Finanzgericht Köln:
Urteil vom 13. August 2008
Aktenzeichen: 4 K 3303/06

(FG Köln: Urteil v. 13.08.2008, Az.: 4 K 3303/06)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Einkünfte eines Rechtsanwalts aus seiner Tätigkeit als Konkurs-, Vergleichs-, Gesamtvollstreckungs- und Insolvenzverwalter als der Gewerbesteuer unterliegende Einkünfte zu qualifizieren sind.

Der Kläger ist Rechtsanwalt in einer Sozietät. Daneben ist er seit 0000 als Konkurs-, Vergleichs-, Gesamtvollstreckungs- und Insolvenzverwalter tätig und hat weit mehr als ... Insolvenzfälle bearbeitet. Weiterhin übt er eine beratende Tätigkeit im Handels- und Gesellschaftsrecht aus. [...] Seit 0000 ist er zusätzlich Lehrbeauftragter an der ... und wurde am 00.00.0000 zum Honorarprofessor ernannt.

Für seine Insolvenzverwaltertätigkeit unterhält der Kläger u.a. Büros in B, D, N und seit 0000 auch in E. Für die Gestellung von Personal, Räumlichkeiten und Material im Zusammenhang mit der Insolvenzverwaltungstätigkeit erhält die Sozietät Kostenumlagen durch den Kläger.

Der Kläger erzielte in den Streitjahren folgende Netto-Einnahmen:

1998 1999 2000 Tätigkeit als Insolvenzverwalter ... DM ... DM ... DM Tätigkeit als Rechtsanwalt ... DM ... DM ... DM Insolvenzverfahren, die dem Kläger von den Amtsgerichten zugewiesen wurden ... ... ... Davon eröffnet ... ... ...

Für die Erledigung seiner Aufgaben setzt der Kläger 11 Mitarbeiter der Sozietät, die anteilig mit Insolvenztätigkeiten beschäftigt sind, und weitere freie Mitarbeiter ein. Neun der festangestellten Mitarbeiter haben eine Ausbildung als Rechtsanwaltsfachangestellte oder Anwaltssekretärin, die Mitarbeiter sind hochqualifiziert und einige haben als Tätigkeitsschwerpunkt das Rechtsgebiet der Insolvenzverfahren. Zwei angestellte Rechtsanwälte werden zu 50 % bzw. 20 % mit Tätigkeiten in Insolvenzverfahren betraut. Zusätzlich werden sechs freie Mitarbeiter - die alle wie der Kläger die Qualifikation als Rechtsanwalt besitzen - beschäftigt, die die Insolvenzfälle in Abstimmung mit dem Kläger bearbeiten. Einige dieser freien Mitarbeiter wurden in die Sozietät aufgenommen und/oder üben nunmehr eigenständig als Rechtsanwälte eine Tätigkeit als Insolvenzverwalter aus. Im Jahr 1998 wurden ca. ... DM an freier Mitarbeitervergütung im Rahmen der Insolvenzbearbeitung aufgewendet. Im Jahre 1999 belief sich der Betrag auf ca. ... DM und im Jahre 2000 auf ca. ... DM.

Die Einkünfte erklärte der Kläger bei seiner Einkommensteuererklärung als solche aus selbständiger Arbeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG.

Der Beklagte führte für die Streitjahre eine Betriebsprüfung durch. Der Betriebsprüfer war der Auffassung, dass die Einkünfte aus der Tätigkeit als Insolvenzverwalter den gewerblichen Einkünften zuzuordnen seien und setzte mit Bescheiden vom 04.03.2005 erstmalig Gewerbesteuermessbeträge in Höhe von ... DM für 1998, ... DM für 1999 und ... DM für 2000 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 der Abgabenordnung (AO) fest.

Der Kläger legte hiergegen mit Schreiben vom 23.03.2005 Einspruch ein, mit dem er sich gegen die Umqualifizierung der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Einkünfte aus Gewerbebetrieb richtete.

Mit Einspruchsentscheidung vom 13.07.2006 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und vertrat unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 12.12.2001 (XI R 56/00, BStBl II 2002, 202) die Auffassung, dass die Einkünfte aus der Tätigkeit als Insolvenzverwalter Einkünfte aus § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG und nicht § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG darstellten, mit der Folge, dass es sich um gewerbliche Einkünfte handele, wenn die erbrachten Leistungen nicht auf der persönlichen Arbeitsleistung des Verwalters beruhten. Letzteres sei beim Kläger aber der Fall. Der Kläger übe seine Tätigkeit überregional aus und werde aufgrund seiner langjährigen Erfahrung auch für schwierige und sehr umfangreiche, arbeitsintensive Verfahren namhafter Unternehmen von den Amtsgerichten als Verwalter bestellt. Zudem bediene er sich einer Vielzahl von hoch qualifizierten Mitarbeitern. Aus der Anzahl der für den Kläger im Bereich der Insolvenzverwaltung tätigen Mitarbeiter und dem Umstand, dass insbesondere die freiberuflichen Mitarbeiter ebenfalls über die Qualifikation als Rechtsanwalt verfügten und, teilweise im Anschluss an ihre Tätigkeit für den Kläger, selbst zu Insolvenzverwaltern bestellt worden seien, könne gefolgert werden, dass diese bereits in ihrer Tätigkeitszeit beim Kläger eigenverantwortlich und nicht nur auf dem Niveau der untergeordneten Zuarbeit tätig waren. Auch seien die weiteren arbeitsintensiven Tätigkeitsfelder des Klägers zu berücksichtigen, die überwiegend - z.B. als Sprecher des ... und als Lehrbeauftragter an der ... - seinen persönlichen Einsatz und seine Präsenz erforderten, so dass ihm entsprechend weniger Arbeitszeit zur Verfügung stehe, um die ihm zugewiesenen Insolvenzverwaltungen zu führen. Allein dies erfordere offensichtlich die Einschaltung einer Reihe von eigenverantwortlich arbeitenden Mitarbeitern.

Mit der vorliegenden Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Der Kläger ist der Ansicht, dass die Umqualifizierung der Einkünfte in seinem Fall verfassungswidrig sei. Zur Begründung verweist er auf ein Gutachten von Prof. Dr. ... und Professor Dr. ... vom ... . Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das vorgelegte Gutachten Bezug genommen. Zudem gehöre die Tätigkeit eines Insolvenzverwalters nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum typischen Berufsbild des Katalogberufes eines Rechtsanwaltes und sei daher den Einkünften nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG zuzuordnen. Sein eigener Sachverhalt sowie sein Berufsbild wichen erheblich von dem im BFH-Urteil vom 12.12.2001 geschilderten ab. Der der Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt sei aufgrund seiner Besonderheiten - es würden fast ausschließlich Umsätze aus Gesamtvollstreckungsverfahren realisiert - nicht auf andere Fälle übertragbar. Zudem erziele er selbst an allen Standorten neben seiner Insolvenzverwaltertätigkeit auch betragsmäßig ins Gewicht fallende Umsätze aus sonstiger anwaltlicher Tätigkeit. Aufgrund seines Arbeitseinsatzes und seiner fachlichen Kompetenz verbunden mit einer effizienten Organisation und qualifiziertem Personal sei er auch zeitlich in der Lage, leitend und eigenverantwortlich tätig zu sein. Ein Insolvenzverwalter sei nach einem Aufsatz von Gräber (NZI 2003, 569) auch in der Lage, höchstpersönlich bis zu 74 Unternehmensinsolvenzen pro Jahr abzuwickeln. Verbraucherinsolvenzen seien bei dieser Betrachtung wegen ihres minimalen Arbeitsaufwandes zu vernachlässigen. Diese Zahl sei aber zu keinem Zeitpunkt überschritten worden. Ferner sei er im Übrigen in der Vergangenheit wiederholt steuerlichen Außenprüfungen unterzogen worden, in denen zu keinem Zeitpunkt die Gewerbesteuerproblematik thematisiert worden sei. Schon alleine unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes könne eine erstmalige Festsetzung von Gewerbesteuermessbeträgen für Veranlagungszeiträume, die vor dem Urteil des BFH vom 12.12.2001 lägen, nicht mehr erfolgen.

Der Kläger beantragt,

die Gewerbesteuermessbetragsbescheide 1998, 1999 und 2000 vom 04.03.2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.07.2006 aufzuheben,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte hält weiterhin an seiner Auffassung fest, dass der Kläger im Rahmen seiner Insolvenzverwaltertätigkeit gewerbliche Einkünfte erziele. Das vorgelegte Gutachten könne die geltende Gesetzeslage und die hierzu ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung nicht widerlegen. Zudem befasse es sich lediglich in allgemeiner Form und nicht streitfallbezogen mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Frage der Qualifizierung der Einkünfte.

Gründe

I. Die Klage ist unbegründet.

Die Gewerbesteuermessbetragsbescheide 1998 bis 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.7.2006 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das beklagte Finanzamt hat die Einkünfte des Klägers aus der Insolvenzverwaltertätigkeit zutreffend als der Gewerbesteuer unterliegende Einkünfte behandelt.

1. Der Kläger unterfällt mit seinen Einkünften aus der Insolvenzverwaltertätigkeit gemäß § 2 Abs. 1 GewStG der Gewerbesteuer. Danach unterliegt jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird, der Gewerbesteuer. Unter Gewerbebetrieb ist nach Satz 2 der Vorschrift ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes zu verstehen. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG ist Gewerbebetrieb eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs anzusehen ist. Die selbständige Berufstätigkeit der Rechtsanwälte ist grundsätzlich freiberufliche Tätigkeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG. Jedoch kommt es für die Abgrenzung zwischen gewerblichen und freiberuflichen Einkünften nicht schlechthin auf die Aus- und Vorbildung sowie auf die Berufsbezeichnung des Steuerpflichtigen, sondern auf die Art der von ihm ausgeübten Tätigkeit an. Wesentliches Merkmal der freiberuflichen Tätigkeit zur Abgrenzung gegenüber der gewerblichen Tätigkeit ist die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung des Freiberuflers.

2. Die Tätigkeit des Klägers im Bereich der Insolvenzverwaltung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -BFH-, der auch der erkennende Senat folgt, eine vermögensverwaltende i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG und keine freiberufliche Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG (vgl. BFH-Urteile vom 29.03.1961 IV 404/60 U, BStBl III 1961, 306; vom 05.07.1973 IV R 127/69, BStBl II 1973, 730; vom 11.05.1989 IV R 152/86, BStBl II 1989, 729; vom 12.12.2001 XI R 56/00, BStBl II 2002, 202; vgl. auch z.B. Stuhrmann in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, § 18 Rdnr. B 228; Schmidt/Wacker, EStG, 26. Auflage 2007, § 18 Rdnr. 97, 141). Aber auch eine der Art nach selbständige vermögensverwaltende Tätigkeit des Klägers im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG kann nach der sogenannten Vervielfältigungstheorie unter Berücksichtigung der Gesamtumstände als ein Gewerbebetrieb im Sinne des § 2 Abs. 1 GewStG eingestuft werden. Nach der vom Reichsfinanzhof -RFH- und BFH entwickelten Vervielfältigungstheorie, die für vermögensverwaltende Tätigkeiten nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG nach wie vor gilt (Umkehrschluss aus § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG; vgl. BFH-Urteil vom 11.08.1994 IV R 126/91, BStBl II 1994, 936; Schmidt/Wacker, a.a.O., § 18 Rdnr. 23), gehört es zu den Wesensmerkmalen der selbständigen Tätigkeit, dass sie in ihrem Kernbereich auf der eigenen persönlichen Arbeitskraft des Berufsträgers beruht. Nimmt die Tätigkeit einen Umfang an, der die ständige Beschäftigung mehrerer Angestellter oder die Einschaltung von Subunternehmern erfordert, und werden den genannten Personen nicht nur untergeordnete, insbesondere vorbereitende oder mechanische Arbeiten übertragen, so beruht sie nicht mehr im Wesentlichen auf der persönlichen Arbeitskraft des Berufsträgers und ist deshalb steuerrechtlich als eine gewerbliche zu qualifizieren. Aber auch dann, wenn nur Hilfskräfte beschäftigt werden, die ausschließlich untergeordnete Arbeiten erledigen, kann der Umfang des Betriebs im Einzelfall den gewerblichen Charakter der Tätigkeit begründen. Wann diese Voraussetzungen vorliegen, ist im Einzelfall nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu entscheiden (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 23.05.1984 I R 122/81, BStBl II 1984, 823 und vom 11.08.1994 IV R 126/91, a.a.O.).

3. Ausgehend von vorstehenden Grundsätzen und den von der Betriebsprüfung des Beklagten festgestellten und auch nicht strittigen konkreten Gesamtumständen ist für die Streitjahre unter Zugrundelegung der Vervielfältigungstheorie die Schwelle für die Erzielung gewerblicher Einkünfte überschritten. Der Kläger erfüllt mit der Tätigkeit als Insolvenzverwalter alle Tatbestandsmerkmale des § 15 Abs. 2 EStG, so dass die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG gegeben sind. Insoweit hat bereits der Beklagte zutreffend in seine Wertung einbezogen, dass der Kläger seine Tätigkeit überregional ausübt und aufgrund seiner langjährigen Erfahrung auch für schwierige und sehr umfangreiche, arbeitsintensive Verfahren namhafter Unternehmen von den Amtsgerichten als Verwalter bestellt wird. Auch die weiteren ganz beträchtlichen Tätigkeitsfelder des Klägers, z.B. als Sprecher des ..., als Lehrbeauftragter an der ... sowie die Publikations- und weiteren Vortragstätigkeiten sowie seine hiervon getrennt erbrachte Rechtsanwaltstätigkeit, sind hier zu beachten. Angesichts dieser Umstände und unter Einbeziehung der Tatsache, dass sich der Kläger einer Vielzahl von qualifizierten Mitarbeitern bediente, kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass es dem Kläger überhaupt noch möglich war, eigenverantwortlich und nur unter Inanspruchnahme untergeordneter Zuarbeiten durch Dritte tätig gewesen zu sein. Denn der Kläger beschäftigte im Bereich der Insolvenzverwaltung insgesamt elf Angestellte der Sozietät, wovon zwei die gleiche Berufsausbildung wie der Kläger als Rechtsanwälte und die übrigen jeweils Ausbildungen zu Steuerfachgehilfen, Rechtsanwaltsfachangestellten oder Anwaltssekretärinnen mit teils ganz erheblichen Zusatzqualifikationen hatten. Ferner bediente sich der Kläger in den Streitjahren weiterer sechs freiberuflicher Mitarbeiter im Bereich der Insolvenzverwaltung, die alle Rechtsanwälte waren und von denen zwei Mitarbeiter zum 01.01.1999 Gesellschafter der Sozietät wurden. Diese wurden ab 1999 in eigener Person zu Insolvenzverwaltern bestellt. Auch die im Jahr 1998 aufgewendete Vergütung von ca. ... DM an freie Mitarbeiter verdeutlicht, dass in relevantem Umfang Tätigkeiten durch qualifizierte Dritte erbracht wurden. Dass die Vergütungen in den Folgejahren stark absanken, beruht allein auf der Tatsache, dass zwei der bisherigen freien Mitarbeiter Gesellschafter der Sozietät wurden, so dass eine Verlagerung der entsprechend veranlassten Arbeitskosten eintrat. Nach dem Gesamtbild der Umstände des hier zu beurteilenden Falles ist der Senat damit der Überzeugung, dass die im Rahmen der Insolvenzverwaltung erbrachten Tätigkeiten jedenfalls im steuerrechtlichen Sinne nicht mehr im Kernbereich auf der unmittelbaren, persönlichen und individuellen Arbeitsleistung des Klägers als Berufsträger beruhten.

4. Soweit der Kläger darüber hinaus weiterhin verfassungsrechtliche Bedenken geltend macht und eine Überprüfung der insoweit ergangenen Rechtsprechung, insbesondere des BFH-Urteils vom 12.12.2001 (BStBl II 2002, 202) sowie der dortigen Einordnung der Tätigkeit unter § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG, fordert, und hierfür zur Begründung seiner Klage auf das vorgelegte Gutachten von Prof. Dr. ... und Prof. Dr. ... vom ... verweist, bestehen auch bei erneuter Überprüfung der hierzu ergangenen Rechtsprechung keine durchgreifenden Bedenken gegen die Gewerbesteuerpflicht der Tätigkeit des Klägers aus verfassungsrechtlicher Sicht.

a. Das Bundesverfassungsgericht hat sich bislang in einer Vielzahl von Entscheidungen sowohl mit Einzelvorschriften dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz befasst und dabei die Vereinbarkeit der Gewerbesteuer mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz stets bejaht (vgl. zuletzt BVerfG vom 15.01.2008 1 BvL 2/04, DB 2008, 1243, sowie vom 13.05.1969 1 BvR 26/65, BStBl II 1969, 424 ff. und vom 25.10.1977 1 BvR 15/75, BStBl II 1978, 125 ff.). Die Ausführungen in dem vorgelegten Gutachten bestehen im Wesentlichen darin, die tragenden Entscheidungsgründe des BFH in seiner Entscheidung vom 12.12.2001 als ungeeignet zur Rechtfertigung der Gewerbesteuerpflicht von insolvenzverwaltenden Rechtsanwälten zu bezeichnen und durch eigene gegenläufige Rechtserwägungen zu ersetzen. Das Bundesverfassungsgericht hat die gegen das BFH-Urteil vom 12.12.2001 eingelegte Verfassungsbeschwerde durch - gemäß § 93 d BVerfGG nicht begründeten - Beschluss vom 05.03.2003 (1 BvR 437/02, DStZ 2003, 394, 578) nicht zur Entscheidung angenommen. Der Senat hat auch vor dem Hintergrund der Ausführungen der Gutachter keinerlei Zweifel daran, dass das Bundesverfassungsgericht bei seiner Ansicht bleiben wird und dass die Gewerbesteuerpflicht des Klägers nicht gegen Verfassungsrecht verstößt.

b. Das Gutachten rügt zunächst die Einordnung der Einkünfte unter § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Es geht vielmehr davon aus, dass die Insolvenzverwaltung als rechtsanwaltstypische Tätigkeit zu den Einkünften nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehöre. Auch das faktische Monopol der Freiberufler im Bereich der Insolvenzverwaltung spreche dafür, dass Insolvenzverwaltung eine berufstypische Tätigkeit des Rechtsanwaltes sei.

aa. Nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG gehört zur freiberuflichen Tätigkeit insbesondere die selbständig ausgeübte Berufstätigkeit der Rechtsanwälte. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH reicht allerdings die bloße Zugehörigkeit zu einer der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG genannten Berufsgruppen für die Annahme freiberuflicher Einkünfte nicht aus. Vielmehr muss die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit freiberuflicher Art, d.h. für den genannten Katalogberuf berufstypisch sein. Im Urteil vom 12.12.2001 (BStBl. II 2002, 202) hat der BFH als berufstypisch u.a. solche Tätigkeiten bezeichnet, die dem Katalogberuf vorbehalten sind und für ihn charakteristisch sind.

Tätigkeiten im Rahmen der Insolvenzverwaltung (bzw. vorher Konkursverwaltung) werden vom BFH bei Rechtsanwälten allerdings gerade nicht als berufstypisch beurteilt. Auch hat der BFH klargestellt, dass eine Tätigkeit nicht allein dann berufstypisch und damit freiberuflich ist, wenn sie mit dem Berufsbild eines Katalogberufes nach den berufsrechtlichen Vorschriften vereinbar ist (vgl. so zuletzt BFH-Urteil vom 12.12.2001, a.a.O.). Dabei hat er Insolvenzverwaltung insbesondere deshalb nicht als anwaltliche Tätigkeit qualifiziert, weil sie dem Berufsbild eines Rechtsanwalts, das durch die Erteilung eigenverantwortlichen Rechtsrats und die Besorgung der Rechtsangelegenheiten der Mandanten geprägt ist, nicht entspricht. Insolvenzverwaltung besteht nicht vorrangig in einer rechtlichen Beratung oder in der Prüfung rechtlicher Voraussetzungen, sondern umfasst im wesentlichen Tätigkeiten, die im Zusammenhang mit der Abwicklung oder Sanierung eines Unternehmens zu erbringen sind und die erfahrungsgemäß auch von Angehörigen anderer Berufe wahrgenommen werden. Denn Insolvenzverwaltung kann gemäß § 56 Abs. 1 der Insolvenzordnung - InsO - durch jede für den jeweiligen Einzelfall geeignete, insbesondere geschäftskundige und unabhängige natürliche Person, u.a. auch durch Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, erfolgen. Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Insolvenzverwaltung hat der Bundesfinanzhof in ständiger Rechtsprechung deshalb als eine "mehr kaufmännischpraktische Tätigkeit, wenngleich unter Verwertung qualifizierter geistiger Wirtschafts- und Rechtskenntnisse" beurteilt und den Tätigkeiten im Sinne des § 18 Abs.1 Nr. 3 EStG zugeordnet (vgl. Urteile vom 05.07.1973 IV R 127/69, BStBl II 1973, 730; und vom 29.03.1961 IV 404/60, BStBl III 1961, 306).

bb. An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Die Rechtsanwendung im konkreten Fall lässt sachfremde Erwägungen nicht erkennen. Zwar wurde zum 1.1.1999 u.a. der Titel Fachanwalt für Insolvenzrecht eingeführt. Sowohl die Feststellung der Vereinbarkeit mit dem Beruf des Rechtsanwaltes als auch die Befugnis zur Insolvenzverwaltung machen diese aber - aus den weiterhin zutreffenden vorherigen Ausführungen - nicht zu einer für den Rechtsanwaltsberuf berufstypischen, prägenden Tätigkeit. Berufsständische Regelungen - wie etwa die Einführung eines Titels "Fachanwalt für Insolvenzrecht" - können keine durchgreifende steuerrechtliche Bedeutung haben.

Insoweit kritisieren die Gutachter, dass der BFH in dem angegriffenen Urteil ausführe, dass derartige Regelungen - wie etwa die Einführung eines Titels "Fachanwalt für Insolvenzrecht" - keine maßgebliche steuerrechtliche Relevanz haben könne, wohingegen er sonst bei der Abgrenzung der freien Berufe und der berufstypischen Tätigkeiten auf Berufsordnungen zurückgreife.

Diese Kritik greift nach Ansicht des erkennenden Senates aber nicht durch. Denn der BFH hat auch zu dieser Frage im Urteil vom 12.12.2001 ausdrücklich Stellung bezogen (Rn. 19) und ausgeführt, dass der Rückgriff auf berufsrechtliche Vorschriften nie in dem Sinne geschehen sei, dass jede mit dem Berufsrecht vereinbare Tätigkeit steuerrechtlich - automatisch - als freiberufliche gelte. Gerade in seinem Urteil vom 02.10.1986 (V R 99/78, BStBl II 1987, 147) habe er klar ausgesprochen, dass die Übernahme von Konkursverwaltungen eben keine den Beruf des Rechtsanwalts besonders charakterisierende Tätigkeit sei. Auch sei zu berücksichtigen, dass trotz einer Erweiterung der Tätigkeit des Rechtsanwaltes diesbezüglich gerade keine Abrechnung nach der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung - BRAGO - erfolge (§ 1 Abs. 2 S. 1 BRAGO; seit 01.07.2004 § 1 Abs. 2 S. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG -). Ferner komme es für die Auslegung des Begriffs "freiberufliche Tätigkeit" nicht auf die Rechtsprechung des BGH an (Rn. 20). Dem ist nach Ansicht des Senats nichts hinzuzufügen.

c. Ein Verstoß gegen Grundrechte des Klägers, insbesondere gegen Artikel 3 Grundgesetz (GG), liegt ebenfalls nicht vor.

Denn die einkommen- und gewerbesteuerrechtliche Differenzierung zwischen Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit und Einkünften aus Gewerbebetrieb ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Demgemäss ist dieses Gleichbehandlungsgebot vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten. Dabei bleibt der an den Gleichheitssatz gebundene Gesetzgeber befugt, aus der Vielzahl der Lebenssachverhalte die Tatbestandsmerkmale auszuwählen, die für die Gleich- oder Ungleichbehandlung maßgebend sein sollen. Der Spielraum des Gesetzgebers endet erst dort, wo ein einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung fehlt (Beschlüsse des BVerfG vom 07.10.1980 1 BvL 50, 89/79, 1 BvR 240/79, BVerfGE 55, 72, 88; vom 30.09.1987 2 BvR 933/82, BVerfGE 76, 256, 329f). Soweit der Gesetzgeber Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit insbesondere von Einkünften aus Gewerbebetrieb unterscheidet und an diese Unterscheidung ungleiche Rechtsfolgen knüpft, bewegt er sich im Bereich verfassungsrechtlich zulässiger Differenzierungen. Insbesondere ist es ihm erlaubt, bei der Aufstellung des Katalogs der freien Berufe von seiner Gestaltungsfreiheit Gebrauch zu machen (vgl. BVerfG-Beschluss vom 25.10.1977 1 BvR 15/75, BVerfGE 46, 224, 239 ff, 242).

aa. Die Unterscheidung zwischen der Tätigkeit eines Rechtsanwalts und der Tätigkeit des Klägers als Insolvenzverwalter lässt sich mit hinreichenden sachlichen Gründen rechtfertigen. Das Berufsbild des Rechtsanwaltes wird geprägt von der Aufgabe, in allen Rechtsangelegenheiten eigenverantwortlich Rechtsrat zu erteilen und für Rechtsuchende deren Rechtsangelegenheiten innerhalb und außerhalb der Gerichte zu besorgen. Demgegenüber stellt sich die Tätigkeit als Insolvenzverwalter, als ihrer Natur nach typische Vermögensverwaltung dar. Das kann gerade dann der Fall sein, wenn sich der Insolvenzverwalter weniger mit der Abwicklung in Insolvenz geratener Unternehmen als mit der Sanierung notleidender Betriebe befasst (BFH vom 11.08.1994 IV R 126/91, BStBl II 1994, 936).

bb. Der erkennende Senat ist zudem der Auffassung, dass es vielmehr gerade dem Gebot der steuerlichen Belastungsgleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) entspricht, die Insolvenzverwaltungstätigkeit durch Rechtsanwälte genauso zu behandeln wie die der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Allein berufsrechtlich zuerkannte "Befugnisse" sind kein sachlicher Rechtfertigungsgrund für unterschiedliche steuerliche Lasten der genannten Berufsgruppen (ebenso BFH vom 12.12.2001, a.a.O.).

d. Die Gutachter führen ferner aus, dass eine Ungleichbehandlung vorliege, da die Tätigkeit eines Rechtsanwaltes als Aufsichtsrat ebenso wie die als Testamentsvollstrecker unter § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG und nicht unter Nr. 3 gefasst werde, obwohl diese Tätigkeiten mit Insolvenzverwaltung vergleichbar seien.

Dem kann der erkennende Senat nicht folgen. Sowohl die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied als auch als Testamentsvollstrecker ist ausdrücklich in § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG erwähnt. Bei einem Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer gehören die Tätigkeiten im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG nur bei gelegentlicher Wahrnehmung oder geringfügigem Umfang zu seiner freien Berufsausübung. Für den Fall, dass die Tätigkeiten in erheblichem Umfang ausgeübt werden, hat der BFH auch hier entschieden, dass die Tätigkeiten gesondert unter § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu fassen sind (so z.B. für den Rechtsanwalt als Berufsvormund in BFH V R 63/86, BFH/NV 1991, 632 sowie BFH IV R 126/91, BStBl II 1994, 936 bei Steuerberater, der in erheblichem Umfang als Insolvenzverwalter tätig ist).

e. Die Gutachter kritisieren ferner, dass sich eine ausschließlich rechtsberatende Großkanzlei in Nichts von der Großkanzlei eines Insolvenzverwalters unterscheide. Auch hier liege ein Verstoß gegen Art. 3 GG vor.

Insoweit lässt die Auslegung des § 18 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 EStG durch den BFH aber keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG erkennen. Der Umstand, dass rechtsberatende Großkanzleien im Regelfall im Gegensatz zum Kläger nicht der Gewerbesteuer unterliegen, verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Denn diese Tätigkeiten sind nicht vergleichbar. Beratungstätigkeit ist anerkanntermaßen berufstypische und Kern-Tätigkeit eines Rechtsanwaltes. In diesen Bereichen tätige Großkanzleien unterhalten als originäre freiberufliche Tätigkeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG keinen Gewerbebetrieb im Sinne des Gewerbesteuergesetzes. Eine Verletzung des Gleichheitssatzes kann in diesem Zusammenhang auch nur angenommen werden, wenn die Rechtsanwendung so fehlerhaft erscheint, dass sie bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE vom 18.06.1991 2 BvR 760/90, juris). Der BFH begründet die unterschiedliche Behandlung damit, dass beim Insolvenzverwalter eher eine "Sachnähe zur kaufmännischen Betätigung" gegeben sei und es sich der Art nach um Vermögensverwaltung handele, da es Aufgabe des Verwalters sei, Vermögen in Besitz zu nehmen, zu verwalten und zu verwerten; Rechtskenntnisse des Insolvenzverwalters in diesem Bereich seien zwar hilfreich, aber nicht (zwingende) Voraussetzung, da auch Steuerberater und Wirtschaftsprüfer als Insolvenzverwalter in der Praxis tätig werden; es sei auch nicht vorrangige Aufgabe des Insolvenzverwalters beratend tätig zu werden. Die Tätigkeit werde auch nicht allein deshalb zu einer Rechtsangelegenheit, weil sich im Verfahren ggf. schwierige Rechtsfragen stellten. Bei der Aufstellung dieser Differenzierungskriterien sind sachfremde Erwägungen nicht feststellbar.

f. Des weiteren kritisiert das Gutachten, dass der BFH den Zweck einer in Besitz und Verwaltung nehmenden Tätigkeit verkenne, wenn er dies rein dem kaufmännischen Bereich zuschlage. Der Insolvenzverwalter werde als Treuhänder und gerade nicht als Kaufmann tätig. Denn sein Interesse sei nicht auf Gewinn gerichtet, sondern stattdessen erhalte er ein Honorar. Die vorgesehene Vergütung bestätige dieses Ergebnis: Denn der Insolvenzverwalter erhalte nur für die Ausübung seines nicht delegierbaren Amtes eine pauschale Vergütung nach §§ 1-3 InsVV. Für delegierbare Aufgaben erhalte er Ersatz des konkreten Aufwandes. Insofern scheine der BFH auch bei Anwendung der Vervielfältigungstheorie und der Anforderung der "höchstpersönlichen Ausführung" eher an die Abgrenzung Arbeitgeber/Auftraggeber einerseits und höchstpersönlicher intellektueller Arbeit andererseits zu denken; diese Trennlinie berühre die Gewerbesteuer aber ihrer Ansicht nach nicht. Zudem widerspreche die Delegation der einzelnen Verwertungsvorgänge an kompetente Fachleute nicht der Pflicht des Insolvenzverwalters, die ihm kraft Amtes übertragenen Entscheidungen höchstpersönlich zu treffen (Mitarbeitern obliege z.B. die formale Führung der Insolvenztabelle im Gegensatz zur Entscheidung, ob Forderungen bestritten werden; entscheidende Aufgabe des Insolvenzverwalters soll z.B. nicht die Führung eines Anfechtungsprozesses sein, sondern die Entscheidung, ob angefochten wird).

Auch insoweit sind für den erkennenden Senat keine im Ergebnis durchgreifenden Gründe für ein Abweichen von der bisherigen Rechtsprechung des BFH erkennbar. Denn allein die Tatsache, dass ein Steuerpflichtiger "selbständig und eigenverantwortlich" im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG tätig war, reicht im Rahmen des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG gerade nicht aus, die Tätigkeit als selbständige - und damit nicht gewerbliche - zu qualifizieren. Anderenfalls ginge die vom Gesetz beabsichtigte Unterscheidung zwischen § 18 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 EStG verloren (vgl. BFH IV R 41/03 Rn. 12). Im übrigen lässt die überregionale Tätigkeit des Klägers sowie die Anzahl der Insolvenzverfahren, in denen der Kläger als Insolvenzverwalter eingesetzt war, vermuten, dass der Kläger jedenfalls in dem hier zu beurteilenden Fall nicht mehr in allen Bereichen eigenverantwortlich tätig werden konnte - auch nicht im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass er in vielen Großverfahren tätig ist. Eine pauschale Anzahl von Fällen, die von einem Verwalter noch höchstpersönlich abgewickelt werden können, lässt sich deshalb auch nicht nennen, so dass die Unterschreitung der von Gräber genannten Zahl von 74 vor diesem Hintergrund unbeachtlich erscheint.

Dem steht nach Ansicht des erkennenden Senates nicht entgegen, dass einige Aufgaben nach der Insolvenzordnung als in der Person des Verwalters "höchst persönlich" zu erfüllende Aufgaben ausgestaltet sind. Zu diesen "höchst persönlichen", also im Sinne des Insolvenzrechts nicht delegierbaren Tätigkeitsfeldern des Insolvenzverwalters gehören insbesondere:

- die Pflicht des Verwalters, dem Insolvenzgericht regelmäßig sowie auf gesonderte Anfrage hin Bericht zu erstatten

- die Aufstellung der Verzeichnisse gemäß §§ 151, 152, 153 InsO,

- die Abhaltung von Gläubigerversammlungen

- die Abgabe verfahrenswirksamer Erklärungen

- die Pflicht, Zustellungen zu veranlassen

- die Prüfung der angemeldeten Forderungen und die Entscheidung, ob diese bestritten werden sowie ob Gerichtsprozesse geführt werden

- die Öffnung und Durchsicht der nach § 99 InsO an den Verwalter umgeleiteten Post.

Zum einen ist der Begriff der Höchstpersönlichkeit im Sinne des Insolvenzrechts und des Steuerrechts nicht deckungsgleich. Auch besteht eine Maßgeblichkeit des zivilrechtlichen Begriffes für die Auslegung der betreffenden steuerrechtlichen Vorschrift schon deshalb nicht, weil Zivilrecht und Steuerrecht nebeneinander stehende, gleichrangige Rechtsgebiete sind, die jeweils Beurteilungen aus einer anderen Perspektive und unter anderen Wertungsgesichtspunkten vornehmen. Zum anderen spricht in vielen Fällen auch die tatsächliche Praxis gegen die ursprüngliche Sichtweise des Gesetzgebers: Insbesondere in umfangreicheren Verfahren werden auch in Kernbereichen Dritte eingeschaltet und sich ihrer Mithilfe bedient. Die Anforderungen der Praxis, insbesondere die vielfältigen Unternehmensarten und die damit verbundenen individuellen Lebenssachverhalte, erfordern meist eine derart umfangreiche Tätigkeit des Verwalters, dass eine Erfüllung durch eine einzelne Person nur in ganz einfach gelagerten Einzelfällen - gerade aber nicht bei den teilweise vom Kläger verwalteten sog. Großverfahren - möglich erscheint.

Insoweit kann sich damit nur noch die Frage stellen, ob das Differenzierungsmerkmal "Sachnähe zur kaufmännischen Betätigung" geeignet ist, eine Ungleichbehandlung i.S.d. Art. 3 Abs. 1 GG zu rechtfertigen. Soweit der BFH aber ausführt, dass sich die Tätigkeit nicht mehr als anwaltliche Tätigkeit darstelle, weil im wesentlichen vermögensverwaltende und damit eher kaufmännische Tätigkeiten erbracht werden, hat er plausible Abgrenzungskriterien entwickelt, die nicht auf eine - willkürliche - Verletzung des Gleichheitssatzes hindeuten.

5. Das Gutachten kritisiert ferner, dass die Grenze der Rechtsfortbildung überschritten sei. Tatbestandliche Klarheit und Bestimmtheit und Überlegungen im Zusammenhang mit der Einführung einer Gemeindewirtschaftssteuer erforderten eine förmliche Gesetzesänderung, welche ausdrücklich die Gewerbesteuerpflicht des Insolvenzverwalters festlege. Die Rechtsprechung überschreite ihre Kompetenzen und betreibe unzulässige Normsanierung und verstoße damit letztlich gegen den Gesetzesvorbehalt. Die Annahme einer gewerbesteuerpflichtigen selbständigen Tätigkeit nach § 18 EStG verletze insoweit die Einschätzungs- und Gestaltungsprärogative des Gesetzgebers und maße sich selbst Gesetzgebungsaufgaben an. Auch verletzte die Rechtsprechung dadurch den Gesetzesvorbehalt, als sie Einzelfalljudikatur im Rahmen der "Katalog"berufe anwende.

Auch diese Einwendungen greifen nicht durch. Zwar ist den Ausführungen insoweit zuzustimmen, als es Sache des Gesetzgebers ist, die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Ausnahmevorschrift derart klar und eindeutig zu fassen, dass sich die beteiligten Verkehrskreise darauf einstellen können. Etwaige Unklarheiten und Rechtsfolgelücken können aber im Rahmen der Gesetzesauslegung geschlossen werden. Hierbei sind die Grenzen des möglichen Wortsinns einzuhalten. Eine Ausdehnung der Ausnahmevoraussetzungen auf weitere Sachverhaltskonstellationen durch Auslegung oder durch Analogie verbietet insoweit der Gesetzesvorbehalt (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes - GG -).

Die Würdigung des Sachverhalts, die Auslegung des sogenannten einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind jedoch allein Sache der dafür zuständigen Gerichte und der verfassungsrechtlichen Nachprüfung entzogen, sofern das angegriffene Urteil keine Auslegungsfehler enthält, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts beruhen (BVerfG vom 10.06.1964 1 BvR 37/63, BVerfGE 18, 85). Derartige Auslegungsfehler enthält die angegriffene Entscheidung des BFH vom 12.12.2001 nicht. Das Urteil überschreitet insbesondere nicht die durch das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 und Art. 28 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG) dem Gericht bei der Auslegung von Gesetzen und bei der Rechtsfortbildung gezogenen Grenzen. Die Auslegung von Gesetzen und die Fortbildung des Rechts gehören zu den anerkannten Aufgaben und Befugnissen der Gerichte (vgl. BVerfG vom 14.02.1973 1 BvR 112/65, BVerfGE 34, 269; vom 14.01.1986 1 BvR 209/79 bzw. 1 BvR 221/79, BVerfGE 71, 354). Es ist allerdings erforderlich, sie gegenüber einer dem Gesetzgeber vorbehaltenen Gesetzeskorrektur abzugrenzen. Die vom Verfassungsrecht gezogene Grenze verläuft im allgemeinen dort, wo die Gerichte ohne das Vorhandensein einer sich aus Systematik und Sinn des Gesetzes ergebenden Lücke allein unter Berufung auf allgemeine Rechtsprinzipien, die konkrete rechtliche Ableitung nicht zulassen, oder aus rechtspolitischen Erwägungen Neuregelungen oder Rechtsinstitute schaffen (vgl. BVerfGE 34, 269; vom 19.10.1983 2 BvR 485/80 bzw. 2 BvR 486/80 BVerfGE 65, 182).

Gemessen an diesem Maßstab bewegt sich die vom BFH vorgenommene Interpretation der einschlägigen Vorschriften des Einkommensteuergesetzes im Rahmen der üblichen Gesetzesauslegung. Diese hat sich insbesondere immer auch am Ziel, sachgerechte Ergebnisse zu finden, zu orientieren. Gerade aber die spätere Einfügung des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG in die Vorschrift zeigt aber die klare Entscheidung des Gesetzgebers, dass im Bereich der sonstigen selbständigen Tätigkeit die zuvor durch den RFH und BFH entwickelte Vervielfältigungstheorie weitergelten sollte. Dies steht im Einklang mit der entspricht der systematischen und historischen Auslegung des Gesetzes. Vorliegend wurde nach Ansicht des erkennenden Senates damit die Grenze der der Rechtsprechung zukommenden Auslegung nicht überschritten. Die Komplexität der denkbaren Lebenssachverhalte führt auch unausweichlich zu einer gewissen Einzelfalljudikatur und rechtfertigt diese.

6. Soweit der Kläger darüber hinaus unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes bzw. einer rückwirkenden Änderung der Rechtsprechung der Ansicht ist, dass das BFH-Urteil nicht auf die vor der Entscheidung liegenden Veranlagungszeiträume angewendet werden dürfe, die in den unternehmerischen Dispositionen des Steuerpflichtigen bereits abgewickelt und vergangen seien, sind auch diese Voraussetzungen nicht gegeben.

Der BFH hat - wie bereits oben ausgeführt - lediglich seine ständige vorherige Rechtsprechung bestätigt, so dass der Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall kein Vertrauensschutz entgegensteht. Auch in der Literatur wurde die zugrunde liegende Problematik bereits vor dem angegriffenen BFH-Urteil gesehen und kontrovers diskutiert (vgl. z.B. Kanzler FR 1994, 114; Prütting/Korn Insolvenzrecht 1996, 275ff; Kling DStR 1998, 1813). Vor diesem Hintergrund war auch keine Übergangsregelung erforderlich.

7. Ist danach die Behandlung der Einkünfte als gewerbliche dem Grunde nach nicht zu beanstanden, bestehen auch gegen die Höhe der ermittelten Gewinne nach Aktenlage keine Bedenken. Der Beklagte hat die Gewerbesteuermessbeträge der Höhe nach zutreffend festgesetzt. Auch der Kläger hat insoweit keinerlei Einwendungen erhoben.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

III. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen. Der Senat folgt der im Urteil des BFH vom 12.12.2001 zum Ausdruck gekommenen Rechtsauffassung. Die Rechtssache hat damit weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Revisionszulassung zur Rechtsfortbildung oder Sicherung der Rechtseinheit geboten. Es handelt sich um die konkrete Anwendung feststehender Rechtssätze auf einen unstreitigen Sachverhalt.






FG Köln:
Urteil v. 13.08.2008
Az: 4 K 3303/06


Link zum Urteil:
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