Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. Juli 2005
Aktenzeichen: 21 W (pat) 29/03

(BPatG: Beschluss v. 25.07.2005, Az.: 21 W (pat) 29/03)

Tenor

Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F 21 S des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Mai 2003 aufgehoben und das Patent erteilt.

Bezeichnung: Lichtwand Anmeldetag: 1. Juni 2002 Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:

Patentansprüche 1 bis 3, eingegangen am 13. Juli 2005, mit der Maßgabe, dass es im Anspruch 3, le Z, "ist" statt "sind" heißt, Beschreibung Seiten 1 bis 3, eingegangen am 13. Juli 2005, 1 Blatt Zeichnungen Figur "1", eingegangen am 1. Juni 2002.

Gründe

I Die Patentanmeldung wurde am 1. Juni 2002 unter der Bezeichnung "Lichtwand" beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht. Die Offenlegung erfolgte am 29. April 2004.

Die Prüfungsstelle für Klasse F 21 S hat mit Beschluss vom 7. Mai 2003 die Anmeldung zurückgewiesen, da der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders.

Der Anmelder hat am 13. Juli 2005 neue Patentansprüche 1 bis 3 und neue Beschreibungsseiten 1 bis 3 eingereicht.

Die geltenden Ansprüche 1 bis 3 lauten (unter Beseitigung eines Schreibfehlers):

"1. Lichtwand, die bei einem mit einem Bildschirm (12) versehenen Computer-Arbeitsplatz hinter oder neben dem Bildschirm (12) angeordnet ist, mit Leuchtmitteln, einer die Helligkeit der Leuchtmittel steuernden Steuereinheit und einer von den Leuchtmitteln gleichförmig beleuchteten Fläche, dadurch gekennzeichnet, dass die Steuereinheit mit einem Eingang versehen ist, der mit einem Ausgang des Computers, an dem ein der jeweiligen Helligkeit des Bildschirms (12) entsprechendes Signal anliegt, verbunden ist, wobei die Steuereinheit die Helligkeit der Lichtwand (10) derart regelt, dass diese der mittleren Helligkeit des Bildschirms (12) entspricht.

2. Lichtwand nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Leuchtmittel LED sind, die an der aus einer transparenten Scheibe aus Glas oder Kunststoff bestehenden Wand (10) angebracht sind und die dem Betrachter zugewandte Fläche der Wand (10) beleuchten.

3. Lichtwand nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass rote, gelbe und blaue Leuchtmittel vorgesehen sind und die Steuereinheit zur getrennten Ansteuerung dieser Leuchtmittel eingerichtet ist."

Im Verfahren sind die folgenden Entgegenhaltungen:

E1 EP 0 855 552 A2 E2 DE 100 37 556 A1 E3 DE 100 31 303 A1 Der Anmelder ist der Auffassung, dass der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 neu sei und auf erfinderischer Tätigkeit beruhe. Insbesondere führt er im Beschwerdeschriftsatz vom 23. Mai 2003 aus, die beanspruchte Lichtwand unterscheide sich von dem in der E1 beschriebenen Stand der Technik dadurch, dass beim Anspruchsgegenstand die Steuereinheit mit einem Eingang versehen sei, der mit einem Ausgang des Computers verbunden sei, so dass eine automatisierte Regelung der Helligkeit in Abhängigkeit der Bildschirmhelligkeit des Computers ermöglicht werde. Die E2 lege dies auch nicht nahe. Zwar werde dort darauf hingewiesen, dass weitere Eingangsparameter, beispielsweise die Tages- oder Jahreszeit oder individuelle Änderungswünsche des Nutzers bei der Einstellung der Beleuchtung berücksichtigt würden. Ein Hinweis darauf, dieses Signal direkt vom Computer zu gewinnen, finde sich in der E2 indes nicht.

Der Anmelder stellt sinngemäß den Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und ein Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen: Patentansprüche 1 bis 3, und Beschreibung Seiten 1 bis 3, jeweils eingegangen am 13. Juli 2005, 1 Blatt Zeichnungen Figur "1", eingegangen am 1. Juni 2002.

II Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt, § 73 Abs 1, Abs 2 PatG. Die Beschwerde hat auch insoweit Erfolg, als sie zur Aufhebung des Beschlusses und zur Erteilung des Patents führt; § 79 Abs 1 PatG.

1. Die Patentansprüche 1 bis 3 sind zulässig, denn sie finden ihre Stütze in den am Anmeldetag eingereichten Unterlagen - dort im Anspruch 1 iVm Beschreibung S 2 Abs 3 sowie den Ansprüchen 2 und 3.

Auch die übrigen Unterlagen gehen nicht über den Inhalt der Anmeldeunterlagen hinaus. Insbesondere ist die geltende Beschreibung aus der ursprünglichen Beschreibung durch redaktionelle Änderungen sowie der Anpassung an die geltende Anspruchsfassung und die Aufnahme des auf die Erfindung zutreffenden Inhalts der Entgegenhaltungen E1 bis E3 hervor gegangen.

Insgesamt erfüllen die geltenden Unterlagen die gesetzlichen Vorgaben.

2. Gegenüber dem in Betracht gezogenen Stand der Technik ist der Gegenstand des Anspruchs 1 neu und beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit.

a. Mit Gliederungspunkten versehen lautet der geltende Anspruch 1:

a) Lichtwand, die bei einem mit einem Bildschirm (12) versehenen Computer-Arbeitsplatz hinter oder neben dem Bildschirm (12) angeordnet ist, mit Leuchtmitteln, b) einer die Helligkeit der Leuchtmittel steuernden Steuereinheit undc) einer von den Leuchtmitteln gleichförmig beleuchteten Fläche, dadurch gekennzeichnet, dassd) die Steuereinheit mit einem Eingang versehen ist, der mit einem Ausgang des Computers, an dem ein der jeweiligen Helligkeit des Bildschirms entsprechendes Signal anliegt, verbunden ist, e) wobei die Steuereinheit die Helligkeit der Lichtwand (10) derart regelt, dass diese der mittleren Helligkeit des Bildschirms entspricht.

b. Als zuständiger Fachmann ist hier ein im Bereich der Lichttechnik für Büroarbeitsplätze tätiger Fachhochschul-Ingenieur anzusehen.

c. Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Lichtwand mit den im Oberbegriff des Anspruchs 1 angegebenen Merkmalen zu schaffen, die zu einer geringeren Belastung der Augen an einem Bildschirm-Arbeitsplatz führt (geltende Beschreibung S 2 Abs 4).

d. Das beanspruchte Verfahren ist neu, denn in dem bisher nachgewiesenen Stand der Technik fehlt es allein schon daran, dass die zur Steuerung der Helligkeit der Leuchtmittel vorgesehene Steuereinheit mit einem Eingang versehen ist, der mit einem Ausgang des Computers, an dem ein der jeweiligen Helligkeit des Bildschirms entsprechendes Signal anliegt, verbunden ist (Merkmal e)). Im Einzelnen ergibt sich dies auch aus den nachfolgenden Ausführungen zur erfinderischen Tätigkeit.

e. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht gegenüber den in Betracht gezogenen Entgegenhaltungen E1 bis E3 auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die E1, die dem Gegenstand des Anspruchs 1 am nächsten kommt, konnte dem zuständigen Fachmann hinsichtlich der Lösung der dem Patent zugrundeliegenden Aufgabe keine Anregung zu einer Lehre vermitteln, wie sie im Anspruch 1 angegeben ist.

Aus der E1 ist, wie im angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt, eine Lichtwand bekannt, das ist z.B. nach Figur 4 in Verbindung mit Spalte 2, Zeile 36 bis Spalte 3, Zeile 1 und Spalte 4, Zeilen 33 bis 56, die in die Aufnahmeöffnung (11) in der Wand (10) angeordnete Anordnung, die die Trennwand (4), die Lichtquellen (5) und den Reflektor (12) umfasst. Diese Lichtwand ist wie aus Figuren 4 und 5 ersichtlich hinter oder neben dem Bildschirm (3) angeordnet und weist Leuchtmittel (5) auf. Somit ist das Merkmal a) erfüllt. Ferner ist eine die Helligkeit der Leuchtmittel steuernde Steuereinheit vorhanden (Spalte 3, Zeilen 17 bis 21 (Merkmal b)). Schließlich ist auch eine von den Leuchtmitteln im wesentlichen gleichförmig beleuchteten Fläche in der D1 beschrieben (Spalte 2, Zeile 55 bis Spalte 3, Zeile 1) (Merkmal c)). Damit ist die E1 gattungsbildend.

Über die Steuereinheit ist der E1 lediglich entnehmbar, dass es sich um eine Elektroniksteuerung handelt, mit deren Hilfe die Helligkeit der Lichtwand für jeden Arbeitsplatzbenutzer nach seinen individuellen Bedürfnissen einstellbar ist, wobei das Maß der physiologischen Blendung nie erreicht werden soll. Hierzu sind auch Grenzwerte für die Leuchtdichten im Normalbetrieb und für eine kurzzeitige Einstellung großer Helligkeiten angegeben (Sp 3 Zn 17 bis 29). Dies bedeutet jedoch nichts anderes, als dass die Steuereinheit ausschließlich der individuellen Einstellung der Helligkeit der Lichtwand dient. Von einer Verbindung der Steuereinheit mit einem Ausgang des Computers des betreffenden Arbeitsplatzes ist dort nirgends die Rede, und insbesondere nicht davon, dass an diesem Ausgang ein der jeweiligen Helligkeit des Bildschirms entsprechendes Signal anliegt. Somit kann die E1 allein schon deshalb keine Anregung in Richtung des Merkmals d) des Anspruchs 1 geben. In Verbindung damit ergibt sich erst recht kein Anstoß zu der unter e) angegebenen Maßnahme.

Auch die anderen Entgegenhaltungen E2 und E3 können keine Anregung in Richtung der Lichtwand nach Anspruch 1 geben.

So ist aus der E2 zwar bekannt, dass eine Sensoreinrichtung mit einem Sensor zur Erfassung der Leuchtdichte der Umfeldflächen um einen Bildschirm eines Bildschirmarbeitsplatzes vorhanden ist (Spalte 1, Zeilen 52 bis 68). Es ist dort auch beschrieben, dass diese Sensoreinrichtung in Abhängigkeit von der erfassten Leuchtdichte über eine Steuereinheit eine Beleuchtungsanlage, die in der Lage ist, die gewünschten Leuchtdichten zu bewirken, ansteuern kann (Spalte 2, Zeilen 33 bis 54), es ist also eine die Helligkeit der Leuchtmittel einer Beleuchtungsanlage steuernde Steuereinheit vorhanden.

Dort ist außerdem ausgeführt, dass eine "weitere sinnvolle Ergänzung der Sensoreinrichtung" darin bestehen kann, "dass diese in Abhängigkeit von der erfassten Leuchtdichte über eine Steuereinheit Einstellungsparameter des Bildschirms, beispielsweise Helligkeit und/oder Kontrast ansteuert Spalte 2, Zeilen 55 bis 59). Daraus mag sich auch noch erschließen, dass die eingesetzte Steuereinheit mit einem Anschluss versehen sein muss, die mit dem Computer verbunden ist, um die Helligkeit des Bildschirms entsprechend der gemessenen Umgebungsleuchtdichte einzustellen. Entgegen der im angefochtenen Beschluss vertretenen Auffassung findet sich aber keine Anregung dahingehend, anstatt die Leuchtdichte der Umgebung zu messen und zur Steuerung der Helligkeit der Leuchtmittel zu verwenden ein der jeweiligen Helligkeit des Bildschirms entsprechendes Signal für die Steuerung wie im Merkmal d) zu verwenden, das zudem dem Computer entnommen wird.

In der E3 (insbesondere Zusammenfassung und Figur) geht es schließlich um eine LED-Beleuchtungsvorrichtung (1), die Regelungsmittel aufweist, die die Farbtemperatur und Intensität des emittierten Lichtes mindestens eines Leuchtpixels messen und bei Abweichung von vorgegebenen Werten eine Ansteuervorrichtung (5) derart regeln, dass das emittierte Licht die vorgegebenen Werte erreicht (Anspruch 1). Über die Verknüpfung dieser Beleuchtungseinheit mit einem Bildschirmarbeitsplatz zu einer Lichtwand wie im Anspruch 1 ist dort jedoch ebenso wenig zu finden wie zur Regelung der Helligkeit der Beleuchtungsvorrichtung (1) über die jeweilige Helligkeit eines entsprechenden Bildschirms, wie in den Merkmalen d) und e) gefordert.

Somit kann weder von den einzelnen Entgegenhaltungen noch von deren Kombination eine Anregung zu der Lichtwand gemäß Anspruch 1 ausgehen.

Zum weiteren Antrag des Anmelders im Beschwerdeschriftsatz vom 30. Mai 2003, ihm Verfahrenskostenhilfe zu gewähren und ihm Patentanwalt T... beizuord- nen, ist festzustellen, dass das Bundespatentgericht dem Anmelder für das Beschwerdeverfahren zur Erteilung eines Patents bereits Verfahrenskostenhilfe bewilligt und den Patentanwalt Dipl.-Ing. Dr. T... in K..., als Vertreter beige- ordnet hat, da es eine hinreichende Aussicht auf Erteilung des Patents festgestellt hatte (21 W (pat) 29/03 vom 11. Dezember 2003).

f. Die Unteransprüche betreffen vorteilhafte, nicht selbstverständliche Ausgestaltungen der Lichtwand gemäß dem Anspruch 1.

Dr. Winterfeldt Engels Dr. Maksymiw Dr. Morawek Pr






BPatG:
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Az: 21 W (pat) 29/03


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