Finanzgericht Berlin-Brandenburg:
Urteil vom 19. Juli 2005
Aktenzeichen: 5 K 5016/04

(FG Berlin-Brandenburg: Urteil v. 19.07.2005, Az.: 5 K 5016/04)

Tatbestand

Die Kläger sind Miterben zu je ½ nach der am 18. August 1993 verstorbenen xxx. Sie begehren mit diesem Klageverfahren bei der Nachlasswertermittlung den Abzug eines Betrages von 50.274,40 DM als Erbfallkosten und dadurch eine entsprechend niedriger festgesetzte Erbschaftssteuer.

In einem von einer Vermächtnisnehmerin angestrengten erbschaftssteuerlichen Klageverfahren zum Aktenzeichen Az. 5 K 5092/00 waren die Kläger beigeladen. Auch zum Vorverfahren waren sie bereits hinzugezogen. In diesen Verfahren ging es um die Ermittlung des Wertes eines Kaufrechtsvermächtnisses, welches unmittelbaren Einfluss auf die Nachlasswertermittlung hat. Die Kläger ließen sich in diesem Verfahren von ihrem jetzigen Prozessbevollmächtigten vertreten, der zugleich mit Urkunde des Amtsgerichts xxx vom 30. November 199x als Testamentsvollstrecker über den Nachlass der Frau xxx eingesetzt worden war.

In einem ersten Änderungsbescheid für die Kläger vom 01.09.1994 war der Beklagte zunächst aufgrund der Angaben der Kläger von einem Wert des Kaufrechtsvermächtnisses in Höhe von 2.778.000, -DM ausgegangen, korrigierte diesen dann aufgrund der Einwendungen der Vermächtnisnehmerin in dem dortigen Verfahren auf

0,- DM, da der Wert des übernommenen Grundstücks den vereinbarten Kaufpreis nicht übersteige, führte dementsprechend gegenüber den Klägern mit Datum vom 31.01.1996 eine geänderte Erbschaftsteuerfestsetzung durch und erhöhte die Erbschaftssteuer um jeweils 750.324, -DM.

Das gerichtliche Verfahren der Vermächtnisnehmerin wurde am 14. Oktober 2003 durch eine Einigung und anschließende Hauptsachenerledigungserklärungen der Beteiligten beendet.

Vor Änderung der Bescheide teilte der Testamentsvollstrecker mit, dass sich die Testamentsvollstreckerkosten um die zusätzlich entstandenen Prozessgebühren erhöhen würden, da laut Kostenentscheidung des Gerichts die von ihm vertretenen Erben die anwaltlichen Gebühren selbst zu tragen hätten.

Der Beklagte änderte mit Bescheid vom 11. November 2003 die Erbschaftssteuerbescheide für die Kläger und setzte hierin den Wert des Kaufrechtsvermächtnisses entsprechend der gerichtlichen Einigung an. Hinsichtlich der angekündigten weiteren Testamentsvollstreckerkosten wurde mitgeteilt, dass diese nicht als Erbfallkosten abzugsfähig seien.

Hiergegen richtete sich der Einspruch der Kläger vom 24.11.2004, mit welchem sie zugleich eine Ermittlung der Gebühren für die anwaltliche Vertretung im Vorverfahren und im Prozessverfahren - ausgehend von einem Gegenstandswert von 1.500.000, - DM sowie einer entsprechenden Gebührenerhöhung wegen zweier Auftraggeber - vorlegten. Diese Kosten seien als Erbfallkosten berücksichtigungsfähig, da es zu den Aufgaben eines Testamentsvollstreckers im Sinne der §§ 2203,2205 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB- gehöre, Schulden und die Erbschaftsteuer aus dem Nachlass zu bezahlen und insoweit die anwaltliche Testamentsvollstreckung nach § 191 ff Abgabenordnung -AO- auch die Beratung und Vertretung der Erben und ggf. die Beanstandung zu hoch ermittelter Steuer beinhalte.

Der Beklagte folgte dem nicht. Er führt in seiner zurückweisenden Einspruchsentscheidung vom 08. Dezember 2003 im wesentlichen aus, dass die hier geltend gemachten Kosten nicht mehr zu den "Kosten der Regelung des Nachlasses" gehörten. Unter diesem Begriff seien die Kosten zusammengefasst, die aufgewendet werden müssten, um den Erben in den Besitz der ihm aus der Erbschaft zukommenden Güter zu setzen. Kosten, die erst entstünden, wenn der Erwerb bezogen auf den Einzelerwerber feststehe, seien hiervon nicht umfasst. Hierzu gehöre auch die Erbschaftsteuer, da sie voraussetze, dass der Erwerb bezogen auf den einzelnen Erwerber feststehe und vollzogen sei. Die Erbschaftsteuer treffe nicht den Nachlass als solchen, sondern den Erwerber als Person bezogen auf die von ihm erworbene Bereicherung. Kosten, die aus der Erbschaftsteuer erwüchsen, seien danach nicht den abzugsfähigen Erbfallkosten zuzurechnen.

Dies gelte auch, wenn die Rechtsverfolgung durch den Testamentsvollstrecker erfolge. Zwar gehöre es zu den Pflichten des Testamentsvollstreckers, für die ordnungsgemäße Abgabe der Erbschaftsteuererklärung und Entrichtung der Erbschaftsteuer aus dem Nachlass zu sorgen, jedoch sei er weder Steuerschuldner noch Vertreter der Erben und daher ohne ausdrückliche Vollmachterteilung durch die Erben auch nicht rechtsbehelfsbefugt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Verwaltungsverfahren wird auf die Ablichtung der Einspruchsentscheidung ( Bl. 13- 14 der Streitakte) Bezug genommen.

Mit ihrer dagegen gerichteten Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Ergänzend tragen sie vor, dass die entstandenen Gebühren nicht aus der Verwaltung des Nachlasses herrührten, sondern Kosten der Abwicklung, Regelung und Verteilung darstellten. Insoweit seien sie entweder Nachlassverbindlichkeiten im Sinne des § 10 Abs. 5 Ziffer 3 Erbschaftssteuergesetz -ErbStG- oder als Steuerberatungskosten Sonderausgaben im Sinne von § 10 Abs. 1 Ziffer 6 Einkommensteuergesetz -EStG-. Die anwaltliche Vertretung in der Auseinandersetzung um den Wert des Kaufrechtsvermächtnisses sei unvermeidlich gewesen und gesondert zu vergüten. Wegen der weiteren Einzelheiten der Klagebegründung wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen vom 08. Januar 2004 (Bl. 4-14 d.StrA), vom 09. Februar 2004 (Bl. 20 - 21 d. StrA) und vom 15. März 2004 (Bl. 24 d. StrA) Bezug genommen.

Die Kläger beantragen, die Erbschaftsteuer abweichend von den Bescheiden vom 11. November 2003 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidungen vom 08. Dezember 2003 geändert festzusetzen und hierbei die durch die steuerberatende Tätigkeit und Prozessvertretung im erbschaftsteuerlichen Festsetzungs-, im Vorverfahren und im Rechtsstreit 5 K 5092/00 des Testamentsvollstreckers entstandenen Gebühren von 25.704,89 Euro als (weitere) abzugsfähige Nachlassverbindlichkeiten zu berücksichtigen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, und bezieht sich zur Begründung im wesentlichen auf seine Einspruchsentscheidungen. Ergänzend teilt der Beklagte mit, dass er davon ausgehe, dass die erbschaftsteuerrechtlich abzugsfähigen Kosten der Nachlassabwicklung, -regelung und -verteilung bereits durch Ansatz der Testamentsvollstreckerkosten berücksichtigt wurden. Die nachträglich geltend gemachten Gebühren gehörten nicht zu diesen Aufwendungen, da es sich eindeutig um Rechtsverfolgungskosten der Erben handele.

Dem Gericht haben bei der Entscheidung 2 Bände mit Aktenauszügen zum Erbfall xxx und xxx vorgelegen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Steuerfestsetzungen des Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.

Der Beklagte hat zutreffend die Kosten für das Vorverfahren und das finanzgerichtliche Verfahren zum Az. 5 K 5092/00 nicht als Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG als Kosten unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses zum Abzug zugelassen.

Gem. § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG sind von dem Erwerb, soweit sich nicht aus den Absätzen 6 - 9 etwas anderes ergibt, als Nachlassverbindlichkeiten u. a. die Kosten abzugsfähig, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen. Unter den Begriff der " Kosten der Regelung des Nachlasses" werden somit grundsätzlich alle Kosten erfasst, die aufgewendet werden müssen, um den Erben in den Besitz der ihm aus der Erbschaft zukommenden Güter zu versetzen (BFH Urteil vom 11. Januar 1061, BStBl. III 1961, 102).

Dagegen fallen Kosten, die erst dann entstehen, wenn der Erwerb bezogen auf den Einzelerwerber feststeht und vollzogen ist, nicht unter § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG. Zu diesen Aufwendungen gehören nach Auffassung des Senats zumindest auch die Kosten eines außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens betreffend die Erbschaftsbesteuerung, da die Entstehung dieser Kosten gerade voraussetzt, dass der Erwerb bezogen auf den einzelnen Erwerber feststeht und vollzogen ist (ebenso z.B. FG Nürnberg Urteil vom 21. November 2002, IV 350/2001, EFG 2003, 633 m.w.N.) Wie der Beklagte in seiner Einspruchsentscheidung zutreffend ausführt, betrifft die Erbschaftsteuer nicht den Nachlass als solchen, sondern den einzelnen Erwerber als Person bezogen auf die von ihm erlangte Bereicherung.

Bei der Bestimmung der begrifflichen Reichweite der " Nachlassverbindlichkeiten" im Sinne des § 10 Abs. 5 ErbStG ist insbesondere zu berücksichtigen, dass bereits die auf den Erwerber entfallende Erbschaftsteuer ausdrücklich durch die Regelung in § 10 Abs. 8 ErbStG hiervon ausgenommen wird. Soweit bereits die Besteuerung selbst keine Nachlassverbindlichkeit darstellt, können auch Rechtsverfolgungskosten, die mit dieser Besteuerung in Zusammenhang stehen, nur deren Rechtscharakter teilen und lassen sich somit ebenfalls nicht unter die abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten subsumieren. Beratungskosten, die durch die Unübersichtlichkeit des Steuerrechts im Zusammenhang mit einem Besteuerungsverfahren entstehen, sind als Steuerberatungskosten im Rahmen der Einkommensteuer des Beratenen zu berücksichtigen (Schmidt, Heinicke, Einkommensteuergesetz Kommentar, § 10 Rdnr. 111 m.w.N.)

Die Kosten sind auch nicht unmittelbar durch die angeordnete Testamentsvollstreckung entstanden. Allein die Tatsache, dass der Bevollmächtigte in den Rechtsbehelfsverfahren zugleich als Testamentsvollstrecker -TV- eingesetzt war, führt nicht dazu, dass diese Kosten als Abwicklungskosten der Erbschaft abzugsfähig sind. Denn der Testamentsvollstrecker nimmt insoweit die Rechtsverfolgung im außergerichtlichen und gerichtlichen Verfahren nicht aus eigenem Recht wahr, sondern wird aufgrund eigenständiger Bevollmächtigung durch die Erben tätig. Der TV hat die Stellung eines Treuhänders und ist nicht Vertreter der Erben ( Palandt, Einf. V. § 2197 Anm. 2). Im übrigen wäre der Kostennote des Prozessbevollmächtigte in diesem Falle bereits aufgrund der Vorschrift des § 1 Abs. 2 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung -BRAGO- die Anerkennung und Berücksichtigung zu versagen, da die BRAGO ausdrücklich keine Anwendung findet, wenn der Rechtsanwalt als Testamentsvollstrecker tätig wird.

Soweit die Kläger die Berücksichtigung von Sonderausgaben im Sinne des § 10 Abs. 1 Ziffer 6 EStG beantragen, können sie mit diesem Antrag in dem hier anhängigen Verfahren nicht durchdringen. Eine unmittelbare oder analoge Anwendung der Vorschriften des Einkommensteuergesetzes bei der Erbschaftsbesteuerung scheidet erkennbar aus. Eine einkommensteuerliche Berücksichtigung kann jedenfalls nicht in einem Klageverfahren gegen die Festsetzung der Erbschaftsteuer erreicht werden.

Da es insoweit nach Auffassung des Senats unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in dem hier hiesigen Verfahren zu einer Anerkennung der Kosten im Zusammenhang mit dem Verfahren der Vermächtnisnehmerin kommen konnte, erübrigt sich eine weitere Auseinandersetzung mit der vorgelegten Honorarrechnung im Einzelnen. Nur der Vollständigkeit halber weißt der Senat deshalb darauf hin, dass die vorgelegte Gebührenberechnung auch hinsichtlich der Höhe der geltendgemachten Gebühren zweifelhaft erscheint, da hier sowohl die steuerlichen Auswirkungen bei jedem in dem Verfahren der Vermächtnisnehmerin Beigeladenen zu einem Gegenstandswert aufaddiert wurden als auch hierauf nochmals eine Erhöhung um 3/10 entsprechend § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO vorgenommen wurde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.






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Az: 5 K 5016/04


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