Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 20. Juni 2006
Aktenzeichen: 6 W 63/06

(OLG Köln: Beschluss v. 20.06.2006, Az.: 6 W 63/06)

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den ihr Prozesskostenhilfegesuch ablehnenden Beschluss der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 11. April 2006 - 31 O 156/06 - wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Antragstellerin, eine GmbH & Co. KG, die Internetdienstleistungen anbietet, begehrt Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage gegen einen Konkurrenten, mit der auf das UWG gestützte Angriffe wegen irreführender Werbung geltend gemacht werden. Die Antragstellerin hat dargelegt, dass die Kosten des Rechtsstreits von ihr nicht aufgebracht werden können und stützt ihren Prozesskostenhilfeantrag darauf, dass die Unterlassung der Rechtsverfolgung allgemeinen Interessen im Sinne des

§ 116 Nr. 2 ZPO schon deshalb zuwider laufe, weil das UWG nach seinem § 1 den Zweck habe, das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschtem Wettbewerb zu schützen.

Das Landgericht hat diese Argumentation nicht für tragfähig gehalten und den Antrag zurückgewiesen. Die Verfolgung des im § 1 S. 2 UWG genannten Allgemeininteresses obliege den rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher Interessen, ferner den qualifizierten Einrichtungen nach dem Unterlassungsklagegesetz sowie den Industrie- und Handelskammern (§ 8 Abs. 3 Nr. 2-4 UWG). Die diesen Organisationen eingeräumte Klagebefugnis stelle hinreichend sicher, dass Wettbewerbsverstöße im Interesse der Allgemeinheit auch dann unterbunden werden könnten, wenn sich kein klagewilliger Mitbewerber finde. Insoweit bedürfe es keiner Prozesskostenhilfe für einen Mitbewerber, der klagen möchte, es sich aber nicht leisten könne.

II.

Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie hat in der Sache aber keinen Erfolg. Das Landgericht hat den Prozesskostenhilfeantrag mit zutreffenden Erwägungen, die sich der Senat zu eigen macht, zurückgewiesen. Die Beschwerdebegründung gibt Anlass, folgenden Gedanken zu bekräftigen:

Die Unterlassung der Rechtsverfolgung kann allgemeinen Interessen zuwider laufen, wenn es etwa darum geht, ob eine gemeinnützige Einrichtung ihren Idealzweck überhaupt noch verfolgen kann, oder wenn es um die Existenz der juristischen Person bzw. parteifähigen Vereinigung geht mit der Folge, dass Arbeitsplätze verloren gehen oder eine Vielzahl von Gläubigern geschädigt wird (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 25. Auflage, § 116, 15 f.; Thomas/Putzo, ZPO, 27. Auflage, § 116 Rn. 6; BVerfGE 35, 348, 353; BGHZ 25, 183, 185; BGH NJW 1986, 2058, 2059; BGH NJW RR 1990, 474). In den genannten Beispielsfällen hat die Verweigerung der Prozesskostenhilfe jeweils tatsächliche Auswirkungen, die über den Umstand hinausgehen, dass angesichts der verweigerten Prozesskostenhilfe die Führung des Prozesses unterbleibt.

Im Streitfall liegen die Dinge anders. Die Antragstellerin macht selbst nicht geltend, sie sei in dem Angebot oder Vertrieb ihrer Internetdienstleistungen existenziell bedroht, wenn die Antragsgegnerin mit der inkriminierten Werbebehauptung fortfahre. Es fehlt daher an einem tatsächlichen, die Allgemeinheit betreffenden Nachteil, der über das etwaige Unterbleiben eines Urteilsausspruchs hinausgeht.

Entscheidend kommt hinzu, dass das UWG zwar nach seinem § 1 dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher, der sonstigen Marktteilnehmer und der Allgemeinheit dient, in § 8 Abs. 3 aber nicht den Verbrauchern und sonstigen Marktteilnehmern generell eine Anspruchs- und Klageberechtigung eingeräumt hat, sondern - zur Vermeidung einer Popularklage - lediglich den konkret betroffenen Mitbewerbern sowie den in Nummer 2 bis 4 genannten rechtsfähigen Verbänden, qualifizierten Einrichtungen und Kammern. Von allen Marktteilnehmern sollen nur die Mitbewerber, die in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehen, klagen dürfen: Auf diesem Eigeninteresse basiert die Anspruchsberechtigung. Mit dieser gesetzlichen Bewertung wäre es unvereinbar, generell eine auf das UWG gestützte Klage eines Mitbewerbers nur deshalb als nach § 116 Nr. 2 ZPO im allgemeinen Interesse geboten anzusehen, weil das UWG auch das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb schützt. Denn dieser Schutzzweck ist auch dann noch erreicht - der Senat kann der angefochtenen Entscheidung in diesem Punkt nur beipflichten - wenn für etwaige Klagen als Anspruchsberechtigte die in § 8 Nr. 2 bis 4 genannten rechtsfähigen Verbände, qualifizierten Einrichtungen und Kammern sowie die Mitbewerber bereitstehen, die zur Prozessfinanzierung in der Lage sind.

Eine Kostenerstattung findet nicht statt, § 127 Abs. 4 ZPO.






OLG Köln:
Beschluss v. 20.06.2006
Az: 6 W 63/06


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