Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Juni 2002
Aktenzeichen: 29 W (pat) 245/01

(BPatG: Beschluss v. 12.06.2002, Az.: 29 W (pat) 245/01)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke

"Serviceportal"

soll für die Waren und Dienstleistungen Klasse 9: elektrische, elektronische, optische, Meß-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte und Computer;

Klasse 16: Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder geprägte Karten aus Karton oder Plastik; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Büroartikel (ausgenommen Möbel);

Klasse 35: Werbung und Geschäftsführung;

Klasse 38: Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernsehen;

Klasse 41: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; Organisation von sportlichen und kulturellen Veranstaltungen; Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitschriften und Druckerzeugnissen sowie entsprechenden elektronischen Medien (einschließlich CD-ROM und CD-I);

Klasse 42: Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung der Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken, sowie Sammeln und Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikationin das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 19. September 2001 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Das angemeldete Zeichen sei ein Fachbegriff aus dem Internet. "Portal" bedeute eine Zugangs-Web-Site zum Internet mit Einstiegs- und Orientierungshilfe für die Anwender. "Serviceportal" habe sich als Bezeichnung für Einstiegsseiten im Internet zu bestimmten Themenschwerpunkten etabliert. Die angesprochenen Verkehrskreise würden das angemeldete Zeichen daher wegen seines im Vordergrund stehenden Begriffsinhalt in Bezug auf alle angemeldeten Waren und Dienstleistungen nur als Sachhinweis, nicht als Hinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb ansehen.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde macht die Anmelderin geltend, "Serviceportal" besitze angesichts des hier anzusetzenden großzügigen Maßstabes die erforderliche Unterscheidungskraft. "Serviceportal" sei kein im deutschen Sprachraum etablierter allgemeinverständlicher Begriff, sondern ein Internet-Fachbegriff. Die hier angesprochenen Verkehrskreise seien aber durchschnittlichen Endverbraucher ohne spezifische Internet- Kenntnisse und ohne ein entsprechendes Repertoire an Fachbegriffen. Im übrigen ergebe sich daraus, dass sich einzelne Anbieter eines Serviceportals bedienten, nicht die allgemeine Gebräuchlichkeit des Begriffs, zumal die entsprechenden Sites nicht so bezeichnet würden. Unter Hinweis auf die EuGH-Entscheidung "Babydry" ist sie der Ansicht, das Zeichen stelle eine in Deutschland nicht völlig sprachübliche, ungewöhnliche Wortverbindung dar und sei eine lexikalische Erfindung, die nicht als normale Ausdrucksweise aufgefasst werde. Die Marke enthalte weder in ihren Bestandteilen noch in ihrer Gesamtheit konkrete Angaben über die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen oder einen für sie im Vordergrund stehenden beschreibenden Sinngehalt, so dass auch kein Freihaltungsbedüfnis erkennbar sei; lediglich mittelbar mit den Waren und Dienstleistungen stehende Angaben begründeten kein Eintragungshindernis.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der Eintragbarkeit des Begriffs "Serviceportal" steht teilweise ein Freihaltebedürfnis entgegen, insgesamt fehlt dem Zeichen die erforderliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 1, § 37 Abs. 1 MarkenG). Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die angemeldete Wortverbindung neu ist oder nicht. Denn zur Beschreibung von Eigenschaften von Waren oder Dienstleistungen können im Verkehr nicht nur bereits existierende Bezeichnungen dienen, sondern auch solche Worte, deren Verwendung als Sachangabe in Zukunft erfolgen kann (EuGH GRUR 1999, 723, 726 - Chiemsee). Im vorliegenden Fall hat die Internet-Recherche zudem mehrfach die beschreibende Verwendung von "Serviceportal" ergeben.

1. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Zeichen von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u.a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen oder dienen können (vgl. BGH GRUR 2002, 64 - INDIVIDUELLE; BGH MarkenR 2000, 420 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; BGH GRUR 1999, 988, 989; BGH GRUR 1999, 1093, 1094 - FOR YOU). Dies ist bei den Telekommunikationsdienstleistungen der Klasse 38 sowie den in Klasse 42 beanspruchten Dienstleistungen der Fall. Das angemeldete Zeichen "Serviceportal" setzt sich aus den Bestandteilen "Service" und "Portal" zusammen. "Portal" bezeichnet allgemein eine Website, die als Einstieg ins Internet dient (z.B. als Suchmaschine) bzw. unmittelbar den Zugang zu einem bestimmten Themengebiet im Internet ermöglicht. Mit dieser Bedeutung hat das Wort "Portal" als Fremdwort auch Eingang in die deutsche Sprache gefunden (vgl. DUDEN Das Fremdwörterbuch 7. Auflage 2001 Stichwort Portal) und ist daher den hier angesprochenen Verkehrskreisen, die zum einen aus Fachleuten bestehen und zum anderen - da überwiegend Waren und Dienstleistungen aus den Bereichen der Elektronik, der Datenverarbeitung und der Telekommunikation beansprucht sind - aus entsprechend überdurchschnittlich interessierten und informierten Endverbrauchern bekannt. Gerade wegen des allgemeinen Einstiegs- und Informationscharakters eines "Portals", im Hinblick auf die ständig wachsende Zahl der Internetbenutzer und wegen der ebenfalls ständig wachsenden Möglichkeiten, aus allen Bereichen des täglichen Lebens sowie für sämtliche Interessen Informationen im Internet abzurufen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass "Portal" ein Spezialwort ist, das nur einem kleinen Kreis von Fachleuten bekannt ist. "Service" ist ein gebräuchliches Wort für "(Kunden-)Dienst" (Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 4. Aufl. 2001; Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 7. Aufl. 2000; Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in 10 Bänden 1999, jeweils zum Stichwort "Service"). Demnach bezeichnet das angemeldete Zeichen in seiner Gesamtheit eine Website, die auf den Nutzer, den Kunden zugeschnittene Dienste im weitesten Sinne, regelmäßig umfassende Informationen und Angebote, zur Verfügung hält. In diesem Sinn wird "Serviceportal" auch von den unterschiedlichsten Unternehmen für ihre Internet-Sites verwendet, die entgegen dem Vortrag der Anmelderin auch als "Serviceportal" bezeichnet werden. So hat die Internetrecherche des Senats beispielsweise Serviceportale diverser Finanzanbieter ergeben. Die Sparkasse Günzburg bietet "Neues, Nützliches und Interessantes auf unserem Serviceportal", "KapitalOnline.de" wirbt mit "Ihr Finanz- und Serviceportal", "Online4Money" mit "Dein Serviceportal im Internet". Aber auch die Universität St. Gallen, der RCDS der Ruhr-Uni Bonn informieren über Serviceportale. Das "alea active - serviceportal" bietet "Fullservice rund um die neuen Medien", "Busunternehmer.de" ist "das Serviceportal für Bus-Reiseunternehmen". Angesichts dieser üblichen Verwendung für die Zusammenstellung von Verknüpfungen, Inhalten und Diensten mit nutzerbezogenen Informationen im Internet ist das Zeichen teils Beschaffenheitsangabe, in dem es die Art der beanspruchten Dienstleistung "Telekommunikation" wiedergibt, teils Bestimmungsangabe, nämlich für die in Klasse 42 beanspruchte Dienstleistung "Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung", den "Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung der Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken, sowie Sammeln und Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation", für die "Serviceportal" das Bestimmungsgebiet bezeichnet. Die angemeldete Marke besteht insoweit ausschließlich aus beschreibenden Angaben. Von einer erkennbaren Abweichung in der Formulierung vom üblichen Sprachgebrauch im Sinn der von der Anmelderin zitierten Entscheidung des EuGH, GRUR 2001, 1145 - Babydry kann danach keine Rede sein.

2. Soweit "Serviceportal" jedoch bezüglich der weiteren Waren und Dienstleistungen unmittelbar keine Merkmale beschreibt, fehlt dem Zeichen jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Denn es besitzt für sie, wie dargestellt, einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt (BGH MarkenR 2001, 480 f - LOOK m.w.N.). Im Zusammenhang mit den Dienstleistungen "Werbung und Geschäftsführung", "Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation" sowie den in Klasse 41 beanspruchten Dienstleistungen, den Büroartikeln der Klasse 16 und den in Klasse 9 beanspruchten Waren weist das Zeichen lediglich darauf hin, dass für nähere Informationen ein Serviceportal eingerichtet ist, bei letzteren beispielsweise auch für die Inanspruchnahme von Reparatur- oder Kundendiensten. Bezüglich der Druckereierzeugnisse und der Lehr- und Unterrichtsmittel können ebenfalls entsprechende Websites existieren, darüber hinaus gibt "Serviceportal" den Inhalt der Druckschriften bzw. die Materie wieder, mit denen sich die Lehr- und Unterrichtsmittel befassen. Aus diesen Gründen bestehen im vorliegenden Fall genügend Anhaltspunkte dafür, daß der Verkehr die Marke auf Grund ihrer beschreibenden Aussage als Sachangabe und nicht als betrieblichen Herkunftsnachweis betrachten wird.

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BPatG:
Beschluss v. 12.06.2002
Az: 29 W (pat) 245/01


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