Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 24. Oktober 2008
Aktenzeichen: 40 O 86/07

(LG Düsseldorf: Urteil v. 24.10.2008, Az.: 40 O 86/07)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Nebenintervention ist zulässig.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Nebenintervention tragen die Kläger.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist eine Aktiengesellschaft nach deutschem Recht mit einem Grundkapital von 1.333.662 €, eingeteilt in die entsprechende Anzahl nennwertloser Stückaktien. Die Klägerin zu 1.) ist eine GmbH, deren Geschäftsführer der Kläger zu 2.) ist. Beide Kläger geben an, Aktionäre der Beklagten zu sein und jeweils eine Aktie zu halten.

Die Beklagte lud mit am 11.05.2007 im E-Bundesanzeiger veröffentlichter Einladung vom 09.05.2007 zu ihrer Hauptversammlung am 19.06.2007. Zum beabsichtigten Tagesordnungspunkt 1., Feststellung des Jahresabschlusses und des Konzernabschlusses, heißt es dort, der Unterlagen lägen in den Geschäftsräumen der Beklagten aus und würden auf Verlangen des Aktionärs übersandt. Der Konzernabschluss stehe auf der Website der Gesellschaft zur Verfügung. Zum Tagesordnungspunkt 7 wird eine Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien vorgeschlagen und angekündigt, den Bericht des Vorstandes hierzu in den Geschäftsräumen auszulegen und im Internet zur Verfügung zu stellen. Ferner ist der Bericht in der Einladung enthalten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einladung (Bl. 10 ff d.A.) Bezug genommen.

Die Kläger ließen sich in der Hauptversammlung vom 19.06.2007 durch einen Herrn A vertreten. U.A. der Aufsichtsrat legte in der Hauptversammlung seinen Bericht (Bl. 14 ff d.A.) vor. Die Hauptversammlung entlastete mit Beschluss zu Tagesordnungspunkt 3.) der Aufsichtsrat. Sie erteilte zu Tagesordnungspunkt 7.) die Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien. Herr A stimmte gegen die Beschlüsse und erklärte Widerspruch zu Protokoll. Das Eigenkapital der Beklagte war zu diesem Zeitpunkt bis nahe an die Hälfte des Grundkapitals aufgebraucht.

Die Kläger behaupten, Aktionäre mit jeweils einer Aktie an der Beklagten zu sein und legen hierzu Depotbescheinigungen vor (Bl. 53 und 112 b d.A.). Sie meinen, die angefochtenen Beschlüsse der Hauptversammlung seien nichtig, jedenfalls anfechtbar. Im Hinblick auf die Ermächtigung i.S. des Tagesordnungspunktes 7.) sei der in der Einladung enthaltene Bericht des Vorstandes ungenügend. Im übrigen habe die Beklagte zum Zeitpunkt der Hauptversammlung unstreitig nicht über genügend Kapital verfügt, um ohne Verstoß gegen die Kapitalgrenze des § 71 Abs. 2 S 2 AktG eigene Aktien zu erwerben. Anhaltspunkte, dass dies in absehbarer Zeit anders sein würde, lägen aber nicht vor, was, den Beschluss unwirksam mache.

Die Klägerin zu 1.) meint darüber hinaus, auch der Beschluss zu Tagesordnungspunkt 3.) sei anfechtbar, da der Bericht des Aufsichtsrates hierzu nur mitteile, der Bestätigungsvermerk der Wirtschaftsprüfer sei uneingeschränkt erteilt, den Bestätigungsvermerk selbst jedoch nicht enthalte. Sie behauptet ferner, die Beklagte habe ihren Jahresabschluss nicht, wie angekündigt, in den Geschäftsräumen ausgelegt und dieser habe auch auf der Hauptversammlung nicht ausgelegen.

Die Kläger beantragen,

den Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 19. Juni 2007 zu Tagesordnungspunkt 7 "Beschlussfassung über die Ermächtigung zum Erwerb und zur Verwendung eigener Aktien" für nichtig zu erklären,

hilfsweise beantragt der Kläger zu 2.) darüber hinaus, festzustellen, dass der Beschluss zu Tagesordnungspunkt 7 der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 19.06.2007 unwirksam ist.

Die Klägerin zu 1.) beantragt darüber hinaus

den Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 19. Juni 2007 zu TOP 3 "Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2006 für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet die Aktionärseigenschaft beider Kläger mit Nichtwissen. Sie meint, die wörtliche Wiedergabe des Bestätigungsvermerks des Wirtschaftsprüfers im Bericht des Aufsichtsrates sei nicht erforderlich. Sie behauptet, sämtliche Unterlagen hätten in ihren Räumen auch zur Einsicht ausgelegen, so auch der Konzernabschluss und der Einzelbeschluss, in denen der Bestätigungsvermerk enthalten sei, ebenso wie der Jahresabschluss und der Bericht des Vorstandes zur Ermächtigung, der dem in der Einladung entspreche. Auch in der Hauptversammlung hätten diese Unterlagen ausgelegen. Sie vertritt die Auffassung, die notwendigen Rücklagen müssten nicht im Zeitpunkt der Ermächtigung sondern erst im Zeitpunkt von deren Ausübung vorliegen. Sie behauptet, für den Zeitraum, für den die Ermächtigung beschlossen worden sei, könne keineswegs ausgeschlossen werden, dass diese noch gebildet werden könnten, da das Unternehmen nunmehr von der Anlauf- in die Ertragsphase übergehe. Erhärtet werde dies durch von ihr vorgelegte Quartalsberichte (Bl. 106 ff d.A.), sowie durch den von ihr vorgelegten Geschäftsbericht für das Jahr 2007 (Anlage zum Schriftsatz vom 24.07.2008) und dort insbesondere durch die enthaltene Bilanz für das Jahr 2007.

Mit Schriftsatz vom 16.10.2007 ist der Nebenintervenient dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten.

Gründe

Die Nebenintervention ist zulässig, die Klagen sind unbegründet.

I.

Die Nebenintervention ist zulässig, worüber angesichts der Entscheidungsreife durch im Endurteil enthaltenes Zwischenurteil nach § 71 ZPO zu entscheiden war (vgl. Zöller/Vollkommer, § 71 ZPO, Rn. 5). Seine Aktionärseigenschaft hat der Streithelfer mit im Schriftsatz vom 19.05.2008 vorgelegter Bestätigung nachgewiesen (Bl. 99 d.A.). Nach dieser verwalten die Rechtanwälte B und C für den Nebenintervenienten als wirtschaftlich Berechtigten ein Depot-Anderkonto bei der Stadtsparkasse Düsseldorf treuhänderisch, auf dem seit dem 28.11.2005 57.488 Aktien der Beklagten gehalten werden. Nach Vorlage dieser Bestätigung haben die Kläger seine Aktionärseigenschaft auch nicht mehr in Abrede gestellt. Als Aktionär hat der Nebenintervenient ein rechtliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits, §§ 66,69 ZPO, 248 AktG. Die Ausschlussfrist des § 246 ZPO gilt für Nebenintervenienten nicht einmal, wenn sie die Anfechtungskläger unterstützen und erst recht nicht für solche, auf Seiten der Anfechtungsgegnerin.

II.

Die Klage der Klägerin zu 1.) ist schon deshalb unbegründet, weil ihre Aktionärseigenschaft nach wie vor nicht nachgewiesen ist. Damit fehlt ihr die Anfechtungsbefugnis i.S. von § 245 Abs.1 Nr. 1 AktG.

Die Klägerin hat zum Nachweis ihrer Aktionärseigenschaft zunächst nur Zeugenbeweis angeboten. Dieser Beweis ist jedoch ungeeignet, da Zeugen, hier offenbar ein Mitarbeiter der Depotbank, ihr entsprechendes Wissen nur aus den Unterlagen über das Depot der Klägerin beziehen können. Über entsprechende Unterlagen verfügt aber die Klägerin auch selbst, so dass sie diese vorlegen kann. Hierauf hat das Gericht in der mündlichen Verhandlung vom 16.05.2008 bereits hingewiesen. Die von der Klägerin anschließend vorlegte Depotbestätigung (Bl. 112 b d.A.) ist jedoch ungenügend. Sie bezieht sich nicht, jedenfalls nicht hinreichend eindeutig, auf die Klägerin. Sie stammt von einem Unternehmen "C", offenbar angesichts der Unterschrifts- und Fußzeile ein solches der D S.A. Gerichtet ist sie in der Kopfzeile zwar an die Klägerin, in der nächsten Zeile jedoch auch an "Herrn E", also den Kläger zu 2.). Der Text:

"Sehr geehrter Herr A,..., wunschgemäß bestätigen wir Ihnen, dass Sie bereits vor dem 11.05.2007 Aktien der F MOBILE INH., in Ihrem Depot Nr. 908466746 hatten und bis heute ununterbrochen halten"

bezieht sich nach seinem Wortlauf nur auf eine Verwahrung für Herrn Hofmann, also den Kläger zu 2.). Mit dem Text von dessen Depotbestätigung der C S.A. (Bl. 53 d.A.) ist dieser Text auch nahezu wörtlich identisch. Offenbar handelt es sich also um ein Depot des Klägers zu 2.), jedenfalls kann dies nicht ausgeschlossen werden. Dass darüber hinaus auch für die Klägerin Aktien in diesem Depot verwaltet werden, ergibt sich jedenfalls aus der vorgelegten Bestätigung nicht. Ein neuerlicher Hinweis auf die Notwendigkeit einer sich auf die Klägerin beziehenden Bestätigung war entbehrlich, da deren Notwendigkeit sich schon aus dem Hinweis vom 16.05.2008 ergab. Im übrigen war ohne weiteres zu ersehen, dass dem Gericht die für den Kläger zu 2.) vorgelegte Bescheinigung für die Klägerin zu 1.) nicht genügte. Legt die Klägerin zu 1.) sodann eine wörtlich und inhaltlich nahezu identische Bestätigung für sich selbst vor, lag es für sie klar erkennbar auf der Hand, dass diese ungenügend ist.

Vorsorglich weist das Gericht darauf hin, dass ein Anfechtungs- oder Nichtigkeitsgrund für die beanstandeten Beschlüsse nicht besteht. Für den Tagesordnungspunkt zu 7.) bestehen solche Gründe aus den Ausführungen zur Anfechtung des Klägers zu 1.) nicht (s. sogleich unter III.). Soweit die Klägerin zu 1.) -weitergehend als der Kläger zu 2) - auch den Hauptversammlungsbeschluss zu Tagesordnungspunkt 3.) angreift, liegen ebenfalls keine Anfechtungs- oder Nichtigkeitsgründe vor.

Der Bericht des Aufsichtsrats weist keine Mängel auf. Die Mitteilung des Testats war ausreichend, der wörtlichen Wiedergabe des Bestätigungsvermerks der Wirtschaftsprüfer im Bericht des Aufsichtsrats bedarf es nicht. Die Berichtspflicht des Aufsichtsrats beschränkt sich auf die einzelnen Punkte, die dem Aufsichtrat bei der Abschlussprüfung zweifelhaft erscheinen. Liegt ein uneingeschränktes Testat vor, genügt es, wenn der Aufsichtsrat dies zustimmend zur Kenntnis nimmt und dies mitteilt (vgl. Hüffer, § 171 AktG, Rn. 13 b).

Soweit die Klägerin zu 1.) ferner die mangelnde Auslage des Jahresabschlusses in den Geschäftsräumen der Beklagten und in der Hauptversammlung rügt, hätte sie den Tagesordnungspunkt zu 1.), der dessen Feststellung beinhaltet, angreifen müssen. Für die Entlastung des Aufsichtsrats bedarf es dessen Vorlage dagegen nicht. Im übrigen ist ihr Vorbringen als offensichtlich ins Blaue hinein auch unbeachtlich. Die Klägerin zu 1.) trägt nichts dazu vor, woher sie weiß, dass der Jahresabschluss in den Geschäftsräumen nicht ausgelegen haben soll. Sie behauptet insbesondere nicht, die Einsichtnahme dort versucht zu haben. Im Gegenteil, nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten ist in der Hauptversammlung noch ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Unterlagen sämtlich in den Geschäftsräumen der Beklagten ausgelegen hätten, ohne dass auch nur ein Aktionär widersprochen hätte. Dies wäre aber zu erwarten gewesen, wenn dies der Fall gewesen wäre. Auch die Klägerin hat folglich nicht widersprochen, sondern trägt ohne jeden Anhaltspunkt vor, die Auslage habe gefehlt, was ungenügend ist.

Soweit die Klägerin zu 1.) sich auch auf die mangelnde Auslage des Jahresabschlusses in der Hauptversammlung beruft, steht ihr Vorbringen im Widerspruch zu dem des Klägers zu 2.). Bessere Erkenntnisse als dieser ihr Geschäftsführer kann die Klägerin zu 1.) als juristische Person aber nicht haben, zumal beide Kläger in der Hauptversammlung durch ein und dieselbe Person vertreten waren, nämlich Herrn Köhler. Soweit ihr Vorbringen dem des Klägers zu 2.) widerspricht, erfolgt es mangels eigener Kenntnis also ebenfalls ohne jede Grundlage. Der Kläger zu 2.) hat aber vorgetragen, der Jahresabschluss habe durchaus in der Hauptversammlung vorgelegen, dies allerdings nur in Kopie. Hiervon hat das Gericht daher auszugehen. Die Auslage nicht im Original entsprechend dem Vorbringen des Klägers zu 2.) begründet keinen Anfechtungs- oder gar Nichtigkeitsgrund. Eine Pflicht, Unterlagen in der Hauptversammlung im Original auszulegen besteht nicht, denn Abschriften oder Kopien genügen zur notwendigen Information der Aktionäre. Ferner ist es nicht notwendig, dass der Jahresabschluss auf der Homepage zum Download zur Verfügung steht, da es hierüber keine Regelung gibt. § 175 Abs. 2 AktG verpflichtet vielmehr vor der Hauptversammlung nur zur Auslage in den Geschäftsräumen, die aber, da die Klägerin zu 1.) deren Fehlen nur ins Blaue hinein rügt und der Kläger zu 2.) diese Rüge nicht einmal erhebt, vorgelegen haben muss.

III.

Die Klage des Klägers zu 2.) ist ebenfalls unbegründet, da ein Anfechtungs- oder Nichtigkeitsgrund für den angefochtenen Beschluss zu Tagesordnungspunkt 8.) nicht vorliegt.

Allerdings ist die Klage rechtzeitig binnen der Monatsfrist des § 246 Abs. 1 AktG erhoben, da sie per Telefax bereits am 19.07.2007 eingegangen ist. Die Zustellung am 06.09.2007 ist als "demnächst" i.S. von § 270 Abs. 3 ZPO zu werten, denn der Vorschuss ist erst unter dem 09.08.2007 angefordert worden und sodann am 27.08.2007 eingezahlt worden. Die Vorschussanforderung darf aber, auch wenn durch die Klage eine Frist gewahrt werden soll, abgewartet werden.

Der Kläger zu 2.) ist auch anfechtungsbefugt, denn er hat eine auf ihn bezogene Depotbestätigung der C SA vom 03.07.2007 vorgelegt, wonach für ihn bereits vor dem 11.05.2007 und jedenfalls bis zum 03.07.2007 Aktien der Beklagten in einem Depot gehalten werden.

Ein Anfechtungsgrund besteht aber nicht.

Es fehlt keineswegs an der genügenden Information der Aktionäre. Wie bereits ausgeführt, genügt eine Vorlage des Jahresabschlusses in der Hauptversammlung in Abschrift. Soweit der Kläger zu 2.) sich die Rügen der mangelnden Information, die durch die Klägerin zu 1.) erhoben worden sind, zu eigen machen will, sind diese aus den vorstehenden Gründen unerheblich.

Ob der Bericht des Vorstandes zur Ermächtigung in den Räumen der Beklagten ausgelegen hat und zum Download zur Verfügung stand, kann - unabhängig davon, dass der Kläger zu 2.) ebenfalls nichts dazu vorträgt, woher er seine Kenntnis von dessen Fehlen nimmt - offen bleiben. Der Bericht des Vorstandes ist nämlich bereits in der Einladung enthalten. In dieser wird Bezug genommen auf eine bereits zuvor mit Hauptversammlung vom 24.08.2006 erteilte Ermächtigung, die ausgelaufen sei und die zur Ermöglichung flexibler Reaktionen erforderlich sei, etwa um eigene Aktien als Gegenleistung bei Unternehmenserwerben u.ä. einbringen zu können. Dies genügt zur Erläuterung der Frage, warum zum Erwerb und zur Veräußerung eigener Aktien nach § 71 Nr. 8 AktG legitimiert werden soll, denn die Gründe eines Bezugsrechtsausschlusses i.S. von § 183 Abs. 4 AktG sind dahingehend geklärt, dass außerbörslicher Erwerb und Veräußerung nur als Gegenleistung für den Erwerb von Unternehmensbeteiligungen erfolgen.

Eine genauere Erläuterung des Ermächtigungszwecks mit Unternehmensbezug war nicht geboten. Ein konkretes Investitionsvorhaben war ausweislich des Berichts nicht geplant, sondern es handelt sich um einen Vorratsbeschluss. Die Ermächtigung sollte gerade nicht zu bestimmten Zwecken erteilt werden, sondern ließ dem Vorstand freie Hand und diesen ihren Zweck enthält der Bericht. Derartige Vorratsbeschlüsse sind auch ohne weiteres zulässig (vgl Hüffer, § 71 AktG, Rn. 19 f). Im übrigen waren weitere Angaben auch nicht möglich, wenn es der Entscheidung des Vorstands überlassen bleiben sollte, inwieweit von der Ermächtigung Gebrauch gemacht wird. Ob und inwieweit eine solche Entscheidung erfolgen würde, war zum Hauptverhandlungszeitpunkt offen, so dass weitere Einzelheiten nicht mitgeteilt werden konnten.

Die Ermächtigung ist auch nicht willkürlich unter dem Gesichtspunkt, dass von ihr in dem Zeitraum, für den sie gefasst wurde, absehbar nicht Gebrauch gemacht werden konnte. Grundsätzlich setzt der Erwerb eigener Aktien nach § 71 Abs. 2 S. 2 AktG voraus, dass die hierfür nach § 272 Abs. 4 HGB vorgeschriebene Rücklage gebildet werden kann, ohne das Grundkapital oder sonstige vorgeschriebene Rücklagen anzugreifen. Fehlen solche Rücklagen, ist jedoch keineswegs der Ermächtigungsbeschluss i.S. von § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG unwirksam, sondern allenfalls der Beschluss, eigene Aktien zu erwerben. Die Ermächtigung dagegen wirkt auf Vorrat für die nächsten 18 Monate, so dass Rücklagen bei deren Beschluss (noch) nicht vorhanden sein müssen. Allerdings wird vertreten, dass die Ermächtigung dann unwirksam, weil willkürlich, ist, wenn für den gesamten Zeitraum, für den sie gelten soll, auszuschließen ist, dass die notwendige Rücklage gebildet werden kann, weil die Ermächtigung dann keinem gesetzlich zulässigem Zweck dienen kann (OLG München 7 W 814/01, DB 2002, 1543). Diese Auffassung begegnet schon deshalb Zweifeln, weil in solchen Fällen die Ermächtigung ohnehin nicht vollzogen werden kann, so dass nicht recht einleuchtet, warum es darüber hinaus auch der Unwirksamkeit der Ermächtigung bedürfte.

Selbst wenn man aber dieser Auffassung folgt, ist keine Unwirksamkeit erkennbar, denn dass die Bildung der notwendigen Rücklagen für die 18 Monate nach Beschlussfassung im Zeitpunkt des Beschlusses absehbar ausgeschlossen war, ergibt sich aus der Darlegung der Kläger nicht.

Unstreitig ist vielmehr nur, dass die Rücklagen im Zeitpunkt der Hauptversammlung nicht vorhanden waren. Für den folgenden Ermächtigungszeitraum von 18 Monaten besagt dies jedoch nichts und stellt auch kein Indiz dafür da, dass die Rücklagen in der Folge nicht gebildet werden können. Bei der Beklagten handelt es sich um ein relativ junges Unternehmen, so dass es ohne weiteres denkbar ist, dass man nach Anlaufverlusten für die Zukunft mit Gewinnen und damit auch mit der Möglichkeit der Rücklagenbildung rechnete.

Anhaltspunkte dafür, dass diese Erwartung im Zeitpunkt der Beschlussfassung derart unrealistisch war, dass sie auszuschließen war, tragen die Kläger aber nicht vor. Dies hätte ihnen aber oblegen, denn, anders als im Fall des OLG München ist hier keineswegs unstreitig, dass mit einem Turnaround in den nächsten 18 Monate nicht zu rechnen war. Die Beklagte hat vielmehr, zunächst sogar unwidersprochen, vorgetragen, sie befinde sich im Übergang von der Anlauf- in die Gewinnphase und erwarte deshalb für die Zukunft, die Rücklagen bilden zu können. Diesen recht vagen Vortrag hat sie durch Quartalsberichte und durch den Geschäftsbericht für 2007, der auch die Bilanz für dieses Jahr enthält, untermauert. Deren Richtigkeit bestreiten zwar die Kläger, dies genügt jedoch nicht. Vielmehr stellt die Unwirksamkeit der Ermächtigung wegen Willkür einen Ausnahmetatbestand dar, dessen Vorliegen von demjenigen darzulegen und zu beweisen ist, der sich darauf beruft. Selbst wenn man der Beklagten, die näheren Einblick in ihre erwartete Umsatzentwicklung hat, hierzu eine sekundäre Darlegungslast zuweist, ist sie dieser durch die Vorlage ihrer Berichte und Bilanzen mehr als umfänglich nachgekommen. Unter diesen Umständen hätten die Kläger darlegen müssen, aus welchem Grunde dennoch im Zeitpunkt der Beschlussfassung auszuschließen war, dass die Ermächtigung ausgeübt werden konnte. Daran fehlt es.

Die Kläger bestreiten nur die Richtigkeit der Bilanz für 2007 in Einzelpunkten und bieten Sachverständigenbeweis für die Tatsache an, dass per 31.12.2007 keine frei verfügbaren Gewinn- oder sonstigen Rücklagen vorhanden waren. Dies ist ungenügend. Schon die von ihnen vorgetragenen Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Bilanz überzeugen nicht. Dass sie künstlich "aufgebläht" sei, erschließt sich schon deshalb nicht, weil sie testiert ist. Steigerungen im Hinblick auf Forderungen aus Lieferungen und Leistungen oder die Relation zwischen Forderungen und Umsatzerlösen sind normal, wenn das Geschäft nunmehr aus der Anlaufphase heraus getreten. Der Konzernabschluss widerspricht der Bilanz für die Beklagte auch keineswegs, denn er verhält sich über einen Umsatzerlös für den Konzern von über 10 Mio. € (S. 33 des Geschäftsberichts). Soweit der Konzernlagebericht (S. 24 des Geschäftsberichts) nur bestimmte Umsätze der AG zuweist, besagt dies für ihre Umsatzerlöse nichts, da die Beklagte Mutter sämtlicher dort aufgeführter Gesellschaften ist und mit der deutschen GmbH ausweislich des Geschäftsberichts sogar einen Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag hat. Dies mag dann auch die vom Kläger zu 2.) beanstandeten, weil unerklärten Erträge aus Beteiligungen erklären. Im übrigen würde eine unrichtige Bilanz per 2007 aber auch nicht genügen, um die Ermächtigung als willkürlich einzustufen, denn dazu muss, wie ausgeführt, die Rücklagenbildung im Zeitpunkt der Beschlussfassung definitiv ausgeschlossen gewesen sein. Selbst wenn entgegen der Bilanz per 31.12.2007 die erforderlichen Rücklagen nach wie vor nicht vorhanden waren, was der Kläger zu 2.) auch unter Sachverständigenbeweis gestellt hat, heißt dies zu der Frage, inwieweit dies im Zeitpunkt der Hauptversammlung bereits absehbar war, nicht das mindeste. Vielmehr spricht weit mehr dafür, dass man zu diesem Zeitpunkt mit dem Erreichen der Gewinnzone rechnete, weil dies alle folgenden Unterlagen auch dementsprechend ausweisen. Erst recht heißt dieses Vorbringen nichts für die Frage, inwieweit im weiteren Ermächtigungszeitraum im Jahre 2008 mit Gewinnen gerechnet wurde. Warum eine Rücklagenbildung ausgeschlossen gewesen sein sollte, ergibt sich aus dem Klägervorbringen daher nicht. Als willkürlich und deshalb unwirksam kann der Ermächtigungsbeschluss somit nicht gewertet werden.

IV.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 1, 101, 709 S. 1 ZPO.

Streitwert: 25.000,-- €






LG Düsseldorf:
Urteil v. 24.10.2008
Az: 40 O 86/07


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