Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg:
Urteil vom 24. Oktober 2013
Aktenzeichen: OVG 12 B 42.11

(OVG Berlin-Brandenburg: Urteil v. 24.10.2013, Az.: OVG 12 B 42.11)

Auch ein im Bundesgebiet zugelassener Rechtsanwalt kann sich auf ein anzuerkennendes Sachbescheidungsinteresse an der beantragten Registrierung im Rechtsdienstleistungsregister für den Bereich der Rechtsdienstleistungen im ausländischen Recht berufen.

Der Nachweis der für die Registrierung erforderlichen theoretischen Sachkunde ist grundsätzlich nicht bereits mit der Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz erbracht.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweiligen Vollstreckungsbetrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger ist Rechtsanwalt und begehrt die Eintragung in das Rechtsdienstleistungsregister für den Bereich Rechtsdienstleistungen im indischen Recht. Er ist im Jahre 2010 mit einer Dissertation zum Thema €Das Markenrecht in Indien € V...€ promoviert worden und hat zuvor einen einjährigen Forschungsaufenthalt in Indien absolviert. Dort hat er nach eigenen Angaben den gesamten Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und des Urheberrechts einschließlich angrenzender Rechtsgebiete studiert. Ferner hat er an einem sechsmonatigen postgraduierten Zertifikatskurs über außergerichtliche Streitschlichtung in Indien teilgenommen. In der Zeit vom 5. November 2010 bis 26. Oktober 2012 hat er mit Erfolg den berufsbegleitenden Masterstudiengang €Immaterialgüterrecht und Medienrecht€ an der Humboldt-Universität zu Berlin absolviert, die ihm im N...2... den Absolventenpreis verliehen hat. Er ist ferner als Dozent tätig. So hat er u. a. am ... einen Vortrag an der €The Indian Society of International Law€ mit dem Thema €Overview on the German Trade Marks Law and Indian Trade Marks Law€ gehalten und ist am ... von der Universität von Mumbai eingeladen worden, um zu dem Bereich €The comparison between german Trade Mark Law and the Indian Trade Mark Law€ zu sprechen. Sein Vortrag vom 1... für den €Aktionskreis gegen Produkt- und Markenpiraterie€ (APM) bezog sich auf €Markenschutz in Indien - Recht und Praxis€. Zum Problem €IP-Schutz in Indien€ war ein Beitrag des Klägers für die Veranstaltung €Innovationship 2...€ sowie für den €Bayerischen Patentkongress 2...€ angekündigt. Der Kläger bietet ferner in Kooperation mit einer indischen Anwaltskanzlei in Deutschland eine Rechtsberatung und Rechtsvertretung in allen Gebieten des indischen Rechts an. Seine Anwaltskanzlei verfügt über umfangreiche Fachliteratur zum indischen Recht und ist mit dem dritten Platz des Soldan Kanzlei-Gründerpreises 2...ausgezeichnet worden.

Den auf die Registrierung nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz für den Bereich Rechtsdienstleistungen im indischen Recht gestellten Antrag des Klägers sowie seinen auf Registrierung für den Teilbereich gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (Indien) gerichteten Hilfsantrag wies die Präsidentin des Kammergerichts mit Bescheid vom 22. Juni 2010 zurück. Der Kläger habe weder die dafür erforderliche theoretische noch die notwendige praktische Sachkunde nachgewiesen. Der ebenfalls ablehnende Widerspruchsbescheid vom 3. November 2010 war zudem darauf gestützt, dass dem Kläger das Sachbescheidungsinteresse fehle.

Das Verwaltungsgericht hat die dagegen gerichtete Klage mit Urteil vom 26. August 2011 abgewiesen. Zur Begründung hat es unter anderem ausgeführt, es fehle dem Kläger das Sachentscheidungsinteresse. Durch die Registrierung würden ihm keine Befugnisse verliehen, die er nicht ohnehin schon aufgrund seiner Zulassung als Rechtsanwalt habe. Als Rechtsanwalt sei er unabhängiger Vertreter und Berater in allen Rechtsangelegenheiten.

Unabhängig vom Sachentscheidungsinteresse sei die Klage unbegründet, da der Kläger die erforderliche praktische Sachkunde nicht nachgewiesen habe. Diese sei nicht deshalb gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung zum Rechtsdienstleistungsgesetz (Rechtsdienstleistungsverordnung- RDV) zu unterstellen, weil er die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz habe. § 3 Abs. 1 Satz 2 RDV gelte für den Bereich der Rechtsdienstleistungen in einem ausländischen Recht nicht, da § 3 Abs. 2 RDV insoweit eine Sonderregelung enthalte. Das in § 3 Abs. 2 RDV verwendete Wort €auch€ beziehe sich nur auf § 3 Abs. 1 Satz 1 RDV.

Der Kläger habe ferner nicht die notwendige theoretische Sachkunde dargetan. Entgegen seiner Auffassung folge die theoretische Sachkunde nicht daraus, dass er als Rechtsanwalt berechtigt sei, im ausländischen Recht zu beraten. Seine Auffassung habe die sachwidrige Konsequenz, dass jeder in Deutschland zugelassene Rechtsanwalt einen Anspruch auf Eintragung in das Rechtsdienstleistungsregister für jedes von ihm benannte ausländische Recht hätte. Auch in Bezug auf die begehrte Eintragung für den Bereich Rechtsdienstleistungen im indischen Recht mit Beschränkung auf den Teilbereich des gewerblichen Rechtsschutzes fehle die theoretische Sachkunde. Diese folge nicht aus der Dissertation des Klägers. Insoweit liege zum einen entgegen § 2 Abs. 3 Satz 2 RDV das Zeugnis einer deutschen Behörde vor. Zum anderen beschränke sich die Dissertation auf das indische Markenrecht, mithin auf einen Teilbereich des gewerblichen Rechtsschutzes.

Dagegen wendet sich der Kläger mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung.

Zur Begründung macht er unter anderem geltend, er habe ein Sachentscheidungsinteresse. Nach § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen (Rechtsdienstleistungsgesetz - RDG) sei für die Registrierung ein Antrag erforderlich. Das subjektive Recht folge aus dem Antragserfordernis selbst. Denn jedermann, der einen Antrag stelle, habe ein Recht auf Bescheidung.

Er verfüge auch über die notwendige theoretische Sachkunde im indischen Recht. Aus einer wortgetreuen, historischen, systematischen, teleologischen und verfassungskonformen Auslegung von § 12 Abs. 1 Nr. 2 RDG i. V. m. § 2 RDV folge, dass die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz als Nachweis der theoretischen Sachkunde genüge. Ferner habe er aufgrund dieser Qualifikation gem. § 3 Abs. 1 Satz 2 RDV auch die notwendige praktische Sachkunde. Die Vorschrift gelte auch für den Bereich der Rechtsdienstleistungen im ausländischen Recht. Dies ergebe sich aus der Gesetzesbegründung und dem Wortlaut des § 3 Abs. 2 RDV, der durch die Verwendung des Wortes €auch€ deutlich mache, dass er den Anwendungsbereich des § 3 Abs. 1 erweitere. Auch eine systematische, teleologische und verfassungskonforme Auslegung bestätige dies.

Jedenfalls habe er die erforderliche Sachkunde im indischen gewerblichen Rechtsschutz. Insoweit sei u. a. seine Dissertation zu berücksichtigen, die eine umfassende Darstellung des indischen Markenrechts darstelle, sowie sein erfolgreicher Abschluss des Masterstudiengangs, ferner seine Vortragstätigkeit sowie seine anwaltliche Tätigkeit, in deren Rahmen er regelmäßig Mandate zum indischen gewerblichen Rechtsschutz bearbeite.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 26. August 2011 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 22. Juni 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. November 2010 zu verpflichten, ihn in das Rechtsdienstleistungsregister für den Bereich Rechtsdienstleistungen im indischen Recht einzutragen,

hilfsweise,

den Beklagten unter Aufhebung der vorgenannten Bescheide zu verpflichten, ihn in das Rechtsdienstleistungsregister für den Bereich Rechtsdienstleistungen im indischen Recht mit der Beschränkung auf den Teilbereich des gewerblichen Rechtsschutzes einzutragen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er meint, dem Kläger fehle ein Sachentscheidungsinteresse, da er die Registrierung im Rechtsdienstleistungsregister nicht zur Verwirklichung eines Rechts benötige. Er wolle die Registrierung nur nutzen, um damit Werbung im Rahmen seiner anwaltlichen Tätigkeit zu machen. Im Übrigen habe das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt, dass dem Kläger die theoretische und praktische Sachkunde fehle.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakte und den von dem Beklagten eingereichten Verwaltungsvorgang Bezug genommen, die vorgelegen haben und soweit wesentlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Gründe

Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Ablehnung der Eintragung des Klägers in das Rechtsdienstleistungsregister ist rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Entgegen der Auffassung des Beklagten hat der Kläger zwar ein Sachentscheidungsinteresse (1.). Er hat jedoch die für die Eintragung in das Rechtsdienstleistungsregister notwendige theoretische Sachkunde weder für den Bereich Rechtsdienstleistungen im indischen Recht (2.) nachgewiesen noch für den Bereich Rechtsdienstleistungen im indischen Recht mit der Beschränkung auf den Teilbereich des gewerblichen Rechtsschutzes (3.).

1. Der Kläger hat ein Sachentscheidungsinteresse. Die begehrte Registrierung im Rechtsdienstleistungsregister ist für ihn nicht nutzlos (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 1989 - BVerwG 1 C 18.87 -, juris Rn. 13). Er hat zunächst ein wirtschaftliches Interesse an der Registrierung. Aufgrund der Eintragung im Rechtsdienstleistungsregister könnte er von Rechtssuchenden beauftragt werden, die dort nach einem Spezialisten mit entsprechenden Kenntnissen für die Beratung im indischen Recht suchen (vgl. dazu § 16 Abs. 1 RDG). Dieser mögliche wirtschaftliche Nutzen genügt, das Sachentscheidungsinteresse zu bejahen (vgl. Stelkens/Schmitz, in: Stelkens/Bonk u. a., VwVfG, 5. Aufl., § 9 Rn. 143; siehe ferner Wittreck, BayVBl. 2004, 193, 199). Darüber hinaus ist das Sachentscheidungsinteresse gegeben, da der Antrag auf Eintragung in das Rechtsdienstleistungsregister auf eine Verbesserung der rechtlichen Position des Klägers zielt. Erst nach einer Registrierung darf er den Beruf des Rechtsdienstleisters ausüben. Dem Sachentscheidungsinteresse steht nicht entgegen, dass ihm die rechtsberatende Tätigkeit auch als Rechtsanwalt erlaubt ist, da er als Rechtsdienstleister einen anderen Beruf ausüben würde, für den der Gesetzgeber besondere Zulassungsvoraussetzungen geschaffen hat. Das Sachentscheidungsinteresse entfällt insoweit auch nicht, weil der Kläger die Tätigkeit des Rechtsdienstleisters nicht organisatorisch und räumlich getrennt von dem des Rechtsanwalts ausüben möchte. Eine solche Unterscheidbarkeit gehört nicht zu den rechtlichen Voraussetzungen der Zulassung zum Beruf des Rechtsdienstleisters und dessen Ausübung, so dass sie mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 GG nicht zum Ausschluss des Sachentscheidungsinteresses führen kann (vgl. in diesem Zusammenhang auch K. Lamm, in: Dreyer/Lamm/Müller, RDG, 2009, § 10 RDG Rn. 14).

2. Der Hauptantrag ist jedoch nicht begründet. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen für eine Registrierung gem. § 12 Abs. 1 Nr. 2 RDG vom 12. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2840), zuletzt geändert durch Gesetz vom 1. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3714), insoweit nicht. Diese erfordert nach der genannten Vorschrift unter anderem theoretische Sachkunde in dem Bereich des § 10 Abs. 1 RDG, in dem die Rechtsdienstleistungen erbracht werden sollen. Der Kläger hat seine theoretische Sachkunde für den Bereich Rechtsdienstleistungen im indischen Recht nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechend belegt.

Gem. § 12 Abs. 3 Satz 1 RDG ist die theoretische Sachkunde durch Zeugnisse nachzuweisen. Sie wird gem. § 2 Abs. 3 RDV vom 19. Juni 2008 (BGBl. I S. 1069), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. Juli 2013 (BGBl. I S. 2749), im Bereich der Rechtsdienstleistungen in einem ausländischen Recht in der Regel durch das Zeugnis einer ausländischen Behörde darüber nachgewiesen, dass die zu registrierende Person in dem ausländischen Land rechtmäßig zur Ausübung des Rechtsanwaltsberufs oder eines vergleichbaren rechtsberatenden Berufs niedergelassen ist oder war. Zum Nachweis genügt ferner das Abschlusszeugnis einer ausländischen Hochschule über den erfolgreichen Abschluss eines Studiengangs, der nach Umfang und Inhalten den in Abs. 1 Satz 3 der Vorschrift genannten Studiengängen (mindestens dreijähriger Hochschul- oder Fachhochschulstudiengang mit überwiegend rechtlichen Studieninhalten) entspricht. Die nach § 2 Abs. 3 RDV €in der Regel€ vorzulegenden Urkunden hat der Kläger unstreitig nicht eingereicht.

Andere Belege, durch die der Nachweis theoretischer Sachkunde geführt werden könnte, hat er ebenfalls nicht vorgelegt. Entgegen seiner Auffassung genügt insoweit nicht die Bescheinigung der Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz. Gem. § 11 Abs. 3 RDG erfordern Rechtsdienstleistungen in einem ausländischen Recht besondere Sachkunde in dem ausländischen Recht oder in den Teilbereichen des ausländischen Rechts, für die eine Registrierung beantragt wird. Nach der Gesetzesbegründung sind dafür Kenntnisse der gesamten ausländischen Rechtsordnung erforderlich, die denen einer in diesem Land zur Ausübung umfassender Rechtsdienstleistungen berechtigten Person entsprechen (BT-Drucks. 16/3655, S. 66). Die Rechtsdienstleistungsverordnung zielt darauf, sicherzustellen, dass der einzutragende Rechtsdienstleister diese Voraussetzung erfüllt. Dies wird auch dadurch deutlich, dass sich der Nachweis der theoretischen Sachkunde durch die vorzulegenden Unterlagen und Zeugnisse ausländischer Behörden oder ausländischer Hochschulen gem. § 2 Abs. 5 RDV nur auf das Recht erstreckt, auf das sich die jeweiligen Zeugnisse beziehen.

Da die Ausbildung zum Volljuristen in der Regel nicht spezielle Kenntnisse in einem ausländischen Recht oder Teilrechtsgebiet vermittelt, würde es der Absicht des Gesetz- und Verordnungsgebers widersprechen, für den Nachweis der theoretischen Sachkunde die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz genügen zu lassen. Es gibt angesichts der eindeutigen Regelung in § 12 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 1 RDG entgegen der Auffassung des Klägers keine Veranlassung anzunehmen, die notwendige Rechtskenntnis ausländischen Rechts unterstelle der Verordnungsgeber als selbstverständlich für Personen, die die Befähigung zum Richteramt haben. Auch § 2 Abs. 1 Satz 2 RDV, der für die Bereiche der Inkassodienstleistungen und der Rentenberatung ausdrücklich regelt, dass der Nachweis der theoretischen Sachkunde auch durch das Zeugnis über die erste juristische Staatsprüfung erbracht werden kann, spricht dafür, dass der Verordnungsgeber die Möglichkeit des Nachweises der theoretischen Sachkunde für den Bereich der Rechtsdienstleistungen in einem ausländischen Recht durch den Beleg des Abschlusses der deutschen Juristenausbildung gesondert geregelt hätte, wenn er diesen für ausreichend erachtet hätte. Dies ist indes in § 2 Abs. 3 RDV gerade nicht geschehen.

Da der Verordnungsgeber nicht in der Begründung zu § 2 RDV, sondern nur in der Begründung zu § 2 Abs. 1 RDV, der die Bereiche Inkassodienstleistungen und Rentenberatung betrifft, ausgeführt hat, Personen mit erster juristischer Staatsprüfung seien in allen Bereichen des Rechts umfassend theoretisch ausgebildet und bedürften daher nach Satz 2 nicht mehr eines gesonderten Nachweises der theoretischen Sachkunde (vgl. dazu BR-Drucks. 316/08, S. 10), lässt sich auch aufgrund der vom Kläger bemühten historischen Auslegung nichts in seinem Sinne ableiten. Es überzeugt ferner sein Argument nicht, der Gesetz- und Verordnungsgeber habe keine gesonderten Eintragungsvoraussetzungen für deutsche Volljuristen geschaffen, sondern in §§ 2 Abs. 1 Satz 2, 3 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 RDV normiert, dass die theoretische und praktische Sachkunde bei Personen mit Befähigung zum Richteramt zu unterstellen sei. Die genannten Regelungen betreffen nicht den Nachweis der theoretischen Sachkunde für den Bereich der Rechtsdienstleistungen im ausländischen Recht. Auch sein Hinweis, der Verordnungsgeber habe in § 2 Abs. 3 RDV den Beleg der Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz deshalb nicht als ausreichenden Nachweis normiert, da er mit der Regelung ausländischen Rechtsanwälten die Möglichkeit geben wolle, in Deutschland rechtsberatend tätig zu werden, trägt nicht. Es hätte diesem Regelungszweck nicht entgegengestanden, daneben anzuordnen, dass die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz als Nachweis der theoretischen Sachkunde gilt.

Der Kläger kann sich zudem nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der deutsche Volljurist die notwendige theoretische Sachkunde deshalb habe, weil er gem. § 12 Abs. 1 Nr. 2 RDG i. V. m. § 3 Abs. 1 Satz 2 RDV die praktische Sachkunde besitze, die die theoretische voraussetze. Zu Gunsten des Klägers unterstellt, der Volljurist verfüge über die notwendige praktische Sachkunde, übersieht er mit seiner Schlussfolgerung, dass der Gesetz- und Verordnungsgeber mit den Voraussetzungen theoretischer und praktischer Sachkunde zwei Kriterien geschaffen hat, deren Nachweis er eigenständig geregelt hat. Da er an den Beleg theoretischer Sachkunde ohne weiteres höhere Anforderungen stellen kann, als an den der praktischen Sachkunde, lässt sich aus der Annahme, die praktische Sachkunde liege vor, nicht notwendig auf die theoretische Sachkunde schließen.

Ferner trägt der Hinweis des Klägers nicht, es wäre systemwidrig, im Anwendungsbereich des § 3 Abs. 1 Bundesrechtsanwaltsordnung - BRAO - vom 1. August 1959 (BGBl. I S. 565), zuletzt geändert durch Gesetz vom 10. Oktober 2013 (BGBl. S. 3786), nach dem der Rechtsanwalt in allen ausländischen Rechtsordnungen befugt sei zu beraten, eine theoretische Sachkunde des deutschen Volljuristen im ausländischen Recht zu unterstellen, im Anwendungsbereich des Rechtsdienstleistungsgesetzes ihm diese jedoch abzusprechen. Der Gesetz- und Verordnungsgeber hat für den Beruf des Rechtsdienstleisters und den des Rechtsanwalts unterschiedliche Zugangsvoraussetzungen geschaffen. Dies ist nicht zu beanstanden. Es ist lediglich zu beachten, dass die Fixierung von Berufsbildern und das Aufstellen von Zulassungsvoraussetzungen einen Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit bedeuten und dass deshalb die entsprechenden Regelungen verhältnismäßig sein müssen, um überragende Gemeinwohlinteressen zu sichern (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. Mai 1987 - 1 BvR 724/81 u. a. -, juris Rn. 56). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht zweifelhaft. Es ist offensichtlich, dass die für die Registrierung im Bereich Rechtsdienstleistungen im ausländischen Recht geforderten Sachkundenachweise einem hochwertigen Gemeinschaftsgut, dem Schutz der Bevölkerung vor ungeeigneten Rechtsberatern, dienen. Die geforderten Nachweise der Sachkunde sind in Bezug auf diesen Gesetzeszweck auch geeignet, erforderlich und angemessen. Das den Rechtsanwälten nach § 3 Abs. 1 BRAO gewährte Recht, auch im ausländischen Recht beraten zu dürfen, stellt die Erforderlichkeit der geforderten Belege für die Registrierung nicht infrage. Der Rechtssuchende erwartet von einem Berater, der im Rechtsdienstleistungsregister für ein bestimmtes ausländisches Recht eingetragen ist, spezielle Kenntnisse in diesem Recht (vgl. dazu § 1 Abs. 1 Satz 2 RDG). Nicht jeder Rechtsanwalt verfügt jedoch über solche Spezialkenntnisse (vgl. dazu § 7 Abs. 1 Berufsordnung der Rechtsanwälte i. d. F. vom 1. Mai 2013), so dass der Schutz des Rechtssuchenden gefährdet wäre, würde man davon ausgehen, Rechtsanwälte hätten ohne weiteres die für die Registrierung in einem ausländischen Recht notwendige theoretische Sachkunde. § 3 Abs. 1 BRAO ist für Letzteres kein Beleg, sondern die Regelung umschreibt mit Blick auf die Mannigfaltigkeit der anwaltlichen Tätigkeit lediglich den Bereich des rechtlichen Dürfens anwaltlicher Tätigkeit (vgl. Vossebürger, in: Feuerich/Weyland u. a., BRAO, 8. Aufl., § 3 Rn. 7). Da die Zugangsvoraussetzungen des Rechtsdienstleistungsgesetzes und der Rechtsdienstleistungsverordnung nicht die Tätigkeit des Rechtsanwalts, sondern den Beruf des Rechtsdienstleisters betreffen, war der Gesetz- und Verordnungsgeber aufgrund dieser Vorschrift nicht verpflichtet, Rechtsanwälten ohne weiteres eine Registrierung für das gewünschte ausländische Recht zu gewähren. Der Hinweis des Klägers, der Schutz des Rechtssuchenden werde durch die erforderliche Berufshaftpflichtversicherung (§ 12 Abs. 1 Nr. 3 RDG) sichergestellt, trägt bereits deshalb nicht, weil die Versicherung nur einen schon eingetretenen und bezifferbaren Schaden ersetzt, der Rechtssuchende durch das Rechtsdienstleistungsgesetz aber vor ungeeigneten Rechtsberatern und vor jedem durch fehlende Rechtskenntnis verursachten, möglichen Schadenseintritt geschützt werden soll (vgl. BT-Drucks. 16/3655, S. 45).

Die vom Kläger im Übrigen bemühten verfassungsrechtlichen Argumente rechtfertigen seine Registrierung ebenfalls nicht. Soweit er geltend macht, der Verordnungsgeber habe mit § 2 RDV eine Beschränkung des Art. 12 Abs. 1 GG nicht bezwecken wollen, da die Grundrechtseinschränkung weder im Rechtsdienstleistungsgesetz noch in der Rechtsdienstleistungsverordnung dem Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG entsprechend genannt werde, überzeugt dies nicht. Das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG gilt nicht für subjektive Zulassungsvoraussetzungen (BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 1983 - 1 BvL 46/80, 1 BvL 47/80 -, juris Rn. 29). Sein Einwand, es verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG, ihn nicht zu registrieren, da andere für die Registrierung zuständige Behörden andere deutsche Rechtsanwälte eingetragen hätten, die nicht über ein ausländisches abgeschlossenes Hochschulstudium verfügten, trägt ebenfalls nicht. Sofern einer Registrierung ein dem vorliegenden Fall vergleichbarer Sachverhalt zugrunde liegen sollte, vermittelte Art. 3 Abs. 1 GG dem Kläger keinen Anspruch auf eine Eintragung, da das Verfassungsrecht kein Recht auf Gleichbehandlung im Unrecht gewährt.

Art. 3 Abs. 1 GG ist auch nicht verletzt, soweit nach § 12 Abs. 3 Satz 3 RDG i. V. m. § 2 Abs. 2 RDV Antragsteller aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, aus Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die in ihrem Heimatland zur Ausübung einer der in § 10 Abs. 1 RDG geregelten Tätigkeiten berechtigt sind, den Nachweis ihrer theoretischen Sachkunde ausschließlich durch das Zeugnis einer ausländischen Behörde über diese Befugnis führen können. Der Kläger übersieht insoweit bereits, dass es bei diesen Antragstellern mit Blick auf ihre Berechtigung, im Heimatland in einem bestimmten Rechtsgebiet beraten zu dürfen bzw. aufgrund der zweijährigen Ausübung einer solchen Tätigkeit, naheliegt, dass sie die erforderliche theoretische Sachkunde besitzen. Im Übrigen war der nationale Gesetzgeber in Bezug auf diese Antragsteller durch das Europarecht (Richtlinie 2005/36/EG vom 7. September 2005, siehe auch BT-Drucks. 16/3655 S. 43 und S. 69) in seiner Gestaltungsfreiheit gebunden (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 31. August 2011 - BVerwG 8 C 9.10 -, juris Rn. 44; ferner LSG Essen, Urteil vom 30. Oktober 2012 - L 11 KA 128.11 -, juris Rn. 37). Die Regelung dient dem verfassungsrechtlich legitimen Zweck, den unionsrechtlichen Bindungen Rechnung zu tragen, ohne das vor Art. 12 Abs. 1 GG gerechtfertigte Qualifikationserfordernis für die in § 10 Abs. 1 RDG geregelten Tätigkeiten aufzugeben (vgl. dazu BVerwG, a. a. O., Rn. 45). Dadurch werden Inländer, die rechtsberatend tätig sind, auch nicht unzumutbar belastet, da bei ihnen nicht ohne weiteres angenommen werden kann, sie verfügten über theoretische Kenntnisse im ausländischen Recht.

Es verstößt entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht gegen das in Art. 18 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV - normierte Diskriminierungsverbot, dass die in § 12 Abs. 3 Satz 3 RDG genannten Personen nach § 2 Abs. 2 RDV ihre theoretische Sachkunde unter den dort genannten Voraussetzungen nicht gesondert nachweisen müssen. Art 18 AEUV betrifft die Schlechterstellung von EU-Ausländern gegenüber Inländern aus Gründen der Staatsangehörigkeit, nicht aber die sogenannte Inländerdiskriminierung, die Privilegierung von EU-Ausländern gegenüber Inländern durch den nationalen Gesetzgeber (vgl. Streinz, EUV/AEUV, 2. Aufl., Art. 18 AEUV, Rn. 6 und 62).

3. Der Hilfsantrag des Klägers ist ebenfalls nicht begründet.

Er hat auch in Bezug auf den Bereich indisches Recht mit Beschränkung auf den gewerblichen Rechtsschutz (vgl. dazu § 1 RDV) die notwendige theoretische Sachkunde nicht nachgewiesen. Eine der in § 2 Abs. 3 i. V. m. Abs. 4 RDV genannten Urkunden hat er unstreitig nicht eingereicht.

Auch eine den Regelnachweisen gleichwertige Bescheinigung hat er nicht vorgelegt. Seine Dissertation ist nicht geeignet, den notwendigen Nachweis zu erbringen. Sie ist nach eigenen Worten des Klägers eine €umfassende Darstellung des indischen Markenrechts€ und hat lediglich €auch Querbezüge zu angrenzenden Rechtsgebieten des gewerblichen Rechtsschutzes hergestellt€. Auch nach dem Inhaltsverzeichnis der Arbeit und den eingereichten Gutachten zu der Dissertation bezieht sie sich ausschließlich auf das indische Markenrecht. Zum gewerblichen Rechtsschutz gehören nach dem Verständnis des Verordnungsgebers neben dem Markenrecht jedoch das ausländische Patentrecht und die sonstigen Bereiche des gewerblichen Rechtsschutzes im Sinne der §§ 2 und 4 der Patentanwaltsordnung (vgl. BR-Drucks. 316/08, S. 9), mithin das Gebrauchsmusterrecht, das Geschmacksmusterrecht, das Halbleiterschutzrecht, das Recht der Arbeitnehmererfindungen und das Sortenschutzrecht. Unter diesen Umständen hat der Kläger auch nicht aufgrund des erfolgreichen Abschlusses des Masterstudiengangs €Immaterialgüterrecht und Medienrecht€ und der Verleihung des Absolventenpreises dieses Studienganges die notwendige theoretische Sachkunde belegt. Mit Ausnahme seiner erneut das indische Markenrecht betreffenden Masterarbeit zum Thema €Der Schutz einzelner Markenformen in Indien€ lassen die von ihm nach dem eingereichten Masterzeugnis belegten Module keinen Bezug zum indischen Recht erkennen.

Ferner rechtfertigt die Vortragstätigkeit des Klägers nicht den Schluss, dass er über das indische Markenrecht hinaus im indischen gewerblichen Rechtsschutz die erforderliche theoretische Sachkunde besitzt. Dem steht bereits entgegen, dass es für die von dem Kläger gehaltenen Vorträge keine Bewertung einer unabhängigen Institution gibt, die - vergleichbar den Regelnachweisen des § 2 Abs. 3 RDV - einen Rückschluss auf das Maß der Kenntnisse des Vortragenden erlauben würde.

Die anwaltliche Bearbeitung von Mandaten zum indischen gewerblichen Rechtsschutz und der Besitz umfangreicher Fachliteratur zum indischen Recht besagen ebenfalls nicht, dass der Kläger über die notwendige theoretische Sachkunde im indischen gewerblichen Rechtsschutz verfügt. Eine objektivierbare Bewertung und Bemessung seiner Kenntnisse lassen auch diese Umstände nicht zu.

Durch den geltend gemachten Besuch von Vorlesungen an der Universität von Mumbai wird der notwendige Nachweis der theoretischen Sachkunde ebenfalls nicht erbracht. Der Besuch der von dem Kläger in dem eingereichten Vorlesungsverzeichnis gekennzeichneten Veranstaltungen besagt nichts über die dort gewonnenen Kenntnisse.

Da sich der von dem Kläger absolvierte 6-monatige postgraduierte Zertifikatskurs am K. C. Law College in Mumbai auf die außergerichtliche Streitschlichtung bezog, kann er ferner nicht mit Erfolg anführen, daran teilgenommen zu haben und in Deutschland zur Bezeichnung €Mediator€ berechtigt zu sein. Keine Aussagekraft in Bezug auf die theoretischen Kenntnisse im indischen gewerblichen Rechtsschutz hat schließlich der Umstand, dass der Kläger mit dem dritten Platz des Soldan Kanzlei-Gründerpreises 2... ausgezeichnet worden ist, da mit dem Preis ausschließlich das Kanzlei-Gründungskonzept gewürdigt worden ist.

Ob der Eintragung des Klägers in das Rechtsdienstleistungsregister auch entgegensteht, dass er jeweils die notwenige praktische Sachkunde nicht nachgewiesen hat, bedarf unter den gegebenen Umständen keiner Entscheidung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.






OVG Berlin-Brandenburg:
Urteil v. 24.10.2013
Az: OVG 12 B 42.11


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