Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. August 2004
Aktenzeichen: 27 W (pat) 237/03

(BPatG: Beschluss v. 10.08.2004, Az.: 27 W (pat) 237/03)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der international registrierten Marke 709 552 zurückgewiesen worden ist.

Die Löschung der Marke 300 26 112 wird aufgrund des Widerspruchs aus der international registrierten Marke 709 552 angeordnet.

Gründe

I.

Gegen die Eintragung der Wortmarke 300 26 112 BROOKSGOLD für die Waren

"Bekleidungsstücke, Schuhwaren, ausgenommen Sportschuhe, Kopfbedeckungen"

ist Widerspruch eingelegt aus der für die Waren

"Vêtements, chaussures, chapellerie"

international registrierten Wort-/Bildmarke IR 709 552 BROOKSFIELD SPIRIT

.

Durch Beschluss einer Beamtin des höheren Dienstes hat die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts den Widerspruch zurückgewiesen, weil trotz des angesichts teilweise identischer Waren anzulegenden strengen Maßstabs die Ähnlichkeit der Marken nicht ausreichend sei, um eine Verwechslungsgefahr zu bejahen. Für eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke bestünden keine hinreichenden Anhaltspunkte; die Vergleichsmarken unterschieden sich durch die unterschiedlichen zweiten Worthälften klanglich, schriftbildlich und auch begrifflich klar, so dass eine unmittelbare Verwechslung nicht in Betracht komme. Auch eine mittelbare Verwechslung sei nicht zu besorgen, denn der gemeinsame Wortbestandteil der beiden Marken habe keinen Hinweischarakter auf die Inhaberin der älteren Marke. Die Vielzahl der eingetragenen Marken mit dem Bestandteil "Brooks" sei ein Indiz für einen von Haus aus bestehenden Originalitätsmangel, der zusätzlich dazu beitrage, dass der Verkehr in diesem Markenelement keinen Hinweis auf eine Markenserie eines einzelnen Anbieters sehe.

Dagegen wendet sich die Widersprechende mit ihrer Beschwerde, mit der sie beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die angegriffene Marke zu löschen. Zur Begründung führt sie aus: Die Widerspruchsmarke, der normale Kennzeichnungskraft zukomme, sei in ihrem Gesamteindruck ausschließlich durch den Wortbestandteil "BROOKSFIELD" bestimmt. Das Bildelement und der weitere Wortbestandteil "SPIRIT" träten optisch und in ihrer kennzeichnenden Eigenständigkeit dahinter zurück. Die Vergleichsmarken unterschieden sich optisch, klanglich und schriftbildlich angesichts des gleichen dominierenden Beginns und des gleichen Auslauts mit den Konsonanten "-LD" nicht ausreichend, um angesichts der identischen Waren Verwechslungen sicher auszuschließen. Selbst wenn aber der Verkehr die Marken nicht unmittelbar verwechsle, sei an eine mittelbare Verwechslung zu denken dergestalt, dass auch ohne das Bestehen einer Markenserie der gemeinsame Markenbestandteil charakteristisch hervorsteche und als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst werde. Als Indiz für die Verwechselbarkeit der Marken legt die Widersprechende ein Urteil des Handelsgerichts Lissabon vor, in welchem unter anderem ausgeführt ist, die Marken seien zumindest für den "zerstreuteren Verbraucher", der nach portugiesischer Rechtslehre und Rechtsprechung besonders zu schützen sei, nicht hinreichend unterschiedlich.

Die Markeninhaberin tritt dem Vortrag der Widersprechenden entgegen und beantragt die Zurückweisung der Beschwerde. Sie verweist darauf, dass die Bezeichnung "Brooks", deren Bedeutung als "Bach" dem Verkehr nicht ungeläufig sei, häufig vorkomme und meist mit der Drittmarke "Brooks Sports" in Verbindung gebracht werde, nicht aber mit der Inhaberin der Widerspruchsmarke. Insgesamt seien die Marken hinreichend verschieden, um Verwechslungen auszuschließen.

II.

Die gemäß § 165 Abs. 4 MarkenG zulässige Beschwerde ist begründet, denn zwischen den Vergleichsmarken besteht die Gefahr von Verwechslungen (§ 43 Abs. 2 Satz 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

Die Frage der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls anhand der in Wechselbeziehung zueinander stehenden Faktoren des Grades der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren und Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu beurteilen (vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon; MarkenR 1999, 236, 239 - Lloyd). Aufgrund der Wechselbeziehung dieser gegeneinander abzuwägenden Faktoren kann bei einem hohen Grad der Ähnlichkeit der Marken und gesteigerter Kennzeichnungskraft der älteren Marke schon ein geringfügiger Grad der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen für die Annahme einer Verwechslungsgefahr ausreichen und umgekehrt (vgl. BGH GRUR 2004, 235, 237 - Davidoff II; GRUR 2004, 239 - DONLINE, jew.m.zahlr.w.N.). Dabei ist auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen (st. Rspr., vgl. z.B. EuGH a.a.O. - Lloyd), dessen Aufmerksamkeit je nach der Art der betreffenden Waren unterschiedlich hoch sein kann (vgl. BGH GRUR 2000, 506 -ATTACHÉ/TISSERAND).

Was die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke angeht, so sind weder für eine Schwächung noch für eine Erhöhung derselben hinreichende Anhaltspunkte ersichtlich. Die mit der älteren Marke beanspruchten Waren, auf die der Widerspruch gestützt wird, sind identisch mit denen der jüngeren Marke, so dass es eines erheblichen Unterschiedes zwischen den Marken bedürfte, um eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr sicher auszuschließen (vgl. BGH, GRUR 1999, 990, 991 - Schlüssel). Dieser Unterschied ist vorliegend nicht gegeben.

Die Ähnlichkeit von Marken ist grundsätzlich anhand ihres klanglichen und schriftbildlichen Eindrucks sowie ihres Sinngehalts zu ermitteln. Für die Annahme einer Verwechslungsgefahr reicht in aller Regel bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht aus (vgl. BGH GRUR 1999, 241, 243 - Lions; BGH GRUR 2003, 1044, 1046 - Kelly). Dabei kommt es auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen an, wobei bei Wort-/Bildzeichen im Hinblick auf die klangliche Verwechslungsgefahr regelmäßig der Wortbestandteil als die für den Verkehr einfachste Benennungsmöglichkeit maßgeblich ist (vgl. BGH GRUR 2002, 809, 811 - Frühstücks-Drink I).

Im vorliegenden Fall ist die Widerspruchsmarke zwar mit einem bildlichen Zusatz in Form einer Ente und dem weiteren Wortelement "SPIRIT" ausgestaltet, doch dominiert schon optisch der Wortbestandteil "BROOKSFIELD". Es ist daher davon auszugehen, dass der Verkehr, der ohnehin längere Marken eher schlagwortartig kurz zu bezeichnen pflegt (vgl. BGH GRUR 2002, 1067, 1069 - DKV/OKV, m.w.N.) die ältere Marke ausschließlich als "BROOKSFIELD" wiedergeben wird. Dem steht die Wortmarke "BROOKSGOLD" gegenüber. Beide Marken unterscheiden sich lediglich durch den Anfang der gegenüber der ersten Silbe allenfalls gleich stark betonten zweiten Silbe. Missverständnisse beim Hören sind bei der ansonsten gegebenen Übereinstimmung der Marken nicht auszuschließen. Gerade wenn, was im täglichen Verkehr der Regelfall sein dürfte, Verbraucher den beiden Marken nicht gleichzeitig begegnen, sondern beim Kontakt mit der einen Marke die andere nur in ihrer Erinnerung haben, ist zu erwarten, dass bei den identischen Waren die gegebenen Übereinstimmungen der zu vergleichenden Zeichen die Unterschiede in der Erinnerung überlagern und damit zu Verwechslungen führen, weil der übereinstimmende Teil quantitativ gegenüber dem unterschiedlichen überwiegt (vgl. BGH GRUR 1998, 924, 925 - salvent/Salventerol; GRUR 1993, 118, 120 - Corvaton/Corvasal). Auch der nicht zerstreute, sondern vielmehr aufmerksame Verbraucher, auf den, wie oben dargelegt, grundsätzlich abzustellen ist, hat nämlich bei den betreffenden Waren, denen er als Waren des täglichen Bedarfs in der Regel keine besondere Aufmerksamkeit schenkt, keine Veranlassung, sich die betreffenden Marken mit der erhöhten Aufmerksamkeit einzuprägen, die er bei besonders hochwertigen oder lebenswichtigen Waren an den Tag legen würde, weil es ihm bei diesen in besonderem Maß darauf ankommt, Verwechslungen zu vermeiden.

Die von der Markeninhaberin geltend gemachten Bedeutungsunterschiede zwischen "GOLD" und "FIELD" vermögen dem Verkehr keinen hinreichend sicheren Anhalt für eine Unterscheidung der Marken zu bieten. Wenngleich ein nicht unerheblicher Teil des Publikums diese englischen Wörter ohne weiteres verstehen dürfte, treten diese doch im Gesamteindruck der Marken erkennbar als Bestandteile von Eigennamen auf, denn im Rahmen der als Gesamtheit zu betrachtenden Bezeichnungen haben diese Wortbestandteile keinen so nahe liegenden Bezug zu den jeweiligen Produkten, dass ein klarer Sinn tragender Bedeutungsgehalt die Unterscheidbarkeit fördern könnte. Daher wird das Publikum diese als Namen erkennbaren Bezeichnungen entsprechend seiner allgemeinen Neigung (vgl. z.B. BGH GRUR 2002, 342, 343 - ASTRA/ESTRA-PUREN) so hinnehmen, wie sie ihm begegnen, ohne sie einer genaueren sprachlichen oder semantischen Analyse zu unterziehen.

Begegnet folglich der Verkehr den jeweiligen mit den Vergleichsmarken gekennzeichneten Waren, so wird es ihm schwer fallen, sie nicht als von demselben Hersteller stammend anzusehen, sondern den Herkunftsunterschied zu erfassen, auf den hinzuweisen die Funktion der Marken ist. Damit ist eine Verwechslungsgefahr gegeben.

Gründe, von dem Grundsatz des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst zu tragen hat, abzuweichen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Dr. Schermer Prietzel-Funk Dr. van Raden Na






BPatG:
Beschluss v. 10.08.2004
Az: 27 W (pat) 237/03


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