Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. Februar 2001
Aktenzeichen: 33 W (pat) 129/00

(BPatG: Beschluss v. 06.02.2001, Az.: 33 W (pat) 129/00)

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 36 vom 11. April 2000 aufgehoben und die Löschung der Marke 397 12 830 angeordnet.

Gründe

I Beim Deutschen Patentamt (seit dem 1. November 1998 "Deutsches Patent- und Markenamt") ist gegen die Eintragung der am 19. März 1997 angemeldeten Marke 397 12 830 in den Farben rot, schwarzsiehe Abb. 1 am Endefür die Dienstleistungen

"36: Finanzwesen, Aktienhandel"

auf Grund der am 27. Mai 1993 eingetragenen, für die Dienstleistungen und Waren

"Finanzwesen, insbesondere Dienstleistungen einer Börse, einer Bank und eines Börsen- und/oder Finanzmaklers, einschließlich Ausgeben von, Handel mit und Vermittlung und Verwaltung von börsennotierten Werten, wie Aktien, Fondsanteile, Terminkontrakte, Metalle und Währungen; finanzielle und technische Beratung in Verbindung mit vorstehenden Dienstleistungen; Computerprogramme, nur im Zusammenhang mit Börsen- und Finanzdienstleistungen; Erstellen von Computerprogrammen für Dritte, nur im Zusammenhang mit Börsen- und Finanzdienstleistungen"

nach Teillöschung aufrechterhaltenen Marke 2 037 230 DAX Widerspruch erhoben worden.

Die Markenstelle für Klasse 36 hat den Widerspruch durch den von einem Mitglied des Patentamts erlassenen Beschluß vom 11. April 2000 gemäß §§ 9 Abs 1 Nr 2, 43 Abs 2 MarkenG wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. In den Gründen ist ausgeführt worden, die beiderseitigen Dienstleistungen "Finanzwesen, Aktienhandel" seien zwar identisch, die sich gegenüberstehenden Marken hielten den erforderlichen Abstand jedoch ein. In ihrer Gesamtheit wiesen die Marken wesentliche Unterschiede auf. Die jüngere Marke werde zwar von der Buchstabenkombination "nax" geprägt, denn die Wortfolge "DER NA-TUR-AKTIEN-INDEX" stelle nur die Erläuterung des eigentümlichen Bestandteils "nax" dar und eigne sich für den Verkehr nicht zur Bezeichnung der Marke. Zwischen den sich gegenüberstehenden Markenwörtern "nax" und "DAX" bestünden jedoch weder in schriftbildlicher oder klanglicher noch in begrifflicher Hinsicht hinreichende Übereinstimmungen. Wegen der Kürze dieser beiden Wörter werde der deutliche Unterschied in den Wortanfängen besonders leicht bemerkt. Außerdem sei zu berücksichtigen, daß das Suffix "-ax" in 153 Marken allein mit der Leitklasse 36 vorkomme. Der Verkehr werde daher seine Aufmerksamkeit auf die übrigen abweichenden Bestandteile richten.

Die Widersprechende hat gegen diese Entscheidung des Patentamts Beschwerde eingelegt. Sie trägt insbesondere vor, der die angegriffene Marke prägende Bestandteil "nax" und die Widerspruchsmarke "DAX" seien klanglich ähnlich. Die Widersprechende besitze siebzehn Marken mit der Endung "-ax". Im Gegensatz zu den Begriffen wie "Tax", "Pax" oder "Max" seien "DAX" und "nax" Phantasiewörter. Die Widerspruchsmarke verfüge zudem über eine erhöhte Kennzeichnungskraft durch jahrelange umfangreiche Benutzung und Bewerbung.

Sie beantragt, den Beschluß vom 11. April 2000 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen, und regt hilfsweise die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

Sie bestreitet die Bekanntheit der Widerspruchsmarke insbesondere zur Zeit der Anmeldung der jüngeren Marke und vertritt im wesentlichen die Ansicht, die beiden Marken seien nicht ähnlich. Die angegriffene Marke werde in ihrem Gesamteindruck auch durch den erläuternden Bestandteil "DER NATUR-AKTIEN-INDEX" mitgeprägt. Aber auch "nax" und "DAX" seien nicht ähnlich, denn bei kurzen Wörtern sei der Zuhörer gewöhnt, aufmerksamer auf Änderungen zu achten, und dies bei Wortanfängen um so mehr. Da es einige einsilbige, auf "-ax" endende Begriffe mit einem konkreten Sinn gebe - wie etwa Fax, Kracks!, Klacks, Lachs, lax, Max, Pax, Sachs, Tax, Wachs - müsse der Verkehr genau hinhören, zumal "DAX" zugleich selbst den Sinn von "Dachs" habe. Im übrigen gebe es eine Inflation der Indizes, auf dem Gebiet des Finanzwesens sei aber eine hohe Aufmerksamkeit üblich, so daß der Verkehr die Unterschiede bemerke.

II Die Beschwerde der Widersprechenden ist begründet.

Der Senat hält die Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG zwischen der angegriffenen Wortbildmarke "nax ..." und der Widerspruchsmarke "DAX" - entgegen der Auffassung der Markenstelle des Patentamts - in hohem Maße für gegeben. Daher ist die Löschung der angegriffenen Marke gemäß § 43 Abs 2 Satz 1 MarkenG anzuordnen.

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr umfaßt alle Umstände des Einzelfalls und würdigt die in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren oder Dienstleistungen und der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, auch in ihrer Wechselbeziehung untereinander; so kann ein geringer Ähnlichkeitsgrad der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Ähnlichkeitsgrad der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (vgl EuGH GRUR 1998, 922, 923 Ez 16, 17, 18 - Canon; EuGH GRUR Int 1999, 734, 736 Ez 18, 19, 20 - Lloyd; BGH GRUR 1999, 995, 997 - HONKA; BGH GRUR 1999, 241, 242 f - PATRIC LION; BGH GRUR 2000, 883, 884 f - PAPPAGALLO).

In der mündlichen Verhandlung hat die Inhaberin der angegriffenen Marke ausdrücklich erklärt, sie bestreite nicht (gemäß § 43 Abs 1 MarkenG) die Benutzung der Widerspruchsmarke. Die Dienstleistungen der angegriffenen Marke sind mit den Dienstleistungen "Finanzwesen, insbesondere ... Handel mit ... Aktien" der Widerspruchsmarke identisch.

Ob die Widerspruchsmarke "DAX" bereits im Zeitpunkt der Anmeldung der jüngeren Marke auf Grund intensiver Benutzung und beachtlichen Bekanntheitsgrades, den die Inhaberin der angegriffenen Marke allerdings bestreitet, eine erhöhte Kennzeichnungskraft besessen hat, wofür die von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen sowie die Marktkenntnisse des Senats zwar durchaus sprechen, kann im vorliegenden Fall als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben. Der Senat geht hier zu Gunsten der Inhaberin der angegriffenen Marke von einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aus, die ihr schon von Hause aus zukommt, da die Bezeichnung "DAX" keine ursprünglich fachbegrifflich naheliegende und ohne weiteres verständliche, sondern vielmehr eine unternehmenskennzeichnend individuelle Abkürzung für "Deutscher Aktien Index" darstellt, während eine etwaige Schwächung durch nicht der Widersprechenden gehörende und benutzte Drittmarken nicht festgestellt werden kann, zumal der Vortrag der Inhaberin der angegriffenen Marke insoweit unsubstantiiert ist.

Angesichts der Dienstleistungsidentität sowie unter Berücksichtigung der - hier angenommenen - normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke muß an die Prüfung der Verwechslungsgefahr ein strenger Maßstab angelegt werden (vgl BGH GRUR 1999, 735, 736 - MONOFLAM/POLYFLAM; BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND). Die angegriffene jüngere Marke hält den dementsprechend zum Ausschluß der Verwechslungsgefahr erforderlichen Abstand zu der Widerspruchsmarke "DAX" nicht ein.

Bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit ist auf den Gesamteindruck im Bild, im Klang oder in der Bedeutung abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl EuGH GRUR 1998, 387, 390 Ez 23 - Springende Raubkatze = Sabel/Puma; EuGH GRUR Int 1999, 734, 736 Ez 25 - Lloyd). In der Regel reicht bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht aus (vgl BGH GRUR 1999, 241, 242 f - PATRIC LION). Allein die klangliche Ähnlichkeit der Marken kann eine Verwechslungsgefahr hervorrufen (vgl EuGH aaO Ez 28 - Lloyd).

Der Gesamteindruck der angegriffenen Marke wird offensichtlich durch den besonders groß und in der Signalfarbe rot herausgestellten und somit klar dominierenden kennzeichnungskräftigen Bestandteil "nax" geprägt (vgl dazu BGH GRUR 2000, 883, 885 -- PAPPAGALLO). Der darunter befindliche, in sehr viel kleineren, erheblich dünner und schwarz gedruckten Buchstaben wiedergegebene Bestandteil "DER NATUR-AKTIEN-INDEX" stellt demgegenüber ohne weiteres ersichtlich bloß eine rein beschreibende Angabe dar, die zudem den beabsichtigten Sinn des aus einer Abkürzung gebildeten Markenwortes "nax" oder auch "NAX" lediglich erläutern soll.

Der die angegriffene jüngere Marke prägende Bestandteil "nax", nach dem allein die Marke normalerweise auch ausschließlich benannt wird, und die Widerspruchsmarke "DAX" sind klanglich außerordentlich ähnlich. Sie stimmen weitgehend, nämlich in der Einsilbigkeit, der Anzahl der Laute, dem einzigen Vokal "a" und dem besonders klangstarken Affrikat "x" (gesprochen "ks") überein. Sogar die einzig abweichenden Anfangskonsonanten sind eng verwandt, denn es handelt sich gleichermaßen um stimmhafte Dentale. Zwar trifft es grundsätzlich zu, daß die angesprochenen Verkehrskreise die Bezeichnungen auf dem Gebiet des Finanzwesens - jedenfalls bei erheblichem eigenen Vermögensinteresse - aufmerksamer wahrnehmen als bei verhältnismäßig billigen Gebrauchsgütern. Dies schließt aber selbst bei Fachleuten klangliche Verwechslungen keineswegs aus, zumal die akustische Nennung und Wahrnehmung solcher Index-Bezeichnungen alltäglich - beispielsweise durch Rundfunk, Fernsehen, telephonische Auskünfte, Ansagen oder Aufträge etc - üblich sind. Soweit die Inhaberin der angegriffenen Marke auf wenige Ausdrücke wie "Fax", "Lachs", "Wachs" hinweist, besitzen diese offenbar keinen Sachbezug zu den hier betroffenen Dienstleistungen, zeigen aber, wie relativ selten die Lautgruppe "ax" in einer Silbe auftritt.

Im Ergebnis ist eine hochgradige Verwechslungsgefahr der sich gegenüberstehenden Marken festzustellen.

III.

Die Beteiligten tragen die ihnen erwachsenen Kosten des Beschwerdeverfahrens jeweils selbst (§ 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG).

IV.

Der Senat sieht keinen Anlaß, gemäß § 83 Abs 1 und 2 MarkenG die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Winkler Sekretarukv. Zglinitzki Cl Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/33W(pat)129-00.1.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 06.02.2001
Az: 33 W (pat) 129/00


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