Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. Februar 2000
Aktenzeichen: 32 W (pat) 137/99

(BPatG: Beschluss v. 02.02.2000, Az.: 32 W (pat) 137/99)

Tenor

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Beim Deutschen Patentamt ist die Bezeichnung

"Lübecker Hanse"

- nach Einschränkung im Beschwerdeverfahren nur noch - für Schokolade und Schokoladewaren, insbesondere Pralinen, Marzipan und Marzipanprodukte, insbesondere geformtes Marzipan; Zuckerwarenangemeldet worden.

Nach vorausgegangener Beanstandung hat die Markenstelle für Klasse 42 die Anmeldung mit Beschluß vom 13. Juli 1998 durch eine Beamtin des höheren Dienstes wegen fehlender Unterscheidungskraft und bestehenden Freihaltungsbedürfnisses zurückgewiesen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, die angemeldete Marke erschöpfe sich in der Wiedergabe des völlig sprachüblich gebildeten Kompositums "Lübecker Hanse".

Der Verkehr werde hierin die Bezeichnung der Erbringer bzw Hersteller der von der Anmeldung umfaßten Waren und Dienstleistungen sowie als Angabe ihres Sitzes sehen. Der Begriff "Hanse" bedeute "Kaufmannsgilde, Genossenschaft" und weise damit auf ein organisiertes kaufmännisches Unternehmen hin. Somit werde durch das Wort "Hanse" hinreichend deutlich, daß die Anmelderin kein einzelkaufmännischer Betrieb sei, sondern ein größeres Handelsunternehmen. Folglich stelle sich dieser Ausdruck als bloßer Hinweis auf ein gewerbliches Unternehmen dar, das ebenso wie die geographische Herkunftsangabe "Lübeck(er)" freihaltungsbedürftig sei.

Zudem sei die Unterscheidungskraft zu verneinen, da "Die Hanse" als der historische Städtebund zur Förderung des gemeinschaftlichen Handels bekannt sei. Dies gelte auch wegen der Kraftfahrzeugkennzeichen, mit denen die früheren Handelsstädte kenntlich gemacht würden.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

Hilfsweise regt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

Die Anmelderin macht geltend, das Markenwort sei nicht geeignet, zur unmittelbaren Beschreibung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu dienen. Der Begriff "Hanse" sei veraltet, so daß die relevanten Verkehrskreise die Bedeutung gar nicht erkennen. Die Gruppe, die mit "Hanse" gar nichts anfangen könne, sähe darin einen Phantasiebegriff. Die zweite Gruppe, die hiermit eine vage Bedeutung verbinde, sähe hierin nur einen Hinweis auf etwas Norddeutsches. Wer indes die genauere Bedeutung kenne, wisse, daß die Hanse seit dem 17. Jahrhundert nicht mehr in Erscheinung getreten sei. Damit sehe auch diese Gruppe keine irgendwie aktuell beschreibende Angabe in "Lübecker Hanse". Demgemäß seien auch keine Nachweise für die konkrete Verwendung ersichtlich. Die Unterscheidungskraft sei gerade mit Rücksicht auf die Begründung der Markenstelle zu bejahen. Wer auf eine Organisation schließen sollte, werde die Marke umso mehr als Herkunftshinweis ansehen.

Sie beruft sich auf Eintragungen von Marken durch das Deutsche Patent- und Markenamt, die "Hanse" in Alleinstellung oder in Kombination mit Sachangaben enthielten. Insbesondere aus Gründen der Gleichbehandlung sei deshalb auch im vorliegenden Fall eine Eintragung geboten.

Wegen der Einzelheiten wird auf den gesamten Akteninhalt einschließlich der Amtsakte der Anmeldung 397 37 568.9 Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig (§ 66 Abs 2 und 5 MarkenG), in der Sache erweist sie sich jedoch als unbegründet, da "Lübecker Hanse" eine freihaltungsbedürftige, nicht unterscheidungskräftige Angabe darstellt.

Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung steht ein Freihaltungsbedürfnis im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegen, da es sich um eine geographische Herkunftsangabe handelt.

Der Bestandteil "Hanse" und seine Ableitungen sowie Wortverbindungen sind auch heute noch als geographischer Hinweis auf die Hansestädte üblich, auch wenn es den hiermit ursprünglich bezeichneten genossenschaftlichen Zusammenschluß von Kaufleuten schon seit längerer Zeit nicht mehr gibt (Brockhaus, Die Enzyklopädie, 20. Aufl, 9. Bd, S 481). So findet sich "Hanse" auch in jüngeren Namensgebungen. Die das Ruhrgebiet mit den Hansestädten Bremen und Hamburg verbindende Autobahn wird mit "Hanselinie" bezeichnet. Zudem weisen die Hansestädte traditionelle, auf die Hanse zurückführende kulturelle Besonderheiten auf, die von diesen Städten auch regelmäßig herausgestellt werden. Der Begriff "Hanse" als Hinweis auf die zu dem früheren Kaufmanns- und Städtebund gehörenden Städte ist auch deshalb nach wie vor aktuell, weil die Bewohner der Hansestädte als "Hanseaten" bezeichnet werden (Duden, Die deutsche Rechtschreibung, 21. Aufl, S 336). Schließlich werden in den Hansestädten befindliche Einrichtungen mit dem Zusatz "Hanseatisch" versehen ("Hanseatisches Oberlandesgericht").

In Verbindung mit dem weiteren geographischen Herkunftshinweis "Lübecker" ergibt "Hanse" einen eindeutigen Hinweis auf die Herkunft der beanspruchten Waren von Kaufleuten aus Lübeck. Entgegen der Auffassung der Anmelderin stellt hierbei "Hanse" keinen Hinweis auf einen bestimmten Lübecker Betrieb dar, sondern auf die Lübecker Unternehmen in ihrer Gesamtheit. Der Anmelderin mag zuzugeben sein, daß die Ausführungen in dem angefochtenen Beschluß mißverständlich sein mögen, da es sich um einen betrieblichen Herkunftshinweis handeln könnte, wenn "Hanse" das Kennzeichen eines bestimmten, durch Zusammenschluß von Kaufleuten gegründetes größeres Unternehmen oder eine Genossenschaft darstellen würde. Indes beschränkt sich "Hanse" darauf, auf die geographische Herkunft aus einer Hansestadt hinzuweisen.

Dieser geographische Herkunftshinweis "Hanse" mag in Alleinstellung zu unbestimmt und daher schutzfähig sein, weil er zur Konkretisierung eines Zusatzes bedarf (vgl BGH BlPMZ 1997, 360, 361 "à la carte"). In Verbindung mit der Städteangabe "Lübecker" ergibt sich indes ein genauer und eindeutiger begrifflicher Inhalt, der geeignet ist, auf die Herkunft aus der Hansestadt Lübeck hinzuweisen. Deshalb würde selbst eine Schutzfähigkeit von "Hanse" in Alleinstellung nicht zur Eintragungsfähigkeit der angemeldeten Gesamtbezeichnung führen. Denn der Grundsatz, daß in der Regel die Schutzfähigkeit eines Elements die Eintragung rechtfertigt, ist nicht einschlägig, sofern die Schutzfähigkeit einer Bezeichnung gerade darauf beruht, daß sie ergänzungsbedürftig ist.

Eignet sich mithin "Lübecker Hanse" als Hinweis auf die geographische Herkunft der Waren, besteht ein rechtlich schützenswertes Freihalteinteresse der Mitbewerber. Diesen muß es unbenommen bleiben, ungehindert von Zeichenrechten Dritter ihre Waren damit anpreisen zu dürfen, daß sie aus der "Lübecker Hanse" stammen. Daß die Mitbewerber auch die Möglichkeit hätten, durch "Hansestadt Lübeck" auf die Herkunft der Waren hinweisen zu können, läßt das Freihaltungsinteresse nicht entfallen (BGH GRUR 1970, 416 "Turpo").

Die angemeldete Gesamtbezeichnung ist darüber hinaus auch deshalb nicht schutzfähig, weil ihr die zur Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG fehlt. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren/Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Diese Voraussetzungen vermag die angemeldete Wortkombination nicht zu erfüllen. Wie bereits zur Frage eines Freihaltungsbedürfnisses ausgeführt, handelt es sich bei "Hanse" um eine nach wie vor gebräuchliche Bezeichnung, die auf die Hansestädte hinweist. In Verbindung mit dem Zusatz "Lübecker" wird der Verkehr in der Gesamtbezeichnung lediglich einen geographischen Herkunftshinweis sehen. Durch die "Hanselinie" und die Erwähnung der Zugehörigkeit zu den Hansestädten im Rahmen der Kfz-Kennzeichen ist der Verkehr daran gewöhnt, daß diese Zugehörigkeit zur "Hanse" von besonderer Bedeutung ist. Deshalb werden breiteste Verkehrskreise bei Konfrontation mit "Lübecker Hanse" hierin nichts anderes als einen anpreisenden geographischen Herkunftshinweis sehen, mit dem für die Herkunft der hier fraglichen Waren aus der ua für Lübecker Marzipan bekannten Hansestadt geworben wird. Sieht aber der angesprochene Verkehr weit überwiegend in der angemeldeten Gesamtbezeichnung nichts anderes als eine geographische Angabe, ist sie nicht geeignet, auf die Herkunft der Waren aus dem Betrieb der Anmelderin hinzuweisen und diese von den Waren der Mitbewerber zu unterscheiden.

Entgegen der Auffassung der Anmelderin führen die Eintragungen von Marken, die "Hanse" in Alleinstellung oder in Kombination enthalten, nicht zu einer anderen Beurteilung. Soweit "Hanse" in Alleinstellung zur Eintragung gelangt ist, mag dies insbesondere auf der Rechtsprechung zu ergänzungsbedürftigen Bezeichnungen beruhen (BGH BlPMZ 1997, 360 "à la carte"; BPatG Mitt 1998, 182 "Garant"). Bei Kombinationsmarken, die mit dem Bestandteil "Hanse" eingetragen worden sind, handelt es sich im wesentlichen um die Zusammensetzung mit Sachbezeichnungen, nicht jedoch mit den Namen von Hansestädten. Demgemäß waren keine Marken feststellbar, die mit der angemeldeten Gesamtbezeichnung vergleichbar wären. Im übrigen würden selbst identische oder vergleichbare Marken keinen Anspruch auf Eintragung begründen (BGH GRUR 1989, 420 "KSÜD"; BlPMZ 1995, 416 "TURBO").

Nach alledem war die Beschwerde der Anmelderin zurückzuweisen.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlaßt. Weder war eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden noch erforderten die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (§ 83 Abs 2 MarkenG). Die Frage, ob "Lübecker Hanse" freihaltungsbedürftig und nicht unterscheidungskräftig ist, liegt im wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet. Soweit die Anmelderin Art 3 und Art 14 GG insbesondere aus Gründen der Gleichbehandlung verletzt sieht, ergibt sich bereits aus den vorstehenden Ausführungen, daß das Register keine vergleichba-

ren Eintragungen aufweist. Im übrigen hat der Bundesgerichtshof in der jüngeren Vergangenheit wiederholt entschieden, daß aus dem Rollenstand kein Anspruch auf Eintragung herzuleiten ist (BGH aaO).

Vorsitzende Richterin Forst hat Urlaub und kann daher nicht unterschreiben.

Dr. Fuchs-Wissemann Dr. Fuchs-Wissemann Klante Fa






BPatG:
Beschluss v. 02.02.2000
Az: 32 W (pat) 137/99


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