Landgericht Frankfurt am Main:
Urteil vom 9. November 2012
Aktenzeichen: 3-8 O 8/11

(LG Frankfurt am Main: Urteil v. 09.11.2012, Az.: 3-8 O 8/11)

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 €,ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Wochen, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen,

a) im geschäftlichen Verkehr die Aussage€Das bewährte A Servicekonzept bundesweit!€für Dienstleistungen im Bereich Müllsortierung zu verwenden, unter Verwendung dieser Aussage Dienstleistungen im Bereich Müllsortierung anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu bewerben, wenn dies geschieht wie in Anlage K 5;

b) sich im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung ihres auf die Erbringung von Dienstleistungen in der Abfallwirtschaft gerichteten Geschäftsbetriebs der Bezeichnung €A€GmbH€ zu bedienen;

c) im geschäftlichen Verkehr unter der Domain www€..de Dienstleistungen im Bereich Müllsortierung anzubieten oder anbieten zu lassen, wie geschehen in Anlage K 5;

2. der Klägerin Auskunft über Vertriebsweg der in 1.beschriebenen Dienstleistungen zu erteilen, insbesondere Angaben zu machen über Namen und Anschriften der am gewerblichen Vertrieb und der Erbringung der Dienstleistungen Beteiligten, der gewerblichen Abnehmer, über die Art und den Umfang der angebotenen und erbrachten Dienstleistungen sowie die Preise, die für die Dienstleistungen gezahlt wurden;

3. der Klägerin Auskunft über Art und Umfang der in 1.beschriebenen Handlungen zu erteilen, und zwar durch Vorlage eines Verzeichnisses aus dem sich die mit den Dienstleistungen nach 1.erzielten Umsätze und Gestehungskosten einschließlich aller Kostenfaktoren ergeben;

4. an die Klägerin 911,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit 24.10.2010 zu zahlen.

5. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus dem in 1.beschriebenen Handlungen bereits entstanden ist oder künftig noch entstehen wird.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 70.000,00€ vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird auf 69.500,00 € (Antrag zu 1. a)25.000,00 €, Antrag zu 1. b) 25.000,00 €, Antrag zu 1. c)12.500,00 €, Antrag zu 2. 5.000,00 € und Anträge zu 3.und 4. jeweils 1.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin ist seit 1997 unternehmerisch im Bereich Abfallwirtschaft tätig und firmiert gemäß Gesellschaftsvertrag vom 11.02.1998 zunächst unter dem Namen €B€ GmbH€(Bl. 76 d. A.).Mit Gesellschaftsvertrag vom 17.11.2009 firmierte die Klägerin in A GmbH um. Die Eintragung der Änderung der Firma im Handelsregister erfolgte am 12.04.2010 (Bl. 78 d. A.).

Die Klägerin ist Inhaberin der am 25.02.2009 für die Klasse 40(Sortieren von Müll und wieder verwertbaren Stoffen) eingetragenen Wortmarke A. Insoweit wird auf die Eintragungsurkunde in Bl. 13 u.14 d. A. verwiesen.

Die Klägerin verwendet seit November 1997 die Abkürzungen €a€ und €A€ auf Geschäftspapieren. Insoweit wird auf Unterlagen in Anlage K 3 in Bl. 18-22 d. A. verwiesen.

Der Sohn des Mitgeschäftsführers der Beklagten, X2, der die Klägerin ursprünglich mitgegründet hatte, gründete mit Gesellschaftsvertrag vom 14.05.2004 die Firma €A2 GmbH€mit Sitz in Stadt1. Diese Gesellschaft wurde am 12.07.2004 im Handelsregister des Amtsgerichts € eingetragen und verlegte ihren Sitz durch Änderung des Gesellschaftsvertrags vom 23.02.2006von Stadt1 nach Stadt2. Diese Änderung des Gesellschaftsvertrags (Sitzverlegung) wurde am 04.04.2006 in das Handelsregister des Amtsgerichts € eingetragen (Bl. 82 d. A.). Die Firma A2 GmbHist auch im Bereich der Abfallentsorgung tätig.

Die Beklagte wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 04.03.2009gegründet und am 28.04.2009 in das Handelsregister des Amtsgerichts € eingetragen (Bl. 80/81 d. A.). Sie führt nach ihrer Gründung am 04.03.2009 ihre Firma im Geschäftsverkehr. Die Beklagte ist im Bereich der Abfallwirtschaft tätig und Inhaberin der Domain €a-€.de€. Auf ihrer Website bietet die Beklagte bundesweit Dienstleistungen für Müllkostenreduzierung,Standplatzpflege, Abfallmanagement und Dienstleistungen zur Optimierung der Mülltrennung an. Dabei wirbt sie mit der Aussage (Bl. 25-28 d. A.)

€Das bewährte A Servicekonzept bundesweit!A € GmbH, B€.

Die Klägerin mahnte die Beklagte wegen der Benutzung ihrer Firma €A€ GmbH€ mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 03.07.2009 (Bl. 29-33 d. A.) ab.

Die Klägerin trägt vor, dass zwischen ihr und der A2 GmbH seit Jahren eine vertragliche Kooperation bestehe. Mithin würden A2 GmbHkeine kennzeichenrechtlichen Ansprüche gegen die Klägerin zustehen.Vielmehr leite die A2 GmbH ihre Berechtigung zur Benutzung ihrer Firma von der Klägerin ab. Deshalb könne auch die Beklagte von der A2 GmbH keine Rechte ableiten.

Seit jeher würde sie das Kürzel A im geschäftlichen Verkehr verwenden.

Die Klägerin macht Unterlassungsansprüche aus §§ 14 Abs. 5 und 15 Abs. 4 MarkenG geltend.

Die Klägerin trägt vor, dass die Verwendung des Zeichens €A€ durch die Beklagte eine Verwechselungsgefahr zur ihrer Marke begründe. Die von der Beklagten angebotenen Dienstleistungen seien mit denen der Klägerin identisch. Beide Parteien würden bundesweit Dienstleistungen im Bereich Abfallwirtschaft anbieten, insbesondere ein spezielles Verfahren zur Müllreduzierung und Müllkostenoptimierung. Zwischen beiden Zeichen bestehe eine gesteigerte Zeichenähnlichkeit.

Darüber hinaus macht die Klägerin Auskunftsansprüche,Feststellung von Schadensersatz und Erstattung der ihr durch die Abmahnung vom 03.07.2009 entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 911,80 Euro geltend.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu Euro 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren, die Ordnungshaft zu vollziehen an ihren Geschäftsführern, zu unterlassen,a) im geschäftlichen Verkehr die Aussage€Das bewährte A Servicekonzept bundesweit!€für Dienstleistungen im Bereich Müllsortierung zu verwenden, unter Verwendung dieser Aussage Dienstleistungen im Bereich Müllsortierung anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu bewerben, wenn dies geschieht wie in Anlage K 5;b) sich im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung ihres auf die Erbringung von Dienstleistungen in der Abfallwirtschaft gerichteten Geschäftsbetriebs der Bezeichnung €A€ GmbH€ zu bedienen;c) im geschäftlichen Verkehr unter der Domain www a€.de www.ccsp-west-service.de Dienstleistungen im Bereich Müllsortierung anzubieten oder anbieten zu lassen, wie geschehen in Anlage K5;

2. der Klägerin Auskunft über Vertriebsweg der in Antrag 1beschriebenen Dienstleistungen zu erteilen, insbesondere Angaben zu machen über Namen und Anschriften der am gewerblichen Vertrieb und der Erbringung der Dienstleistungen Beteiligten, der gewerblichen Abnehmer, über die Art und Umfang der angebotenen und erbrachten Dienstleistungen sowie über die Preise, die für die Dienstleistungen gezahlt wurden.3. der Klägerin Auskunft über Art und Umfang der in Antrag 1beschriebenen Handlungen zu erteilen und zwar durch Vorlage eines Verzeichnisses, aus dem sich die mit den Dienstleistungen nach Antrag 1 erzielten Umsätze und die Gestehungskosten einschließlich aller Kostenfaktoren, jeweils aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren, sowie Art und Umfang der betriebenen Werbung, gegliedert nach Werbeträger, Auflagenzahl,Erscheinungszeit und Verbreitungsgebiet, ergeben.4. an die Klägerin 911,80 Euro nebst Zinsen i. H. v. 5Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p. a. seit dem 24.10.2010 zu zahlen.5. Die Klägerin beantragt darüber hinaus, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen,der diese aus den im Antrag 1 beschriebenen Handlungen bereits entstanden ist oder künftig noch entstehen wird.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, dass sie von der A2 GmbH die Lizenz zur Verwendung des Zeichens/Firmenbestandsteil €A€ aufgrund einer Vereinbarung vom 24.02.2009 erhalten habe. Insoweit wird auf die Anlage B 5 in Blatt 110 d. A. verwiesen.

Da die Firma A2 GmbH das Zeichen €A€ seit ihrer Gründung ständig und umfangreich im Geschäftsverkehr benutze, habe sie ihrerseits gegen die Klägerin einen durchsetzbaren Löschungsanspruch gemäß §§ 51 Abs. 1 in Verbindung § 12 und § 5MarkenG.

Soweit es um das von der Klägerin benutzte Kürzel €A€ gehe, sei darauf hinzuweisen, dass dieses Kürzel vom Geschäftsführer/Gesellschafter der A2 GmbH, X2, und dem seinerzeitigen Geschäftsführer der Klägerin und jetzigen Geschäftsführer der Beklagten, X1, kreiert worden sei.

Im Übrigen seien die Firmenbestandteile €€€ausreichend, um eine Verwechselung mit der Marke A zu vermeiden.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Die Klage ist überwiegend begründet.

Der Antrag zu 1. a) ist nach §§ 4 Nr. 1, 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 MarkenG begründet, weil die Beklagte mit ihrer Werbung auf ihrer Internetseite €Das bewährte A Service Konzept bundesweit!€ die Wortmarke der Klägerin, A, verletzt.

Die Beklagte verwendet die Aussage €Das bewährte A Service Konzept bundesweit!€ zur Kennzeichnung ihrer Dienstleistungen, Müllkostenreduzierung, Standplatzpflege, Abfallmanagement und Optimierung der Mülltrennung aus einem bestimmten Unternehmen, A€ GmbH, stammend (markenmäßig).

Eine markenmäßige Benutzung ist immer dann anzunehmen, wenn ein Zeichen zum Zwecke des Produktabsatzes verwendet wird und dazu geeignet ist, die gekennzeichnete Ware von Waren anderer Unternehmen zu unterscheiden (BGH GRUR 2005, 583, 584 € lila € Postkarte). Eine markenmäßige Benutzung eines fremden Kennzeichens liegt deshalb vor, wenn sein Gebrauch in dem konkreten Fall dazu geeignet ist, die Funktion der Marke, d. h., insbesondere deren Hauptfunktion, als Hinweis auf die Herkunft der Ware gegenüber Verbrauchern zu fungieren, beeinträchtigt oder beeinträchtigen kann (EuGH GRUR 2010, 445 ff. Tz. 75-80 € Google und Google France). Ob dies der Fall ist, bestimmt sich nach der Verkehrsauffassung, d. h., im Regelfall nach der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise (hier: Unternehmen, die sich für Mülltrennung und Müllentsorgung interessieren und darauf angewiesen sind). Dabei wird die Verkehrsauffassung durch den Marktauftritt des angegriffenen Zeichens bestimmt, wobei alle Umstände der angegriffenen Verletzungshandlung und deren Begleitumstände zu berücksichtigen sind (Ströbele/Hacker Markengesetz, 9. Auflage, § 14 R. 80).

Eine markenmäßige Verwendung im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG liegt insbesondere dann vor, wenn die Hauptfunktion der eingetragenen Wortmarke, hier A, die Gewährleistung der Herkunft der Dienstleistungen gegenüber den angesprochenen Verkehrskreisen (im Folgenden: herkunftshinweisende Funktion) durch die Verwendung der Aussage €Das bewährte A Service Konzept bundesweit!€ beeinträchtigt wird oder werden könnte.

Ob diese Funktion beeinträchtigt wird oder werden könnte, hängt von der konkreten Gestaltung der Aussage auf der Internetseite der Beklagten ab.

Auf eine Beeinträchtigung der herkunftshinweisenden Funktion ist zu schließen, wenn mit der konkreten Aussage €Das bewährte A Service Konzept bundesweit!€ suggeriert wird, dass zwischen dem Servicekonzept der Beklagten und dem Inhaber der Wortmarke A eine wirtschaftliche Verbindung besteht (EuGH GRUR 2010, 445 Tz. 89-Google und Google France).

Im Hinblick darauf, dass beide Parteien in der Abfallwirtschaft tätig sind und auch noch gleiche Dienstleistungen, wie Müllkostenreduzierung, Standplatzpflege, Abfallmanagement und Mülltrennung anbieten, liegt es nahe, dass die mit der Werbung €Das bewährte A Service Konzept bundesweit!€ angesprochenen Verkehrskreise eine wirtschaftliche Verbindung der beiden Parteien annehmen, zumal auch die Beklagte das Zeichen A als Firmenbestandteil führt.

Der Klägerin steht auch ein Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. und Abs. 5 MarkenG zu, soweit es um die angegriffene Werbung der Beklagten €Das bewährte A Service Konzept bundesweit!€ geht, weil insoweit eine Verwechselungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zwischen der zu Gunsten der Klägerin eingetragenen Marke, A, für Dienstleistungen auf dem Gebiet der Sortierung von Müll und wieder verwertbaren Stoffen und dem von der Beklagten verwendeten Zeichen €A Service Konzept€ für die Dienstleistungen Müllkostenreduzierung, Standplatzpflege, Abfallmanagement und Mülltrennung besteht.

Die Beurteilung der Verwechselungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Zeichen und der mit ihnen gekennzeichneten Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, sodass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann (BGH GRUR 2009, 484 Tz. 23 € METROBUS; GRUR 2010, 729 Tz. 22 € MIXI).

Für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist der jeweilige Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen zu berücksichtigen. Das schließt nicht aus, dass u. U. ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (BGH GRUR 2009, 484 Tz. 32 € METROBUS). Weiterhin ist nicht ausgeschlossen, dass ein Zeichen, das als Bestandteil in einer zusammengesetzten Marke aufgenommen wird, eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der Marke dominiert oder prägt (EuGH GRUR 2005, 1042 Tz. 30 € THOMSON LIFE; BGH GRUR 2009, 155 Tz. 23 € airdsl).

Danach stehen sich die eingetragene Wortmarke A und der Bestandteil A in der von der Beklagten betriebenen Werbung €Das bewährte A Service Konzept bundesweit!€ gegenüber. Denn dem Bestandteil €A€ kommt in dem angegriffenen Gesamtzeichen jedenfalls eine selbständig kennzeichnende Stellung zu, weil die übrigen Bestandteile rein beschreibend sind. Insbesondere beschreibt der Begriff Service Konzept schlagwortartig, worum es bei der Tätigkeit der Beklagten geht, nämlich um für die Müllentsorgung entwickelte Dienstleistung, wie Müllkostenreduzierung, Standplatzpflege und Abfallmanagement. Außerdem achtet der angesprochene Verkehr auf die Buchstabenreihenfolge A mehr als auf die anderen Wörter.

Deshalb erachtet die Kammer die Buchstabenreihenfolge A auch als prägend für den Gesamteindruck der Werbung €Das bewährte A Service Konzept bundesweit!€

Die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in (Schrift-) Bild, im Klang oder der Bedeutung zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Um die Zeichenähnlichkeit zu bejahen, reicht in der Regel bereits eine Ähnlichkeit in einem der genannten Wahrnehmungsbereiche aus (BGH GRUR 2009, 1055 R. 26 € airdsl).

Danach ist von klanglicher und schriftbildlicher Identität der sich gegenüberstehenden Zeichen €A€ auszugehen.

Der Klagemarke €A€ kommt von Haus aus eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft für die Dienstleistungen aus dem Bereich Müllsortierung zu.

Zwischen den Dienstleistungen für die die Marke des Klägers €A€ Schutz genießt (Sortieren von Müll und wieder verwertbaren Stoffen), und den Dienstleistungen, die die Beklagte in der angegriffenen Aussage bewirbt, Müllkostenreduzierung, Standplatzpflege, Abfallmanagement und Mülltrennung besteht zumindest eine hochgradige Ähnlichkeit. Denn es geht auf beiden Seiten um Müllsortierung im weiteren Sinne.

Danach ist im Rahmen der Wechselwirkung von einer klanglichen und schriftbildlichen Identität der sich gegenüberstehenden Zeichen, eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft der Wortmarke und zumindest eine hochgradige Ähnlichkeit zwischen den Dienstleistungen auszugehen. Dies reicht für die Annahme aus, dass die durch die Aussage

€Das bewährte A Service Konzept bundesweit!€ angesprochenen Verkehrskreise davon ausgehen, dass das von der Beklagten beworbenen A Service Konzept aus ein und demselben Unternehmen stammt, so dass eine Verwechselungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gegeben ist.

Soweit es um die Internetdomain der Beklagten €a-€.de€, dem Antrag zu 1. c), geht, steht der Klägerin ebenfalls ein Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 MarkenG zu, soweit es um Dienstleistungen aus dem Bereich der Müllsortierung geht.

Denn die Verwendung eines Domainnamens im Geschäftsverkehr stellt in der Regel zugleich eine markenmäßige Nutzung dar, weil ein Domainnamen nicht nur als Unternehmensbezeichnung verstanden wird, sondern zugleich auch einen Bezug zu den von der Beklagten auf ihrer Internetseite angebotenen Dienstleistungen hergestellt wird (BGH GRUR 2009, 1055 Tz. 57-59 € airdsl).

Die Beklagte bietet auf ihrer Website Dienstleistungen für Müllkostenreduzierung, Standplatzpflege, Abfallmanagement und Mülltrennung an, sodass eine markenmäßige Nutzung des angegriffenen Domainnamens vorliegt.

Nach den vorstehenden Ausführungen besteht auch eine Verwechselungsgefahr, weil €a€ in dem Domainnamen wiederum prägend ist. Denn die übrigen Bestandteile des Domainnamens, €,€ und .de, haben lediglich rein beschreibende Funktionen. So ergibt sich aus dem Begriff €, dass die Beklagte Dienstleistungen anbietet. Dem Zusatz €.de€ misst der Verkehr allein eine funktionale Bedeutung bei (so ausdrücklich BGH NJW 2005, 1198 € soco.de). Gleiches gilt für den Zusatz €€€.

Danach ist im Rahmen der Wechselwirkung wiederum von klanglicher und schriftbildliche Identität, durchschnittliche Kennzeichnungskraft und hochgradige Dienstleistungsähnlichkeit auszugehen, was wiederum für eine unmittelbare Verwechselungsgefahr spricht.

Die Beklagte kann diesen markenrechtlichen Unterlassungsansprüchen nicht die Einrede der Löschungsreife der Klagemarke nach §§ 5, 12, 51 Abs. 1 MarkenG entgegenhalten. Dies gilt selbst dann, wenn die Firma A € die Beklagte zur einredeweisen Geltendmachung eines entsprechenden Rechts aus §§ 5, 12, 51 Abs. 1 MarkenG ermächtigt haben sollte. Denn die Klagemarke greift weder in den Schutzbereich der Kennzeichenrechte der Firma A2 GmbH noch in den der Kennzeichenrechte der Beklagten ein. Zwar ist das Unternehmenskennzeichen der Firma A2 GmbH gegenüber der Klagemarke prioritätsälter. Trotzdem scheidet ein Löschungsanspruch der Fa. A2 GmbH gegenüber der Klägerin nach § 12 MarkenG aus.

Denn die Klägerin als Inhaberin der Klagemarke kann ihrerseits einem Löschungsanspruch der Firma A2 GmbH die Einrede der Löschungsreife der Fa. A2 GmbH nach § 37 Abs. 2 HGB entgegensetzen. Die Fa. A2 GmbH wird nämlich unbefugt im Sinne von § 37 Abs. 2 HGB gebraucht. Ein unbefugter Gebrauch in diesem Sinne liegt insbesondere dann vor, wenn das Kennzeichenrecht eines anderen nach §§ 5, 15 MarkenG verletzt wird (Hopt HGB 33. Auflage, § 37 R. 10).

Die Firma A2 GmbH verletzt das prioritätsältere Unternehmenskennzeichen der Klägerin €A€. Denn die Klägerin verwendet die Buchstabenreihenfolge €A€ ausweislich der Unterlagen in Anlage K 3 (Bl. 18-21 d.A.) seit November 1997 als Firmenschlagwort zur Kennzeichnung ihres Unternehmens. Als Firmenschlagworte kommen auch nicht aussprechbare Buchstabenfolgen in Betracht.

Die Gesamtbezeichnung der Firma der Klägerin lautete ursprünglich B€ GmbH. Die Buchstabenreihenfolge A fasst diese Gesamtbezeichnung zusammen, indem sie die jeweils ersten Buchstaben zu A als Kurzbezeichnung (schlagwortartige Kennzeichnung der Firmenbestandteile B €) zusammenfügt. Ein so entstandenes Firmenschlagwort genießt nach § 5 Abs. 1 und 2 MarkenG Kennzeichenschutz, wenn es für sich genommen hinreichend unterscheidungskräftig und geeignet ist, den Verkehr als Kurzbezeichnung zu dienen (BGH NJW 2005, 1198 € soco.de). Die Kurzbezeichnung A hat im Bereich Müllsortierung jedenfalls durchschnittliche Kennzeichnungskraft, weil der angesprochene Verkehr die Kurzbezeichnung A nicht ohne weiteres mit einem Konzept zur Mülltrennung verbindet.

Die Kurzbezeichnung A ist auch geeignet, den Verkehr als schlagwortartige Kennzeichnung der Firma der Klägerin zu dienen.

Das Firmenschlagwort A ist auch prioritätsälter als die Firma A2 GmbH. Denn die Klägerin verwendet diese Kurzbezeichnung ausweislich der Unterlagen in Bl. 18-21 d. A. seit November 1997 und die Firma A2 GmbH wurde erst am 14.05.2004 gegründet, sowie am 12.07.2004 in das Handelsregister des Amtsgerichts € eingetragen.

Die Firma A2 GmbH stellt auch eine Verwechselungsgefahr im Sinne von § 15 Abs. 2 MarkenG im Hinblick auf das Firmenschlagwort der Klägerin €A€ dar. Insoweit gilt die vorstehend zum Markenrecht (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) beschriebene Wechselwirkungstheorie entsprechend. Ausgehend davon kommt dem Bestandteil €A€ in der Firma A2 GmbH eine selbständig kennzeichnende Stellung zu mit der Folge, dass im Rahmen der Zeichenähnlichkeit sich wiederum der Bestandteil A der Firma A2 GmbH und das Firmenschlagwort der Klägerin A gegenüberstehen, sodass klangliche und schriftbildliche Identität gegeben ist.

Dem Firmenschlagwort kommt von Haus aus durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu.

Schließlich ist zumindest durchschnittliche Branchennähe gegeben, da beide Firmen im Bereich der Abfallwirtschaft tätig sind.

Danach ist im Rahmen der Wechselwirkung von klanglicher und schriftbildlicher Identität der sich gegenüberstehenden Zeichen, durchschnittlicher Kennzeichnungskraft des Firmenschlagworts A und durchschnittliche Branchennähe auszugehen. Dies führt wiederum zur Annahme einer unmittelbaren Verwechselungsgefahr, nämlich dass die angesprochenen Verkehrskreise davon ausgehen, dass beide Firmen zusammen gehören.

Danach steht der Klägerin grundsätzlich ein Anspruch auf Löschung der Firma A2 GmbH nach § 37 Abs. 2 HGB zu. Ob dieser Löschungsanspruch wegen der vertraglichen Beziehung zwischen der Klägerin und A2 GmbH zurzeit nicht durchsetzbar ist, kann offen bleiben. Denn die Klägerin kann jedenfalls gegenüber dem Löschungsanspruch der Firma A2 GmbH aus § 12 MarkenG ihren Löschungsanspruch aus § 37 Abs. 2 HGB einredeweise entgegensetzen.

Insoweit kann die Beklagte nicht darauf verweisen, dass das Kürzel €A€ vom Geschäftsführer der A2 GmbH, X2, und dem damaligen Geschäftsführer der Klägerin und jetzigen Geschäftsführer der Beklagten, X1, kreiert worden sei. Denn ohne vertragliche Regelung kann weder die A2 GmbH noch die Beklagte deswegen ältere Rechte gegenüber der Klägerin herleiten. Denn aufgrund der Benutzung der Buchstabenreihenfolge €A€ steht der Klägerin ein Recht daran zu und nicht deren ehemalige Gesellschafter und Geschäftsführer, X1 und X2.

Nichts anderes gilt im Verhältnis zur Beklagten, weil der Klägerin auch ihr gegenüber aufgrund der Benutzung des Firmenschlagworts €A€ ein Unterlassungsanspruch aus §§ 5, 15 Abs. 2 und 4 MarkenG zusteht.

Soweit es um die Firma der Beklagten, A € GmbH, geht (Antrag zu 1. b), scheidet ein Unterlassungsanspruch aus §§ 4 Nr. 1, 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 MarkenG zwar aus, weil es insoweit an einer markenmäßigen Benutzung fehlt. Denn eine rein firmenmäßige Verwendung eines Zeichens stellt keine markenmäßige Verwendung dar.

Insbesondere ist eine Benutzung für €Waren und Dienstleistungen€ im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht gegeben, wenn ein Firmenzeichen nur für die Bezeichnung eines Geschäfts verwendet wird (BGH Urteil vom 13.09.2007- IZR 33/05 € The Home Store und EuGH Urteil vom 11.09.2007 € Celine). Bereits deshalb kann eine rein firmenmäßige Verwendung der Bezeichnung A€ GmbH keine Verwechselungsgefahr bezüglich der eingetragenen Wortmarke der Klägerin €A€ begründen. Denn es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Beklagte ihr Firmenzeichen, A€ GmbH, auch markenmäßig nutzt.

Allerdings liegt eine Verwechselungsgefahr im Sinne von § 15 Abs. 2 MarkenG zwischen dem Firmenschlagwort der Klägerin €A€ und der Firma der Beklagten €A € GmbH€ vor.

Insoweit kann auf die vorstehenden Ausführungen zum Unterlassungsanspruch gegenüber der Firma A2 GmbH verwiesen werden.

Denn auch in dem Unternehmenskennzeichen A€ GmbH kommt dem Firmenbestandteil A eine selbständig kennzeichnende Stellung zu mit der Folge, dass aufgrund der vorstehenden Ausführungen auch eine Verwechselungsgefahr im Sinne von § 15 Abs. 2 MarkenG gegeben ist.

Der Feststellungsantrag ist nach § 14 Abs. 6 bzw. 15 Abs. 5 MarkenG begründet.

Die Auskunftsansprüche sind nach §§ 19 Abs. 1 und 3, 19 d MarkenG, 242 BGB begründet, allerdings nicht, soweit es um die im Antrag zu 4 begehrten Auskünfte €€ jeweils aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren, sowie Art und Umfang der betriebenen Werbung, gegliedert nach Werbeträger, Auflagenzahl, Erscheinungszeit und Verbreitungsgebiet€ geht. Insoweit stehen der Klägerin keine Auskunftsansprüche zu. Insbesondere ist nicht ersichtlich, inwieweit die Klägerin auf diese Auskünfte zur Berechnung ihrer Schadens angewiesen ist.

Der Vernichtungsanspruch ist aus §18 MarkenG begründet.

Soweit es um den Antrag auf Zahlung der Abmahnkosten geht (Antrag zu 4), steht der Klägerin ein Anspruch aus §§ 683 Satz 1, 677, 670 BGB (Geschäftsführung ohne Auftrag) zu.

Ein solcher Anspruch erfordert, dass eine Abmahnung dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Abgemahnten entspricht (§ 683 Satz 1 BGB). Wenn dem Abmahnenden gegen den Abgemahnten ein durchsetzbarer Unterlassungsanspruch zusteht, so liegt eine auf diesen Unterlassungsanspruch bezogene Abmahnung im Regelfall (auch) im Interesse des Abgemahnten, weil sie ihm eine außergerichtliche und damit kostengünstigere Streiterledigung ermöglicht. Die Abmahnung vom 03.07.2009 (Bl. 29-33 d. A.) erfüllt diese Voraussetzung, da sie nach den vorstehenden Ausführungen nach § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG berechtigt war.

Allerdings geht es in dieser Abmahnung nur um den Unterlassungsanspruch wegen der Firma der Beklagten, nicht jedoch auch wegen Markenverletzungen im Übrigen, wie in der Klageschrift in den Anträgen zu 1a) und 1c) geltend gemacht.

Danach steht der Klägerin ein Anspruch auf Verwendungsersatz nach § 683 Satz 1 BGB in Höhe einer 1,3fachen Gebühr nach Nr. 2300 RVG VV aus einem Streitwert von 25.000,- Euro sowie Auslagen in Höhe von 20,- Euro nach Nr. 7002 RVG VV zu.

Der Streitwert der Abmahnung richtet sich nach der Höhe des für die Gerichtskosten maßgeblichen Wertes. Danach kommt es darauf an, welcher Wert im Fall einer gerichtlichen Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs festgesetzt worden wäre. Dieser Wert wäre nach §§ 40 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO nach billigem Ermessen zu schätzen gewesen.

Grundlagen für die Schätzung sind bei Kennzeichenrechtsverletzungen zum einen der Wert des Kennzeichens und zum anderen der so genannte Angriffsfaktor, d. h. die Frage, in welcher Weise das Schutzrecht durch die beanstandete Verletzungshandlung beeinträchtigt wird. Im Falle eines Kennzeichenrechtsstreits wird der Wert des verletzten Kennzeichens in der Regel durch deren Bekanntheit und Ruf bestimmt. Soweit das Gericht die Faktoren nicht bereits aus eigener Kenntnis einzuschätzen weiß, kann den Umsätzen, die in der Vergangenheit unter dem Kennzeichen erzielt worden sind, insoweit Indizwirkung zukommen.

Der Angriffsfaktor wird grundsätzlich durch den Charakter und den Umfang der ohne das angestrebte Verbot drohenden weiteren Verletzungshandlungen und damit auch durch die Größe und Bedeutung des Unternehmens des Verletzers bestimmt. Auf den Umfang der bereits begangenen Verletzungsverhandlung kommt es dagegen € abgesehen von deren möglicher indizieller Bedeutung für den Umfang künftig drohender Verletzungen € nicht maßgeblich an.

Bei Anwendung der vorstehenden Grundsätze auf den vorliegenden Fall erscheint das Interesse der Klägerin auf Unterlassung im Hinblick auf die Indizwirkung der Streitwertangabe in der Abmahnung mit einem Streitwert von 25.000,- Euro angemessen bewertet.

Dies ergibt Abmahnkosten einschließlich der Auslagenpauschale in Höhe von 911,80 Euro (Bl. 32 d. A.).

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit erging nach § 709 ZPO.






LG Frankfurt am Main:
Urteil v. 09.11.2012
Az: 3-8 O 8/11


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