Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Januar 2010
Aktenzeichen: 17 W (pat) 127/05

(BPatG: Beschluss v. 26.01.2010, Az.: 17 W (pat) 127/05)

Tenor

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I.

Am 28. April 2004 ist ein Patent mit der Bezeichnung

"Pocket-PC mit Zugriffskontrolle"

unter der Nummer 10 2004 020 701.1-53 beim Deutschen Patentund Markenamt angemeldet worden.

Die Prüfungsstelle für Klasse G 06 F hat am 25. Oktober 2004 einen Prüfungsbescheid erlassen, in dem sie unter Nennung der Druckschrift 1 ausführt, dass ein PC -welcher selbstverständlich auch ein Pocket-PC sein könne -gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1 allgemein bekannt und in Gebrauch sei. Die kennzeichnenden Merkmale des Patentanspruchs 1 seien aus der Druckschrift 1 offensichtlich bekannt. Um diese Lehre bei einem Pocket-PC gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1 anzuwenden, bedürfe es für einen Durchschnittsfachmann keines erfinderischen Zutuns. Die Mittel und Maßnahmen gemäß den Patentansprüchen 2-6 seien offensichtlich ebenfalls aus der Druckschrift 1 bekannt. Der Vorschlag gemäß dem Patentanspruch 7 bedeute keine Weiterbildung der Technik und sei bekannt. Die Maßnahme des Patentanspruchs 8 sei lediglich von fachmännischer Art. Die Lehre des Patentanspruchs 9 sei unklar und hinsichtlich Patentanspruch 10 sei die Wahl eines geeigneten Passwortes dem Fachmann an die Hand gegeben.

Auf diesen Prüfungsbescheid hin hat die Anmelderin am 7. Dezember 2004 einen neuen Patentanspruch 1 eingereicht. Dieser enthalte ein zusätzliches Merkmal und der kennzeichnende Teil werde durch eine Angabe erweitert. Mit dem zusätzlichen Merkmal seien die baulichen Unterschiede zwischen dem Pocket-PC des Anspruchs 1 und dem Computersystem der Druckschrift 1 klargestellt. Für das Funktionieren des Zugriffsschutzes stellten diese beiden Merkmale einen wesentlichen Unterschied dar. Insgesamt sei Patentanspruch 1 neu gegenüber der D 1 und beruhe auch auf erfinderischer Tätigkeit.

Nachdem die Anmelderin Entscheidung nach Aktenlage beantragt hat, hat die Prüfungsstelle am 21. Juni 2005 einen Beschluss erlassen, mit dem sie die Patentanmeldung aus den Gründen des Bescheids vom 25. Oktober 2004 zurückweist. Eine darüber hinausgehende Begründung ist nicht erfolgt.

Hiergegen hat sich die Anmelderin mit der Beschwerde gewandt, mit der sie beantragt, den angegriffenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent zu erteilen. Zur Begründung verweist sie auf ihren Schriftsatz vom 7. Dezember 2004. Zudem beantragt sie, die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen, weil das Verfahren vor dem Patentamt mit einem schweren Mangel behaftet gewesen sei. Der angegriffene Beschluss sei nämlich entgegen der Vorschrift des § 47 PatG nicht begründet. Die Anmelderin habe in Beantwortung auf den Prüfungsbescheid vom 25. Oktober 2004 einen neuen Patentanspruch 1 zu den Akten gereicht und ausführlich zur Neuheit und erfinderischen Tätigkeit des durch den Patentanspruch 1 beanspruchten Gegenstands gegenüber dem Stand der Technik Stellung genommen. Auf diesen geänderten Patentanspruch 1 sei die Prüfungsstelle jedoch in ihrem Zurückweisungsbeschluss nicht eingegangen. Ihr, der Anmelderin, sei nicht klar, ob ihre Eingabe nicht berücksichtigt worden sei und damit eine Versagung des rechtlichen Gehörs vorliege, oder ob die Prüfungsstelle den Vortrag der Anmelderin zwar berücksichtigt, ihre Auffassung hierzu in dem ergangenen Zurückweisungsbeschluss jedoch nicht begründet habe. Bei jeder der beiden genannten Möglichkeiten liege ein schwerer Verfahrensmangel vor, der eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr geboten erscheinen lasse.

Auf einen Zwischenbescheid des Senats hin hat die Anmelderin den Hauptantrag, also den Antrag, den angegriffenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent zu erteilen, zurückgenommen, den Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr jedoch aufrechterhalten.

II.

Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist zulässig. Auch nach Rücknahme der Beschwerde kann die Rückzahlung der Beschwerdegebühr angeordnet werden (§ 80 Abs. 4 PatG). Dabei ist im vorliegenden Fall nach Auffassung des Senats die Rücknahme des Hauptantrags, also des Antrags, den angegriffenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent zu erteilen, als Rücknahme der Beschwerde zu verstehen.

Der Antrag hat auch Erfolg. Wegen der Formulierung "kann" in § 80 Abs. 3 PatG wird die Beschwerdegebühr zurückgezahlt, wenn dies der Billigkeit entspricht. Die Billigkeit der Rückzahlung kann sich beispielsweise aus der Sachbehandlung durch das Deutsche Patentund Markenamt ergeben, die unter dem Gesichtspunkt der Ordnungsmäßigkeit und der Angemessenheit der Maßnahmen zu würdigen ist (Benkard, Patentgesetz, 10. Aufl., § 80 Rdnr. 21; Schulte, Patentgesetz, 8. Aufl., § 80 Rdnr. 110 ff.). Verfahrensfehler können eine fehlerhafte Sachbehandlung darstellen; allerdings rechtfertigt nicht jeder Verfahrensfehler die Rückzahlung der Beschwerdegebühr. Sie ist aber billig, wenn ein schwerwiegender Verstoß, also zum Beispiel die Verletzung des rechtlichen Gehörs, vorliegt (Schulte, a. a. O., § 73 Rdnr. 132, 135), wenn diese für die Erhebung der Beschwerde ursächlich war. Ursächlich in diesem Sinne ist ein Verstoß, wenn aus Sicht eines verständigen Beschwerdeführers nicht auszuschließen ist, dass die Entscheidung ohne den Fehler anders ausgefallen wäre und er deshalb die Beschwerde für notwendig halten durfte. Dies ist hier der Fall.

Die Anmelderin hat auf den Prüfungsbescheid hin einen neuen Patentanspruch 1 eingereicht, der durch Aufnahme von Merkmalen aus der Beschreibung eine deutliche Änderung des bisherigen Patentanspruchs 1 beinhaltet. Auf diese Änderung ist die Prüfungsstelle weder in ihrem Beschluss vom 21. Juni 2005 noch davor in irgendeiner Art und Weise eingegangen. Aus der Aktenführung lassen sich auch keine Unregelmäßigkeiten im Foliieren des Schriftsatzes der Anmelderin vom 7. Dezember 2004 erkennen, vielmehr ist dieser sechs Monate vor Erlass des Zurückweisungsbeschlusses eingegangen.

Auch die (sinngemäße) Rücknahme des Antrags auf Durchführung einer Anhörung und die Bitte um Entscheidung nach Aktenlage rechtfertigen das völlige Übergehen dieser Eingabe nicht. Da der Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle den fraglichen Schriftsatz der Anmelderin überhaupt nicht erwähnt, bleibt -wie bereits von der Beschwerdeführerin vorgetragen -unklar, ob die Prüfungsstelle diesen nicht bemerkt oder gar übersehen hat oder ob sie ihn bemerkt und gelesen, aber für nicht entscheidungserheblich gehalten hat. Dieser Aspekt ist aber letztlich nicht entscheidungserheblich. Bei jeder denkbaren Fallkonstellation liegt ein Verfahrensfehler vor. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nämlich jedenfalls dann vor, wenn eine Anmeldung ohne vorherige Beanstandung der Mängel, auf die die Entscheidung gestützt ist, zurückgewiesen wird (§ 48 Satz 2 PatG i. V. m. § 42 Abs. 3 Satz 2 PatG; Schulte, a. a. O., Einl. Rdnr. 257 Pkt. 7).

Der Verstoß war für die Beschwerdeeinlegung ursächlich. Unabhängig davon, ob die Zurückweisung der Anmeldung auch im Hinblick auf den neu eingereichten Patentanspruch 1 sachlich gerechtfertigt war, war aus der Sicht eines verständigen Beschwerdeführers nicht auszuschließen, dass die Entscheidung ohne den Fehler anders ausgefallen wäre. Deshalb durfte die Anmelderin die Beschwerde für notwendig halten.

Nach alledem entspricht es der Billigkeit, die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.

Dr. Fritsch Baumgardt Wickborn Eder Fa






BPatG:
Beschluss v. 26.01.2010
Az: 17 W (pat) 127/05


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