Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 28. Mai 2014
Aktenzeichen: 3 StR 206/13

(BGH: Beschluss v. 28.05.2014, Az.: 3 StR 206/13)

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 19. Dezember 20 a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte des Subventionsbetrugs und des Subventionsbetrugs in zwei tateinheitlichen Fällen schuldig ist; b) im gesamten Strafausspruch aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Subventionsbetrugs in drei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt und bestimmt, dass zwei Monate dieser Strafe als Entschädigung für die überlange Verfahrensdauer als vollstreckt gelten. Gegen diese Entscheidung richtet sich die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten, die den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg erzielt. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet.

I. Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte - ein Steuerberater und vereidigter Buchprüfer - Gesellschafter der E. /D. sowie der GmbH (nachfolgend: WuG GmbH), der Komplementärin der (nachfolgend WuG KG). Im Dezember 1998 erwarben die E. /D. und die WuG KG in H. Eigentum an identisch gestalteten Wohnkomplexen mit jeweils 115 Mietwohnungen. Während sich zunächst der Verkäufer verpflichtet hatte, die erforderlichen Sanierungsarbeiten im Wert von rund 5,2 Mio. DM pro Komplex durchzuführen, kamen die Parteien im Juni 2000 überein, dass die noch ausstehenden Arbeiten von den jeweiligen Käufern selbst durchgeführt werden sollten. Auf der Grundlage eines Angebots des die bisherigen Sanierungsarbeiten durchführenden Unternehmens in Höhe von brutto 981.000,40 DM je Komplex gaben im Oktober 2000 beide Gesellschaften Teilarbeiten in einem Volumen von jeweils 400.000 DM in Auftrag.

Während der Durchführung dieser Arbeiten "erfuhr der Angeklagte von der Möglichkeit, im Rahmen des Förderprogramms 'Wohnen 2001' Fördermittel für Sanierung und Modernisierung von Wohnraum zu erhalten. [... Er entschloss sich] gemeinsam mit dem früheren Mitangeklagten E. im Rahmen der Fortführung der begonnen Sanierungsmaßnahmen an den beiden Bauvorhaben die Firmen RU und RW [...] zwischenzuschalten, um die Baukosten 'auf dem Papier' zu erhöhen, um so überhöhte Fördermittel zu erschleichen." Bei der RU GmbH sowie der RW GmbH handelte es sich um Immobiliengesellschaften, die tatsächlich vom Angeklagten gesteuert wurden, deren Geschäftsführung - ebenso wie die der WuG GmbH bis zum 14. Dezember 2001 - formal jedoch D. R. , eine frühere Angestellte des Angeklagten in dessen Steuerberatungsgesellschaft, innehatte. Zur Tatzeit war D. R. als Studentin eingeschrieben, betrieb das Studium jedoch nie ernsthaft. Aus ihrer Geschäftsführertätigkeit bezog sie keine Einkünfte, wurde vielmehr vom Angeklagten "mit monatlich 2.000 €" unterstützt.

In Umsetzung des Plans machten die WuG KG und die E. /D. GbR mit Anträgen vom 25. Juni 2001 unter identischer Aufstellung von Baukosten im Umfang von jeweils 3.464.500 DM beim Landesförderinstitut Sachsen-Anhalt Fördermittel geltend, die antragsgemäß in Höhe von jeweils 699.114,95 € bewilligt wurden. Die Anträge waren für die WuG KG von D. R. , für die E. /D. GbR von den beiden Gesellschaftern unterzeichnet worden. Nach einer Korrektur hinsichtlich eines Teils der Baukosten im Rahmen der Vorlage der Schlussrechnungen wurden die Bewilligungen auf jeweils 621.292,09 € gekürzt und - nach Abzug von Bearbeitungsgebühren - bis Juli 2003 an beide Gesellschaften je 609.252,13 € ausbezahlt. Tatsächlich waren nur Baukosten in Höhe von 610.650 € je Objekt entstanden. Ausgehend von der höchst möglichen Förderquote von 50% stand demnach beiden Gesellschaften lediglich ein Förderbetrag in Höhe von jeweils 305.325 € zu (Fälle 1 und 2).

Am 26. November 2003 beantragte die WuG KG beim Finanzamt H. für das Jahr 2002 eine Investitionszulage. Auch insoweit machte der Angeklagte als faktischer Geschäftsführer - der Antrag selbst ist von der Ehefrau des Angeklagten unterschrieben, die D. R. als Geschäftsführerin der Komplementärin abgelöst hatte - bis 31. Oktober 2002 entstandene Baukosten in Höhe von 1.615.725 € geltend und erreichte dadurch die Festsetzung und Auszahlung einer Zulage in Höhe von 167.048,80 €. Bei ordnungsgemäßer Angabe der Baukosten in Höhe von 610.650 € hätte sich eine Zulage von 91.214,10 € errechnet, mithin ein um 75.833,70 € geringerer Betrag (Fall 3).

II. Ein Verfahrenshindernis besteht nicht. Die Taten sind nicht verjährt, § 78 Abs. 1 Satz 1 StGB. Der Lauf der für Vergehen nach § 264 Abs. 1 StGB geltenden Verjährungsfrist von fünf Jahren (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB) beginnt gemäß § 78a Satz 1 StGB, sobald die Tat beendet ist. Die Tatbeendigung liegt in den Fällen des § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB indes nicht schon in der Einreichung des Subventionsantrags. Vielmehr tritt sie erst mit der Zahlung der Subvention an den Begünstigten ein, bei Ausreichung in Teilbeträgen mit Eingang der letzten Rate (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Februar 2007 - 5 StR 467/06, NStZ 2007, 578, 579; NK-StGB-Hellmann, 4. Aufl., § 264 Rn. 182a; SSW-StGB/Saliger, 2. Aufl., § 264 Rn. 41; aA OLG München, Urteil vom 22. Februar 2006 - 5St RR 12/06, NStZ 2006, 630, 631). Begann demnach in den Fällen 1 und 2 die Verjährungsfrist erst im Juli 2003, im Fall 3 erst im November 2003 zu laufen, so wurde diese - wie der Generalbundesanwalt im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat - durch die Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse vom 20. Juni 2006 und 20. September 2007 rechtzeitig unterbrochen und war absolute Verjährung (§ 78 Abs. 3 Nr. 4, § 78b Abs. 4, § 78c Abs. 3 Satz 2 und 3 StGB) vor Erlass des erstinstanzlichen Urteils (§ 78b Abs. 3, § 78c Abs. 3 Satz 3 StGB) nicht eingetreten.

III. Den Verfahrensbeanstandungen bleibt aus den Gründen der Zuschrift des Generalbundesanwalts der Erfolg versagt.

IV. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung wegen Subventionsbetrugs. Lediglich die konkurrenzrechtliche Beurteilung der Taten bedarf der Korrektur.

1. Bei den beantragten und bewilligten Fördermitteln handelte es sich um Subventionen im Sinne des § 264 Abs. 7 Satz 1 StGB. Abzustellen ist insoweit auf § 264 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 StGB, denn die gewährten Leistungen hatten ihre Grundlage im nationalen Recht: in den Fällen 1 und 2 in den Regelungen der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Modernisierung und Instandsetzung von vermietetem oder vermietbarem Wohnraum in den Stadtteilen mit besonderem Entwicklungsbedarf 'die soziale Stadt' sowie weiteren Quartieren und großen Wohngebieten (nachfolgend: Wohnen 2001 Richtlinie), die ihrerseits an das Gesetz zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft und zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums in den neuen Ländern (Investitionsförderungsgesetz Aufbau Ost) vom 23. Juni 1993 (BGBl. I S. 944, 982 f.) anknüpft, und im Fall 3 im Investitionszulagengesetz 1999 (nachfolgend: InvZulG 1999).

Nach § 264 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b) StGB soll die Leistung wenigstens zum Teil der Förderung der Wirtschaft dienen. Mit dieser Regelung beabsichtigte der Gesetzgeber, die durch § 264 StGB gegenüber § 263 StGB bewirkte Vorverlagerung der Strafbarkeit in einen Gefährdungstatbestand, der selbst leichtfertiges Handeln einschließt, auf den Bereich zu beschränken, für den ein unabweisbares Bedürfnis für den verstärkten Strafschutz gesehen wurde (BT-Drucks. 7/5291, S.10). Insbesondere sollten Sozialleistungen nicht erfasst werden, deren ungerechtfertigte Erschleichung wegen des im Gegensatz zum Wirtschaftssektor regelmäßig leichter durchschaubaren Sachverhalts einfacher nachzuweisen ist und deshalb vom Betrugstatbestand ausreichend zuverlässig abgedeckt wird (BT-Drucks. aaO, S. 11). Da aber mit der Vergabe von Fördermitteln oftmals mehrere Zwecke verfolgt werden, reicht es für die Anwendbarkeit des Subventionsbetrugstatbestandes aus, dass diese "wenigstens zum Teil" der Wirtschaftsförderung dienen soll. Lediglich ein ganz entfernter Bezug zur Wirtschaft soll nicht genügen (BT-Drucks. aaO).

Welche Zwecke mit einer Leistung verfolgt werden, ist mittels Auslegung der maßgeblichen Rechtsgrundlagen zu ermitteln (LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 264 Rn. 67; Eberle, Der Subventionsbetrug nach § 264 StGB - Ausgewählte Probleme einer verfehlten Reform, 1983, S. 99 ff.). Wenn nach Nr. 2 der Wohnen 2001 Richtlinie Gegenstand der Förderung Maßnahmen zur Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse sind und nach § 3 Abs. 1 InvZulG 1999 Investitionen an Wohnraum nur dann begünstigt werden, wenn dieser nach Durchführung der Arbeiten fünf Jahre lang entgeltlich überlassen wird, kann nicht fraglich sein, dass die verfahrensgegenständlichen Leistungen soziale Zwecke verfolgten. Sie beschränkten sich allerdings nicht hierauf: denn § 3 Investitionsförderungsgesetz Aufbau Ost bestimmt ausdrücklich, dass die Finanzmittel zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft und zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums bereitgestellt werden. Entsprechendes gilt für § 3 InvZulG 1999, der an § 3 Fördergebietsgesetz vom 23. September 1993 (BGBl. I 1993, 1654) anknüpft und wie dieser das Ziel verfolgt, den wirtschaftlichen Umbruch nach der Wiedervereinigung abzufedern (vgl. 19. Subventionsbericht der Bundesregierung vom 1. Oktober 2003, S. 32). Daraus wird deutlich, dass die maßgeblichen Förderungen vor allem auch der Wirtschaft galten, sei es der mit den Arbeiten beauftragten Bauwirtschaft, sei es dem Erhalt der Wirtschaftsstruktur insgesamt. Dieser teilweise der Wirtschaftsförderung dienende Zweck genügt. Da es sich hierbei um einen Endzweck im Gegensatz zu dem in der Erreichung eines bestimmten Verhaltens des Subventionsempfängers liegenden Primärzweck handelt, bedarf es vorliegend keiner Entscheidung, ob nur solche Endzwecke von § 264 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 StGB erfasst werden (so LK/Tiedemann aaO, § 264 Rn. 64; S/S-Perron, StGB, 29. Aufl., § 264 Rn. 18; NK-StGB-Hellmann aaO, § 264 Rn. 39; Eberle aaO, S. 95 ff.; SSW-StGB/Saliger aaO, § 264 Rn. 13; vgl. auch BGH, Urteil vom 5. September 1989 - 1 StR 291/89, NStZ 1990, 35, 36) oder ob jeder mit der Leistung angestrebte Zweck ausreicht, auch wenn er lediglich eine Bedingung für das gewünschte Ziel darstellt (so MüKoStGB/Wohlers/Mühlbauer, 2. Aufl., § 264 Rn. 45; SK-StGB/Hoyer, 67. Lfg., § 264 Rn. 34 ff.).

Schließlich handelte es sich bei den die Leistungen empfangenden Gesellschaften auch um Betriebe im Sinne des § 264 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 StGB; denn sie bildeten nicht nur vorübergehend organisatorisch zusammengefasste Einheiten unter einheitlicher Leitung zu dem arbeitstechnischen Zweck, bestimmte Leistungen hervorzubringen oder zur Verfügung zu stellen (vgl. S/S-Perron aaO, § 14 Rn. 28 f.). Damit ist § 264 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 StGB Genüge getan. Dessen Anwendbarkeit steht nicht entgegen, dass die verfahrensgegenständlichen Fördermittel dem Grunde nach auch Privaten offenstanden (so auch Eberle aaO, S. 69; SK-StGB/Hoyer aaO, § 264 Rn. 32). Soweit demgegenüber unter Bezugnahme auf den gesetzgeberischen Willen vertreten wird, dass nur solche Leistungen erfasst würden, die ausschließlich Betrieben und Unternehmen zugutekommen können (so Sannwald, Rechtsgut und Subventionsbegriff (§ 264 StGB), 1982, S. 124 f.; G/J/W-Straßer, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, § 264 Rn. 29; Carlsen, AgrarR 1978, 267, 268; LK/Tiedemann aaO, § 264 Rn. 54; S/S-Perron aaO, § 264 Rn. 21), kann dem nicht gefolgt werden. Mit der Einschränkung des Empfängerkreises wollte der Gesetzgeber lediglich eine zusätzliche Schranke errichten, um Sozialleistungen für unterstützungsbedürftige Einzelpersonen aus dem Anwendungsbereich der Norm auszuschließen (BT-Drucks. aaO, S. 12). Die Notwendigkeit hierzu ergab sich aber schon daraus, dass auch Sozialleistungen zugleich wirtschaftsfördernde Zwecke erfüllen können (zum Beispiel des Kurzarbeitergeldes s. Eberle aaO, S. 105 f.; LK/Tiedemann aaO, § 264 Rn. 67). Dass diese Überlegung die vorliegende Konstellation nicht erfasst und die Investitionszulagen auch gegenüber einer Privatperson keine Sozialleistung zu deren Gunsten darstellen, führt deshalb dazu, auch die auf entsprechender Grundlage an Betriebe geleisteten Mittel nicht aus dem Subventionsbegriff des § 264 Abs. 7 Nr. 1 StGB auszunehmen.

2. Bei den Angaben zu den Baukosten handelte es sich auch um subventionserhebliche Tatsachen im Sinne des § 264 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 8 StGB. Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob der in den jeweiligen Antragsformularen enthaltene Hinweis, wonach alle Angaben in bestimmten Anlagen subventionserheblich seien, zu pauschal war, um den Anforderungen des § 264 Abs. 8 Nr. 1 Alt. 2 StGB zu genügen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 11. November 1998 - 3 StR 101/998, BGHSt 44, 233, 238). Denn jedenfalls die Voraussetzungen des § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB sind erfüllt. Dessen Anwendbarkeit steht zunächst nicht entgegen, dass vorliegend eine ausdrückliche Bezeichnung von Tatsachen als subventionserheblich gemäß § 264 Abs. 8 Nr. 1 StGB möglich und gewollt, aber möglicherweise unzureichend vorgenommen worden war (vgl. OLG München, Beschluss vom 1. Juli 1981 - 2 Ws 668/81, NJW 1982, 457, 458). Die Bewilligung der hier in Rede stehenden Subventionen hing auch von einem Gesetz ab. Zwar fehlt es hieran regelmäßig, soweit die Vorschriften der Verwaltung einen Ermessensspielraum einräumen (BGH, Urteil vom 11. November 1998 - 3 StR 101/98, aaO, 241). Das war bezüglich der hier maßgeblichen subventionserheblichen Tatsachen indes nicht der Fall. Dies folgt zum einen unmittelbar aus § 3 InvZulG 1999, der die Voraussetzungen aufzählt, bei deren Vorliegen die Zulage zwingend zu gewähren ist und deren Bemessung gesetzlich festlegt (§ 3 Abs. 4 InvZulG). Aber auch in den Fällen 1 und 2 stand lediglich die Entscheidung über die Bewilligung im Ermessen der zuständigen Behörde, nicht jedoch die Entscheidung über deren Höhe, die sich prozentual an den tatsächlichen Baukosten zu orientieren hatte. Die dies regelnden Bestimmungen der maßgeblichen Richtlinie sind zwar weder Gesetz im formellen noch im materiellen Sinne (hierzu S/S-Lenckner/Perron aaO, § 264 Rn. 33, 36). Das Verbot der Subventionierung über den tatsächlichen Bedarf hinaus folgt jedoch zwingend bereits aus § 4 SubvG, der gemäß § 1 SubvG-LSA Anwendung findet. Auf diese Bestimmungen wurde unter Ziffer 7.8 des Antragsformulars im Übrigen ausdrücklich hingewiesen.

Die Voraussetzungen des § 4 SubvG sind rechtsfehlerfrei festgestellt. Dabei kann der Senat offenlassen, ob in der Zwischenschaltung mehrerer Gesellschaften mit der Strafkammer ein Missbrauch der Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 1 SubvG gesehen werden kann, der grundsätzlich die Gewährung von Subventionen insgesamt ausschließt. Es besteht keine Verpflichtung des Bauherrn, die Arbeiten an die unmittelbar Ausführenden selbst zu vergeben. Dieses Vorgehen widerspricht für sich betrachtet weder dem Subventionszweck noch werden hierdurch die förmlichen Voraussetzungen für eine Subventionsgewährung künstlich geschaffen, § 4 Abs. 2 Satz 2 und 3 SubvG. Die Feststellungen tragen aber jedenfalls die Annahme eines Scheingeschäfts im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 SubvG, § 117 Abs. 1 BGB. Ein solches ist anzunehmen, wenn die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, dagegen die mit dem Geschäft verbundenen Rechtswirkungen nicht eintreten lassen wollen, den Parteien also der Geschäftswille fehlt (BGH, Urteil vom 25. Oktober 1961 - V ZR 103/60, BGHZ 36, 84, 87 f.; BFH, Urteil vom 21. Oktober 1988 - III R 194/84, BStBl II 1989, 216). So liegt der Fall hier. Die zwischengeschalteten Unternehmen sollten nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien keine Leistungen erbringen. Dass tatsächlich Schriftverkehr unter den Briefköpfen dieser Unternehmen geführt wurde, hat das Landgericht rechtsfehlerfrei nicht als Erfüllung einer geschuldeten Generalübernehmertätigkeit, sondern als Teil des nach außen aufgebauten Täuschungsszenarios gewürdigt.

3. Die das Scheingeschäft ausmachenden Angaben stellen sich dementsprechend nach § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB als unrichtig im Sinne von nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmend dar (vgl. LK/Tiedemann aaO, § 264 Rn. 96). Maßgeblich war vielmehr der verdeckte Sachverhalt, § 4 Abs. 1 Satz 2 SubvG. Der Angeklagte handelte auch jeweils täterschaftlich. Insoweit gilt:

§ 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB ist kein Sonderdelikt. Täter kann mithin nicht nur der Subventionsnehmer bzw. dessen gesetzlicher Vertreter (§ 14 Abs. 1 StGB), sondern jedermann sein (BGH, Urteil vom 28. April 1981 - 5 StR 692/80, NJW 1981, 1744, 1745). Dabei gelten für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme bei Personen, die im Lager des Subventionsempfängers stehen, die allgemeinen Regeln (vgl. BGH, Urteil vom 28. Mai 1986 - 3 StR 103/86, NStZ 1986, 463 zum wortgleichen § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO; MüKoStGB/Wohlers/Mühlbauer aaO, § 264 Rn. 49). Es kommt mithin nicht darauf an, ob der Angeklagte auch gegenüber D. R. als faktischer (Mit)Geschäftsführer der Komplementärin der WuG KG anzusehen war. Denn jedenfalls war er hinsichtlich der Antragstellung entscheidungskompetent (hierzu Eberle aaO, S. 136), so dass das Landgericht in Fall 2 zu Recht das vorsätzliche Handeln der D. R. - Unterzeichnung des Bewilligungsantrags der WuG KG - dem Angeklagten gemäß § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet hat.

Dagegen ist die - aus der Liste der angewandten Vorschriften zu erschließende - Annahme von Mittäterschaft in Fall 3 nicht belegt, da die Strafkammer keine Feststellungen zum Vorstellungsbild der Ehefrau des Angeklagten getroffen hat. Im Falle deren Gutgläubigkeit wäre allerdings mittelbare Täterschaft gemäß § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB zu bejahen, deren Annahme auch bei § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB nichts im Wege stünde (BGH, Urteil vom 28. April 1981 - 5 StR 692/80, NJW 1981, 1744, 1745). Da die verschiedenen Täterschaftsformen auf einer im Wesentlichen gleichen Bewertungsebene liegen, ist eine wahlweise Feststellung, die den Schuldspruch unberührt lässt, zulässig (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1969 - 1 StR 339/69, BGHSt 23, 203, 208). Soweit ein Hinweis gemäß § 265 StPO für erforderlich gehalten wird (vgl. BGH, Urteil vom 8. Oktober 1957 - 1 StR 318/57, BGHSt 11, 18, 19), vermag der Senat auszuschließen, dass sich der Angeklagte, der unabhängig vom Vorstellungsbild seiner Ehefrau nach den Feststellungen als faktischer Geschäftsführer die treibende Kraft war, anders als geschehen hätte verteidigen können.

4. Als rechtsfehlerhaft erweist sich allerdings die Annahme des Landgerichts, die Fälle 1 und 2 stünden zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit (§ 53 StGB). Davon ist zwar grundsätzlich bei der Begehung mehrerer Subventionsbetrugstaten durch aktives Tun auszugehen. Nach der zum Steuerstrafrecht gefestigten Rechtsprechung (vgl. BGH, Beschluss vom 21. März 1985 - 1 StR 583/84, BGHSt 33, 163; zustimmend G/J/W-Rolletschke aaO, § 370 AO Rn. 554), die angesichts der Vergleichbarkeit der Vorgänge auf den Subventionsbetrug zu übertragen ist, liegt jedoch Tateinheit (§ 52 StGB) im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit dann vor, wenn die Abgabe verschiedener Anträge in einem äußeren Vorgang zusammenfällt und in den jeweiligen Erklärungen übereinstimmende unrichtige Angaben enthalten sind. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, da sich die am selben Tag beim Bauordnungsamt der Stadt H. eingegangenen Bewilligungsanträge der WuG KG und der E. /D. GbR hinsichtlich der maßgeblichen Angaben zu den erwarteten Baukosten vollumfänglich deckten.

V. Die Änderung des Konkurrenzverhältnisses bedingt den Wegfall der Einzelstrafen in den Fällen 1 und 2 (1 Jahr 8 Monate und 1 Jahr 4 Monate) und die Aufhebung der Gesamtstrafe. Darüber hinaus hat das Landgericht - was auch zur Aufhebung der in Fall 3 festgesetzten Einzelstrafe (8 Monate) führt - den bestimmenden Strafzumessungsgesichtspunkt nicht erörtert, ob der Angeklagte etwaige berufsrechtliche Folgen gemäß § 57 Abs. 2 Satz 2, § 89 Abs. 2 und 3, § 90 Abs. 1 Nr. 4 und 5 StBerG unter dem Aspekt des möglichen Verlustes seiner wirtschaftlichen und beruflichen Basis zu gewärtigen hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 2. Februar 2010 - 4 StR 514/09, wistra 2010, 301, 302; vom 11. April 2013 - 2 StR 506/12, NStZ 2013, 522, jeweils zu § 114 BRAO).

Angesichts der reinen Wertungsfehler bedarf es einer Aufhebung der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum Rechtsfolgenausspruch nicht. Ergänzende Feststellungen, die nicht in Widerspruch zu den bisher getroffenen treten, sind möglich.

Becker Pfister Hubert Mayer Spaniol






BGH:
Beschluss v. 28.05.2014
Az: 3 StR 206/13


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