Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Dezember 2010
Aktenzeichen: 24 W (pat) 26/10

(BPatG: Beschluss v. 14.12.2010, Az.: 24 W (pat) 26/10)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in der Entscheidung vom 14. Dezember 2010 das Zeichen "EngineeringControlCenter" als Wortmarke für verschiedene Dienstleistungen zur Eintragung in das Register abgelehnt. Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes hatte die Anmeldung mit der Begründung abgelehnt, dass das Zeichen keine Unterscheidungskraft aufweise und lediglich eine sachbezogene Information über den Schwerpunkt der Dienstleistungen sei. Die Anmelderin legte Beschwerde ein und führte an, dass das Zeichen durch die Umstellung und Verballhornung bekannter Begriffe eine phantasievolle und mehrdeutige Bedeutung erhalte. Das Bundespatentgericht bestätigte jedoch die Entscheidung der Markenstelle und stellte fest, dass das Zeichen aufgrund seiner beschreibenden Bedeutung keine Unterscheidungskraft besitzt. Es könne als Hinweis auf ein "Technikkontrollzentrum" oder ein "Zentrum für Steuerungs- und Regelungstechnik" verstanden werden. Die Anmeldung in Binnengroßschreibung ändere nichts an dieser Beurteilung, da es an einer kennzeichnungskräftigen Verfremdung fehle. Daher wurde die Beschwerde zurückgewiesen. Da das Zeichen bereits wegen fehlender Unterscheidungskraft nicht eingetragen werden kann, musste nicht über ein mögliches Freihaltebedürfnis entschieden werden.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 14.12.2010, Az: 24 W (pat) 26/10


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Das Zeichen EngineeringControlCenterist als Wortmarke für die Dienstleistungen

"Unternehmensberatung ausgenommen juristische Beratungen, Büroarbeiten; Telekommunikation; Softwareentwicklung; Erstellung von Softwareprodukten; Analysen industrieller Prozessabläufe, Dienstleistungen von EDV-Programmierern für die Datenspezifikation und -integration; industrielle Prozessablaufberatung, ausgenommen juristische Beratung; Entwicklung und Integration von produktund projektorientierten Softwarelösungen; Optimierung von Vertriebs-, Projektierungsund Konstruktionsprozessen"

zur Eintragung in das Register angemeldet.

Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patentund Markenamtes hat die Anmeldung mit Erstbeschluss vom 15. Februar 2008 wegen fehlender Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. "EngineeringControlCenter" im Sinne von "Technikkontrollzentrum" sei lediglich eine sachbezogene Information über den Schwerpunkt des Dienstleistungsangebots. Die dagegen eingelegte Erinnerung wurde unter Bezugnahme auf den Erstbeschluss am 12. Juni 2009 zurückgewiesen, da keine Begründung der Erinnerung eingegangen war. Zusätzlich hat die Markenstelle lediglich ausgeführt, bei der beanspruchten Marke handle es sich um einen bloßen Hinweis darauf, dass die erfassten Dienstleistungen der Kontrolle und Steuerung von technischen Abläufen und von Unternehmen dienen könnten.

Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie verweist auf ihre Stellungnahme vom 6. Juli 2007, mit deren Argumentation sich der Erinnerungsbeschluss in keiner Weise auseinandergesetzt habe. Dort hatte sie eingeräumt, dass es sich bei der Wortfolge "Control Engineering" bzw. "Control Engineering Center" um einen -auch bei den inländischen Verkehrskreisen -gängigen und geläufigen Ausdruck handle. In der Beschwerdebegründung vertieft sie ihre Auffassung, durch die Umstellung dieser bekannten Wortfolge bzw. der "Verballhornung" des existenten englischen Begriffs werde das Zeichen zu einem Herkunftshinweis, der phantasievoll, mehrdeutig und interpretationsbedürftig sei. Dazu trage insbesondere die prägnante zusammenhängende Schreibweise unter gleichzeitiger Verwendung von Grossbuchstaben bei jedem Einzelwort bei.

Die Anmelderin beantragt, die Beschlüsse des Deutschen Patentund Markenamts vom 15. Februar 2008 und vom 12. Juni 2009 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Die angemeldete Marke "EngineeringControlCenter" ist wegen fehlender Unterscheidungskraftnach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).

1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bedeutet nach ständiger Rechtsprechung, dass die Marke im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise geeignet sein muss, die (Ware oder) Dienstleistung, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und somit dieses Produkt von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die Beurteilung der Unterscheidungskraft hat sich daher einerseits an den beanspruchten (Waren oder) Dienstleistungen und andererseits an der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise zu orientieren (st. Rspr.; EuGH GRUR 2008, 608 ff. -Rn. 66, 67 -EUROHYPO; GRUR 2006, 229 -Rn. 27 ff. -BioID; GRUR 2004, 674 -Rn. 34 -POSTKANTOOR; BGH GRUR 2010, 935 -Rn. 8 -Die Vision; GRUR 2010, 825, 826 -Rn. 13 -Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2009, 952 -Rn. 9 -DeutschlandCard; GRUR 2006, 850, 854 -Rn. 18 -FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 -BerlinCard; GRUR 2005, 257 -Bürogebäude; BGH GRUR 2003, 1050 -Cityservice; BGH GRUR 2001, 1153, 1154 -anti KALK).

Keine Unterscheidungskraft kommt Bezeichnungen zu, die einen beschreibenden Begriffsinhalt aufweisen, der für die in Frage stehenden (Waren oder) Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 -marktfrisch; GRUR 2005, 417, 418 -BerlinCard). Darüber hinaus fehlt die erforderliche Unterscheidungskraft auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte (Ware oder) Dienstleistung zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu der betreffenden (Ware oder) Dienstleistung hergestellt wird (BGH WRP 2010, 1504, 1506 -Rn. 23

-TOOOR!; GRUR 2009, 949, 951 -Rn. 20 -My World; GRUR 2009, 411 -Rn. 9 -STREETBALL; GRUR 2006, 850, 854 -Rn. 19 -FUSSBALL WM 2006).

Nach diesen Grundsätzen kommt dem Zeichen "EngineeringControlCenter" die erforderliche Unterscheidungskraft nicht zu.

1.1. Die Markenstelle ist von einer wörtlichen Übersetzung "Technikkontrollzentrum" für das Zeichen "EngineeringControlCenter" ausgegangen und hat zutreffend festgestellt, dass "engineering" allgemein "Technik; Ingenieurtechnik" bedeutet (Kucera, Wörterbuch der exakten Naturwissenschaften und der Technik, 3. Auflage 2005, Band I, S. 490; Richter, Technisches Wörterbuch, 3. Auflage 2008, S. 204; Langenscheidt, Fachwörterbuch Ingenieurwesen Englisch, 1. Auflage 2007, S. 338), "Control" für "Kontrolle" und "Center" für "Zentrum, Mitte" (Pons, Großwörterbuch Englisch, 1. Auflage 2001, S. 163 u. 117) steht. Zudem bezeichnet die Wortfolge "control engineering" -wie die Anmelderin einräumt -als feststehendes Begriffspaar eine spezielle Techniksparte, nämlich die "Steuerungstechnik, Regelungstechnik" (Kucera, a. a. O., S. 304; Richter, a. a. O., S. 125; Langenscheidt, a. a. O., S. 219). In der vorgenannten Bedeutung ist diese Wortkombination auch dem inländischen Verkehr bekannt. Nimmt dieser an, bei der Wortstellung "engineering control" handle es sich lediglich um eine Verdrehung der beiden Einzelbegriffe, kann das Zeichen auch der naheliegende Hinweis auf ein "Zentrum für Steuerungsbzw. Regelungstechnik" sein. Derartigen Abwandlungen, die zwar als solche wahrgenommen werden, in denen der Verkehr aber ohne weiteres die ihm geläufige sachbezogene Angabe wiedererkennt, fehlt ebenfalls die Unterscheidungskraft (Ströbele in: Ströbele/Hacker, 9. Auflage, § 8 Rn. 115).

Die Kombination der drei Begriffe "Engineering", "Control" und "Center" ist in der Gesamtheit damit entweder der Hinweis auf ein "Technikkontrollzentrum" oder ein "Zentrum für Steuerungsbzw. Regelungstechnik".

1. 2. Dem Gesamtzeichen kann damit zwar ein zweifacher Bedeutungsgehalt beigemessen werden, was aber -anders als die Anmelderin meint -schon deshalb nicht zu einer die Schutzfähigkeit begründenden Mehrdeutigkeit führt, weil beide Bedeutungen eine inhaltsbeschreibende Funktion besitzen.

Im Hinblick auf die in Klasse 42 beanspruchten Dienstleistungen "Softwareentwicklung; Erstellung von Softwareprodukten; Analysen industrieller Prozessabläufe, Dienstleistungen von EDV-Programmierern für die Datenspezifikation und integration; industrielle Prozessablaufberatung, ausgenommen juristische Beratung; Entwicklung und Integration von produktund projektorientierten Softwarelösungen; Optimierung von Vertriebs-, Projektierungsund Konstruktionsprozessen" handelt es sich um den beschreibenden Hinweis auf Dienstleistungen, die in einem "Technikkontrollzentrum" oder einem "Zentrum für Regelungstechnik" entwickelt, hergestellt oder überprüft werden, mithin um den Herkunftsort, an dem die Dienstleistungen erbracht werden.

Dasselbe gilt für die Dienstleistung der "Telekommunikation", die neben der übertragenen Bedeutung der inhaltlichen Übermittlung von Informationen auch eine rein technische Komponente besitzt. Unter Telekommunikation im engeren Sinn ist nämlich der Datenaustausch unter Verwendung von Elektrotechnik, Elektronik, Funktechnik und anderer neuzeitlicher Übertragungstechnologien zu verstehen. Unterstellt man diesen technischen Bedeutungsinhalt, weist das angemeldete Zeichen gleichfalls nur auf die Herstellung, Überprüfung oder Überwachung der beanspruchten Dienstleistungen in einem "Technikkontrollzentrum" hin, unabhängig davon, ob dieses virtueller Natur oder eine tatsächliche Betriebsstätte ist.

Selbst wenn die beanspruchten Dienstleistungen "Unternehmensberatung, Büroarbeiten" nicht direkt durch das angemeldete Zeichen beschrieben werden, besteht ein hinreichend enger sachlicher Bezug darauf, dass es um die spezialisierte (Beratungs-)Tätigkeit für Unternehmen im (Automations-)Technikbereich geht, nicht dagegen um die Erbringung solcher Dienstleistungen für z. B. Medienunternehmen, Finanzdienstleister, Reiseagenturen, Buchhändler o. Ä. Der Verkehr wird dem Zeichen jedenfalls einen Sachbezug entnehmen, in der Bezeichnung aber kein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der Dienstleistungen erkennen.

1.3.

An der vorgenannten Beurteilung ändert die Anmeldung des Zeichens in Binnengroßschreibung nichts. Diese führt nicht dazu, dass die gewählte grafische Wiedergabe des Zeichens als Einwortzeichen mit Binnengroßschreibung unterscheidungskräftig würde, da es an einer den schutzunfähigen Charakter der übrigen Markenteile aufhebenden kennzeichnungskräftigen Verfremdung fehlt. Es handelt sich bei dieser Form der Darstellung lediglich um ein einfaches graphisches Gestaltungselement, das dem Verkehr als übliches, in bloß dekorativer Form auftretendes Stilmittel bekannt ist (EuGH GRUR 2006, 229, 233 -Rn. 71 -

BioID; BGH GRUR 2003, 963, 965 -AntiVir/AntiVirus; Ströbele in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rn. 127).

2.

Nachdem eine Eintragung des Wortzeichens "EngineeringControlCenter" bereits wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht in Frage kommt, kann dahingestellt bleiben, ob zusätzlich noch von einem Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ausgegangen werden muss.

Prof. Dr. Hacker Viereck Dr. Mittenberger-Huber Bb






BPatG:
Beschluss v. 14.12.2010
Az: 24 W (pat) 26/10


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/2c92ebebd00d/BPatG_Beschluss_vom_14-Dezember-2010_Az_24-W-pat-26-10




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