Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. November 2006
Aktenzeichen: 25 W (pat) 42/05

(BPatG: Beschluss v. 09.11.2006, Az.: 25 W (pat) 42/05)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Bezeichnung KOMMUNAL LIVE ist am 13. Juli 2001 für die Dienstleistungen

"Organisation und Veranstaltung von Events, nämlich Werbeveranstaltungen; Veranstaltung von Messen zu gewerblichen oder Werbezwecken; Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; Organisation und Veranstaltung von Events, nämlich von sportlichen und/oder kulturellen Veranstaltungen"

zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Nach Beanstandung wegen absoluter Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG wurde die Anmeldung mit zwei Beschlüssen der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. September 2003 und vom 28. November 2003, wobei letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Ob der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung auch § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, ließ die Markenstelle dahingestellt.

Der angemeldeten Marke fehle die Unterscheidungskraft. Die jeweilige Bedeutung der einzelnen in die deutsche Sprache eingegangenen Bestandteile der sprachüblich gebildeten Wortfolge sei dem Publikum bekannt. Die angemeldete Bezeichnung gebe einen Hinweis auf ein Dienstleistungsangebot, das Kommunen betreffe und live stattfinde. Dabei könne es sich auch um Dienstleistungen handeln, die nicht notwendigerweise von den Kommunen selbst angeboten werden. Die Erstprüferin hinwies darauf hin, dass es spezielle Software-Lösungen für Kommunen gebe, oder zur Erledigung kommunaler Aufgaben bestimmte Fahrzeuge benötigt werden könnten. Solche Produkte könnten "durch gewerbliche Maßnahmen von den Herstellern beworben" oder im Rahmen einer Live-Veranstaltung oder Messe vorgestellt werden. Ausbildung könne in realer Anwesenheit oder mit Hilfe einer LiveÜbertragung in einem Seminarraum stattfinden und sich thematisch mit kommunalen Angelegenheiten befassen. Auch eine gewisse begriffliche Unschärfe des Begriffs "KOMMUNAL" im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen begründe keine Schutzfähigkeit, soweit eine beschreibende Sachinformation im Vordergrund stehe. Auch besitze die angemeldete Marke in Bezug auf das Wort "LIVE" keine Schutz begründende Mehrdeutigkeit, da "LIVE" sowohl im Sinne einer persönlichen Anwesenheit als auch im Sinne eines unmittelbaren Erlebnisses der zeitgleich ausgestrahlten Veranstaltung beschreibend sei.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem Antrag (sinngemäß), die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben.

Der angemeldeten Marke stehe ein Freihaltungsbedürfnis nicht entgegen, da der Markenschutz sich nur auf die angemeldete Marke in ihrer Gesamtheit beziehe. Daneben fehle der angemeldeten Marke auch nicht die erforderliche Unterscheidungskraft. Es müsse auf die beanspruchten Dienstleistungen abgestellt werden. Sehe der Verkehr eine Veranstaltung unter dem Namen "KOMMUNAL LIVE" werde er dieser Bezeichnung einen kommunalen Bezug beimessen, welcher nicht überregional sei. Der Zweck von Messen, Veranstaltungen und dergleichen sei aber, über den reinen gemeindlichen Bereich hinaus auch überregional tätigen Anbietern eine Möglichkeit zu geben, ihre Dienstleistungen anzubieten. Insoweit sei ein beschreibender Bezug nicht erkennbar. Dies gelte auch für "Ausbildung; Erziehung", für die die Zuständigkeit nach den Länderverfassungen den Ländern, nicht aber den Kommunen zugewiesen seien. Auch hier spiele der kommunale Bezug daher keine Rolle. Selbst wenn aber der Verkehr annähme, dies wären Aufgaben der Gemeinde, müsse auf die wirkliche Rechtslage abgestellt werden. Hinsichtlich der Dienstleistungen "Organisation und Veranstaltung von Events, nämlich von sportlichen und/oder kulturellen Veranstaltungen (zu gewerblichen Zwecken)" müsse berücksichtigt werden, dass die Durchführung dieser Dienstleistungen heutzutage auf private Organisationen übertragen werde, die die Veranstaltung unter eigenem Namen durchführten. Die Verkehrskreise stellten daher keine Verbindung mehr zwischen einer Kommune und der Veranstaltung her. Der Zeichenbestandteil "KOMMUNAL" sei also keine beschreibende Angabe und somit unterscheidungskräftig. Da bereits die Bezeichnung "KOMMUNAL" nicht beschreibend sei, könne der Wortneuschöpfung "KOMMUNAL LIVE", die nicht in Wörterbüchern vorkomme und eine bestimmte Eigentümlichkeit besitze, erst recht kein beschreibender Charakter zukommen.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg, denn der Eintragung des angemeldeten Zeichens steht für die beanspruchten Dienstleistungen aus den von der Markenstelle bereits ausgeführten Gründen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, zumindest ein Schutzhindernis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.

Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. zur st. Rspr. BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; EuGH GRUR 2004, 674 - Postkantoor). Es muss also eine Kennzeichnungskraft mit der Eignung zur Ausübung der Herkunftsfunktion verbunden sein, auch wenn eine Marke zusätzlich noch weitere Funktionen haben kann (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl. § 8 Rdn. 39).

Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Dienstleistungen abzustellen ist.

Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung vor allem solche Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 - Postkantoor). Jedoch hat der EuGH auch darauf hingewiesen, dass eine unmittelbar beschreibende Bedeutung nicht Voraussetzung für die Annahme fehlender Unterscheidungskraft ist. Vielmehr kann die Unterscheidungskraft auch aus anderen Gründen fehlen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 - Postkantoor; GRUR 2004, 680 - Biomild).

Der angemeldeten Marke "KOMMUNAL LIVE" fehlt jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), da der Verkehr in der Bezeichnung eine bloße Sachbezeichnung dahingehend sieht, dass Thema, Inhalt und Gegenstand der Dienstleistungen den kommunalen Bereich betreffen, und dass sie als oder im Rahmen einer Live-Veranstaltung, sei es im Sinne der persönlichen Anwesenheit, sei es im Sinne einer LiveÜbertragung erbracht werden. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass auch relativ allgemeine Angaben von Fall zu Fall als verbraucherorientierte Sachinformation zu bewerten sein können, insbesondere wenn sie sich - wie hier - auf allgemeine Sachverhalte beziehen (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8 Rdn. 58).

Nicht entscheidungserheblich ist, ob die angemeldete Bezeichnung in Wörterbüchern aufgeführt ist. Selbst wenn es sich bei der angemeldeten Bezeichnung um eine Wortneuschöpfung handeln würde, könnte daraus noch keine Schutzfähigkeit hergeleitet werden, da sie sprachüblich gebildet ist und sich in einer Sachaussage erschöpft und deshalb vom Verkehr nicht als Marke verstanden wird. Hinzu kommt, dass in Wörterbüchern bei weitem nicht alle Kombinationen aufgeführt werden, die sich mit einzelnen Wörtern bilden lassen. Beschreibende Aussagen werden oft nicht nur mit einem Wort, sondern häufig auch unter Verwendung mehrerer Wörter gemacht. Selbst wenn es noch andere Möglichkeiten gibt, etwas auszudrücken, ändert dies nichts am Verständnis des Verkehrs, dass es sich um einen bloßen Sachhinweis handelt (vgl. EuGH, GRUR 2004, 674 - Postkantoor - Nr. 101).

Soweit die Anmelderin ihre Beschwerde damit begründet, dass der Zeichenbestandteil "KOMMUNAL" in Bezug auf die angemeldeten Dienstleistungen nicht beschreibend sei und daher bereits Unterscheidungskraft gegeben sei, kann der Senat sich dem nicht anschließen.

Zum einen weist dieser Zeichenbestandteil auf den kommunalen Bereich hin, den die angemeldeten Dienstleistungen zum Gegenstand haben oder wofür sie bestimmt sind. Die Auffassung, dass dieser Bestandteil für alle Dienstleistungen, die nicht von den Kommunen selbst erbracht werden, keine beschreibende Bedeutung habe und deshalb unterscheidungskräftig sei, kann daher nicht gefolgt werden.

Weiterhin sind die Ausführungen, mit denen die Anmelderin einen kommunalen Bezug der Dienstleistungen in Abrede stellt, wenn sich das entsprechende Angebot an mehrere Gemeinden richtet, nicht nachvollziehbar.

Die Dienstleistungen "Organisation und Veranstaltung von Events, nämlich Werbeveranstaltungen; Veranstaltung von Messen zu gewerblichen oder Werbezwecken" können sich auf Gemeinden beziehen, entweder, dass dabei für den kommunalen Bereich bestimmte Waren und Dienstleistungen beworben und gezeigt werden, oder dass es dabei um die in bzw. von der jeweiligen Gemeinde angebotenen Waren und Dienstleistungen geht. Ob eine Gemeinde als Körperschaft des öffentlichen Rechts diese Events und Messen selbst veranstaltet, ist dabei unerheblich.

Den Dienstleistungen "Erziehung; Ausbildung" fehlt entgegen der Ansicht der Anmelderin nicht wegen der verfassungsrechtlichen Kompetenzregelungen der kommunale Bezug. Diese Regelungen schließen es nicht aus, dass Kommunen Träger von Schulen sind, was vor allem bei Grundschulen, Haupt- und Realschulen meist der Fall ist. Auch sind sowohl städtische als auch staatliche Gymnasien öffentliche Schulen. Außerdem sind diese angemeldeten Dienstleistungen nicht auf den Bereich der Schulen mit staatlichem Bildungsauftrag beschränkt.

Auch dass die Dienstleistungen "Unterhaltung; Organisation und Veranstaltung von Events, nämlich von sportlichen und/oder kulturellen Veranstaltungen" meist nicht von der Gemeinde als Körperschaft des öffentlichen Rechts angeboten werden, sondern sehr häufig auf privatrechtliche Organisationen ausgegliedert werden, schließt den kommunalen Bezug der Dienstleistungen nicht aus. Eine Gemeinde kann solche Veranstaltungen selbst durchführen. Außerdem kann die Kommune mit ihren Aktivitäten und auch allgemein das kommunale Leben Thema und Gegenstand solcher Veranstaltungen sein.

Da der angemeldeten Bezeichnung somit jedenfalls die Unterscheidungskraft fehlt, kann dahingestellt bleiben, ob der kommunale Bezug bei allen genanntenDienstleistungen so eng ist, dass auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gegeben ist.






BPatG:
Beschluss v. 09.11.2006
Az: 25 W (pat) 42/05


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/37d3d169f9da/BPatG_Beschluss_vom_9-November-2006_Az_25-W-pat-42-05




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share