Oberlandesgericht Hamm:
Urteil vom 1. August 2006
Aktenzeichen: 4 U 43/06

(OLG Hamm: Urteil v. 01.08.2006, Az.: 4 U 43/06)

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 25. Januar 2006 verkündete Urteil der VII. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 90.000,- EUR abzuwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin bietet auf dem Gebiet der Telekommunikation vielfältige Dienstleistungen an. Sie verfügt über ein Telekommunikationsnetz und stellt ihren Kunden im Rahmen ihres Dienstleistungsangebots u.a. verschiedene Telefonanschlüsse in verschiedenen technischen Ausführungen zur Verfügung, insbesondere analoge, digitale (ISDN) und DSL-Telefonanschlüsse. Ihre frühere J AG, die den Online-Dienst "X" betrieben hat, ist mittlerweile mit der Klägerin verschmolzen.

Seit der Liberalisierung des Marktes können sich die Verbraucher über eine sog. dauerhafte Voreinstellung (X2) dafür entscheiden, dass automatisch alle Gespräche, die mit einer Ortskennzahl beginnen, durch einen bestimmten Wettbewerber vermittelt werden. Ferner können sie sich dafür entscheiden, den jeweiligen Wettbewerber, der ein konkretes Gespräch vermitteln soll, durch die Angabe der entsprechenden, dem Wettbewerber zugeteilten Verbindungsnetzbetreiberkennzahl auszuwählen. Dieses Verfahren wird als "X1" bezeichnet.

Die Beklagte bietet eigene Festnetzübertragungswege, Datenübermittlungsdienste, Netzmanagementdienste und Sprachmehrwertdienste an. Sie hält u.a. das Produkt "Y" vor.

Für dieses Produkt warb sie in der G1 im Dezember 2004 wie folgt (Anlage K 34):

- Kopie -

Die Klägerin hält diese Werbung für wettbewerbswidrig.

Sie hat beantragt,

1.

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu vollstrecken an dem (n) Geschäftsführer(n) ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

a)

Telekommunikations- und/oder Internet-Dienstleistungen mit der Angabe zu bewerben und/oder bewerben zu lassen:

"K sucht Bielefelds cleverste DSL-Nutzer",

wenn dies geschieht, wie in der als Anlage K 34 beigefügten Werbeanzeige aus der "G1" vom 11./12.12.2004;

und/oder

b)

Telekommunikations- und/oder Internet-Dienstleistungen im Wegen eines Preisvergleichs unter Herausstellung einer maximalen Jahresersparnis zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, ohne zugleich auch unmittelbar in dem Preisvergleich darauf hinzuweisen, dass bei dem Produkt "Y" eine Mindestvertragslaufzeit besteht und die in dem Preisvergleich genannten Wettbewerbsprodukte keiner Mindestvertragslaufzeit unterliegen, wenn dies geschieht, wie in der als Anlage K 34 beigefügten Werbeanzeige aus der "G1" vom 11./12.12.2004;

und/oder

c)

einen Preisvergleich, insbesondere einen Preisvergleich mit einer behaupteten maximalen Jahresersparnis, zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, wenn die zugrundeliegenden Telekommunikations- und/oder Internet-Dienstleistungen nicht identisch sind, ohne auf die bestehenden Unterschiede unmittelbar und hinreichend deutlich hinzuweisen, wenn dies geschieht, wie in der als Anlage K 34 beigefügten Werbeanzeige aus der "G1" vom 11./12.12.2004;

und/oder

einen Preisvergleich mit einer maximalen Jahresersparnis zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, wenn zur Gleichartigkeit der verglichenen Telekommunikations- und/oder Internet-Dienstleistungen bei "K" Aufpreise bezahlt werden müssen und dadurch die behauptete maximale Jahresersparnis nicht erreichbar wird, wenn dies geschieht, wie in der als Anlage K 34 beigefügten Werbeanzeige aus der "G1" vom 11./12.12.2004;

und/oder

d)

für ein nur einheitlich abnehmbares Gesamtangebot mit der Angabe von Einzelpreisen zu werben und/oder werben zu lassen, wenn dies geschieht, wie in der als Anlage K 34 beigefügten Werbeanzeige aus der "G1" vom 11./12.12.2004;

und/oder

e)

Telekommunikations- und/oder Internet-Dienstleistungen, die in einigen Regionen der Bundesrepublik Deutschland (aktuell in Teilen Baden-Württembergs, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holsteins sowie den Städten Berlin, Hamburg, München und den Großraum Nürnberg [Erlangen, Fürth, Nürnberg] und auch dort nicht uneingeschränkt angeboten werden, mit der Angabe zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, die "K-Leistungen" seien schon in vielen Gebieten verfügbar;

2.

an die Klägerin € 1.585,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz gemäß dem § 247 BGB seit dem 21.05.2005 zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat dazu im einzelnen u.a. im Hinblick auf die hier noch interessierenden Anträge ausgeführt, der Antrag zu 1. b) sei zu unbestimmt. Er sei auch unbegründet da sie ausreichend auf Mindestlaufzeiten hinweise. Im Übrigen bestünden auch bei der Klägerin bei bestimmten Leistungen Mindestvertragslaufzeiten.

Der Antrag zu 1. c) sei ebenfalls zu unbestimmt. Es sei zudem nicht erforderlich, dass die verglichenen Produkte identisch seien. Das Ausstellen von Rechnungen betreffe keine Eigenschaft. Ferner seien Rechnungskosten für den Verbraucher ohne Bedeutung. Die Abmahnkosten seien ebenfalls nicht gerechtfertigt.

Das Landgericht hat hinsichtlich der Unterlassungsanträge zu 1. b) und c) im Urteil 1. a) und b) und bezüglich der Hälfte der Abmahnkosten der Klage stattgegeben. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Einzelheiten des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Die Beklagte strebt weiterhin die Abweisung der Klage an. Sie führt dazu u.a. aus, der Unterlassungsantrag, der unter 1. a) zugesprochen worden sei, sei wegen der Wendung "unmittelbar in dem Preisvergleich" zu unbestimmt i.S.v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Begriff der Unmittelbarkeit sei in zahlreichen Rechtsvorschriften umstritten. Somit sei unklar, was verboten sein solle und was nicht. Die erforderliche Klarstellung dürfe nicht dem Vollstreckungsgericht überlassen bleiben.

In der Sache lasse das Landgericht eine stichhaltige Begründung dafür vermissen, warum sie "unmittelbar in dem Preisvergleich" auf die Mindestlaufzeit hinweisen müsse. Zudem seien die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils im Hinblick auf die Fußnote 4 in der Werbung unvollständig. Sie enthielten nichts dazu, ob die dortigen Fußnoten 2 und 3, in denen eine hinreichende Aufklärung über die Unterschiede bei der Mindestvertragslaufzeit erfolgten, als Hinweis ausreichend seien. Das Landgericht habe sich mit der isolierten Sicht im Hinblick auf die Fußnote 4 zu Unrecht der zergliedernden Perspektive der Klägerin angeschlossen und die Herausstellung der maximalen Jahresersparnis aus dem Kontext der Werbung gelöst. Entscheidend sei aber der Gesamteindruck der Werbung. Das Landgericht habe es auch zu Unrecht für unbeachtlich gehalten, dass in den Vergleich eingestellte Tarife aus dem Konzern der Klägerin sehr wohl zum Teil einer Mindestvertragslaufzeit unterlägen.

Die Beklagte hält auch den unter 1. b) zugesprochenen Klageantrag für zu unbestimmt, und zwar wegen der Formulierung "bestehende Unterschiede" und "unmittelbar und hinreichend bestimmt". Zudem beanstandet sie, das Landgericht habe ein Gebot ausgesprochen und damit ihre Befugnisse, selbst Wege zu finden, um mit einer zulässigen Werbung aus dem Verbotsumfang herauszukommen, unzulässig eingeschränkt.

Das Landgericht habe zwar festgestellt, dass die vergleichende Werbung nicht darauf beschränkt sei, dass identische Produkte verglichen würden. Es habe aber die Konsequenz verkannt und nicht berücksichtigt, dass der vorliegende Preisvergleich einen maximalen Unterschied aufweise und deshalb besondere Regeln anzuwenden seien. Es bestehe gerade nicht die Verpflichtung, stets bestehende Unterschiede im einzelnen in der Werbung zu bezeichnen. Die Verbrauchererwartung gehe auch nicht dahin, dass die Vergleichsprodukte in allen Belangen gleich seien. Zu Unrecht habe das Landgericht einen Hinweis auf die Möglichkeit des X1 bzw. des X2-Verfahrens verlangt. Hierbei handele es sich nicht einmal um Eigenschaften der verglichenen Angebote. Das Landgericht habe auch übersehen, dass nur die Klägerin als Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht gesetzlich verpflichtet worden sei, ihren Teilnehmern die genannten Möglichkeiten zu eröffnen, dass aber die anderen Anbieter nicht verpflichtet seien, die Nutzung alternativer Anbieter zuzulassen. Wenn man in der fehlenden Möglichkeit des X1 bzw. des X2-Verfahrens eine negative Eigenschaft sehen wolle, brauche sie ihre Kunden jedenfalls nicht darauf hinzuweisen. Ein solcher Hinweis sei zum Schutz des Verbrauchers auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Werbenden nicht geboten.

Das gelte unter ähnlichen Aspekten auch für die Kosten einer Papierrechnung. Die Frage nach der Gleichartigkeit der verglichenen Tarife hängen nicht davon ab, ob Rechnungen per Post oder per EMail versandt würden. Das Landgericht habe zudem übersehen, dass nur eine maximale Jahresersparnis beworben worden sei, so dass der Kunde den preislichen Unterschied gerade nicht stets realisieren könne.

Schließlich meint die Beklagte, dass der Klägerin auch der Zahlungsanspruch nicht zustehe.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil mit näheren, vertiefenden Ausführungen.

Gründe

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.

Entgegen ihrer Auffassung ist der unter 1. a) tenorierte Unterlassungsanspruch hinreichend bestimmt (§§ 253 Abs. 2 Nr. 2, 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO).

Die Einschränkung "ohne in dem Preisvergleich darauf hinzuweisen, dass bei dem Produkt "Y" eine Mindestvertragslaufzeit besteht und die in dem Preisvergleich genannten Wettbewerbsprodukte keiner Mindestlaufzeit unterliegen", gibt die von der Klägerin beanstandete Verletzungshandlung wieder. Als solche ist sie hinreichend bestimmt.

Auch das Wort "zugleich" macht diese Einschränkung nicht unbestimmt. Der Begriff "zugleich" drückt lediglich eine Selbstverständlichkeit aus, dass nämlich der Hinweis mit der Preisangabe zu erfolgen hat.

Letztlich genügt der Begriff "unmittelbar" hier ebenfalls der Anforderung, die an die Bestimmtheit zu stellen ist. Zwar weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass es ihre Sache ist, herauszufinden, wie sie aus dem Verbot herauskommt. Insoweit erweist sich aber der Hinweis der Klägerin als überflüssig, da es nicht ihre Aufgabe ist, die Wege aus dem Verbot aufzuzeigen.

Zwar kann auch durch die Unbestimmtheit eines Zusatzes der Antrag unzulässig werden. In diesen Fällen ist aber ein großzügiger Maßstab anzulegen. Vor diesem Hintergrund erweisen sich Begriffe wie "unmissverständlich, unüberhörbar, unübersehbar" als noch bestimmt genug (vgl. BGH WRP 1999, 1035 ff - Kontrollnummerbeseitigung). Gemessen an diesen Maßstäben genügt auch der Begriff "unmittelbar" dem Bestimmtheitserfordernis, da er insoweit dem Begriff "unmissverständlich" vergleichbar ist.

Der Tenor beinhaltet entgegen der Auffassung der Beklagten auch kein Gebot, sondern ein Verbot. Der Beklagten wird verboten, in der bisherigen Form ohne die weiteren Angaben zu werben. Soweit die Beklagte befürchtet, ihr werde durch den überflüssigen Hinweis "unmittelbar" gleichsam in Form eines Gebotes der Weg vorgeschrieben, wie sie aus dem Verbot herauskommen kann, so wird bereits durch die Entscheidungsgründe des Urteils verdeutlicht, dass dies nicht so ist. Das gilt auch für das Vollstreckungsgericht.

In der Sache selbst ist dieser Unterlassungsanspruch gem. den §§ 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1; 3; 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 UWG begründet.

Die Klagebefugnis der Klägerin als Mitbewerberin der Beklagten steht außer Zweifel.

In der Angabe "ihr Vorteil: Jahresersparnis 522,60 €" liegt eine irreführende Angabe über den Preis und die Vertragsbedingungen im Rahmen der vergleichenden Werbung. Es handelt sich um die entscheidende Aussage in dem vorgenommenen Preisvergleich, da damit das Fazit wiedergegeben wird.

Dies geschieht in Form eines Blickfangs. Von Blickfangwerbung ist dann die Rede, wenn im Rahmen einer Gesamtankündigung einzelne Angaben im Vergleich zu den sonstigen Angaben besonders herausgestellt werden, wodurch die Aufmerksamkeit des Publikums geweckt werden soll.

Hier beinhaltet die Werbung der Beklagten zwei Blickfangwerbungen. Die erste bezieht sich auf die Suche nach dem cleversten DSL-Nutzer Bielefelds. Die zweite bezieht sich auf die Jahresersparnis. Da die Werbung zwei gänzlich verschiedene Punkte anspricht, ist hier eine zweite Blickfangwerbung gegeben. Wenn auch der Text zur Jahresersparnis nicht so groß geschrieben worden ist wie der Text der ersten Blickfangwerbung, so ist aber zu berücksichtigen, dass die schwarze Schrift auf weißem Grund den höchstmöglichen Kontrast bewirkt und mit der roten Zahlenangabe das Interesse des Publikums besonders geweckt wird.

Grundsätzlich wird der Blickfang von dem durchschnittlich informierten, verständigen und situationsbedingt aufmerksamen Durchschnittsverbraucher nicht mehr isoliert wahrgenommen. Dieser Verbraucher nimmt aber die extrem kleingedruckten Hinweise auf die Laufzeit nicht wahr. Die Hinweise sind nicht nur äußerst klein angegeben. Es kommt noch hinzu, dass sich der Hinweis darauf, dass es bei der Klägerin keine Vertragslaufzeit gibt, in Fußnote 3 und nicht in der zugeordneten Fußnote 4 befindet. Der erforderliche Hinweis hat aber entsprechend deutlich in Gestaltung, Schriftgröße und räumlicher Nähe zu dem Blickfang auszufallen. Das kann zwar auch durch einen Sternchenhinweis geschehen. Das ist aber hier wegen der Größe und des Hinweises auf die Fußnote 4, in der nichts über die vertragliche Mindestlaufzeit bei der Beklagten und den Umstand, dass eine solche bei der Klägerin hier nicht besteht, steht, nicht der Fall. Die Beklagte macht damit nicht deutlich genug, dass bei der Klägerin keine, bei ihr aber eine Mindestlaufzeit von 24 Monaten existiert. Damit wird aber der irreführende Eindruck erzeugt, die Ersparnis sei vor dem Hintergrund gleicher vertraglicher Ausgestaltungen zu erlangen.

Im Hinblick darauf, dass es hier um Verbraucherinteressen geht, ist auch die Bagatellgrenze des § 3 UWG überschritten.

Der Tenor zu 1. b) 1. Alternative genügt gleichfalls den Bestimmtheitsanforderungen (§§ 253 Abs. 2 Nr. 2, 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO).

Die Passage "wenn die zugrundeliegenden Telekommunikations- und/oder Internet-Dienstleistungen nicht identisch sind" stellt die verallgemeinernde Form der beanstandeten Verletzungshandlung dar. Entgegen der Ansicht der Beklagten werden mit dem Antrag nicht pauschal alle und jede Unterschiede der Telekommunikations- und Internet-Dienstleistungen zum Gegenstand des klägerischen Begehrens gemacht. Der Streitgegenstand besteht aus dem Antrag und dem zugrundeliegenden Sachverhalt. Dazu gehört auch das, was die Klägerin im einzelnen rügt. Das ist aber vorliegend die unterschiedliche Nutzungsmöglichkeit der Kunden hinsichtlich X1 und X2.

Für die Beurteilung des Passus "unmittelbar und hinreichend deutlich" gelten die gleichen Ausführungen wie zu dem Begriff "unmittelbar" in dem vorhergehenden Antrag.

Das gilt auch für die Auffassung der Beklagten, es werde statt eines Verbots ein Gebot ausgesprochen.

In der Sache ist der Anspruch gem. §§ 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1; 3; 6 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 UWG gegeben.

Es handelt sich um eine vergleichende Werbung, da sie unmittelbar auf die Produkte der Klägerin Bezug nimmt.

Die grundsätzlich zulässige vergleichende Werbung ist nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG unlauter, wenn sie sich nicht objektiv auf eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften bezieht.

Der von der Beklagten angestellte Vergleich über den Preis der angeführten Leistungen erweckt mangels abweichender Angaben den Eindruck, ihm lägen identische Leistungen im Rahmen der jeweiligen Preisbestandteile zugrunde. Das Objektivitätserfordernis gebietet aber, dass bei dem Kunden kein schiefes Bild entsteht. Die preisrelevanten Konditionen dürfen sich nicht wesentlich unterscheiden, wenn durch die Werbung der Eindruck erweckt wird, es handele sich um identische Leistungen. Der Vergleich bezieht sich hier zunächst auf Flatrate und Grundpreise. Vor diesem Hintergrund könnte ggf. ein Hinweis auf die Möglichkeit preissparenden Telefonierens bei der Klägerin durch X2 und X1 nicht geboten sein. Die Beklagte wirbt aber mit einer Preisersparnis gegenüber der Leistung der Klägerin. Insoweit beruft sich die Klägerin zu Recht darauf, dass hier ein gebotener Hinweis fehlt, weil die Beklagte in der Fußnote 2 dort am Ende ihre Sprechverbindungsentgelte aufgeführt hat. Dann aber muss sie im Hinblick auf die Jahresersparnis auch auf die nur bei der Klägerin bestehende preiswertere Möglichkeit von X2 und X1 hinweisen. Dem kann sie nicht erfolgreich entgegenhalten, dass allein die Klägerin verpflichtet worden ist, ihr Netz Konkurrenten zu öffnen, was allen bekannt sei. Von einer solchen Bekanntheit kann mangels weiterer Anhaltspunkte vorliegend nicht ausgegangen werden. Selbst die Hinweise in den Zeitungen auf die "Telefonkosten im Überblick" mit den genannten Wahlmöglichkeiten machen nicht deutlich, dass sich das Angebot nur an Kunden der Klägerin richtet.

Die Bagatellgrenze ist vorliegend gleichfalls überschritten.

Das weitere Begehren der Klägerin Tenor 1. b) 2. Alternative ist gleichfalls gem. §§ 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1; 3; 6 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 UWG begründet.

Entgegen der Auffassung der Beklagten gehören zu den erforderlichen Angaben bei dem Preisvergleich auch die über die kostenlosen Papierrechnungen bei der Klägerin, die die Beklagte nur gegen den Aufpreis von 1,50 € pro Monat bietet. Auch hier trägt das Verschweigen dieses Unterschiedes, der bei dem Preiskampf keine zu vernachlässigende Bagatelle darstellt, ebenfalls zu dem Entstehen eines schiefen Bildes bei, da diese Angaben ebenfalls bei dem Erreichen der maximalen Jahresersparnis von Bedeutung sind. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob der Beklagten eine "Online-Abrechnung" zweckmäßiger erscheint. Dadurch wird sie nicht von der Pflicht entbunden, auch diese Angaben zu machen. Ihre Auffassung, die Bewerbung einer maximalen Jahresersparnis beinhalte, dass der Kunde den preislichen Höchstunterschied gerade nicht realisieren könne, hilft ihr nicht weiter. Denn die Ersparnis kann nur dann erreicht werden, wenn der Kunde damit einverstanden ist, die Rechnung statt in Papierform per EMail zu erhalten. Auch insoweit gebietet das Erfordernis der Transparenz, dass dem Kunden die Basis der Preisgestaltung klar sein muss. Das ist vorliegend nicht der Fall.

Die Bagatellgrenze ist hier ebenfalls überschritten.

Die Abmahnkosten hat das Landgericht mit zutreffenden Erwägungen zugesprochen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.






OLG Hamm:
Urteil v. 01.08.2006
Az: 4 U 43/06


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