Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Februar 2004
Aktenzeichen: 26 W (pat) 87/02

(BPatG: Beschluss v. 11.02.2004, Az.: 26 W (pat) 87/02)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die Eintragung der Marke 300 84 664 siehe Abb. 1 am Endefür die Waren

"Konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst; Gallerten (Gelees), Konfitüren, Fruchtsaucen; Eier, Milch und Milchprodukte; feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Kühleis; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken"

ist Widerspruch erhoben worden 1. aus der nationalen Marke 300 70 069 siehe Abb. 2 am Endeeingetragen für die Waren

"29: Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees), Konfitüren, Fruchtmuse; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette;

30: Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver, Salz, Senf; Essig, Saucen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis;

32: Biere; Mineralwässer, kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken."

2. aus der Gemeinschaftsmarke 000122622 la bambaeingetragen für die Waren

"DE-29 - Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte Obst- und Gemüsekonserven, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees); Fruchtsaucen, Marmeladen und Konfitüren, Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette.

DE-30 - Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreideprodukte, Brot Konditorwaren ausgenommen Schokoladewaren Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz, Senf, Essig, Saucen (Würzmittel), Gewürze; Kühleis.

DE-32 - Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke, Gemüsesäfte; Fruchtnektare, Fruchtgetränke und andere Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken."

Die Markenstelle hat die Widersprüche wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, es sei für die Prüfung der Verwechslungsgefahr von einer Identität bzw einer großen Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren auszugehen. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken sei normal. Soweit die Widersprechende eine bereits Jahrzehnte andauernde umfangreiche Benutzung und damit einen überdurchschnittlichen Schutzumfang ihrer Marken geltend mache, könne ihr nicht gefolgt werden, weil die Widerspruchsmarken erst in den Jahren 1996 bzw 2000 angemeldet worden seien. Auch unter Berücksichtigung der Identität bzw Nähe der beiderseitigen Waren halte die angegriffene Marke von den Widerspruchsmarken den erforderlichen Abstand ein. In bildlicher Hinsicht unterschieden sich die Marken durch die besondere Schreibweise der angegriffenen Marke "aMBa" sowie den Umstand, dass es sich bei dieser Marke um ein Wort, bei den Widerspruchsmarken hingegen um zwei Wörter handele. Auch klanglich seien die beiderseitigen Marken in ihrer jeweils eingetragenen Form in Folge ihrer unterschiedlichen Länge und Abweichung am Markenanfang hinreichend unterschiedlich. Für eine Verkürzung der Widerspruchsmarken auf das Wort "bamba" bei mündlichen Bestellungen bestehe für den Verkehr keine Veranlassung. Dieser nehme Marken prinzipiell so auf, wie sie ihm entgegenträten. Dass es sich bei dem ersten Wort der Widerspruchsmarken um einen Artikel handele, sei für den Verkehr noch kein Anlass, ihn bei der Benennung außer Acht zu lassen, weil in vielen Fällen erst der Artikel eine eindeutige Identifizierung des folgenden Substantivs ermögliche. Für eine Verwechslungsgefahr in anderen Richtungen bestünden keine Anhaltspunkte.

Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, die Markenstelle sei zu Unrecht von einer nur durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken ausgegangen. Die Bezeichnung "la bamba" werde seit dem Jahre 1980 ununterbrochen für Fruchtsäfte und Fruchtnektare benutzt. Auch aufgrund des geringen Warenabstandes sowie des Umstands, dass es sich bei den Waren um solche mit einem geringen Preis handele, die ohne besondere Aufmerksamkeit erworben würden, reichten die Unterschiede der Marken für eine Verneinung der Verwechslungsgefahr nicht aus. Nicht nur sprachkundige Teile des deutschen Verkehrs würden in dem Markenteil "la" einen Artikel zahlreicher romanischer Sprachen erkennen, weil eine Vielzahl mit diesem Artikel gebildeter Begriffe Eingang in die deutsche Sprache gefunden habe. So seien dem deutschen Verkehr z.B. die französische Redewendung "à la carte", aus dem Sport die Bezeichnung "La Ola" sowie aus einem Schlager der Begriff "La Paloma" bekannt. Unter Verwendung des Artikels "la" gebildete Bezeichnungen geografischer Regionen würden oft unter Weglassung des Artikels auf den eigentlichen Kernbegriff verkürzt, z.B. "La Gomera" auf "Gomera". Auch das Bundespatentgericht habe in der Sache 30 W (pat) 406/91 mit Beschluss vom 03.05.1993 die Verwechslungsgefahr zwischen der grafisch ausgestalteten Marke "bambio" und der Wortmarke "la bamba" festgestellt, weil bei aus einem Artikel und einem Hauptwort gebildeten Marken das Hauptwort der prägende Bestandteil sei und der Artikel nur als unwesentliches Beiwerk empfunden werde. Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den angegriffenen Beschluss aufzuheben und wegen der Widersprüche die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie ist der Ansicht, auch und gerade weil die Widerspruchsmarken seit 22 Jahren benutzt würden, werde es niemanden geben, der diese nur mit "bamba" benenne.

II Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Zwischen den Widerspruchsmarken und der angegriffenen Marke besteht keine Verwechslungsgefahr i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

Die Frage der Verwechslungsgefahr i.S. der genannten Vorschrift ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387, 389 - Sabèl/Puma; GRUR 1998, 922, 923 - Canon). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke. Ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken kann durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH aaO - Canon).

Hiervon ausgehend bedarf es angesichts der teilweisen Identität und im übrigen teilweise großen Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren zwar eines deutlichen Abstandes der Marken. Dieser wird von der angegriffenen Marke jedoch in jeder Richtung eingehalten, selbst wenn zugunsten der Widersprechenden von einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken ausgegangen wird.

Die Marken in ihrer Gesamtheit unterscheiden sich an den regelmäßig am meisten beachteten Wortanfängen klanglich und schriftbildlich deutlich voneinander. Eine Ähnlichkeit der Marken nach dem allein maßgeblichen Gesamteindruck würde allenfalls dann bestehen, wenn die Widerspruchsmarken allein durch das ihnen enthaltene Wort "bamba" geprägt würden, d.h. wenn dieses Wort der allein kennzeichnende Bestandteil der Widerspruchsmarken wäre und der Verkehr die weiteren Markenteile, insbesondere das vorangehende "la", vernachlässigen würde (BGH GRUR 2000, 233, 234 - RAUSCH /ELFI RAUCH; MarkenR 2003, 385, 386 - City Plus). Das ist jedoch nicht der Fall. Zwar ist der Widersprechenden darin zuzustimmen, dass der deutsche Verkehr den Markenanfang "la" ganz überwiegend als bestimmten Artikel verschiedener romanischer Sprachen kennt und auch in den Widerspruchsmarken als solchen erkennen wird. Auch besteht möglicherweise generell eine gewisse Neigung dazu, den einem Substantiv vorangehenden Artikel wegzulassen und - insbesondere bei mündlichen Bestellungen - eine Marke allein mit dem Substantiv zu benennen. Diese Neigung ist bei einem deutschsprachigen Artikel allerdings generell größer als bei einem fremdsprachigen, weil der Artikel im letztgenannten Fall häufig zugleich ein für den Verkehr hilfreicher Hinweis auf die sprachliche bzw. geografische Herkunft des folgenden Substantivs und damit häufig zugleich auch ein Hinweis auf die Herkunft unter der Marke vertriebene Ware ist (BPatG, 26 W (pat) 043/93 - ALMIRO / EL AMIGO veröff. b. PAVIS PROMA).

Im vorliegenden Fall kann von einer Prägung der Widerspruchsmarken allein durch das Wort "bamba" aber schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil es sich bei der Bezeichnung "la bamba" um einen feststehenden Gesamtbegriff handelt, der dem deutschen Verkehr als Bezeichnung für einen lateinamerikanischen Modetanz (siehe Duden, Deutsches Universalwörterbuch A - Z, S. 917) und mehr noch wegen des Evergreens "La Bamba" aus den 50er/60er Jahren, der heute noch auf Parties und im Fasching ein Hit ist, weithin geläufig ist. Die von der Widersprechenden demgegenüber angeführten, unter Verwendung des Artikels "la" gebildeten Bezeichnungen rechtfertigen keine andere Beurteilung, denn insbesondere auch die ebenfalls als Musiktitel bekannte Bezeichnung "La Paloma" wird regelmäßig nicht auf das Substantiv "Paloma" verkürzt, sondern nur insgesamt unter Einschluss des vorangehenden Artikels benannt.

Die angegriffene Marke "aMBa" und die Wortfolge "la bamba" insgesamt sind jedoch - wie bereits dargelegt - wegen ihrer auffälligen Abweichungen am Anfang weder klanglich noch schriftbildlich ähnlich, sondern sind selbst bei geringer Aufmerksamkeit leicht unterscheidbar, wobei die gedankliche Assoziation an den bekannten Schlager und den mit ihm verbundenen Modetanz auf Seiten der Widerspruchsmarken begrifflich noch zu einer weiteren Verringerung der Verwechslungsgefahr beiträgt.

Für eine Verwechslungsgefahr in anderen Richtungen, insbesondere eine unmittelbare begriffliche Verwechslungsgefahr oder die Gefahr einer gedanklichen Verbindung der Marken, fehlt es an tatsächlichen Anhaltspunkten. Die Beschwerde konnte daher keinen Erfolg haben.

Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgesichtspunkten (§ 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG) besteht keine Veranlassung.

Albert Kraft Reker Na Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/D4992.3.gif Abb. 2 http://agora/bpatgkollision/docs/D4994.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 11.02.2004
Az: 26 W (pat) 87/02


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