Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Februar 2003
Aktenzeichen: 32 W (pat) 400/02

(BPatG: Beschluss v. 28.02.2003, Az.: 32 W (pat) 400/02)

Tenor

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerde gilt als nicht eingelegt.

Gründe

I.

Der Widerspruch gegen die Marke Havana Night Starsaus den prioritätsälteren Marken 394 08 068 und 892 051 Havana Clubist vom Deutschen Patent- und Markenamt wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen worden. Der Zurückweisungsbeschluss ist den anwaltlichen Vertretern der Widersprechenden vom 18. September 2002 zugestellt worden. Die dagegen erhobene Beschwerde vom 18. Oktober 2002 wurde an das Bundespatentgericht gerichtet und ist dort am 21. Oktober 2002, also nach Ablauf der Beschwerdefrist eingegangen.

Mit Schreiben vom 18. November 2002, eingegangen am selben Tag, hat die Widersprechende Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt. Dieser wurde damit begründet, dass aufgrund eines Versehens von nichtanwaltlichen Mitarbeiterinnen die Beschwerdeschrift falsch und zwar an das Bundespatentgericht, adressiert und zusätzlich mit normaler Post und nicht wie erforderlich per Boten, zugesandt wurde.

Die Markeninhaberin tritt der Wiedereinsetzung entgegen. Sie sieht ein Verschulden des anwaltlichen Vertreters schon darin, dass die Anfertigung der Beschwerdeschrift nicht vollständig auf nichtanwaltliches Personal übertragen werden dürfe.

II.

Der Wiedereinsetzungsantrag der Widersprechenden war zurückzuweisen.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 91 Abs. 1 MarkenG gewährt, wenn eine dem Patentamt oder Patentgericht gegenüber einzuhaltende Frist, deren Versäumung nach einer gesetzlichen Vorschrift einen Rechtsnachteil zur Folge hat, ohne Verschulden versäumt wurde. Die Beschwerdeführerin hat die Frist zur Einlegung der Beschwerde (§ 66 Abs. 2 MarkenG) versäumt. Der angefochtene Beschluss wurde mit entsprechender Belehrung am 18. September 2002 zugestellt. Damit lief die Frist zur Einlegung der Beschwerde am Freitag, dem 18. November 2002, ab. Innerhalb dieser Frist ist die Beschwerde nicht eingegangen, sondern erst am Montag, dem 21. November 2002, beim Bundespatentgericht. Dieses hat den Beschwerdeschriftsatz zuständigkeitshalber an das Deutsche Patent- und Markenamt - Dienststelle Jena - weitergeleitet, wo er am 25. Oktober 2002 eingegangen ist. Dem Beschwerdeschriftsatz lag eine Einzugsermächtigung über die Beschwerdegebühr bei, so dass auch erst von einer Zahlung der Beschwerdegebühr am 25. Oktober 2002 auszugehen ist. Da somit auch die Beschwerdegebühr nicht innerhalb der Beschwerdefrist bezahlt wurde, gilt die Beschwerde als nicht eingelegt (§ 6 Abs. 2 PatKostG).

Zur Beseitigung dieses Rechtsnachteils hat die Antragstellerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Der Antrag ist zulässig. Er wurde innerhalb der Zweimonatsfrist des § 91 Abs. 2 MarkenG gestellt und enthält Tatsachen, die die Wiedereinsetzung begründen sollen (§ 91 Abs. 3 MarkenG). Der Antrag ist jedoch nicht begründet, denn der Tatsachenvortrag ergibt nicht, dass die Frist unverschuldet versäumt wurde. Ohne Verschulden handelt, wer die übliche Sorgfalt anwendet, deren Beachtung im Einzelfall zumutbar war. Hier wurde nicht ausgeschlossen, dass die Säumnis auf einem dem Anmelder zuzurechnenden Verschulden seines anwaltlichen Vertreters beruht (§ 82 Abs. 1 MarkenG, § 85 Abs. 2 ZPO). Unterzeichnet ein Anwalt den Beschwerdeschriftsatz, der in unzutreffender Weise an den falschen Empfänger adressiert ist, so lässt er die für ihn zumutbare übliche Sorgfalt außer Acht. Hätte er das von ihm unterzeichnete Schriftstück - wie es der üblichen Sorgfalt entspräche - durchgelesen, so hätte er ohne weiteres festgestellt, dass seine Mitarbeiterin versehentlich in unzutreffender Weise das Bundespatentgericht anstatt das Deutsche Patent- und Markenamt als die Behörde ins Adressfeld eingetragen hat. Damit war die Beschwerde an das Bundespatentgericht gerichtet. Ob der weitere Fehler der nichtanwaltlichen Mitarbeiterinnen für die Fristversäumung dann überhaupt noch ursächlich war, ergibt sich aus dem Vortrag der Widersprechenden nicht. Entgegen der Anweisung des Rechtsanwalts wurde die Beschwerdeschrift nicht per Boten, sondern mit normaler Post abgesandt. Gemäß der Anweisung wäre also die Beschwerdeschrift - bei der falschen Behörde - am letzten Tag der Beschwerdefrist eingegangen. Zwar besteht eine Verpflichtung des versehentlich benannten Empfängers, den Schriftsatz an den richtigen Adressaten unverzüglich weiterzuleiten. Dies ist (ua) das Deutsche Patent- und Markenamt, 81534 München, das seine Postannahmestelle im selben Gebäude, wie das Bundespatentgericht unterhält. Es ist aber nicht vorgetragen, dass die Zustellung per Boten noch zu einem so frühen Zeitpunkt am Freitag, dem 18. Oktober 2002, erfolgt wäre, dass nach einer zumutbaren Zeit für die Prüfung und Weiterleitung im normalen Geschäftsgang noch am selben Tag mit einem Eingang beim Deutschen Patent- und Markenamt zu rechnen war. Der Vortrag spricht eher dagegen, da ausgeführt wurde, dass der Auftrag zur Beschwerdeeinlegung im Anwaltsbüro erst um 10.30 Uhr des letzten Tages der Beschwerdefrist eingegangen war. Selbst bei einer sehr kurzen Bearbeitungs- und Briefübermittlungszeit von zwei Stunden ist nach dem regelmäßigen Gang der Dinge nicht mehr zu erwarten, dass an einem Freitagnachmittag vom Bundespatentgericht die fehlerhafte Adressierung erkannt und der weitergeleitete Schriftsatz noch am selben Tag dem Deutschen Patent- und Markenamt zugeht.

Die verspätete Zahlung der Beschwerdegebühr hat zur Folge, dass die Beschwerde als nicht eingelegt gilt (§ 6 Abs. 2 PatKostG).

Winkler Dr. Albrecht Sekretarukbr/Ko






BPatG:
Beschluss v. 28.02.2003
Az: 32 W (pat) 400/02


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