Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. November 2000
Aktenzeichen: 14 W (pat) 17/00

(BPatG: Beschluss v. 30.11.2000, Az.: 14 W (pat) 17/00)

Tenor

1. Der Antrag auf Verfahrenskostenhilfe wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegenstand der vorliegenden Anmeldung ist ein "Mückenabweisendes hautverträgliches Mittel".

Nach den Erstunterlagen, denen keine Patentansprüche beilagen, soll dieses Mittel sinngemäß aus einem zunächst aufgetragenen Sonnenöl aus Kokos und Jojoba als Hauptzusatz und einem darauffolgend aufgetragenem bitter schmekkenden Bier und Vitamin B bestehen.

Im Laufe des Prüfungsverfahrens wurden die folgenden Druckschriften genannt:

(1) DE 42 06 090 A1

(2) WO 96/28 032 A1

(3) WO 91/10 364 A1 Die Zurückweisung der Anmeldung mit Beschluß vom 31. Januar 2000 erfolgte gemäß § 48 PatG aus den Gründen des Bescheides vom 12. Oktober 1999.

In diesem Bescheid ist ausgeführt, daß der mit Eingabe vom 14. Juni 1999 beschriebene Gegenstand der Erfindung ("Patentansprüche") so nicht ursprünglich offenbart sei. Ferner werde keine klare und eindeutige Lehre zum technischen Handeln vermittelt und die behauptete Wirkung sei - wie bereits im Erstbescheid vom 26. Januar 1998 (bei der Angabe 8. September 1997 handelt es sich offensichtlich um einen Schreibfehler) dargelegt - noch glaubhaft zu belegen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Sie hat die tarifmäßige Beschwerdegebühr bezahlt sowie außerdem mit Schreiben vom 8. August 2000 zu dieser Beschwerde Antrag auf Verfahrenskostenhilfe gestellt und Belege für ihre mangelnde finanzielle Leistungsfähigkeit vorgelegt.

Zur Begründung ihrer Beschwerde macht die Anmelderin im wesentlichen geltend, daß eine öffentlich durchgeführte Testung mückenabweisender Mittel bei 17 Personen gezeigt habe, daß das von ihr erfundene Mittel und eine Person, die nur eine Flasche Bier in Händen hielt, nicht von Mücken angegriffen worden sei.

Die Wirksamkeit des von ihr erprobten Mittels werde auch dadurch belegt, daß eine weitere Person bei Anwendung ihres Mittels während eines Zeitraums von 10 Tagen nicht von Mücken gestochen worden sei.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Das Verfahrenskostenhilfegesuch konnte keinen Erfolg haben, weil die mit der Beschwerde beabsichtigte Rechtsverfolgung der Antragstellerin, was Voraussetzung für die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe ist (§ 130 Abs 1 PatG), keine hinreichende Aussicht auf Erteilung des Patents bietet.

Die Beschwerde ist form- und fristgemäß und mit rechtzeitig eingegangener Beschwerdegebühr eingelegt und damit zulässig. Sie mußte jedoch in der Sache deshalb erfolglos bleiben, weil das Patentamt im Ergebnis zu Recht die Patentanmeldung zurückgewiesen hat.

Die mit Eingabe vom 14. Juni 1999 eingereichten "Patentansprüche", sind von der Prüfungsstelle zutreffend als nicht ursprünglich offenbart angesehen worden.

Demnach wird nunmehr ein mückenabweisendes Mittel beansprucht, das neben Kokosöl ein Grundgemisch aus Vitamin B, Gerste, Malz, Hopfen und etwas Alkohol enthalten soll.

Dem ursprünglichen Anschreiben der Anmelderin ist aber nur zu entnehmen, daß das beanspruchte Mittel ausschließlich aus Kokosöl und Bier oder Kokosöl und Jojobaöl sowie bitterschmeckendem Bier und Vitamin B besteht, wobei das Öl und das Bier jeweils getrennt voneinander auf die Haut aufgetragen werden. Die Herstellung eines Sonnenöles in Form eines Geles, das Kokosöl und Zusätze aus Bier zum Inhalt hat, wird gemäß diesem Anschreiben für denkbar gehalten.

Ein Grundgemisch bestehend aus Vitamin B, Gerste, Malz, Hopfen und etwas Alkohol kann jedoch nicht mit der Bezeichnung Bier gleichgesetzt werden. Bier wird zwar ua aus Malz und Hopfen hergestellt, wobei das Endprodukt sodann Vitamine aus der B-Gruppe sowie Alkohol enthält, die ebenfalls angegebene Gerste ist aber nicht zwingend Ausgangsstoff für Malz und damit auch nicht zwingend ein Ausgangsstoff in der Bierherstellung. Die in Gerste bzw Malz und Hopfen vorliegenden genuinen Inhaltsstoffe erfahren ferner im Zuge des Herstellungsprozesses Veränderungen, sei es zB auf Grund der Mälzerei, des Sudprozesses oder des Vergärungsprozesses, mit denen sowohl eine Gehaltsminderung dieser Inhaltsstoffe als auch strukturelle Veränderungen dieser Stoffe verbunden sind.

Der Auffassung der Prüfungsstelle, eine klare und eindeutige Lehre zum technischen Handeln würde nicht vermittelt werden, kann ebenfalls zugestimmt werden. Die Komponente Bier ist, so wie sie in den vorliegenden Unterlagen definiert wird, nicht ausreichend bestimmt angegeben. Ein mit der Herstellung von Insektenabwehrmitteln befaßter Fachmann ist daher nicht ohne weiteres in der Lage, das beanspruchte Mittel, ohne die zumutbare Anzahl von Versuchen zu überschreiten und selbst erfinderisch tätig werden zu müssen, bereitzustellen. Die Anmelderin charakterisiert das zu verwendende Bier als bitter bzw. scheußlich schmeckend. Dabei handelt es sich aber um rein subjektive Empfindungen (abhängig im übrigen auch von weiteren externen Faktoren, wie zB den zur gleicher Zeit verzehrten Lebensmitteln), die nicht dazu geeignet sind, die Beschaffenheit des Bieres eindeutig zu charakterisieren. Unter die Bezeichnung Bier fällt ferner eine Vielzahl von kohlensäurehaltigen, alkoholischen Getränken, deren gemeinsames Merkmal einzig die Kombination der Ausgangsstoffe Wasser, Hopfen und Hefe ist. Die darüber hinaus gehenden Komponenten, die zur Herstellung eingesetzt werden, wie zB das Malz, können in einem weiten Rahmen variieren. So sind es nicht nur Gerste und Weizen, die bei der Herstellung Verwendung finden, sondern zB auch Reis oder Mais. Diese Biere werden sich daher bezüglich ihrer Inhaltsstoffe unterscheiden. Da den ursprünglich eingereichten Unterlagen nun aber nicht die Zusammensetzung des zur Herstellung des anmeldungsgemäßen Mittels verwendeten Bieres entnommen werden kann, ist das beanspruchte Mittel nicht so ausreichend offenbart, daß eine klare Lehre zum technischen Handeln vermittelt werden würde.

Die Lehre zum technischen Handeln ist in der ursprünglich beschriebenen Anwendungsform des Mittels auch nicht ausführbar. Sowohl das Kokosöl alleine als auch eine Mischung aus Kokosöl und Jojobaöl stellen aufgrund ihrer chemischen Natur stark fettende Substanzen dar, die auf die Haut aufgetragen einen geschlossenen, wasserabweisenden Fettfilm bilden (vgl dazu zB auch (3), S 3, Z 2 - 13). Eine darauf aufgetragene wäßrige Komponente, wie sie Biere darstellen, wird sich nun nicht mehr zu einem gleichmäßigen Film verteilen lassen, sondern auf Grund der wasserabstoßenden Eigenschaften der Ölschicht von diesem tropfenförmig ablaufen. Der Inhalt des ursprünglichen Anschreibens könnte zwar darauf schließen lassen, daß die Applikation von erst Kokosöl und dann Bier mit einem größeren zeitlichen Abstand voneinander stattfand, so daß der vom Sonnenöl aus Kokos und Jojoba bzw Kokosöl auf der Haut stammende Fettfilm bereits nicht mehr vorhanden war, als die zweite Komponente des beanspruchten Mittels, das Bier, aufgetragen wurde. In diesem Fall würde es sich sodann aber um zwei unabhängig voneinander angewandte Mittel handeln, deren Wirkung getrennt voneinander zur Geltung kommt und zu beurteilen wäre. Das beanspruchte Mittel ist aber immer als eine Kombination aus mindestens zwei Komponenten angegeben. Damit kann das beanspruchte Mittel in Form eines auf die Haut zunächst aufgebrachten Sonnenöls oder Kokosöls und eines im folgenden aufgebrachten Bieres nicht so wie angegeben angewendet werden und ist infolge dessen auch nicht brauchbar.

Die Anmelderin führt in ihrem ursprünglichen Anschreiben zwar aus, daß das beanspruchte Mittel auch in der Ausführungsform eines Geles denkbar wäre, bezüglich dessen möglichen Zusammensetzung oder Herstellung sind diesen Unterlagen aber ebenfalls keine Hinweise zu entnehmen. So muß auch diese Ausführungsform aufgrund mangelnder ausreichender Offenbarung scheitern.

Die Bereitstellung eines mückenabweisenden, hautfreundlichen Mittels, das als Wirkstoffe Kokosöl, Bier sowie gegebenenfalls Vitamin B enthält, beruht auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Es ist bekannt, stark riechende Substanzen als Hilfsmittel zur Abwehr von Insekten zu verwenden. Auch Kokosöl und Vitamin B1 besitzen einen charakteristischen Eigengeruch und werden deshalb bekanntlicherweise ebenfalls zur Mükkenabwehr empfohlen. Ein Mittel zur Mückenabwehr bereitzustellen, das nun die Wirkkomponenten Kokosöl und "Vitamin B" enthält, kann daher nicht mehr als erfinderische Tätigkeit angesehen werden. Der somit erzielte Effekt ist nämlich nicht mehr überraschend, sondern kann von vorn herein erwartet werden.

Auch Bier, das nach den ursprünglichen Unterlagen Bestandteil des anmeldungsgemäßen Mittels ist, enthält die Vitamine des B-Komplexes als Inhaltsstoffe. Ob auch anderen Inhaltsstoffen des Bieres eine mückenabwehrende Wirkung zugesprochen werden könnte, ist den vorliegenden Unterlagen nicht zu entnehmen. Folgt man aber den Ausführungen der Anmelderin in ihren Eingaben, so scheint auch sie selbst die Wirkung des Bieres auf das "Vitamin B" zurückzuführen, denn mit den mit Eingabe vom 14. Juni 1999 eingereichten "Patentansprüchen" beansprucht sie nicht mehr Bier als wirksame Komponente, sondern neben Gerste, Malz, Hopfen sowie etwas Alkohol wiederum Vitamin B. Angesichts dessen muß davon ausgegangen werden, daß - auch aus der Sicht der Anmelderin - die Wirkkomponenten des beanspruchten Mittels, unabhängig von der Anwendungsform, in erster Linie Kokosöl und Vitamin B sind. Danach ist das Bier an sich lediglich der Träger für das Vitamin B, während dessen weitere Inhaltsstoffe keinen eigenen Beitrag zur Wirksamkeit des Mittels leisten.

Die von der Anmelderin mit Eingaben vom 13. Juni 2000 und 15. September 2000 eingereichten Berichte zur Glaubhaftmachung der Wirkung sind nicht dazu geeignet, die erfinderische Tätigkeit zu begründen, denn es ist aus den Eingaben nicht ersichtlich, welche Komponenten zur Herstellung der verwendeten Mittel verwendet wurden. Ferner ist ein Mittel mit flüssiger Konsistenz, das beide Wirkstoffkomponenten gleichzeitig enthält, so nicht ursprünglich offenbart.

Der Antrag auf Verfahrenskostenhilfe und die Beschwerde waren daher zurückzuweisen.

Moser Vogel Harrer Proksch-Ledig Pü/Na






BPatG:
Beschluss v. 30.11.2000
Az: 14 W (pat) 17/00


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