Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. August 2002
Aktenzeichen: 26 W (pat) 104/01

(BPatG: Beschluss v. 07.08.2002, Az.: 26 W (pat) 104/01)

Tenor

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Widersprechenden auferlegt.

Gründe

I Gegen die Eintragung der (farbigen) Marke 399 16 101 siehe Abb. 1 am Endefür die Dienstleistungen Vermittlung von Versicherungen und Finanzdienstleistungen auf dem Gebiet des Bauwesens; Bauwesen; Installations-, Reparatur- und Wartungsarbeiten an haustechnischen Anlagen; Sanierungs- und Renovierungsarbeiten an Bauwerken und Gebäuden; Gipsarbeiten; Installationsarbeiten; Leitung von Bauarbeiten; Abbrucharbeiten an Gebäuden; Innen- und/oder Außenreinigung von Gebäuden; Bauberatung; Dienstleistung eines Architekten; Vermittlung von Dienstleistungen auf dem Gebiet des Bauwesensist Widerspruch erhoben worden aus der älteren Markenanmeldung 396 05 961.9

"BAUMEISTER-HAUS" , die für die Waren und Dienstleistungentransportable Häuser sowie vorgefertigte Bauteile für Fertighäuser aus Metall und/oder Kunststoff und/oder Beton und/oder Holz; Hoch-, Tief- und Ingenieurbau; Reparatur- und Unterhaltungsarbeiten an Bauwerken; Architektenarbeiten, Ingenieurarbeiten für Bauwerke, Erstellung von Statischen und technischen Gutachten; Vorbereitungund Durchführung fremder Bauvorhaben in organisatorischer Hinsicht; transportable Häuser sowie vorgefertigte Bauteile für Fertighäuser aus Metall und/oder Kunststoff und/oder Beton und/oder Holz; Vorbereitung und Durchführung fremder Bauvorhaben in finanzieller Hinsicht; Vorbereitung und Durchführung fremder Bauvorhaben in technischer Hinsichteingetragen werden soll.

Die Markenstelle für Klasse 37 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, es fehle an der erforderlichen Verwechslungsgefahr, weil beide Marken nicht durch den in ihnen übereinstimmend enthaltenen Bestandteil "BAUMEISTER" geprägt würden. Dagegen hat die Widersprechende Beschwerde erhoben, jedoch im Verlauf des Beschwerdeverfahrens ihren Widerspruch zurückgenommen.

Die Markeninhaber und Beschwerdegegner beantragen, der Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Zur Begründung tragen sie vor, die patentanwaltlich vertretene Widersprechende habe aus einer lediglich angemeldeten und noch nicht eingetragenen Marke Widerspruch erhoben, obwohl sie bereits bei Widerspruchseinlegung auf Grund früherer patentamtlicher und patentgerichtlicher Entscheidungen, in denen die Bezeichnung "Baumeister" regelmäßig als nicht eintragbar erachtet wurde, gewusst habe, dass der Widerspruch keinen Erfolg haben konnte. Auch die Anmeldung der Widerspruchsmarke selbst sei im Zeitpunkt des Widerspruchs bereits erstinstanzlich zurückgewiesen worden. Der Widersprechenden sei es offensichtlich nur darum gegangen, einem mutmaßlichen Wettbewerber möglichst große Schwierigkeiten und Kosten zu verursachen. In besonderem Maße nicht nachvollziehbar sei die Einlegung der Beschwerde am 12. April 2001, weil der Bundesgerichtshof die die Waren "Immobilien, insbesondere Ein- und Mehrfamilienhäuser; bebaute und unbebaute Grundstücke" betreffende Teilanmeldung 396 09 808 "BAUMEISTER-HAUS" bereits mit Beschluss vom 14. Dezember 2000 als schutzunfähig bewertet und die Rechtsbeschwerde der Widersprechenden rechtskräftig zurückgewiesen habe. Spätestens mit dem Erlass dieses Beschlusses habe die Widersprechende erkennen müssen, dass eine Weiterverfolgung des Widerspruchsverfahrens aussichtslos war.

Die Beschwerdeführerin beantragt, den Kostenantrag der Beschwerdegegner zurückzuweisen. Sie ist der Ansicht, es entspreche nicht der Billigkeit, ihr die Verfahrenskosten aufzuerlegen. Der Umstand, dass das Bundespatentgericht in der Beschwerdesache zu der parallelen Markenanmeldung 396 09 808 seinerzeit die Rechtsbeschwerde zugelassen habe, zeige, dass es keineswegs sicher gewesen sei, dass die Bezeichnung "BAUMEISTER-HAUS" als schutzunfähig anzusehen ist. Die Widerspruchsmarke befinde sich auch nach wie vor im Anmeldeverfahren. Die Widersprechende habe sich dennoch nach Prüfung aller Umstände dazu entschlossen, den Widerspruch zurückzunehmen.

II Es entspricht der Billigkeit, der Widersprechenden die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG).

Im markenrechtlichen Widerspruchsverfahren trägt zwar prinzipiell jeder Verfahrensbeteiligte die ihm erwachsenen Kosten selbst (§ 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG). Ein Abweichen von dieser Regel ist gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG jedoch dann möglich und erforderlich, wenn Billigkeitsgesichtspunkte es als unvertretbar erscheinen lassen, dass die obsiegende Partei durch das Verfahren mit Kosten belastet wird. Solche Billigkeitsgesichtspunkte liegen insbesondere dann vor, wenn ein Verhalten eines Verfahrensbeteiligten feststellbar ist, das mit der prozessualen Sorgfalt nicht zu vereinbaren ist (BGH GRUR 1972, 600, 601 - Lewapur; 1996, 399, 401 - Schutzverkleidung). Von einem sorgfaltswidrigen Verhalten ist auszugehen, wenn ein Verfahrensbeteiligter in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse an dem Erhalt oder dem Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht (BPatG Mitt 1977, 73, 74).

Die Einlegung der Beschwerde durch die Widersprechende stellt ein Verhalten dar, das mit der Sorgfalt, die von einem Verfahrensbeteiligten erwartet werden kann, nicht zu vereinbaren ist. Bereits knapp zwei Monate vor dem Zeitpunkt, an dem die Markenstelle den im vorliegenden Verfahren angegriffenen Beschluss erlassen hat, war der Beschluss des Bundesgerichtshofs ergangen, mit dem die Rechtsbeschwerde der Beschwerdeführerin im Anmeldeverfahren 396 09 808 "BAUMEISTER-HAUS" unanfechtbar zurückgewiesen wurde. Jedenfalls für den Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung, an dem annähernd vier Monate seit der die Schutzfähigkeit der Bezeichnung "BAUMEISTER-HAUS" verneinenden Entscheidung des Bundesgerichtshofes vergangen waren, kann und muss davon ausgegangen werden, dass der Widersprechenden diese Entscheidung jedenfalls im Ergebnis bekannt war oder, z.B. durch Rückfrage bei ihren BGH-Vertretern, bekannt sein konnte. Es hätte ihr in der Folge oblegen, ihre im vorliegenden Beschwerdeverfahren tätigen Vertreter unverzüglich über den für den Fortgang des Verfahrens erheblichen Umstand der Schutzunfähigkeit der Bezeichnung "BAUMEISTER-HAUS" zu unterrichten, so dass zur Vermeidung unnötiger Kosten eine Zurücknahme des Widerspruchs erfolgen konnte. Das Einlegen der Beschwerde in Kenntnis der Schutzunfähigkeit der Bezeichnung "BAUMEISTER-HAUS" bzw. der Umstand, dass die Widersprechende zumindest nicht dafür Sorge trug, dass die Beschwerde unterblieb, stellen Umstände dar, die als Verstoß gegen die prozessuale Sorgfaltspflicht zu werten sind und die Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens auf die Widersprechende gebieten.

Der weitergehende Antrag der Markeninhaber, der Widersprechenden die gesamten Verfahrenskosten, also auch die im Verfahren vor der Markenstelle angefallenen Kosten aufzuerlegen, konnte hingegen keinen Erfolg haben. Angesichts des Umstands, dass die Schutzunfähigkeit der Widerspruchsmarke bzw. der mit ihr identischen, im Parallelverfahren angemeldeten Marke "BAUMEISTER-HAUS" zum Zeitpunkt des Widerspruchs noch nicht rechtskräftig feststand, sowie angesichts des weiteren Umstands, dass der zuständige Senat des Bundespatentgerichts in dem vorerwähnten Parallelverfahren sogar die Rechtsbeschwerde zugelassen hatte, kann das Einlegen eines Widerspruchs an sich nicht als Verstoß gegen die prozessuale Sorgfaltspflicht angesehen werden.

Albert Kraft Reker Bb Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/26W(pat)104-01.1.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 07.08.2002
Az: 26 W (pat) 104/01


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