Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. November 2007
Aktenzeichen: 26 W (pat) 55/04

(BPatG: Beschluss v. 28.11.2007, Az.: 26 W (pat) 55/04)

Tenor

I. Die Beschwerden werden als unzulässig verworfen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem als Verfahrensbevollmächtigten auftretenden Herrn Z... auferlegt.

Gründe

I Am 25. April 2002 ist für die Antragsgegnerin die Wortmarke 302 00 638 Ismaquafür "Trinkwasser aus dem Brunnen des gemeindeeigenen Wasserwerkes" eingetragen worden.

Mit Formblatt vom 29. Oktober 2003 hat der Vater der beiden damals noch minderjährigen Antragstellerinnen, Herr Z..., in deren Namen die Lö- schung der angegriffenen Marke aufgrund § 49 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 und 3 MarkenG beantragt. Ausweislich der vorgelegten Kopien der Abstammungsurkunden ist die Antragstellerin zu 1. am 3. September 2004 und die Antragstellerin zu 2. am 9. November 2006 volljährig geworden.

Die Antragsgegnerin hat der Löschung widersprochen. Mit Bescheid der Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Dezember 2003 ist Herrn Z... der Widerspruch mitgeteilt und ihm gemäß § 53 Abs. 4 MarkenG anheimgegeben worden, den Antrag auf Löschung durch Klage vor den ordentlichen Gerichten (§ 55 MarkenG) geltend zu machen.

Hiergegen hat Herr Z... im Namen beider Antragstellerinnen mit Schreiben vom 16. Januar 2004 Beschwerde eingelegt. Darüber hinaus hat er dem Widerspruch der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 29. Januar 2004 seinerseits "widersprochen". Mit Schreiben vom 24. Juli 2005 hat er mitgeteilt, dass die Antragstellerin zu 1. volljährig geworden sei und erst nach Erhalt der Kopien der Akten des Bundespatentgerichts entscheiden werde, ob sie ihm eine Vollmacht erteilen werde. Mit ihrer Unterschrift hat die Antragstellerin zu 1. bestätigt, dass sie von dem Inhalt des Schreibens vom 24. Juli 2005 Kenntnis genommen habe. In diesem Schreiben weist Herr Z... darauf hin, "Z1... eine Kopie der vom Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) an das Bundespatentgericht vorgelegten Akten zu schicken. Nach Erhalt werde diese entscheiden, ob sie eine Vollmacht erteilt oder nicht".

Im Schreiben vom 3. November 2005 hat Herr Z... erklärt, dass seine Ehefrau derzeit (entgegen ihrer Absicht) davon Abstand nehme, bezüglich der Antragstellerin zu 2. eine auf ihn lautende Vollmacht auszustellen. Zur Begründung ist ausgeführt worden, dass es der Vorlage einer Vollmacht beim Bundespatentgericht nicht bedürfe, da insoweit kein Anwaltszwang bestehe. Bei der Vertretung der Antragstellerin zu 1. bleibe es bei der bisherigen Vollmacht, die auf den Unterzeichner, Herrn Z..., laute.

Auf den Hinweis der Rechtspflegerin des erkennenden Senats vom 22. November 2005, dass die Vertretung minderjähriger Kinder gemäß § 1629 BGB durch beide Eltern gemeinsam zu erfolgen habe und demzufolge die Genehmigung und die Vollmacht der Mutter, Frau Z2..., erforderlich sei, hat diese mit Schreiben vom 27. November 2005 erklärt, "dass ich nicht beabsichtige für Schriftsätze meines Mannes eine Genehmigung zu geben oder eine Vollmacht auszustellen." Der erkennende Senat hat am 19. Dezember 2005 mitgeteilt, dass über die Frage der Vertretung der Beschwerdegegnerin in der abschließenden Entscheidung des Senats zu befinden sein werde. Mit Schreiben vom 29. Dezember 2005 und 11. Januar 2006 hat Herr Z... beantragt, bereits vorab Feststel- lungen zur Vertretung der Antragsgegnerin und zu den Folgen des Fehlens einer Genehmigung seiner Ehefrau im Hinblick auf die Antragstellerinnen zu treffen. Mit Schriftsatz vom 23. Januar 2006 hat Herr Z... seine Bitte um einen gerichtli- chen Hinweis wiederholt und klargestellt, dass für das vorliegende Verfahren keine mündliche Verhandlung beantragt worden sei.

Im Zuge der am 20. April 2006 bzw. 15. Oktober 2006 von Herrn Z... im Namen der Antragstellerinnen gestellten Befangenheitsanträge gegen den erkennenden Senat hat die Antragstellerin zu 2. im Schreiben vom 25. Juni 2007 ihren Vater zu allen Tätigkeiten und zweckmäßigen Erklärungen beim Bundespatentgericht bevollmächtigt; die Genehmigung bereits abgegebener Erklärungen bleibe vorbehalten. Die Antragstellerin zu 1. hat mit Schreiben vom 27. Juni 2006 erklärt, dass bezüglich der Berechtigung der Handlungen von Herrn Z... für die Ver- gangenheit eine Genehmigung erst nach Vorliegen der genauen Kenntnis der Handlungen erfolgen könne. Für die Zukunft bevollmächtige sie ihren Vater, Herrn Z..., zu allen Handlungen, die in Zusammenhang mit der Streitsache stünden. Die Antragstellerin zu 2. hat mit Schreiben vom 24. Juli 2007 Herrn Z... Vollmacht "zum Fortgang der mündlichen Verhandlung" erteilt.

Herr Z... beantragt sinngemäß, den Bescheid der Markenabteilung 3.4. vom 15. Dezember 2003 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Die Markeninhaberin beantragt sinngemäß, die Beschwerden zurückzuweisen und die Kosten des Beschwerdeverfahrens den Antragstellerinnen aufzuerlegen.

Sie vertritt die Auffassung, die Beschwerden seien unbegründet. Die Mitteilung der Markenabteilung nach § 53 Abs. 4 MarkenG über den Widerspruch der Antragsgegnerin gegen den Löschungsantrag, in der eine Klage vor den ordentlichen Gerichten gemäß § 55 MarkenG anheimgestellt worden sei, entspreche dem Gesetz und sei nicht in Form eines Beschlusses ergangen. Damit sei die Beschwerde per se nicht statthaft. Ein formgerechter Widerspruch der Beschwerdegegnerin nach § 53 Abs. 3 MarkenG liege vor. Die Gemeinde I... habe, gesetzlich vertreten durch den 1. Bürgermeister, auch form- und fristgerecht Widerspruch gegen den Löschungsantrag erhoben.

II Die Beschwerden sind statthaft, da die Mitteilung der Markenabteilung 3.4. nach § 53 Abs. 4 MarkenG die Ablehnung der beantragten Löschung im patentamtlichen Verfahren enthält, die als abschließende Entscheidung (auch wenn sie nicht ausdrücklich als "Beschluss" bezeichnet wird) mit Erinnerung bzw. Beschwerde anfechtbar ist, zumal wenn - wie vorliegend - die Behauptung im Raum steht, das Deutsche Patent- und Markenamt habe einer falschen Person die Widerspruchsberechtigung zuerkannt (vgl. Ekey/Klippel/Bous in HK-Markenrecht, § 53 MarkenG Rdnr. 6).

Die vom Vater beider Antragstellerinnen in deren Namen erhobenen Beschwerden erweisen sich jedoch als unzulässig.

Die Beschwerdeeinlegung gemäß § 66 MarkenG stellt eine Prozesshandlung dar, zu deren Wirksamkeit insbesondere auch eine wirksame Vollmacht gehört (vgl. Thoma/Putzo., a. a. O., § 42, Rdnr. 1 i. V. m. Einl. III, Rdnr. 10). Zwar besteht in den Verfahren vor dem Bundespatentgericht kein Vertretungszwang (§ 81 MarkenG); dies entbindet jedoch nicht von der ordnungsgemäßen gesetzlichen Vertretung (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 81 Rdnr. 1).

Die Beschwerdeeinlegung durch Herrn Z... am 16. Januar 2004 erfolgte aus- drücklich im Namen seiner beiden Töchter. Zu diesem Zeitpunkt waren beide noch minderjährig, sodass gemäß § 1629 BGB - wie auch Herrn Z... im Schreiben vom 22. November 2005 von der Rechtspflegerin des erkennenden Senats mitgeteilt worden ist - eine Vertretung nur durch beide Elternteile gemeinsam erfolgen konnte. Unterzeichnet worden ist die Beschwerdeeinlegung hingegen nur vom Vater der Antragstellerinnen, Herrn Z... Seine Ehefrau Z2..., die Mutter der Antragstellerinnen, hat nicht unterzeichnet und eine nach- trägliche Genehmigung für die Schriftsätze ihres Mannes ausdrücklich ausgeschlossen. Sie hat Herrn Z... auch nicht vor Beschwerdeeinlegung zur alleini- gen Vertretung der minderjährigen Töchter bevollmächtigt. Spätestens mit Verweigerung der Genehmigung durch die Mutter wurde die schwebend unwirksame Beschwerdeeinlegung endgültig unwirksam, wie sich aus dem für Vollmachten - ergänzend neben § 89 Abs. 2 ZPO - geltenden § 177 BGB ergibt.

Eine nachträgliche Genehmigung der Beschwerdeeinlegung durch die Antragstellerinnen selbst ist ausgeschlossen. Abgesehen davon, dass diese rückwirkend durch die Antragstellerinnen nicht ausgesprochen worden ist, können Minderjährige nach Eintritt der Volljährigkeit für zum Zeitpunkt der Minderjährigkeit abgegebene Erklärungen gemäß § 177 BGB bzw. § 89 ZPO ungeachtet § 108 Abs. 3 BGB eine Genehmigung nicht mehr erteilen, wenn - wie vorliegend - ein gesetzlicher Vertreter seine Zustimmung bzw. Genehmigung bereits endgültig verweigert hat, da - wie oben ausgeführt - die Willenserklärung bzw. Verfahrenshandlung aufgrund der ausdrücklichen Ablehnung der Genehmigung bereits endgültig unwirksam geworden ist.

Die am 16. Januar 2004 erhobenen Beschwerden waren daher als unzulässig zu verwerfen; für eine Prüfung, ob die Beschwerden in der Sache begründet gewesen wären, bleibt kein Raum.

Auf eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 70 Abs. 2 MarkenG verzichtet werden, da die Beschwerden als unzulässig zu verwerfen waren. Das rechtliche Gehör wurde vor Erlass der Entscheidung ausreichend gewahrt, da Herr Z... durch Schreiben der Rechtspflegerin des erkennenden Senats vom 22. November 2005 auf das Erfordernis einer Vollmacht bzw. einer Genehmigung durch seine Ehefrau zur wirksamen Vertretung seiner beiden minderjährigen Töchter hingewiesen worden ist.

Der Kostenantrag der Markeninhaberin ist begründet. § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG greift ein, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder zumindest kaum Erfolg versprechenden Situation sein Interesse an dem Erhalt bzw. dem Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht. Dies ist vorliegend zu bejahen. Herr Z... hat Beschwerde eingelegt, ohne sich der Zustimmung der Mutter zu vergewissern. Da Herr Z... zudem von der Rechtspflegerin des erkennenden Senats bereits im November 2005 auf die fehlende Zustimmung seiner Ehefrau hingewiesen worden ist, aber dennoch das Verfahren weiterbetrieben hat, liegt ein Verstoß gegen die prozessuale Sorgfaltspflicht vor, der nicht durch das wiederholte Nachfragen beim Senat bezüglich dessen Einschätzung der Vertretungsproblematik aufgehoben wird. Herr Z... hat offensichtlich die ihm mitgeteilte Rechtslage bewusst ver- kannt bzw. ignoriert, was seine Kostentragungspflicht als vollmachtloser Vertreter rechtfertigt (Thomas-Putzo, ZPO, 27. Aufl., S. 8912 u. 11; BGH NJW-RR 2000, 1499).

Dr. Fuchs-Wissemann Reker Kopacek Fa






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Beschluss v. 28.11.2007
Az: 26 W (pat) 55/04


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