Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Februar 2011
Aktenzeichen: 20 W (pat) 329/06

(BPatG: Beschluss v. 28.02.2011, Az.: 20 W (pat) 329/06)

Tenor

Das Patent 10 2004 023 989 wird auf der Grundlage folgender Unterlagen beschränkt aufrecht erhalten:

Patentansprüche:

Patentansprüche 1 bis 9 gemäß der im Termin vom 28.02.2011 übergebenen Unterlagen Beschreibung: gem. Patentschrift mit geänderten Absätzen [0008] und [0009] gemäß der im Termin vom 28.02.2011 übergebenen Unterlagen Zeichnungen: Figuren 1 bis 4b gem. Patentschrift (vgl. S. 9/13 bis 13/13)

Gründe

I.

Auf die am 14. Mai 2004 eingereichte Patentanmeldung wurde durch Beschluss des Deutschen Patentund Markenamts -Prüfungsstelle für Klasse G01K -das Patent 10 2004 023 989 mit der Bezeichnung "Elektronischer Heizkostenverteiler" erteilt. Die Patenterteilung wurde am 2. Februar 2006 im Patentblatt veröffentlicht. Das erteilte Patent umfasst insgesamt 11 Patentansprüche.

Bezüglich des Wortlauts der erteilten Patentansprüche wird auf die Patentschrift verwiesen.

Gegen dieses Patent hat die Rechtsvorgängerin der Einsprechenden, die auf die jetzige Verfahrensbeteiligte verschmolzen wurde, mit am 2. Mai 2006 beim Deutschen Patentund Markenamt eingegangenen Schriftsatz Einspruch erhoben. Sie macht die Widerrufsgründe der mangelnden Patentfähigkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG) und der mangelnden Ausführbarkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG) geltend.

Die Einsprechende stützt ihren Einspruch auf folgende Druckschriften DE 101 46 207 C1 (im folgenden D1 genannt), DE 199 38 812 A1 (im folgenden D2 genannt), DE 203 19 708 U1 (im folgenden D3 genannt), HUBER, Rainer: Thermal Management of Golden Dragon LED. Application Note der Firma OSRAM, 7. August 2002 (im folgenden D4 genannt), Thermal Considerations of QFN and Other Exposed-Paddle Packages; Application Note HFAN-08.1, Rev. 0 der Firma MAXIM Integrated Products, November 2001 (im folgenden D5 genannt), Thermal Clad¨ Selection Guide; Firmenprospekt der Berquist Company; Januar 2002 (im folgenden D6 genannt), Digital Temperature Sensor with SPIª Interface; Application Note TC72 der Firma Microchip Technology Inc., 2002 (im folgenden D7 genannt).

Die Druckschriften D1 und D2 waren bereits im Prüfungsverfahren vor dem Deutschen Patentund Markenamt in Betracht gezogen worden.

In der mündlichen Verhandlung führte die Einsprechende noch die Druckschrift DE 295 15 173 U1 (im folgenden D8 genannt), ein.

Die Einsprechende beantragt, das Patent 10 2004 023 989 zu widerrufen.

Die Patentinhaberin ist dem Einspruch entgegengetreten und hat in der mündlichen Verhandlung neue Patentansprüche 1 bis 9, samt zwei neugefasster Absätze der Beschreibung überreicht.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet:

"Elektronischer Heizkostenverteiler (1) mit einer in einem Gehäuse

(2) angeordneten Leiterplatte (4), auf der an gegenüber liegenden Leiterplattenenden (19, 20) ein Raumlufttemperatursensor (5) und ein Heizkörpertemperatursensor (6) vorgesehen sind, dadurch gekennzeichnet, dass beiden Temperatursensoren (5, 6) jeweils ein wärmeleitfähiges und elastisch verformbares Element (10, 11) zugeordnet ist; und beide Temperatursensoren (5, 6) mit dem jeweiligen wärmeleitfähigen und elastisch verformbaren Element (10, 11) über je ein elektrisch und thermisch leitfähiges Element (21, 22) thermisch leitend verbunden sind, wobei die Temperatursensoren (5, 6) auf derselben Bestückungsseite (17) der Leiterplatte (4) angeordnet sind und dem einen (6) des Heizkörpertemperatursensors (6) und des Raumlufttemperatursensors (5) ein erstes, auf der Bestückungsseite (17) angeordnetes, wärmeleitfähiges und elastisch verformbares Element (11) zugeordnet ist, das mit diesem Temperatursensor (6) über eine auf der Leiterplatte (4) verlaufende Leiterbahn (22) verbunden ist, und dem anderen (5) des Heizkörpertemperatursensors (6) und des Raumlufttemperatursensors (5) ein zweites, auf der der Bestückungsseite (17) gegenüber liegenden Leiterplattenseite (18) angeordnetes, wärmeleitfähiges und elastisch verformbares Element (10) zugeordnet ist, das mit diesem anderen Temperatursensor (5) über eine Durchkontaktierung (21) von der Bestückungsseite (17) zur dieser gegenüber liegenden Plattenseite (18) der Leiterplatte (4) verbunden ist."

Wegen des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 9 wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Die Patentinhaberin beantragt wie entschieden.

Die Einsprechende vertritt die Auffassung, auch der Gegenstand des zuletzt verteidigten Patentanspruchs 1 beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, da er dem Fachmann durch den Gegenstand der Druckschrift D1 bzw. den Gegenstand der Druckschrift D2 jeweils nahegelegt sei.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Einsprechenden und der Patentinhaberin wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

1.

Der Einspruch ist zulässig. Er wurde formund fristgerecht erhoben. Die Einsprechende gab auch die Tatsachen, die ihren Einspruch rechtfertigen sollen, im Einzelnen an. Der Einspruch hat teilweise Erfolg und führt zu einer beschränkten Aufrechterhaltung des Patents.

2.

Das Patent betrifft einen elektronischen Heizkostenverteiler mit einer in einem Gehäuse angeordneten Leiterplatte auf der an gegenüber liegenden Leiterplattenenden ein Raumlufttemperatursensor und ein Heizkörpertemperatursensor vorgesehen sind (vgl. Absatz [0001] sowie Patentanspruch 1 der Patentschrift).

Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, einen elektronischen Heizkostenverteiler anzugeben, mit dem eine zuverlässige Messung sowohl der Heizkörperals auch Raumlufttemperatur ohne mechanische Belastung der Temperatursensoren ermöglicht wird. Auch sollen für einen schnellen und effizienten Herstellungsprozess einerseits und zur Verringerung der Größe der Fläche der für den Heizkostenverteiler verwendeten Leiterplatte andererseits SMD (Surface Mounted Device)-Bauelemente und andere automatenbestückbare Komponenten verwendet werden können, die automatisch auf der Leiterplatte platziert, fixiert und mit auf der Leiterplatte verlaufenden Leiterbahnen elektrisch leitend verbunden werden können (vgl. Absatz [0007] der Patentschrift).

Der geltende Patentanspruch 1 lässt sich folgendermaßen gliedern:

M1 Elektronischer Heizkostenverteiler (1) mit M2 einer in einem Gehäuse (2) angeordneten Leiterplatte (4), M3 auf der an gegenüber liegenden Leiterplattenenden (19, 20) ein Raumlufttemperatursensor (5) und ein Heizkörpertemperatursensor (6)

vorgesehen sind, dadurch gekennzeichnet, dass M4 beiden Temperatursensoren (5, 6) jeweils ein wärmeleitfähiges undelastisch verformbares Element (10, 11) zugeordnet ist; und M5 beide Temperatursensoren (5, 6) mit dem jeweiligen wärmeleitfähigen und elastisch verformbaren Element (10, 11) über je ein elektrisch und thermisch leitfähiges Element (21, 22) thermisch leitend verbunden sind, wobei 3. Die geltenden Patentansprüche sind -von der Einsprechenden unbestritten -zulässig.

M6 die Temperatursensoren (5, 6) auf derselben Bestückungsseite (17) der Leiterplatte (4) angeordnet sind und M7 dem einen (6) des Heizkörpertemperatursensors (6) und des Raumlufttemperatursensors (5) ein erstes, auf der Bestückungsseite (17)

angeordnetes, wärmeleitfähiges und elastisch verformbares Element (11)

zugeordnet ist, M8 das mit diesem Temperatursensor (6) über eine auf der Leiterplatte (4)

verlaufende Leiterbahn (22) verbunden ist, und M9 dem anderen (5) des Heizkörpertemperatursensors (6) und des Raumlufttemperatursensors (5) ein zweites, auf der der Bestückungsseite (17)

gegenüber liegenden Leiterplattenseite (18) angeordnetes, wärmeleitfähiges und elastisch verformbares Element (10) zugeordnet ist, M10 das mit diesem anderen Temperatursensor (5) über eine Durchkontaktierung (21) von der Bestückungsseite (17) zur dieser gegenüberliegenden Plattenseite (18) der Leiterplatte (4) verbunden ist.

3.1 Die Merkmale des unabhängigen Patentanspruchs 1 sind sowohl den ursprünglich eingereichten Unterlagen als auch der Patentschrift als zur Erfindung gehörend entnehmbar (vgl. in den ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen die Patentansprüche 1 bis 3 sowie in der Beschreibung Seite 9, Zeile 8 bis Seite 10, Zeile 14 [dort auf Seite 9, Zeile 11 offensichtlich fehlerhaftes Bezugszeichen 14 statt 11] i. V. m. Seite 6, Zeilen 8 bis 14 bzw. in der Patentschrift die Patentansprüche 1 bis 3 sowie in der Beschreibung die Absätze [0019], [0034] bis [0036]).

Die Merkmale der abhängigen Patentansprüche 2 bis 9 sind ebenfalls den ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen sowie der Patentschrift, dort jeweilsden abhängigen Patentansprüchen 4 bis 11, als zur Erfindung gehörend entnehmbar.

3.2 Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 wird zur Überzeugung des Senats durch die Merkmale des geltenden Patentanspruch 1 in zulässiger Weise beschränkt.

4.

Übereinstimmend mit der Einsprechenden sieht der Senat als zuständigen Fachmann einen Ingenieur der Elektrotechnik mit Fachhochschulausbildung, der schwerpunktmäßig mit der Konstruktion und Entwicklung von elektronischen Heizkostenverteilern befasst ist. Diesem sind u. a. Kenntnisse bezüglich des Aufbaus und der Funktionsweise der zum Anmeldezeitpunkt vertriebenen und im Markt eingesetzten elektronischen Heizkostenverteiler zuzurechnen.

5.

Für einen solchen Fachmann ist der Gegenstand der Erfindung so deutlich und vollständig offenbart, dass er die Erfindung praktisch verwirklichen kann.

In ihrem Einspruchsschriftsatz führte die Einsprechende einen Angriff bezüglich mangelnder Ausführbarkeit des Gegenstandes des Streitpatents, welcher auf drei Argumentationslinien gründete:

a) Der erteilte Patentanspruch 1 enthalte keine Angaben, wo genau das wärmeleitfähige und elastisch verformbare Element vorzusehen sei und ob dieses Element während des Betriebes mit zumindest einem anderen Gegenstand (z. B. der Gehäusewand) in Kontakt stünde.

b) Der erteilte Patentanspruch 1 enthalte keine deutliche Offenbarung zur Lösung der erfindungsgemäßen Aufgabe, nämlich der Vermeidung einer mechanischen Belastung des Temperatursensors.

c) Es ließe sich dem Merkmal des erteilten Patentanspruchs 1, wonach das den Temperatursensor mit dem wärmeleitfähigen und elastisch verformbaren Element verbindende thermisch leitende Element auch elektrisch leitend ist, ohne die Merkmale der abhängigen Ansprüche (insb. Anspruch 2) keine technische Wirkung entnehmen; somit lägen auch "unsinnige" Ausführungsformen im Bereich der Lehre des Patentanspruchs 1.

Alle drei Argumentationslinien sind nicht geeignet, eine mangelnde Ausführbarkeit des erteilten wie des nunmehr beschränkten Patentgegenstandes zu begründen:

ad a): Angaben darüber, wo genau wärmeleitfähige und elastisch verformbare Elemente vorzusehen sind und ob diese Elemente während des Betriebes mit zumindest einem anderen Gegenstand (z. B. der Gehäusewand) in Kontakt stehen, findet der Fachmann in Figur 2 der Patentschrift sowie der zugehörigen Beschreibung (Absätze [0033] ff.). Da es für die Frage der Ausführbarkeit nur darauf ankommt, ob der Fachmann anhand der Angaben in dem Patent (nicht etwa alleine der Angaben in den Ansprüchen) in der Lage ist, die offenbarte technische Lehre auszuführen, genügt dies.

ad b): Dezidierte Angaben zur Lösung der erfindungsgemäßen Aufgabe, nämlich der Vermeidung einer mechanischen Belastung des Temperatursensors, findet der Fachmann in der Patentschrift (z. B. Absatz [0033]). Auch hier genügt die Angabe in der Beschreibung der Patentschrift.

ad c): Die Ausführbarkeit des Patentgegenstandes ist nicht schon deshalb in Frage zu stellen, weil neben ausführbaren Varianten möglicherweise auch nicht ausführbare Varianten durch die Formulierung der Anspruchsfassung mit erfasst sein können. Denn der von der Erfindung angesprochene Fachmann, der über Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen auf dem hier betroffenen Gebiet verfügt, wird, sofern erforderlich, sich den Gegenstand des Anspruchs im Rahmen seiner methodischen Herangehensweise an den Anspruchswortlaut erschließen (BGH, Beschluss vom 17. April 2007 -X ZB 9/06, BGHZ 172, 108 -Informationsübermittlungsverfahren I, Rdn. 14). Hierbei erfordert eine ausführbare Offenbarung nicht notwendig die (vollständige) Offenbarung einer Ausführungsform. Vielmehr reicht es aus, wenn der Fachmann ohne eigenes erfinderisches Bemühen Unvollständigkeiten ergänzen und sich notfalls mit Hilfe orientierender Versuche Klarheit verschaffen kann (BGH, Urteil vom 13. Juli 2010 -Xa ZR 126/07 -GRUR 2010, 916 -Klammernahtgerät).

Sofern sich bei der Ermittlung des Inhalts der Anspruchsfassung im Rückgriff auf die Ausführungsbeispiele neben nicht ausführbaren auch ausführbare Varianten ableiten lassen, ist der Mangel der nicht ausführbaren Offenbarung schon deshalb nicht gegeben, weil der kundige Fachmann nicht ausführbare bzw. nicht sinnvolle Varianten für eine technische Realisierung von vornherein nicht ins Auge fasst. Für die Ausführbarkeit der Lehre genügt es zudem, dass sie für bestimmte Anwendungsfälle geeignet ist (BGH, Urteil vom 20. Oktober 1993 -X ZR 28/92, GRUR 1994, 189 -Müllfahrzeug).

6. In Übereinstimmung mit der Einsprechenden sieht der Senat den nächstkommenden Stand der Technik in den Druckschriften D1 bzw. D2.

Die Druckschrift D1 (DE 101 46 207 C1) betrifft einen elektronischen Heizkostenverteiler nach dem 2-Fühler-Prinzip, also mit einem Heizkörpertemperatursensor und einem Raumlufttemperatursensor, wobei der Raumlufttemperatursensor als SMD-Bauelement auf der Leiterplatte des Heizkostenverteilers angeordnet ist (vgl. Spalte 1, Zeilen 11 -15).

Ausgehend von der Aufgabe, eine Vorrichtung zum Messen der abgegebenen Wärmemenge eines Heizkörpers zu schaffen, mit der die Temperatur der Raumluft exakt gemessen werden kann (vgl. Absatz [0007]), sieht die D1 die Grundidee ihrer Lösung darin, den auf der Leiterplatte angeordneten Raumluft-Temperatursensor mittels eines wärmeleitfähigen Materials an die Gehäuseaußenwand zu adaptieren, um somit eine möglichst exakte Messung der Raumtemperatur zu erreichen (vgl. Absatz [0009])

Die D1 zeigt im Einzelnen einen M1 elektronischen Heizkostenverteiler (vgl. Spalte 1, Zeilen 11 -12) mit M2 einer in einem Gehäuse angeordneten Leiterplatte (vgl. Absatz [0015]), M3tlw. auf der ein Raumlufttemperatursensor vorgesehen ist (vgl. Spalte 2, Zeilen 48 -51) wobei M4tlw. dem Raumlufttemperatursensor ein wärmeleitfähiges und elastisch verformbares Element zugeordnet ist (vgl. Spalte 2, Zeilen 11 -16, Spalte 2, Zeilen 51 -64 sowie Spalte 3, Zeilen 1 -4 und Patentanspruch 1), womitauch M7 dem einen des Heizkörpertemperatursensors und des Raumlufttemperatursensors ein erstes, auf einer Bestückungsseite angeordnetes, wärmeleitfähiges und elastisch verformbares Element zugeordnet ist (vgl. Spalte 2, Zeilen 11 -16 und 48 -51).

Der Fachmann entnimmt der D1 aufgrund des Hinweises auf die Anwendung des 2-Fühler-Prinzips (vgl. Spalte 1, Zeilen 13 -14) unmittelbar und eindeutig auch die Existenz eines Heizkörpertemperatursensors (M3tlw.). Wo dieser angeordnet ist, ist der D1 nicht zu entnehmen.

Die Druckschrift D2 (DE 199 38 812 A1) betrifft ebenfalls einen elektronischen Heizkostenverteiler (vgl. Titel).

Die D2 geht aus von der Aufgabe, einen elektronischen Heizkostenverteiler vorzuschlagen, bei dem die Montage der Temperatursensoren einfach ist, wobei gleichzeitig gewährleistet bleibt, dass die Temperatursensoren für ihre Funktion möglichst vorteilhaft positioniert sind (vgl. Spalte 1, Zeilen 20 -24).

Zumindest ein erster Temperatursensor, welcher der Ermittlung der Heizkörpertemperatur dient, ist auf einer Leiterplatte angeordnet, welche eine Auswerteelektronik trägt, mit der der erste Temperatursensor elektrisch verbunden ist. Das Ende der Leiterplatte, welches diesen Temperatursensor trägt, wird mittels eines Federelementes gegen die wärmeleitende Rückseite des Gehäuses des Heizkostenverteilers angedrückt, so dass der Temperatursensor mit der Gehäuserückseite in wärmeleitendem Kontakt steht (vgl. Spalte 1, Zeilen 29 -38).

Weiter sieht die D2 vor, einen zweiten Temperatursensor, welcher der Ermittlung der Raumtemperatur dient, auf der Leiterplatte anzuordnen, jedoch an dem dem ersten Temperatursensor gegenüberliegenden Ende derselben, damit die beiden Temperatursensoren thermisch voneinander getrennt sind (vgl. Spalte 1, Zeilen 39 -44). Der erste Temperatursensor ist auf der der Gehäuserückseite zugewandten Seite der Leiterplatte befestigt (vgl. Spalte 2, Zeilen 57 -61), der zweite Temperatursensor ist hingegen auf der dem Gehäusevorderteil zugewandten Seite der Leiterplatte befestigt (vgl. Spalte 2, Zeile 67 -Spalte 3, Zeile 2 i. V. m. Figur 1).

Im Einzelnen zeigt die D2 einen M1 elektronischen Heizkostenverteiler (vgl. Spalte 2, Zeile 39) mit M2 einer in einem Gehäuse angeordneten Leiterplatte (vgl. Spalte 2, Zeilen 43

-46), M3 auf der an gegenüber liegenden Leiterplattenenden ein Raumlufttemperatursensor und ein Heizkörpertemperatursensor vorgesehen sind (vgl.

Spalte 2, Zeilen 46 -49 i. V. m. Spalte 2, Zeilen 57 -61 und Spalte 2, Zeile 67 -Spalte 3, Zeile 2).

Mit der D2 erhält der Fachmann den Hinweis, ein Vorteil der Lehre der D2 liege darin, dass die Temperatursensoren direkt auf der Leiterplatte, die auch die Auswertelektronik trägt, befestigt werden und trotzdem in unterschiedlichen Temperaturbereichen liegen, ohne dass zusätzliche Maßnahmen für die Wärmeleitung notwendig wären (vgl. Spalte 2, Zeilen 16 -21).

Die Druckschrift D7 beschreibt einen Temperatursensor (Temperaturwandler) mit digitalem Ausgang (vgl. Seite 1, Abschnitt "Features"). Dieser ist geeignet für einen Einsatz zur kontinuierlichen Temperaturmessung (vgl. Seite 1, Abschnitt "General Description", zweiter Absatz).

In seiner Ausführungsform mit einem sog. DFN-Gehäuse zur SMD-Montage verfügt der Temperatursensor "bodenseitig" über ein "exposed metal center pad", das mit dem Substrat, auf dem sich die Diode zur Temperaturmessung befindet, thermisch verbunden ist (vgl. Seite 13, Abschnitt 5.0 i. V. m. Blockdiagramm auf Seite 1 rechts unten und Seite 17). Diesem "exposed metal center pad" kann die zu messende Temperatur mittels sogenannten "thermal vias", also metallischen Durchkontaktierungen zum Wärmetransport, vermittelt werden (vgl. Seite 18, Zeichnung rechts oben).

Der weitere Stand der Technik hat -im Zusammenhang mit der geltenden Anspruchsfassung -in der mündlichen Verhandlung nur insoweit eine Rolle gespielt, als die Einsprechende in der mündlichen Verhandlung die Druckschrift D8 vorgelegt und darauf hingewiesen hat, die D8 belege, dass dem Fachmann zum Anmeldezeitpunkt in einschlägigem Zusammenhang die Wärmeleitfähigkeit von Leiterbahnen bekannt gewesen sei (vgl. D8, Seite 6, zweiter Absatz).

Die übrigen Druckschriften bringen hinsichtlich der Beurteilung der Patentfähigkeit keine weiteren Gesichtspunkte.

7.

Der zweifelsfrei gewerblich anwendbare Gegenstand des Patentanspruches 1 gilt als neu, da keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen zum Stand der Technik ergibt, alle seine Merkmale zeigt.

8.

Der Gegenstand des Patentanspruches 1 ergab sich am Anmeldetag für den Fachmann nicht in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik.

Dem Vortrag der Einsprechenden kann insoweit gefolgt werden, als die Druckschrift D1 den Fachmann anregt, auch den (dort nicht näher beschriebenen) Heizkörpertemperatursensor, wie den Raumlufttemperatursensor, als SMD-Bauteil auszuführen und so einen schnellen und effizienten Herstellungsprozess einerseits und eine Verringerung der Größe der Leiterplatte zu erreichen.

Auch ist der Einsprechenden zuzustimmen, dass der Fachmann -ausgehend von der D1 -angestrebt hätte, beide Temperatursensoren auf einer Seite der Leiterplatte anzuordnen, um eine einfache Bestückung und einen komplikationsarmen Lötvorgang sicherzustellen (Merkmal M6). Der Fachmann mag auch durch den Stand der Technik in Form der Druckschrift D7 angeregt gewesen sein, eine Durchkontaktierung zur Vermittlung der zu messenden Temperatur an den einen, dann zwanghaft auf der gegenüber "seinem" Temperaturmesspunkt abgewandten Leiterplattenseite angeordneten, Temperatursensor vorzusehen (Merkmal M10). Weiter mag es dem Fachmann nahegelegen haben, zur Anbindung dieser Durchkontaktierung an den Wärmemesspunkt ein wärmeleitfähiges und elastisch verformbares Element anzuordnen (Merkmale M9 und M4).

Soweit die Einsprechende jedoch ausführt, es hätte sich dem Fachmann ohne weiteres die zusätzliche Teilaufgabe gestellt, die Temperatursensoren vor mechanischem Druck zu schützen, er hätte daher den in der Druckschrift D1 gezeigten Raumlufttemperatursensor räumlich von dem ihn umhüllenden wärmeleitfähigen und elastisch verformbaren Element getrennt und als wärmeleitende Verbindung eine auf der Leiterplatte verlaufende Leiterbahn vorgesehen, kann sie hiermit nicht durchdringen. Denn die von der Einsprechenden als Anregung für den Fachmann postulierte Aufgabe ist in der D1 in keiner Weise angelegt, zu einer mechanischen Belastung des Temperatursensors verhält sich die D1 nicht.

Zudem verkennt eine solche Zerlegung in Teilaufgaben, dass ein nach Maßgabe von Teilaufgaben in einzelne Merkmalsgruppen aufgesplitterter Gegenstand der Erfindung nicht in der Weise der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit zugrunde gelegt werden kann, als dass einzelne Merkmale oder Merkmalsgruppen daraufhin untersucht werden, ob sie dem Fachmann durch den Stand der Technik je für sich nahegelegt waren. Der Prüfung der Rechtsfrage, ob der Gegenstand der Erfindung am Prioritätstag des Streitpatents durch den Stand der Technik nahegelegt war, ist vielmehr der Gegenstand der Erfindung in der Gesamtheit seiner Lösungsmerkmale in ihrem technischen Zusammenhang zugrunde zu legen (BGH, Urteil vom 15. Mai 2007 -X ZR 273/02, GRUR 2007, 1055 -Rdnr. 28 -Papiermaschinengewebe).

Der Senat sieht im vorliegenden Fall keine Veranlassung für den Fachmann von dem in der D1 gelehrten Konzept der Umhüllung des Temperatursensors mit einem wärmeleitfähigen und elastisch verformbaren Element abzugehen (Merkmale M5 und M8).

Auch der weitere im Verfahren befindliche Stand der Technik liefert keine Anregung für ein solches Vorgehen. Dies gilt auch für die von der Einsprechenden in diesem Zusammenhang herangezogene Druckschrift D2, die zum einen gar keine Verwendung eines oder mehrerer wärmeleitfähiger und elastisch verformbarer Elemente zeigt und weiter den Fachmann sogar vom Einsatz solcher Elemente abhält, indem sie auf einen Vorteil hinweist, der darin liege, dass keine zusätzlichen Maßnahmen für die Wärmeleitung notwendig wären (vgl. Spalte 2, Zeilen 16 -21).

Es bedurfte somit erfinderischer Überlegungen, um zum Gegenstand des Patentanspruches 1 zu gelangen.

9.

Die auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 9 sind ebenfalls patentfähig. Sie betreffen über das Selbstverständliche hinausgehende Ausgestaltungen des Gegenstandes des Patentanspruches 1.

10.

Nachdem die Erfindungsbeschreibung an den beschränkt verteidigten Gegenstand angepasst wurde, bilden die geltenden Unterlagen eine geeignete Grundlage für die beschlossene beschränkte Aufrechterhaltung des Patents.

Dr. Mayer Dr. Mittenberger-Huber Kleinschmidt Musiol Me






BPatG:
Beschluss v. 28.02.2011
Az: 20 W (pat) 329/06


Link zum Urteil:
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