Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 10. Januar 2011
Aktenzeichen: 2 Wx 2/11

(OLG Köln: Beschluss v. 10.01.2011, Az.: 2 Wx 2/11)

Tenor

Der Nichtabhilfe- und Vorlagebeschluss des Rechtspflegers des Amtsgerichts Bonn vom 30.12.2010 wird aufgehoben. Das Verfahren wird zur ordnungsgemäßen Entscheidung über die Frage, ob der Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 10.11.2010 gegen den Beschluss vom 27.10.2010 - 35 VI 329/09 Npfl. - abgeholfen wird, an das Amtsgericht Bonn zurückgegeben.

Kosten des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht werden nicht erhoben.

Gründe

1.

Nachdem der Nachlasspfleger einen notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 01.12.2009 eingereicht hatte, bestellte das Amtsgericht mit Beschluss vom 15.12.2009 für die unbekannten Erben der Erblasserin die Antragstellerin zur Verfahrenspflegerin und stellte fest, dass die Verfahrenspflegschaft berufsmäßig geführt werde; als Gegenstand des Verfahrens wurde im Beschluss „das nachlassgerichtliche Genehmigungsverfahren bezüglich der Veräußerung des Grundstücks samt Nebengeschäften“ bezeichnet. Mit Schreiben vom 31.01.2010 nahm die Antragstellerin zu dem Kaufvertrag näher Stellung und erklärte, gegen dessen nachlassgerichtliche Genehmigung keine Bedenken zu haben. Das Amtsgericht erteilte daraufhin die nachlassgerichtliche Genehmigung.

Mit Schreiben vom 18.04.2010, eingegangen beim Amtsgericht am 20.04.2010, hat die Antragstellerin unter Beifügung einer Kostenberechnung, die sich über eine „1,5 Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV RVG“ zuzüglich Nebenkosten und Mehrwertsteuer verhält, die Festsetzung einer Vergütung in Höhe von 1.042,86 € beantragt. Mit Beschluss vom 27.10.2010 hat der Rechtspfleger des Amtsgerichts den Vergütungsantrag zurückgewiesen. Gegen diesen am 05.11.2010 zugestellten Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 11.11.2010 beim Amtsgericht eingegangene Beschwerde vom 10.11.2010. Dieser hat der Rechtspfleger des Amtsgerichts mit Beschluss vom 30.12.2010 nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht vorgelegt.

2.

Auf das vorliegende Vergütungsverfahren finden die Vorschriften des am 01.09.2009 in Kraft getretenen FamFG und die insoweit geltenden Zuständigkeitsregelungen Anwendung. Das Verhältnis von altem und neuem Verfahrensrecht ist in der Übergangsvorschrift des Art. 111 Abs. 1 FGG-RG geregelt. Dort bestimmt Satz 1, dass auf Verfahren, die vor dem 1. September 2009 eingeleitet worden sind und deren Einleitung bis zu diesem Zeitpunkt beantragt wurde, weiter die vor In-Kraft-Treten des FGG-Reformgesetzes geltenden Vorschriften anzuwenden sind. Maßgebend ist dabei der Zeitpunkt der Einleitung des erstinstanzlichen Verfahrens (ganz einhellige Rechtsprechung, vgl. nur BGH, FGPrax 2010, 102 m.w.N.). Hinsichtlich des allein maßgeblichen Zeitpunktes der Verfahrenseinleitung ist für die Frage des anzuwendenden Verfahrensrechts bei sogenannten Bestandsverfahren - hierzu zählt auch eine Nachlasspflegschaft - zu prüfen, inwieweit ein selbständiges Verfahren vorliegt. Selbständig ist jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, Art. 111 Abs. 2 FGG-RG (vgl. BT-Drucks. 16/11903, S. 61). Ausgehend von diesen Grundsätzen ist auch jeder Vergütungsfestsetzungsantrag als selbständiges Verfahren im Sinne von Art. 111 Abs. 1, 2 FGG-RG zu bewerten. Denn jeder Antrag ist durch eine als Beschluss zu erlassenden Entscheidung zu erledigen (vgl. OLG Dresden RPfl 2010, 325; OLG Nürnberg RPfl 2010, 426 betr. die Vergütung eines Vormundes). Mithin handelt es sich auch bei dem vorliegenden Verfahren, in dem es um die Vergütung der vom Nachlassgericht bestellten Verfahrenspflegerin geht, um ein selbständiges Verfahren im obigen Sinne. Der danach hier maßgebliche Antrag, nämlich der Antrag auf Festsetzung der Verfahrenspflegervergütung, ist am 20.04.2010 und damit nach dem in Art. 112 FGG-RG festgelegten Stichtag, dem 01.09 2009, beim Amtsgericht eingegangen.

Als Beschwerdegericht ist danach hier gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1 b GVG in der am 01.09.2009 in Kraft getretenen Fassung das Oberlandesgericht zuständig.

Der Senat gibt die Sache zur Nachholung eines ordnungsgemäßen Abhilfeverfahrens an das Amtsgericht zurück (vgl. zu dieser Möglichkeit OLG München FamRZ 2010, 1000; Keidel/Sternal, FamFG, 16. Aufl. 2009, § 68 Rn. 34; Bahrenfuss/Rüntz, FamFG, 2009, § 38 Rn. 26; Burandt /Rojahn, Erbrecht, 2011, § 68 FamFG Rn. 4; sowie zu den Parallelvorschriften der ZPO: OLGR Köln 2007, 570; Zöller/Heßler, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 572 Rn. 4). Mangels ordnungsgemäßer Vorlage durch einen - ordnungsgemäß begründeten - Nichtabhilfebeschluss des Rechtspflegers ist sie noch nicht bei dem Beschwerdegericht angefallen.

Die Verfahrensweise des Rechtspflegers nach Eingang der Beschwerdeschrift genügt nicht den Anforderungen des § 68 Abs. 1 Satz 1 FamFG. Hieraus ergibt sich in Verbindung mit § 11 Abs. 1 RPflG die Befugnis und die damit korrespondierende Pflicht des Amtsgerichts, bei einer Beschwerde zu prüfen, ob auf das Rechtsmittel hin eine Abänderung der Entscheidung veranlasst ist, und diese Abänderung gegebenenfalls vorzunehmen. Der jeweilige Beschwerdeführer hat von Gesetzes wegen Anspruch darauf, dass das Erstgericht, wenn es zur Abhilfe befugt ist, über die Frage der Abhilfe oder Nichtabhilfe entscheidet und den Verfahrensbeteiligten seine Entscheidung mitteilt. Die Entscheidung über die Nichtabhilfe stellt eine echte Sachentscheidung dar, welche deshalb - einschließlich ihrer tragenden Gründe - in den Gerichtsakten Ausdruck finden und den Beteiligten zur Kenntnis gebracht werden muss. Aus der Sicht des Beschwerdeführers kommt ihr deshalb besondere Bedeutung zu, weil er sich entschließen muss, das Rechtsmittel nach Übergang in die (kostenpflichtige) Beschwerdeinstanz aufrecht zu erhalten oder zurückzunehmen.

Im nachlassgerichtlichen Verfahren kann - nicht anders als etwa nach § 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO im Zivilprozess - die Beschwerde gemäß § 65 Abs. 3 FamFG auf neue Tatsachen und Beweise gestützt werden. Dabei hat - soweit sich das neue Vorbringen in einer bei dem Amtsgericht eingereichten Beschwerdeschrift findet oder ihm in der Zeit zwischen dem Erlass der angefochtenen Entscheidung bzw. der Vornahme der Eintragung und dem Eingang der Beschwerde mitgeteilt worden ist - sich die dem Amtsgericht gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 FamFG obliegende Abhilfeprüfung auch darauf zu erstrecken, ob es eine andere Entscheidung rechtfertigt. Nur wenn und soweit dies nicht der Fall ist, hat das Ausgangsgericht die Beschwerde unverzüglich dem Rechtsmittelgericht vorzulegen. Dabei folgt die Verpflichtung, eine Nichtabhilfeentscheidung jedenfalls dann zu begründen, wenn der Beschwerdeführer nach Erlass der angefochtenen Entscheidung oder der Vornahme der Eintragung gegenüber der ersten Instanz neu bzw. ergänzend vorgetragen hat, bei einer Entscheidung eines Richters aus dem verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), welcher die Verpflichtung des Gerichts - auch erster Instanz - umfasst, das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Kenntnis nehmen und bei seiner Entscheidung - hier über die Frage der Abhilfe - erkennbar in Erwägung zu ziehen (vgl. BVerfGE 11, 218 [220]; BVerfGE 83, 24 [35]; BVerfG NJW 2000, 131). Eine bloß formelhafte Wendung genügt dafür nicht, erst recht nicht die völlig unbegründet gebliebene Feststellung, der Beschwerde werde nicht abgeholfen (vgl. BVerfG, FamRZ 1998, 606 [607]; BAG NJW 2009, 461; Bahrenfuss/Rüntz, FamFG, 2009, § 38 Rn. 22; Bassenge/Roth/Gottwald, FamFG/RPflG, 12. Aufl. 2009, § 68 FamFG Rn. 7; Keidel/Sternal, FamFG, 16. Aufl. 2009, § 68, Rdn. 12; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl. 2010, vor § 128, Rdn. 6b). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG NJW 2000, 1709; vgl. allerdings BVerfG NJW 1993, 1699) ist zwar Art. 103 Abs. 1 GG nicht auf Nachlassverfahren anwendbar, soweit diese - wie hier gemäß § 3 Nr. 2 lit. c RPflG - von dem Rechtspfleger des Amtsgerichts bearbeitet werden. Auch im Verfahren vor dem Rechtspfleger besteht indes eine der Verpflichtung des Richters zur Gewährung rechtlichen Gehörs gleichartige Verpflichtung, welche aus dem Recht der Beteiligten auf ein faires Verfahren als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 GG) folgt (vgl. BVerfGE 38, 105 [111]; BVerfGE 65, 171 [174 f.]; BVerfG NJW 2000, 1709 [1709, 1710]). Nicht anders als im Anwendungsbereich des § 572 Abs. 1 ZPO (vgl. dazu OLG Köln, FamRZ 1986, 487; 2010, 146; OLGR 2007, 570; OLG Brandenburg, FamRZ 2003, 48 [49 f.]; OLG München MDR 2004, 291; OLG Karlsruhe FamRZ 2004, 653; OLG Jena OLGR 2005, 203; OLG Düsseldorf FamRZ 2006,

1551; OLG Saarbrücken OLGR 2006, 600; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 31. Aufl. 2010, § 572 Rdn. 3, 10; Zöller/Heßler, a.a.O., § 572, Rdn. 7 und 10 mit weit. Nachw.) ist es auch im Anwendungsbereich des § 68 Abs. 1 Satz 1 FamFG geboten, die Entscheidung über die Frage der Abhilfe durch einen Beschluss zu treffen, welcher den Beteiligten bekannt zu geben und jedenfalls dann, wenn der Beschwerdeführer nach Erlass der angefochtenen Entscheidung seinen Vortrag ergänzt hat, zu begründen ist (vgl. dazu OLG Düsseldorf FGPrax 2010, 43; OLG München FamRZ 2010, 1000; Prütting/Helms/ Abramenko, FamFG, 2009, § 68, Rdn. 11; Bahrenfuss/Joachim, FamFG, 2009, § 68, Rdn. 5; Schulte-Bunert/Weinreich/Unger, FamFG, 2. Aufl. 2010, § 68 Rdn. 10; Bassenge/Roth/Gottwald, a.a.O.; Keidel/Sternal, a.a.O.; Burandt/Rojahn, a.a.O.).

Diesen Anforderungen wird die Verfahrensweise des Amtsgerichts nach Eingang der Beschwerde nicht gerecht:

Mit dem Vorbringen in der Beschwerdeschrift vom 10.11.2010 hat sich der Rechtspfleger noch nicht erkennbar befasst; soweit es in der Nichtabhilfeentscheidung vom 30.12.2010 heißt, in der Beschwerdeschrift seien keine neuen Gründe aufgeführt, die eine Aufhebung oder Abänderung des Beschlusses rechtfertigten, lässt dies keine Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen erkennen. Soweit mit dem Vergütungsantrag die Festsetzung einer anwaltlichen Geschäftsgebühr erstrebt wird, findet sich im Nichtabhilfebeschluss keine Befassung mit den Darlegungen der Antragstellerin in der Beschwerdeschrift, wonach zur Beurteilung des Kaufvertrages nicht nur umfangreiche Kenntnisse im Erbrecht erforderlich, sondern auch eine Überprüfung hinsichtlich in der Beschwerdeschrift näher dargestellter spezifischer immobilienrechtlicher Vorschriften notwendig gewesen sei. Mit diesem, schon im Schreiben vom 20.07.2010 enthaltenen Vorbringen hatte sich der Rechtspfleger auch nicht bereits im angefochtenen Beschluss auseinandergesetzt; hier hieß es pauschal, Rechtsfragen seien im Rahmen der Verfahrenspflegschaft nicht zu klären gewesen. Auch lässt der Nichtabhilfebeschluss - was bei Verneinung einer Vergütung nach dem RVG erforderlich gewesen wäre - eine Befassung mit der hilfsweise begehrten Vergütung nach Zeitaufwand gemäß VBVG und der hierzu als Anlage zur Beschwerdeschrift eingereichten „Zeiterfassung zur Honorarberechnung“ (Bl. 138 d.A.) vermissen.

Die Sache ist deshalb zur Nachholung eines dem Gesetz entsprechenden Abhilfeverfahrens an das Nachlassgericht zurückzugeben (vgl. allgemein OLG Köln [4. Zivilsenat], OLGR 2007, 570; Zöller/Heßler, aaO, § 572 Rn. 4, 11, jeweils m.w.N.). Das Amtsgericht wird sich dabei sowohl mit dem Beschwerdevorbringen zur begehrten Vergütung nach dem RVG, als auch - soweit es die Voraussetzungen für eine solche Vergütung nicht für gegeben erachtet - mit der im Beschwerdeverfahren hilfsweise vorgelegten Berechnung nach Zeitaufwand auseinanderzusetzen haben.

Dass das Amtsgericht die Sache dem Oberlandesgericht vorgelegt hat, ohne die genannten Vorgaben des Abhilfeverfahrens einzuhalten, stellt eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 KostO dar, so dass etwa im Verfahren vor dem Oberlandesgericht angefallene Kosten nicht zu erheben sind.

3.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:

Auf die Vergütung eines Verfahrenspflegers, der in einem Verfahren betreffend Genehmigung eines Rechtsgeschäfts des Nachlasspflegers bestellt ist, dürfte § 277 FamFG entsprechend anzuwenden sein (vgl. Zimmermann ZEV 2009, 53, 57). Die Vorschrift schließt die Möglichkeit, für einen zum Verfahrenspfleger bestellten Rechtsanwalt eine Vergütung nach dem RVG festzusetzen, nicht aus; insoweit hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 17.11.2010 - XII ZB 244/10 (juris) - ausgeführt:

„Gemäß § 277 Abs. 2 Satz 2 FamFG hat er neben den Aufwendungen nach Absatz 1 Anspruch auf eine Vergütung in entsprechender Anwendung der §§ 1, 2 und 3 Abs. 1 und 2 des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes, wenn die Verfahrenspflegschaft - wie hier - ausnahmsweise berufsmäßig geführt wird. Auf § 1835 Abs. 3 BGB, wonach als Aufwendung auch solche Dienste des Vormunds oder des Gegenvormunds gelten, die zu seinem Gewerbe oder seinem Beruf gehören, verweist § 277 FamFG nicht. In Rechtsprechung und Literatur ist indes zu Recht anerkannt, dass § 1835 Abs. 3 BGB gleichwohl auf den anwaltlichen Verfahrenspfleger anzuwenden ist. Danach kann der Verfahrenspfleger eine Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz beanspruchen, soweit er im Rahmen seiner Bestellung solche Tätigkeiten zu erbringen hat, für die ein Laie in gleicher Lage vernünftigerweise einen Rechtsanwalt zuziehen würde (vgl. BVerfG FamRZ 2000, 1280, 1282; OLG Schleswig NJW-RR 2009, 79, 80; OLG München FamRZ 2008, 2150 f.; OLG Stuttgart NJW-RR 2004, 424; OLG Köln FamRZ 2001, 1643, 1644; BayObLG FamRZ 2002, 1201 f.; LG Mönchengladbach Beschluss vom 3. November 2004 - 5 T 484/04 - juris Rn. 6; Dodegge in Schulte-Bunert/Weinreich FamFG 2. Aufl. § 277 Rn. 8; Keidel/Budde FamFG 16. Aufl. § 277 Rn. 9; Prütting/Helms/Fröschle FamFG § 277 Rn. 58; vgl. auch zur Bestellung eines Rechtsanwalts zum Berufsbetreuer Senatsbeschluss vom 20. Dezember 2006 - XII ZB 118/03 - FamRZ 2007, 381, 382 f.). Zwar heißt es in § 1 Abs. 2 Satz 1 RVG, dass das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nicht für eine Tätigkeit als Verfahrenspfleger gelte. Damit soll indessen nur verdeutlicht werden, dass die Führung einer Verfahrenspflegschaft allein nicht als Erbringung anwaltlicher Dienste in diesem Sinne angesehen werden kann. § 1 Abs. 2 Satz 2 RVG, wonach § 1835 Abs. 3 BGB unberührt bleibt, stellt demgegenüber klar, dass der anwaltliche Verfahrenspfleger, der für den Betroffenen Dienste erbringt, für die ein nichtanwaltlicher Verfahrenspfleger einen Rechtsanwalt hinzugezogen hätte, insoweit Aufwendungsersatz nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz verlangen kann (vgl. BVerfG FamRZ 2000, 1280, 1282 unter Hinweis auf den Gesetzesentwurf, der die entsprechende Vorgängerregelung, § 1 Abs. 2 BRAGO, betraf).“

Maßgeblich für die Festsetzung einer Vergütung nach dem RVG ist danach, ob der Verfahrenspfleger im Rahmen seiner Bestellung solche Tätigkeiten zu erbringen hat, für die ein Laie in gleicher Lage vernünftigerweise einen Rechtsanwalt zuziehen würde. In der Rechtsprechung zur Vergütung von Verfahrenspflegern in Betreuungsverfahren sind diese Voraussetzungen etwa in einem Fall bejaht worden, in dem ein Rechtsanwalt zum Verfahrenspfleger bestellt worden war, um einen beabsichtigten notariellen Kaufvertag zu prüfen und seine Tätigkeit, deren Ergebnis er in einem Bericht zusammengefasst hatte, so bedeutsam und schwierig war, dass ein nicht juristisch vorgebildeter Verfahrenspfleger, dem eine eigenverantwortliche Prüfung oblag, hierfür einen Rechtsanwalt hinzugezogen hätte (OLG Düsseldorf FamRZ 2008, 76).

Vor diesem Hintergrund wird die von der Antragstellerin entfaltete Tätigkeit zu bewerten sein, wobei auch der Inhalt ihres Berichts vom 31.01.2010 zu berücksichtigen sein wird. Falls das Amtsgericht nach dieser Prüfung die Voraussetzungen einer Vergütung nach dem RVG verneint, wird es sich noch mit der in der Beschwerdeschrift hilfsweise vorgelegten Berechnung nach Zeitaufwand (§ 277 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit dem VBVG) zu befassen haben.

Das Amtsgericht wird auch zu prüfen haben, ob die Staatskasse im Festsetzungsverfahren (§§ 277 Abs. 5, 168 Abs. 1 Satz 1 FamFG) noch zu beteiligen ist.

4.

Der Senat sieht sich im Hinblick auf Verfahren, die nach den Vorschriften des FamFG zu bearbeiten sind, zu folgenden Hinweisen veranlasst:

Ein Beschluss, der die Genehmigung eines Rechtsgeschäfts zum Gegenstand hat, wird erst mit Rechtskraft wirksam; dies ist mit der Entscheidung auszusprechen (§ 40 Abs. 2 FamFG). Einen solchen Ausspruch enthält - insoweit unzutreffend - der hier angefochtene Beschluss vom 27.10.2010, obwohl es sich dabei nicht um einen Beschluss gemäß § 40 Abs. 2 FamFG handelt, weil darin nicht die Genehmigung eines Rechtsgeschäfts erteilt, sondern ein Vergütungsantrag abgelehnt worden ist. Nicht hingegen enthielt der - im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht streitgegenständliche - Beschluss vom 09.03.2010 (Datum der Urschrift; vom 12.04.2010 ausweislich der Ausfertigung Bl. 85), durch den die Genehmigung zum Kaufvertrag erteilt worden war, diesen Ausspruch.

Nach § 38 Abs. 3 FamFG ist das Datum des Erlasses eines Beschlusses, die durch Übergabe an die Geschäftsstelle oder durch Verlesen der Beschlussformel geschehen kann, auf dem Beschluss zu vermerken.

Auf Bedenken stößt auch die vom Amtsgericht verwendete Rechtsbehelfsbelehrung. Die Rechtsbehelfsbelehrung muss mit dem zwingenden, in § 39 FamFG vorgesehenen Inhalt aus sich heraus verständlich sein. Ein nicht anwaltlich vertretener Beteiligter muss also in den Stand gesetzt werden, allein anhand der Rechtsbehelfsbelehrung ohne Mandatierung eines Rechtsanwalts eine formrichtige Beschwerde einzulegen (BT-Drucks. 16/6308 S. 196; BGH FamRZ 2010, 1425; Prütting/Helms/Abramenko a.a.O. § 39 Rdn. 8; Keidel/Meyer-Holz a.a.O. § 39 Rdn. 12 f.; Bahrenfuss/Rüntz a.a.O. § 39 Rdn. 5 ff.). Diesen Anforderungen an eine aus sich heraus verständliche Rechtsbehelfsbelehrung genügt die Belehrung in dem angefochtenen Beschluss insoweit nicht, als sie - lediglich den Wortlaut des § 61 Abs. 2 FamFG wiedergebend - die Alternative „oder wenn das Gericht des ersten Rechtszuges die Beschwerde zugelassen hat“ enthält. Diese Formulierung ist geeignet, jedenfalls bei einem juristisch nicht vorgebildeten Leser Unklarheiten darüber hervorzurufen, ob das Amtsgericht in der betreffenden Sache die Beschwerde zugelassen hat, weil ein ausdrücklicher Ausspruch über die Nichtzulassung der Beschwerde nicht erforderlich ist. Bei Abfassung des Beschlusses muss das Gericht des ersten Rechtszuges prüfen, ob die Voraussetzungen für die Zulassung der Beschwerde nach § 61 Abs. 3 Satz 1 FamFG vorliegen, und weiß daher, ob es die Beschwerde zugelassen hat oder nicht. Falls es die Beschwerde - wie hier - nicht zugelassen hat, ist die in der Rechtsbehelfsbelehrung erwähnte Alternative überflüssig.

Für einen juristisch nicht vorgebildeten Leser sind zudem die Ausführungen zur Zulässigkeit der Rechtspflegererinnerung aus sich heraus insoweit nicht verständlich, als hier - lediglich den Wortlaut des § 11 Abs. 2 Satz 1 RPflG wiedergebend - die „allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften“ in Bezug genommen sind; da hier vom Amtsgericht eine Endentscheidung im Sinne des § 58 Abs. 1 FamFG getroffen ist, sind dies die Voraussetzungen, unter denen nach § 61 Abs. 1 FamFG eine Beschwerde unzulässig wäre.






OLG Köln:
Beschluss v. 10.01.2011
Az: 2 Wx 2/11


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