Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Januar 2005
Aktenzeichen: 15 W (pat) 325/03

(BPatG: Beschluss v. 17.01.2005, Az.: 15 W (pat) 325/03)

Tenor

Das Patent wird beschränkt aufrechterhalten mit folgenden Unterlagen: Ansprüche 1 - 15, Beschreibung Spalten 1 - 2, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung, sowie 2 Seiten Zeichnungen mit Figuren 1 und 2, jeweils gemäß DE 198 50 832 C2.

Der Titel der Patentschrift lautet: "Verfahren zum Verbinden von Substrathälften von DVDs".

Gründe

I.

Auf die am 4. November 1998 eingereichte Patentanmeldung hat das Deutsche Patent- und Markenamt das Patent 198 50 832 mit der Bezeichnung

"Verfahren zum Verbinden von Substrathälften optischer Datenträger"

erteilt. Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist der 14. November 2002.

Patentanspruch 1 gemäß Streitpatent hat folgenden Wortlaut:

"1. Verfahren zum Verbinden von Substrat-Hälften (1) optischer Datenträger, wie DVDs, durch einen Kleber, wobei die Oberfläche mindestens einer Substrat-Hälfte (1) vor dem Benetzen mit dem Kleber auf eine vorgegebene elektrische Ladungsverteilung aufgeladen wird."

Wegen des Wortlauts der auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 15 in der erteilten Fassung wird auf die DE 198 50 832 C2 verwiesen.

Gegen die Patenterteilung hat die Einsprechende mit Schriftsatz vom 27. Januar 2003, eingegangen am 28. Januar 2003, Einspruch erhoben und beantragt, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen sowie Einsicht in die Akten zu gewähren.

Als Einspruchsgrund bringt die Einsprechende vor, das anspruchsgemäße Verfahren sei nicht mehr neu bzw. nicht erfinderisch, jedenfalls patenthindernd vorweggenommen, und nennt hierzu die Druckschriften E1ad Unterlagen, Korrespondenz, Rechnungen über den Nachweis der offenkundigen Vorbenutzung, E2 Der Druckspiegel, Sonderdruck aus Heft 10, Oktober 1993, Hermann Pfeiffer.

E3 Papier + Kunststoff-Verarbeiter, Sonderdruck Januar 1997 der Fa. Haug GmbH & Co.KG, Deutschland.

E4 Sonderdruck der Fa. Haug GmbH & Co. KG: Was ist Elektrostatik€ (undatiert).

E5 Sonderdruck der Fa. Haug GmbH & Co.KG: Funktionsweise aktiver Ionisatoren, von Dipl.-Ing. Steffen Ulrich Homolka (undatiert).

E6 Sonderdruck der Fa. Haug GmbH & Co.KG: Messen elektrostatischer Ladungen, von Dr.-Ing. Peter Mühlbeyer (undatiert).

E7 DE 37 21 703 A1 E8 DE 42 12 831 A1 E9 Static Solutions zum Aufbringen elektrostatischer Aufladungen (undatiert)

E10 Elektrostatische Aufladung als Hilfsmittel nutzen, Sonderdruck aus Plast Verarbeiter, Heft 5, 1991, E11 FR 2 377 440 (No 77 00 692).

Daneben macht sie offenkundige Vorbenutzung geltend und benennt hierzu mehrere Zeugen.

Außerdem bringt sie vor, das Patent offenbare die Erfindung nicht so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen könne.

Mit Schriftsatz vom 3. Februar 2004 hat die Einsprechende des weiteren beantragt, die Entstehung eines Vorbenutzungsrechts i.S.d. § 12 PatG betreffend den Einsatz elektrostatischer Auflademittel zum Verkleben von DVDs mit Zeitrang 20. Oktober 1997 festzustellen (vgl aaO S 6 IV).

Die Patentinhaberin hat dem Einspruchsvorbringen mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2003 widersprochen und beantragt, den Einspruch zurückzuweisen und das Patent in vollem Umfang aufrechtzuerhalten. Hilfsweise beantragt sie eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

Mit Zwischenverfügung vom 2. Dezember 2004 war den Beteiligten mitgeteilt worden, die Entgegenhaltungen E4 bis E6 sowie E9 müssten bei fehlendem Nachweis ihrer Vorveröffentlichung außer Betracht bleiben. Zur geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung wurde darauf hingewiesen, dass der betreffende Vortrag bezüglich der Gesamtheit der zu erfüllenden Kriterien nicht substantiiert sei und deshalb nach vorläufiger Einschätzung in der mündlichen Verhandlung auch die Frage der Zulässigkeit des Einspruchs zu erörtern sein werde. Der Einsprechenden wurde anheim gestellt, die zum Vorbringen der offenkundigen Vorbenutzung benannten Zeugen zur mündlichen Verhandlung mitzubringen.

Mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2004 hat die Einsprechende mitgeteilt, dass die Teilnahme der Einsprechenden bzw. ihres Vertreters an der anberaumten mündlichen Verhandlung nicht vorgesehen sei.

Mit Schriftsatz vom 17. Dezember 2004 teilt die Einsprechende auf die betreffende Anfrage des Senats mit, dass sie den mit Schreiben vom 27. Januar 2003 gestellten Antrag auf Akteneinsicht nicht weiter aufrecht halte.

In der mündlichen Verhandlung, in der die Einsprechende, wie angekündigt, nicht erschienen war, überreicht die Patentinhaberin eine neue Anspruchsfassung mit einem geänderten Patentanspruch 1 nebst einer daran angepassten Beschreibung.

Die geltende Anspruchsfassung mit den Patentansprüchen 1 bis 15 lautet wie folgt:

"1. Verfahren zum Verbinden von Substrat-Hälften (1) von DVDs durch einen Kleber, wobei die Oberfläche mindestens einer Substrat-Hälfte (1) vor dem Benetzen mit dem Kleber auf eine vorgegebene elektrische Ladungsverteilung aufgeladen wird.

2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei die Aufladung durch Influenz mittels eines elektrischen Feldes erfolgt.

3. Verfahren nach Anspruch 1, wobei die Aufladung durch Besprühen der Substrat-Hälfte (1) mit Elektronen, vorzugsweise durch Koronaentladung, erfolgt.

4. Verfahren nach Anspruch 1, wobei die Aufladung mittels Ladungstrennung durch Reibung erfolgt.

5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, wobei die Aufladung mittels eines Ladekamms (2) erfolgt.

6. Verfahren nach Anspruch 5, wobei der Ladekamm (2) in einem Abstand d, der vorzugsweise 10 bis 50 mm, besonders bevorzugt 30 mm beträgt, von der Substrat-Hälfte (1) angeordnet ist.

7. Verfahren nach Anspruch 6, wobei der Ladekamm (2) und die Substrat-Hälfte (1) gegeneinander bewegt werden.

8. Verfahren nach Anspruch 7, wobei die Substrat-Hälfte (1) unter dem Ladekamm (2) rotiert und der Ladekamm (2) feststeht.

9. Verfahren nach Anspruch 7, wobei der Ladekamm (2) auf der Substrat-Hälfte (1) bewegt wird und die Substrat-Hälfte (1) feststeht.

10. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9, wobei die Oberfläche der Substrat-Hälfte (1) auf eine homogene Ladungsverteilung aufgeladen wird.

11. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 10, wobei die Ladungsverteilung und die Polarität in Abhängigkeit vom Substratmaterial, vom Schichtmaterial, von der Temperatur und/oder von der Luftfeuchtigkeit eingestellt werden.

12. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 11, wobei eine DVD-Hälfte (1) vor dem Berühren der mit dem Kleber benetzten anderen DVD-Hälfte (1) elektrisch aufgeladen wird.

13. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 11, wobei beide DVD-Hälften (1) vor dem Benetzen mit dem Kleber elektrisch aufgeladen werden.

14. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 13, wobei eine oder mindestens zwei DVD-Hälften (1) auf einem Drehteller (3) unter dem Ladekamm (2) rotieren.

15. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 14, wobei der Kleber beim Verbinden der beiden Substrat-Hälften (1) geerdet ist."

Die Patentinhaberin stellt den Antrag, das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten gemäß Antrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung, Ansprüche 1 - 15, Beschreibung Spalten 1 - 2, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung, sowie 2 Seiten Zeichnungen mit Figuren 1 und 2, jeweils gemäß DE 198 50 832 C2.

Die in der mündlichen Verhandlung nicht erschienene Einsprechende hält ihren Antrag vom 27. Januar 2003 auf Widerruf des Patentes aufrecht.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet im Einspruchsverfahren auf Grund mündlicher Verhandlung in entsprechender Anwendung von § 78 und 147 (3) PatG, nachdem die Patentinhaberin in Erwiderung auf den Einspruch mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2003 Terminsantrag gestellt hat (vgl auch BPatG 34. Senat, Mitt 2002, 417).

Der zulässige Einspruch hat in der Sache nur teilweise Erfolg und führt zur beschränkten Aufrechterhaltung des Patents mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Unterlagen.

1. Die Zulässigkeit des Einspruchs, die - von der Patentinhaberin nicht angegriffen - in der Zwischenverfügung vom 2. Dezember 2004 in Frage gestellt worden war, ist, wenngleich als Grenzfall, gegeben (zur Zulässigkeit vgl Schulte, PatG, 7. Aufl, § 59 Rdn 144 ff). Für die Zulässigkeit genügt, dass die Einsprechende im Einspruchsschriftsatz (vgl aaO S 4 Abs 6 iVm S 4 vorle Abs bis S 5 Abs 4) und damit innerhalb der Einspruchsfrist unter Bezugnahme auf die Druckschrift "Elektrostatische Aufladung als Hilfsmittel nutzen", Sonderdruck aus Plast Verarbeiter Heft 5, 1991 (10) zum erteilten Anspruch 1 Stellung genommen und ausgeführt hat, weshalb das beanspruchte Verfahren durch (10) neuheitsschädlich oder zumindest patenthindernd vorweggenommen sei. Darüber hinaus gehende Überlegungen betreffen die Begründetheit des Einspruchs und damit die Patentfähigkeit des angegriffenen Gegenstands an sich, nicht jedoch die Zulässigkeit.

2. Nach Vorliegen eines zulässigen Einspruchs ist das angegriffene Patent gemäß dem Untersuchungsgrundsatz auf sämtliche gesetzlichen Einspruchs- bzw. Widerrufsgründe zu überprüfen, auch auf solche, die von der Einsprechenden nicht aufgegriffen worden sind. Der Senat ist im erstinstanzlichen Einspruchsverfahren, anders als im Einspruchsbeschwerdeverfahren, nicht an die vorgebrachten Einspruchsgründe gebunden.

Die Prüfung der Offenbarung hat ergeben, dass den ursprünglichen Unterlagen eine Anwendung der anspruchsgemäßen Verfahrensmaßnahmen auf beliebige optische Datenträger nicht zu entnehmen ist und die erteilte Fassung damit diesbezüglich über die ursprünglich ausschließlich auf das Verbinden von Substrat-Hälften einer DVD durch Verkleben beschränkte Verfahren hinausgeht.

Zwar ist in den ursprünglichen Unterlagen neben der Anwendung auf Substrat-Hälften einer DVD auch eine Anwendung zum Beschichten anderer Kunststoffsubstrate, beispielsweise beim Lackieren eines Substrats in der CD-Fertigung, beschrieben. Jedoch ergibt sich nach Ansicht des Senats hieraus keine Offenbarung zur Verallgemeinerbarkeit auf das Verkleben von Substrat-Hälften beliebiger optischer Datenträger, zumal ein derartiges Verfahren auf CDs in Ermanglung zweier Substrat-Hälften ohnehin nicht anwendbar wäre.

Mit der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten geltenden Anspruchsfassung sowie einer daran angepassten Beschreibung hat die Patentinhaberin diesen Offenbarungsmangel jedoch beseitigt.

3. Der nunmehr in zulässiger Weise eingeschränkt beanspruchte Gegenstand erfüllt auch die übrigen Patentierungsvoraussetzungen.

a) Das Streitpatent offenbart die Erfindung so deutlich und vollständig, dass sie ausführbar ist.

Die Einsprechende hat die Ausführbarkeit zwar angegriffen, im Einzelnen jedoch nichts vorgetragen, was die Ausführbarkeit in Frage stellen könnte (vgl Schrifts v 27. Januar 2003 S 1 vorle Abs).

Der Senat kann nicht feststellen, dass das beanspruchte Verfahren zum Verbinden von Substrat-Hälften von DVDs durch einen Kleber nach vorherigem Aufbringen von elektrischer Ladung nicht ausführbar ist. Es spricht nichts dagegen, dass mit einer Vorrichtung gemäß Ausführungsbeispiel des Streitpatents (vgl DE 198 50 832 C2 Sp 1 Z 65 ff) eine blasenfreie Verbindung von Substrat-Hälften von DVDs mit Hilfe eines Klebers gelingt.

Im übrigen hat die Einsprechende an anderer Stelle und in anderem Zusammenhang selbst ausgeführt, dass auch mit Geräten des Standes der Technik ein Verfahren mit allen Merkmalen des Anspruchs 1 durchführbar sei (vgl Schrifts v 27. Januar 2003 S 5 le Abs).

b) Die Neuheit des Verfahrens gemäß geltendem Patentanspruch 1 ist anzuerkennen. Weder aus den im Einspruchsschriftsatz vorgebrachten Druckschriften noch aus den darüber hinaus im Prüfungsverfahren für die Beurteilung der Patentfähigkeit in Betracht gezogenen Druckschriften (vgl DE 198 50 832 C2, Titelseite Feld 56) ist ein Verfahren zu entnehmen, dass sich mit dem Verbinden von Substrat-Hälften von DVDs befasst.

Das Vorbringen der Einsprechenden zur offenkundigen Vorbenutzung reicht für eine Vorwegnahme des beanspruchten Verfahrens schon deshalb nicht aus, weil aus keiner der Unterlagen E 1ad, soweit vor dem Anmeldetag des Streitpatents datierend, ein Anwendungszweck der bestellten und gelieferten Aufladevorrichtungen und damit erst recht keine Lehre zum Verbinden von Substrat-Hälften von DVDs zu entnehmen ist.

c) Das beanspruchte Verfahren beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit.

Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist von der Aufgabe auszugehen, die darin besteht, ein Verfahren zur Verfügung zu stellen, das die Nachteile beim Benetzen der Oberfläche der Substrat-Hälften einer DVD mit Kleber durch ungewollte Aufladung, unterschiedliche Benetzung und Blasenbildung und dadurch hervorgerufene Fehler beim Auslesen der auf den Substrathälften einer DVD gespeicherten Information beseitigt (vgl DE 198 50 832 C2 Sp 1 Z 45 bis 49 iVm Z 38 bis 44).

Gelöst wird diese Aufgabe durch ein Verfahren zum Verbinden von Substrat-Hälften von DVDs durch einen Kleber, wobei die Oberfläche mindestens einer Substrat-Hälfte vor dem Benetzen mit dem Kleber auf eine vorgegebene elektrische Ladungsverteilung aufgeladen wird.

Die vorveröffentlichte Druckschrift "Elektrostatische Aufladung als Hilfsmittel nutzen", Sonderdruck aus Plast Verarbeiter Heft 5, 1991 (E10) befasst sich ausweislich der Zusammenfassung zwar unter anderem auch mit dem "Verkleben" zweier Kunststoff-Folien (vgl (E10) zweite Seite linke Spalte). Jedoch betreffen die nachfolgenden diesbezüglichen Ausführungen in (E10), dem in Anführungszeichen gesetzten Begriff "Verkleben" in der Zusammenfassung Rechnung tragend, lediglich das Aufeinanderkaschieren zweier Kunststoff-Folien ohne Beteiligung eines Klebers (vgl (E10) vierte Seite, Bild 3 und 4 iVm Sp 2 le Abs bis Sp 4 Ende). Zudem führt diese Druckschrift im Hinblick darauf, dass echtes Ankleben als Alternative zwar erwähnt aber nicht weiter erörtert ist, vom Verbinden von Kunststoffteilen mittels eines Klebers weg (vgl E10, zweite Seite, Spalte Mitte, Z 4 bis 11 nach Bild 1).

Entsprechendes trifft nach Ansicht des Senats auch auf den Inhalt der Druckschrift FR 2 377 440 (E11) jedenfalls insofern zu, als darin Schwierigkeiten der Haftung oder der Bläschenbildung beim Verkleben zweier Endlosbahnen nicht angesprochen sind. Durch die entgegengesetzte Aufladung zweier Endlosbahnen sollen zwar optimale Bedingungen für deren Verbinden unter Druck- und Temperaturanwendung in einer Rollenpresse geschaffen werden (vgl E11 S 3 vorle Abs). Jedoch ist dieser Druckschrift darüber hinaus nichts zu entnehmen, was dem Fachmann einen Anhaltspunkte oder eine Anregung zur Lösung des beim Verbinden zweier Substrat-Hälften mit einem Kleber auftretenden Problems der Bläschenbildung geben könnte. Zudem erfolgt, wie die Patentinhaberin unter Verweis auf eine auszugsweise angefertigte deutsche Übersetzung der Druckschrift E11 zutreffend ausführt die elektrostatische Aufladung nicht wie im Patent auf der vom Kleber zu benetzenden Oberfläche der DVD-Hälften sondern auf der Rückseite der zu verklebenden Endlosbahnen. Die gegensätzliche Aufladung der Endlosbahnen dient des weiteren der für die Verklebung erforderlichen Temperaturzufuhr (vgl Schrifts v 16. März 2004 S 2 Abs 3).

Die DE 37 21 703 A1 (E7) beschreibt ein Verfahren sowie eine Vorrichtung zum Lackieren eines Werkstücks, auf dessen Oberfläche zuvor in einer Ionisierzone ein gezielter und völlig gleichmäßiger Ladungszustand erzeugt worden ist (vgl E7 Anspr 1 iVm Anspr 7). Dieses Verfahren soll allerdings ausschließlich auf die Lackierung bzw. Beschichtung von Fahrzeugkarossen angewendet werden.

Von dieser Druckschrift E7 kann der Fachmann nicht in naheliegender Weise auf das nunmehr eingeschränkte Verfahren des Streitpatents schließen; denn es fehlt für eine solche Schlussfolgerung in dieser Druckschrift jedenfalls eine Bezugnahme auf die Lösung des Problems der Bläschenbildung beim Verkleben zweier Werkstoffteile wie der beiden DVD-Hälften im streitpatentgemäßen Fall. Darüber hinaus liegt die Druckschrift E7 mit der Lackierung von Fahrzeugkarossen als einziges offenbartes Anwendungsgebiet so fernab von der Herstellung von DVDs, dass der Senat in dieser Druckschrift weder einen Stand der Technik, von dem die patentgemäße Erfindung ihren Ausgang genommen hat, noch eine Anregung zur Lehre des Streitpatents erkennen kann.

Die DE 42 12 831 A1 (E8) betrifft Formteile mit einer Anti-Beschlag-Beschichtung und unter anderem einen Verfahrensschritt zum Aufbringen einer solchen Beschichtung nach Vorbehandlung des Formteils durch Koronaentladung (vgl E8 Anspr 1 iVm Anspr 7). Zwar befasst sich diese Druckschrift mit der Vorbehandlung einer Oberfläche durch Koronaentladung vor dem Auftragen eines Beschichtungslackes und es ist darin auch ausgeführt, dass die Lackschicht an den Rändern so glatt sei, dass keine beschädigungsanfälligen Bläschen oder Krater feststellbar seien (vgl E8 Sp 3 Z 15 bis 27). Jedoch geht dieser Effekt, wie dort weiter ausgeführt ist, offenbar vorwiegend auf eine nachfolgende Behandlung der Anti-Beschlag-Lackschicht mit einem geeigneten Lösungsmittel zurück (vgl E8 Sp 3 Z 15 bis 19 iVm Anspr 16 bis 18).

Dagegen kann, den von der Einsprechenden nicht schlüssig widerlegten Ausführungen der Patentinhaberin zufolge (vgl Schrifts v 13. Oktober 2003 S 2, insbes Z 8 bis 10, sowie S 5 le Abs), im Fall des Verbindens zweier Substrat-Hälften von DVDs eine Bläschenbildung auch dann auftreten, wenn eine gleichmäßige Benetzung der DVD-Hälfte durch den Kleber erfolgte und auch äußerlich eine gute Klebewirkung erkennbar ist. Ohne Kenntnis des Problems der Bläschenbildung hatte der Fachmann ausgehend vom Stand der Technik aber keinen Anlass, zur Verbesserung der Klebewirkung eine elektrostatische Aufladung der Substrathälften von DVDs vor dem Benetzen mit dem Kleber vorzunehmen.

Für die übrigen Druckschriften fehlt entweder ein Nachweis der Vorveröffentlichung oder sie befassen sich nur allgemein mit Vorrichtungen und Verfahren zur Vorbehandlung von Werkstücken durch Aufladung.

Was die Unterlagen E 1ad zur offenkundigen Vorbenutzung anbelangt, genügen diese auch in Zusammenschau mit den übrigen im Verfahren befindlichen Druckschriften nicht, um die Patentfähigkeit des beanspruchten Verfahrens in Frage zu stellen, weil aus keiner dieser Unterlagen, soweit vor dem Anmeldetag des Streitpatents datiert, ein Hinweis zur Anwendung von Aufladestäben bei der Herstellung von DVDs hervorgeht. Was das an die Einsprechende gerichtete Schreiben E 1a der Firma Haug GmbH & Co.KG anbelangt, so geht es darin um die Lieferung von Aufladesystemen zur Anwendung auf CDs, nicht jedoch auf DVDs.

Ihren Einwand, die Verwendung des Begriffs "CD" sei dabei irrtümlich erfolgt (vgl Schrifts v 3. Februar 2004 S 4 Abs 2) und die bestellten und gelieferten Aufladestäbe seien von der Rechtsvorgängerin der Einsprechenden zur Herstellung und Verklebung von DVDs vorgesehen (vgl Schrifts v 3. Februar 2004 S 4 Mitte bis S 5 unten), hat die Einsprechende jedenfalls nicht belegt und auch den zunächst angebotenen Zeugenbeweis nicht mehr weiterverfolgt.

Für das Vorbringen der Einsprechenden, die Bildung von Bläschen im Kleber zwischen den beiden DVD-Hälften stelle ein dem Fachmann doch sicherlich bereits vor dem Anmeldetag des Streitpatents bekanntes Problem dar, wofür ein druckschriftlicher Nachweis nicht erforderlich sei (vgl Schrifts v 11. August 2004 S 1 Abs 1), fehlt jedenfalls nicht nur ein druckschriftlich vorveröffentlichter Beleg sondern auch der zunächst angekündigte Zeugenbeweis (vgl Schrifts v 27. Januar 2003 S 6 und Schrifts v 3. Februar 2004 S 4 le Abs).

Die Einsprechende hat durch ihr Fernbleiben von der mündlichen Verhandlung von sich aus die Möglichkeit nicht wahrgenommen, ihr Vorbringen über ihren schriftlichen Vortrag hinaus zu stützen und gegebenenfalls durch Zeugenbeweis zur Klärung der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung beizutragen.

Weitere Gesichtspunkte, die bei dem gegenüber den ursprünglichen Unterlagen eingeschränkten Verfahren gemäß Patentanspruchs 1 die Verneinung der Patentfähigkeit rechtfertigen könnten, sind aus dem vorgebrachten Stand der Technik sowie aus dem schriftlichen Vortrag der Einsprechenden nicht hervorgetreten.

d) Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 erweist sich daher als patentfähig, sodass dieser Anspruch gewährbar ist. Das gleiche gilt bezüglich der Unteransprüche 2 bis 15.

III.

Betreffend die beantragte Feststellung eines Vorbenutzungsrechts an der Erfindung hat die Einsprechende nichts vorgetragen, was die behauptete Vorbenutzung hätte belegen können. Auf die vorstehenden Ausführungen dieses Beschlusses zur geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung wird verwiesen.

Damit ist es für den Senat auch nicht möglich festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Entstehung eines Vorbenutzungsrechts (vgl Schulte PatG, 7. Aufl, § 12 Rdn 9 ff) vorliegen.

Kahr Jordan Klante Egerer Pü






BPatG:
Beschluss v. 17.01.2005
Az: 15 W (pat) 325/03


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