Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 11. Juni 2012
Aktenzeichen: AnwZ (Brfg) 20/12

(BGH: Beschluss v. 11.06.2012, Az.: AnwZ (Brfg) 20/12)

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des 2. Senats des Niedersächsischen Anwaltsgerichtshofs vom 16. Januar 2012 wird abgelehnt.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Geschäftswert für das Zulassungsverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Rechtsanwaltszulassung wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Der Anwaltsgerichtshof hat die Klage abgewiesen. Der dagegen gerichtete Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

II.

1. Der Kläger rügt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, da er von einer "Terminsverlegung" keine Kenntnis erhalten habe. Er sei zur mündlichen Verhandlung auf den 16. Januar 2012 um 11.00 Uhr geladen worden. Aufgrund eines (im Zulassungsantrag allerdings nicht näher erläuterten) "Notfalls" habe er sich bis etwa 10.40 Uhr in der tierärztlichen Hochschule in H. befunden, weshalb er seine Frau gebeten habe, den Senat zu unterrichten, dass er sich voraussichtlich um 30 Minuten verspäten werde. Diese habe den Senat jedoch nicht erreicht. Er habe daraufhin die Fahrt nach C. nicht weiter fortgesetzt, weil er nicht davon habe ausgehen können, noch rechtzeitig vor Schluss der Verhandlung im Gericht einzutreffen. Aus dem ihm zugegangenen Terminsprotokoll ergebe sich nun aber, dass die Verhandlung gar nicht zu der in der Ladung mitgeteilten Zeit um 11.00 Uhr, sondern erst um 12.55 Uhr stattgefunden habe; von dieser "Verlegung" habe man ihn nicht informiert.

2. Dieser Sachvortrag ist nicht geeignet, die Zulassung wegen eines Verfahrensfehlers (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zu begründen. Der Anwaltsgerichtshof konnte in Abwesenheit des Klägers verhandeln. Auf diese Möglichkeit ist der Kläger, wie es § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 102 Abs. 2 VwGO vorschreibt, bereits mit der Ladung hingewiesen worden. Zwar hätte der Kläger von einer Verlegung des Termins unterrichtet werden müssen. Eine solche hat nach Aktenlage aber nicht stattgefunden. Vielmehr ist die Sache lediglich erst um 12.55 Uhr "aufgerufen" (so Protokoll) worden. Dies hängt üblicherweise damit zusammen, dass sich die Erledigung zeitlich früher terminierter anderer Verfahren verzögert hat. Einen Verfahrensfehler des Anwaltsgerichtshofs vermag der Kläger insoweit mit seinem Zulassungsantrag nicht schlüssig darzulegen. 2 3. Im Übrigen ist nicht ersichtlich (auch der Kläger verhält sich hierzu nicht), dass seine Abwesenheit im Termin einen möglichen Einfluss auf die Entscheidung gehabt hat. Der Senat teilt die Auffassung des Anwaltsgerichtshofs, dass der Widerruf der Zulassung durch Bescheid der Beklagten vom 6. April 2011 rechtmäßig war. Durch Beschluss des Amtsgerichts G. vom 18. Februar 2011 ( IN ) ist über das Vermögen des Klägers das Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit eröffnet worden. Der Vermögensverfall wird damit von Gesetzes wegen vermutet (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). In einem solchen Fall können die Vermögensverhältnisse erst dann wieder als geordnet angesehen werden, wenn dem Schuldner entweder durch Beschluss des Insolvenzgerichts die Restschuldbefreiung angekündigt wurde (§ 291 InsO) oder ein vom Insolvenzgericht bestätigter Insolvenzplan (§ 248 InsO) oder angenommener Schuldenbereinigungsplan (§ 308 InsO) vorliegt, bei dessen Erfüllung der Schuldner von seinen übrigen Forderungen gegenüber den Gläubigern befreit wird (vgl. nur Senatsbeschluss vom 31. Mai 2010 - AnwZ (Brfg) 36/09, juris Rn. 8 m.w.N.). Diese Voraussetzungen lagen zu dem nach der Senatsrechtsprechung maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens (vgl. Senatsbeschluss vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, BGHZ 190, 187 Rn. 9 ff.) nicht vor. Die vom Kläger in seiner Klage gegen den Bescheid der Beklagten vertretene Auffassung, die Beklagte hätte vor einem Widerruf abwarten müssen, ob es nicht im Insolvenzverfahren zu einem Insolvenzplan komme, ist unzutreffend. Liegen die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO vor, ist die Zulassung zu widerrufen; nachträgliche Entwicklungen (solche legt der Kläger im Übrigen nicht einmal dar) sind nach der Senatsrechtsprechung (aaO) der Prüfung in einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten. Dass einer der seltenen Ausnahmefälle vorliegt, in denen trotz Vermögensverfall eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verneint werden kann (vgl. zu den 4 diesbezüglichen Anforderungen nur die Senatsbeschlüsse vom 30. Mai 2010, aaO Rn. 6, 10 f., vom 24. März 2011 - AnwZ (Brfg) 4/11, juris Rn. 4, 7 und vom 22. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 12/11, juris Rn. 3), ist nicht ersichtlich und vom Kläger, der insoweit die Feststellungslast trägt, auch nicht dargelegt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Gegenstandswerts auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.

Kayser Lohmann Seiters Frey Martini Vorinstanz:

AGH Celle, Entscheidung vom 16.01.2012 - AGH 18/11 - 5






BGH:
Beschluss v. 11.06.2012
Az: AnwZ (Brfg) 20/12


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