entlang einer Schraubwelle ohne gegenseitigen Kontakt in Radialrichtung erstreckt (Merkmalskombination 9, 9.2 und 9.3).

In Spalte 4, Zeilen 30 bis 45, der die Anmeldungsunterlagen wiedergebenden Offenlegungsschrift ist eine U-förmige Nut 63 beschrieben, die sich in axialer Richtung eines Blockelements 6 erstreckt. Durch die Nut 63 tritt eine Schraubwelle 31. Nach Auffassung der Patentinhaberin ergäbe sich daraus die Erstreckung des Blockelements 6 entlang der Schraubwelle 31 . In den Fig. 2 und 3 sei jeweils eine Doppellinie zwischen Schraubwelle 31 und Blockelement 6 eingezeichnet. Dies bedeute einen Abstand zwischen den beiden Bauteilen. Weiterhin seien in Spalte 4, Zeilen 60 bis 64 sowie Spalte 5, Zeilen 10 bis 25 Kippbewegungen des Blockelements unter Lasteinwirkung beschrieben. Dies könne nur erfolgen, wenn zwischen den Bauteilen kein Kontakt vorhanden sei. Im Patentanspruch 1 und im letzten Absatz der Beschreibung der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen sei angegeben, dass eine Umdrehung der Schraubwelle 31 im Blockelement 6 möglich sei. Daraus ergäbe sich eine Verschiebbarkeit der Schraubwelle 31 gegenüber dem Blockelement 6.

Diese Argumentation überzeugt den Senat nicht. Die zum Verständnis des Streitgegenstandes hinsichtlich der Merkmalsgruppe 9 besonders wichtigen Teile der Beschreibung wurden geändert. Insbesondere sind die Absätze 0010 und 0011 in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen nicht enthalten. Der letzte Absatz der ursprünglichen Beschreibung, der sich mit einer dem ursprünglich eingereichten Patentanspruch 1 entsprechenden Anordnung des Blockelements 6 befasst, ist gestrichen worden. Die erteilte und nunmehr beanspruchte Merkmalskombination umfasst Ausführungsformen, bei denen das Blockelement 6 in beliebiger Lage entlang der Schraubwelle 31 sich axial erstreckend angeordnet sein kann und stellt daher eine Verallgemeinerung dar. Aus dem Ausführungsbeispiel ergibt sich, wie in Spalte 4, Zeilen 30 bis 45, beschrieben und in sämtlichen Figuren dargestellt, dass sich die Schraubwelle 31 in einer im unteren Abschnitt des Blockelements 6 ausgebildeten Nut 63 erstreckt. Aus der axialen Erstreckung der Nut 63 mag sich auch eine axiale Erstreckung der Schraubwelle 31 in der Nut ergeben, jedoch nicht jede beliebige axiale Erstreckung des Blockelements entlang der Welle, z. B. die Erstreckung des Blockelements 6 neben der Schraubwelle 31. Dem Patentanspruch 1 und dem letztem Absatz der Beschreibung gemäß Anmeldungsunterlagen ist allgemeiner eine Montage des Blockelements 6 an der Schraubwelle 31 bei einer Drehmöglichkeit der Schraubwelle 31 zu entnehmen. Andere relative Lagen von Blockelement 6 und Schraubwelle 31 sind nicht offenbart. Aus der Montageangabe ergibt sich zwar, dass eine starre Verbindung zwischen Schraubwelle 31 und Blockelement 6 nicht vorliegt. Die Montage des Blockelements 6 an der Schraubwelle 31 bedeutet aber, dass zwischen den beiden Bauteilen ein Kontakt besteht. In der ursprünglichen Fassung der Anmeldung wird ein fehlender Kontakt zwischen der Schraubwelle 31 und dem Blockelement 6 nicht erwähnt. Die von der Patentinhaberin zitierten Textstellen (Sp. 4 bis Sp. 5) beschreiben lediglich ein Verringern der Last auf Getriebegehäuse 33 und Schraubwelle 31 in dem Sinne, dass eine Versteifung der oberen Schiene 2 erfolgt, so dass die auf das Getriebegehäuse 33 gerichtete Auswirkungen vermindert werden. Auf einen fehlenden Kontakt kommt es zum Vermeiden der Durchbiegung der Schraubwelle 31 gar nicht an, sondern lediglich auf das am Schraubwellenende über die vertikale Verschiebung des Getriebegehäuses 33 aufgebrachte Biegemoment. Die vertikale Verschiebung hängt wiederum von der Durchbiegung der oberen Schiene 2 ab. Bei vorhandenem Kontakt zwischen Blockelement 6 und Schraubwelle 31 bringt das Blockelement 6 beim Verbiegen der oberen Schiene 2 nur dann ein Biegemoment auf die Schraubwelle 31 auf, wenn das Getriebegehäuse 33 plastisch verformt wird. Die horizontalen Kräfte muss die Schraubwelle 31 so oder so von oberer Schiene 2 zu unterer Schiene 1 übertragen. Auch hier kommt es nicht darauf an, ob ein Kontakt zwischen Schraubwelle 31 und Blockelement 6 besteht, sondern lediglich auf die relative Beweglichkeit (so dass die Umdrehung der Schraubwelle zur Sitzverstellung ermöglicht ist). Aus den Angaben im Text der Anmeldungsunterlagen ergibt sich demnach kein Hinweis, dass es auf Kontaktvermeidung zwischen Blockelement 6 und Schraubwelle 31 ankommen könnte. Die Figuren stellen Prinzipskizzen dar, denen negative Merkmale nicht ohne Weiteres entnommen werden können. Nach Fig. 1 weist die Schraubwelle 31 im Bereich der Nut 63 des Blockelements 6 eine Stufung des Durchmessers auf. Sowohl Fig. 2 als auch Fig. 3 sollen laut den Angaben zu den Figuren in der Beschreibung weitere Darstellungen der in Fig. 1 gezeigten Sitzgleitvorrichtung darstellen. Allerdings ist auf die Darstellung der Stufung in Fig. 2 und 3 verzichtet worden, so dass nicht erkennbar ist, ob der im Durchmesser kleinere Bereich oder der im Durchmesser größere Bereich in den Schnittzeichnungen dargestellt sein soll. Angesichts dieser Unterschiede in den Figuren und mangels Angaben im Text kann daher nicht zwingend auf einen fehlenden Kontakt als zur Erfindung gehörig geschlossen werden. Dies geht zu Lasten der Patentinhaberin.

Auf die weiter von der Einsprechenden geltend gemachten Erweiterungen kommt es bei dieser Sachlage nicht an.

6b. Der Gegenstand gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 0 geht über den Inhalt der ursprünglich beim Deutschen Patentund Markenamt eingereichten Fassung hinaus (§ 21, Abs. 1, Nr. 4 PatG). Da Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 0 wortgleich mit Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist, wird auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen.

6c. Der Gegenstand gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 geht über den Inhalt der ursprünglich beim Deutschen Patentund Markenamt eingereichten Fassung hinaus (§ 21, Abs. 1, Nr. 4 PatG).

Gegenüber dem Hauptantrag sind die Merkmale "wobei das Getriebegehäuse (33) in eine Halterung (39) eingepasst und daran befestigt ist, die mit der oberen Schiene (2) verbunden ist, und wobei das Blockelement (6) mit dem Flansch (36) und der Halterung (39) in Anlagekontakt bringbar ist" in den Patentanspruch 1 aufgenommen worden. Diese Ergänzungen definieren die Lage des Getriebegehäuses 33 und legen die Kontaktflächen des Blockelements 6 bzgl. einer Halterung 39 des Getriebegehäuses 33 und eines an der Schraubwelle 31 befestigten Flansches 36 fest. Die Ergänzungen vermögen jedoch nicht die relative Lage des Blockelements 6 bzgl. der Schraubwelle 31 auf die ursprünglich offenbarten Ausführungsformen einzuschränken. An der allgemein möglichen Erstreckung des Blockelements 6 entlang der Schraubwelle 31 ohne gegenseitigen Kontakt in der Radialrichtung der Schraubwelle 31 ändern die vorgenommenen Ergänzungen nichts. Die zu Patentanspruch 1 nach Hauptantrag vorgenommenen Ausführungen gelten demnach unverändert fort.

6d. Der Gegenstand gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 geht über den Inhalt der ursprünglich beim Deutschen Patentund Markenamt eingereichten Fassung hinaus (§ 21, Abs. 1, Nr. 4 PatG).

Nebst Präzisierungen zu den Merkmalen 8.2 und 8.3, die den Übertragungsweg einer Drehbewegung von einem Antrieb zu der Schraubwelle definieren, ist gegenüber der Sitzgleitvorrichtung nach Patentanspruch 1 des Hauptantrags in der Merkmalsgruppe 9 zusätzlich angegeben, dass das Blockelement 6 eine umgekehrt U-förmige Nut 63 ausgebildet hat, die sich in axialer Richtung erstreckt. Diese Angabe mag das Blockelement 6 näher definieren, jedoch ist auch sie ungeeignet, die relative Lage des Blockelements 6 bzgl. der Schraubwelle 31 auf die ursprünglich offenbarten Ausführungsformen einzuschränken. An der allgemein möglichen Erstreckung des Blockelements 6 entlang der Schraubwelle 31 ohne gegenseitigen Kontakt in der Radialrichtung der Schraubwelle 31 ändert die vorgenommene Angabe nichts. Die zu Patentanspruch 1 nach Hauptantrag vorgenommenen Ausführungen gelten demnach auch für Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 unverändert fort.

6e. Der Gegenstand gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 geht über den Inhalt der ursprünglich beim Deutschen Patentund Markenamt eingereichten Fassung hinaus (§ 21, Abs. 1, Nr. 4 PatG).

Die durch Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 definierte Sitzgleitvorrichtung entspricht der nach Hilfsantrag 2 und ergänzend sind noch ähnlich zu Hilfsantrag 1 die Lage des Getriebegehäuses 33 und die Kontaktflächen des Blockelements 6 bzgl. einer Halterung des Getriebegehäuses und eines an der Schraubwelle 31 befestigten Flansches 36 festgelegt. Ausgedrückt wird dies durch die Formulierung "wobei das Getriebegehäuse (33) in eine Halterung (39) eingepasst und daran befestigt ist, die mit der oberen Schiene (2) verbunden ist, und wobei das Blockelement (6) mit dem Flansch (36) und der Halterung (39) in Anlagekontakt bringbar ist". Entsprechend den zu Hilfsantrag 2 und 1 vorgenommenen Ausführungen muss auch zu Hilfsantrag 3 festgestellt werden, dass mit den vorgenommenen Änderungen an der allgemein möglichen Erstreckung des Blockelements 6 entlang der Schraubwelle 31 ohne gegenseitigen Kontakt in der Radialrichtung der Schraubwelle 31 festgehalten wird und daher auch der Gegenstand nach Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 3 keine Stütze in den Anmeldungsunterlagen findet.

7. In Anbetracht dieser Sachlage kann es dahinstehen, ob die durch den jeweiligen Patentanspruch 1 definierten Gegenstände die Patentierungsvoraussetzungen nach § 1 bis 5 PatG erfüllen.

Pontzen Richter Bork ist wegen Paetzold Dr. Höchst Krankheit an der Unterschriftsleistung gehindert.

Pontzen Ko






BPatG:
Beschluss v. 22.03.2010
Az: 9 W (pat) 322/05


Link zum Urteil:
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