Verwaltungsgericht Köln:
Urteil vom 2. Juni 2015
Aktenzeichen: 19 K 7230/13

(VG Köln: Urteil v. 02.06.2015, Az.: 19 K 7230/13)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der im Jahre 1982 geborene Kläger wurde zum 01.07.2009 bei dem beklagten Land als Justizhelfer eingestellt. Am 24.04.2012 wurde er in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen und zum Justizhauptwachtmeister ernannt. Der Kläger war zunächst bei dem Landgericht ... im Wachtmeisterdienst tätig und im November 2012 zum Aufsichtsdienst der Justizvollzugsanstalt ... abgeordnet.

Im September 2012 leitete die Staatsanwaltschaft Köln gegen den Kläger ein Ermittlungsverfahren u.a. wegen des Verdachts des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie des gewerbsmäßigen unerlaubten Inverkehrbringens von Arzneimitteln zu Dopingzwecken im Sport ein (Az.: 104 Js 40/12). Nachdem der Kläger nach einer Wohnungsdurchsuchung am 07.12.2012 vorläufig festgenommen worden war, leitete das beklagte Land am 11.12.2012 gegen den Kläger gem. § 17 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW ein Disziplinarverfahren ein und untersagte dem Kläger mit sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 12.12.2012 die Führung der Dienstgeschäfte. Das Disziplinarverfahren setzte das beklagte Land - zuletzt mit Verfügung vom 13.09.2013 - im Hinblick auf das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gem. § 22 Abs. 2 LDG NRW aus.

Mit Bescheid vom 15.02.2013 entließ das beklagte Land den Kläger aus dem Justizdienst des Landes gemäß §§ 5 Abs. 3 Satz 2 LDG NRW, 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG mit Ablauf des Monats Februar 2013. Zur Begründung führte es aus, der Kläger habe mit den ihm im strafrechtlichen Verfahren vorgeworfenen Taten eine Handlung begangen, die im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit disziplinarrechtlich mindestens eine Kürzung der Dienstbezüge zur Folge hätte. Das erkennende Gericht hat den Entlassungsbescheid vom 15.02.2013 mit Urteil vom 21.08.2013 (19 K 1809/13) wegen formeller Bedenken aufgehoben, weil das beklagte Land vor Erlass des Entlassungsbescheides vom 15.02.2013 nicht die Gleichstellungsbeauftragte gem. § 17 Abs. 1 LGG NRW beteiligt hatte. Das Urteil vom 21.08.2013 ist seit dem 16.01.2015 rechtskräftig, nachdem das OVG NRW mit Beschluss vom 16.01.2015 (6 A 2234/13) den vom beklagten Land gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt hat.

Der Kläger wurde durch seit dem Tag seiner Verkündung rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Bergisch Gladbach vom 18.07.2013 - Az.: 43 Ls 15/13 - wegen unerlaubten Handeltreibens mit Arzneimitteln, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen, unerlaubten gewerbsmäßigen in Verkehrbringens von Dopingmitteln in Tateinheit mit Handeltreibens mit Arzneimitteln, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen sowie unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in einem minder schweren Fall zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wurde für die Dauer von 3 Jahren zur Bewährung ausgesetzt.

Nach mit Schreiben vom 05.09.2013 erfolgter Anhörung des Klägers und mit Zustimmung der Gleichstellungsbeauftragten vom 30.09.2013 und des Bezirkspersonalrates vom 10.10.2013 entließ das beklagte Land den Kläger erneut mit Bescheid vom 15.10.2013 auf der Grundlage von § 5 Abs. 3 Satz 2 LDG NRW i.V.m. § 23 Abs. 3 Nr. 1 BeamtStG mit Ablauf des Monat Oktober 2013. Zur Begründung führte es aus, dass der Kläger mit den strafgerichtlich rechtskräftig festgestellten Taten seine außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht schuldhaft verletzt habe. Die außerdienstlichen Dienstvergehen seien von erheblichem disziplinaren Gewicht. Durch den strafrechtlich geahndeten Erwerb und Konsum von Cannabisstoffen und Kokain sowie den unerlaubten Handel mit verschiedenen Arzneimitteln habe der Kläger dem Ansehen der Justiz in erheblicher Weise geschadet und das in ihn gesetzte Vertrauen in eine ordnungsgemäße Diensterfüllung nachhaltig zerstört. Sein Verhalten hätte im Falle eines Beamtenverhältnisses auf Lebenszeit mit der erforderlichen Sicherheit mindestens die Kürzung der Dienstbezüge zur Folge gehabt. Die strafrechtliche Verurteilung des Klägers bleibe mit 11 Monaten Freiheitsstrafe nur um einen Monat unter der Freiheitsstrafe, bei deren rechtskräftiger Verhängung das Beamtenverhältnis - auch bei einem Beamten auf Lebenszeit - gem. § 24 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG kraft Gesetzes beendet wäre. Dienstrechtlich von erheblicher Bedeutung sei, dass die vom Kläger begangenen Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz eine grob rücksichtslose Haltung gegenüber den Interessen der Allgemeinheit und des Jugendschutzes offenbarten. Besondere Gründe, die zugunsten des Klägers ein ausnahmsweises Absehen von der Entlassung im Ermessenswege rechtfertigten, seien nicht gegeben.

Der Kläger hat nach Zustellung des Entlassungsbescheides am 18.10.2013 am 18.11.2013 Klage erhoben. Er ist der Ansicht, der erneute Entlassungsbescheid sei nichtig, solange das beklagte Land seinen Antrag auf Zulassung der Berufung im Verfahren betreffend den ersten Entlassungsbescheid vom 15.02.2013 nicht zurückgenommen habe. Ungeachtet dessen werde die Zuverlässigkeit des Klägers durch seine strafgerichtliche Verurteilung in keiner Weise tangiert. Die Staatsanwaltschaft habe im strafgerichtlichen Verfahren betont, dass ein BTM-Täter noch nie so kooperativ und einsichtig mit der Polizei kooperiert habe wie der Kläger. Dementsprechend habe das Amtsgericht eine nur geringe Strafe ausgesprochen und sei dabei davon ausgegangen, dass der Kläger auch in Zukunft Verwendung im Justizdienst finde. Das beklagte Land habe sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Es habe verkannt, dass das Strafgericht die Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt habe und dass der Kläger ein vollumfängliches, von erkennbarer Reue getragenes Geständnis abgelegt habe.

Der Kläger beantragt,

den Entlassungsbescheid des beklagten Landes vom 15.10.2013 aufzuheben.

Das beklagte Land beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen und verteidigt den angefochtenen Entlassungsbescheid. Das strafrechtlich geahndete Verhalten des Klägers hätte im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit mindestens eine Kürzung der Dienstbezüge zur Folge gehabt. Die vom Kläger begangenen Verstöße gegen das BTMG offenbarten eine grob rücksichtslose Haltung gegenüber der Allgemeinheit. Erschwerend sei zu berücksichtigen, dass der Kläger über einen längeren Zeitraum wiederholt nicht nur gegen das BTMG, sondern auch das AMG verstoßen habe. Der Kläger habe zudem nicht nur Cannabisprodukte, sondern auch das besonders gefährliche Suchtmittel Kokain zum Eigenkonsum erworben. Hieraus lasse sich eine gesteigerte Labilität im Umgang mit Rauschgiften ableiten. Zu Lasten des Klägers sei ferner zu berücksichtigen, dass die strafrechtliche Verurteilung des Klägers mit 11 Monaten Freiheitsstrafe nur um einen Monat unter der Freiheitsstrafe bleibe, bei deren rechtskräftiger Verhängung das Beamtenverhältnis - auch bei einem Beamten auf Lebenszeit - gem. § 24 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG kraft Gesetzes beendet wäre. Es sei unbedenklich, dass eine erneute Entlassungsverfügung vor Abschluss des Berufungszulassungsverfahrens betreffend die erste Entlassungsverfügung erlassen worden ist. Habe das den ersten Bescheid aufhebende Urteil vom 21.08.2013 Bestand, gehe die im vorliegenden Verfahren streitgegenständliche Entlassungsverfügung vom 18.10.2013 ins Leere.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des beklagten Landes Bezug genommen.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Das Gericht konnte entscheiden, obwohl der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter zur mündlichen Verhandlung am 02.06.2015 nicht erschienen sind. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers wurde unter Einhaltung der Ladungsfrist mit dem Hinweis gem. § 102 Abs. 2 VwGO zu dem Termin geladen, dass bei einem Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Der Entlassungsbescheid des beklagten Landes vom 15.10.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1VwGO).

Der angefochtene Entlassungsbescheid lässt zunächst formelle Fehler nicht erkennen. Der Kläger wurde vor seinem Erlass angehört. Die Gleichstellungsbeauftragte wurde am 30.09.2013 vor Erlass des Entlassungsbescheides beteiligt. Der Bezirkspersonalrat bei dem OLG Köln hat der Entlassung des Klägers am 10.10.2013 zugestimmt.

Der Entlassungsbescheid begegnet auch in materieller Hinsicht keinen rechtlichen Bedenken. Er findet seine Rechtsgrundlage in § 23 Abs. 3 Nr. 1 BeamtStG. Nach dieser Vorschrift können Beamte auf Probe - wie der Kläger - entlassen werden, wenn sie eine Handlung begehen, die im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit mindestens eine Kürzung der Dienstbezüge zur Folge hätte.

Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn der Beamte ein Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 BeamtStG begangen hat, also wenn er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt hat. Handelt es sich um ein Verhalten außerhalb des Dienstes, so liegt ein Dienstvergehen nur dann vor, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, Achtung und Vertrauen in einer für sein Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen (§ 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG). Darüber hinaus muss das Dienstvergehen so schwerwiegend sein, dass gegen einen Beamten auf Lebenszeit mindestens eine Kürzung der Dienstbezüge veranlasst wäre. Insoweit genügt es nicht, dass eine solche Disziplinarmaßnahme möglicherweise verhängt worden wäre oder dass der Beamte mit einer solchen Maßnahme hätte rechnen müssen. Grundlage für die hypothetische Feststellung der Disziplinarmaßnahme sind disziplinarrechtliche Grundsätze

vgl. BVerwG, Urteil vom 28.04.1983 - 2 C 89/81 -, juris.

Die hypothetischdisziplinarrechtliche Folge ist ein Tatbestandsmerkmal, das der uneingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Prüfung unterliegt; die im strafgerichtlichen Verfahren getroffenen Feststellungen beinhalten jedoch auf Grund der hypothetischen Situation eines Disziplinarverfahrens und der im Disziplinarrecht geltenden Bindung gemäß § 23 LDG NRW mittelbare Bindungswirkung, weshalb die vom Strafgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen zugrunde zu legen sind,

vgl. VG Ansbach Urteil vom 19.10.2010 - AN 1 K 10.01470 -, juris.

Nach den Feststellungen des AG Bergisch Gladbach im Urteil vom 18.07.2013 (43 Ls 15/13) bezog der Kläger seit mindestens März 2012 von einem gesondert verfolgten Dealer (B. V. ) verschiedene Anabolikapräparate, die er sodann gewinnbringend an verschiedene Abnehmer weiter verkaufte. In Fortführung dieser Geschäftsbeziehung erwarb er im Herbst des Jahres 2012 vom gesondert verfolgten V. einen Posten mit verschiedenen Anabolika, unter anderem einige Kartons "Winstrol-Depot" mit dem anabolen Dopingmittelwirkstoff Stanozolol, einige Kartons "Testosteron-Depot 250mg Eifelfango" und weitere testosteron- und nandrolonhaltige Arzneimittel. Hierbei plante er - wie auch schon in der Vergangenheit praktiziert - die zunächst in seiner Wohnung gelagerten Anabolika gewinnbringend zu verkaufen. Tatsächlich veräußerte der Kläger am 03.10.2012 an den gesondert verfolgten Abnehmer (M. ) 2 Kartons Winstrol. An denselben Abnehmer veräußerte er am 14.10.2012 100 Ampullen des Präparates "Testosteron-Depot 250mg Eifelfango" und einen weiteren Karton Winstrol sowie am 18.2012 erneut 100 Ampullen "Eifelfango". Schließlich veräußerte der Kläger auch am 06.11.2012 einen Karton Winstrol an den Abnehmer M. . Im Gegenzug erhielt er von diesem eine Dose Ephedrin, welche er einem anderen Abnehmer (T. ), der das Ephedrin beim Kläger bestellt hatte, am 15.11.2012 am Cinedom in Köln weiter veräußerte.

Darüber hinaus erwarb der Kläger am 17.09.2012 von einem gesondert verfolgten Dealer namens L. 2.000 Stück sog. "Kamagra Oral Jellies", ein illegal hergestelltes Potenzmittel, bei dem der Rohstoff Sildenafil, der zur Behandlung von Männern mit erektiler Dysfunktion Verwendung findet und der in Deutschland verschreibungspflichtig ist, mit Glucosesirup versetzt und in einzelne Tütchen verpackt wird. Pro Tütchen bezahlte der Kläger einen Einkaufspreis von 80 Cent. Hierbei plante er, wie auch in der Vergangenheit schon praktiziert, die zunächst in seiner Wohnung gelagerten Kamagra-Tütchen gewinnbringend an weitere Abnehmer weiter zu verkaufen Tatsächlich veräußerte der Kläger an den gesondert verfolgten Abnehmer am 18.09.2012 1.000 Tütchen Kamagra zu einem Preis von ca. 1,20 bis 1,25 € pro Tütchen. Am 20.09.2012 veräußerte er weiterhin an einen Abnehmer D. eine Menge von 250 Stück zu einem Stückpreis von 2,00 €. Am 15.11.2012 veräußerte er zudem eine Menge von 200 Stück zu einem Preis von ca. 1,20 bis 1,25 € pro Tütchen an einen anderen Abnehmer namens T1. .

Schließlich hatte der Kläger nach den Feststellungen des Amtsgerichts Bergisch Gladbach die bei ihm im Rahmen einer Wohnungsdurchsuchung aufgefundenen zwei Tütchen mit Kokain im Sommer 2012 in O. zum Eigenkonsum gekauft. Das bei der Durchsuchung der Wohnung des Klägers gefundene Marihuana stammte aus einer Gesamtmenge von 310 g, die der Kläger nach den Feststellungen des Amtsgerichts in Deutschland von einem nicht näher bestimmten Dealer zum Eigenkonsum erworben hatte und die er bereits zu einem Teil gemeinsam mit einem gesondert Verfolgten namens N. konsumiert hatte.

Mit den strafgerichtlich rechtskräftig festgestellten Verstößen gegen das BTMG und das AMG hat der Kläger schuldhaft ein Dienstvergehen begangen. Er hat die sich aus § 34 Satz 3 BeamtStG ergebende Wohlverhaltenspflicht verletzt. Das außerdienstliche Verhalten ist gem. § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG als Dienstvergehen zu werten, weil es in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen des Dienstherrn in einer für das Amt bedeutsamen Weise zu beinträchtigen. Die vom Kläger begangenen Verstöße gegen das BTMG und das AMG offenbaren eine grob rücksichtslose Haltung gegenüber den Interessen der Allgemeinheit und des Jugendschutzes. Von einem Justizhauptwachtmeister, zu dessen Kernaufgaben hoheitliche Aufgaben gehören wie die Vorführung von Strafgefangenen zu Gerichtsterminen und -sitzungen sowie die zwangsweise Vorführung von Personen, muss er erwartet werden, dass er nicht selbst gegen Rechtsvorschriften verstößt, die wichtige Gemeinschaftsbelange schützen sollen.

Das Dienstvergehen des Klägers hätte im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit mindestens eine Kürzung der Dienstbezüge zur Folge. Wer wie der Kläger gegen Vorschriften des BTMG verstößt, offenbart nach ständiger disziplinargerichtlicher Rechtsprechung regelmäßig eine grob rücksichtslose Haltung gegenüber der Allgemeinheit. Dies ist auch dienstrechtlich von erheblicher Bedeutung. Angesichts der Variationsbreite möglicher Verwirklichungsformen pflichtwidrigen Verhaltens in diesem Bereich wird das disziplinare Gewicht des Dienstvergehens maßgebend von den besonderen Umständen des Einzelfalles bestimmt. Dies bedeutet, dass in schweren Fällen eine dem förmlichen Disziplinarverfahren vorbehaltene Maßnahme, also bei einem aktiven Beamten eine Gehaltskürzung, Degradierung oder in besonders schweren Fällen sogar eine Entfernung aus dem Dienst, zu verhängen ist,

vgl. BVerwG, Urteil vom 14.12.2000 - 1 D 40/99 -, juris.

Das BVerwG hat bereits den Erwerb geringer Mengen von Cannabisprodukten zum Eigenverbrauch als einen schweren Fall angesehen, der die Verhängung einer Gehaltskürzung rechtfertigt, wenn der Beamte einschlägig vorbelastet ist,

vgl. BVerwG, Urteil vom 07.05.1996 - 1 D 82/95 -, juris.

Der Kläger war bis zu seiner strafrechtlichen Verurteilung zwar nicht vorbelastet. Zu seinen Gunsten ist zwar auch zu berücksichtigen, dass er im Strafverfahren geständig war und an der Aufklärung des Sachverhalts mitgewirkt hat. Auch innerdienstlich ist der Kläger bislang nicht nachteilig aufgefallen. Zu seinen Lasten sind aber folgende Umstände zu berücksichtigen, die die Annahme eines zur Verhängung einer Gehaltskürzung berechtigenden schweren Falles rechtfertigen. Der Kläger hat über einen längeren Zeitraum wiederholt nicht nur gegen das BTMG, sondern auch das AMG verstoßen. Er hat Suchtmittel nicht nur zum Eigenverbrauch erworben, sondern an verschiedene Abnehmer mit Gewinnerzielungsabsicht weiterveräußert. Die strafrechtliche Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 11 Monaten bleibt nur einen Monat unter der Freiheitsstrafe von einem Jahr, bei deren Verhängung ein Beamter - auch ein Lebenszeitbeamter - kraft Gesetzes aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden wäre. Der Kläger hat nicht nur Cannabisprodukte, sondern auch das besonders gefährliche Suchtmittel Kokain zum Eigenkonsum erworben. Hieraus lässt sich eine gesteigerte Labilität im Umgang mit Rauschgiften ableiten.

Der disziplinarrechtlichen Kürzung der Dienstbezüge steht auch nicht die Vorschrift des § 14 Abs. 1 Nr. 2 LDG NRW entgegen. Nach dieser Vorschrift darf wegen desselben Sachverhalts, der bereits Grundlage einer strafgerichtlichen Verurteilung war, eine Kürzung der Dienstbezüge nur ausgesprochen werden, wenn dies zusätzlich erforderlich ist, um den Beamten zur Pflichterfüllung anzuhalten. Eine zusätzliche Pflichtenmahnung ist nur dann zulässig, wenn die konkrete Verfehlung zu der konkreten Befürchtung Anlass gibt, der Beamte werde trotz der bereits gegen ihn verhängten strafrechtlichen Sanktion auch in Zukunft gegen seine Beamtenpflichten verstoßen,

vgl. BVerwG, Urteil vom 17.03.2004 - 1 D 23/03 -, juris.

Dies ist hier der Fall. Die Wiederholungsgefahr ergibt sich daraus, dass der Kläger über einen längeren Zeitraum wiederholt und planmäßig gegen das BTMG und das AMG verstoßen hat. Angesichts des ihm dienstlich übertragenen Aufgabenkreises - dem Umgang mit straffällig gewordenen Personen - hätten ihm die straf- und auch die dienstrechtlichen Konsequenzen seines Tuns in besonderem Maße bewusst sein müssen. Dass er sich dennoch über die Strafvorschriften hinwegsetzte, lässt eine Labilität bei der Einhaltung von Rechtsvorschriften erkennen. Diese Labilität, die eine Wiederholungsgefahr befürchten lässt, wird noch durch den Umstand gesteigert, dass der Kläger nach den strafgerichtlichen Feststellungen selbst Suchtmittel konsumiert hat. Diese Labilität gegenüber Suchtmitteln lässt befürchten, dass der Kläger auch in Zukunft - unter Einfluss von Suchtmitteln - gegen Rechtsvorschriften verstoßen wird.

Vor diesem Hintergrund sind auch Ermessensfehler des Entlassungsbescheides nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.






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