Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. Januar 2006
Aktenzeichen: 19 W (pat) 320/03

(BPatG: Beschluss v. 16.01.2006, Az.: 19 W (pat) 320/03)

Tenor

Das Patent 196 14 130 wird widerrufen.

Gründe

I Für die am 10. April 1996 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Anmeldung ist die Erteilung des Patents am 21. November 2002 veröffentlicht worden. Das Patent hat die Bezeichnung "Verfahren und Vorrichtung zur Steuerung einer Werkzeugmaschine, insbesondere einer Funkenerosionsmaschine".

Gegen das Patent hat die Firma A... Aktiengesellschaft Einspruch eingelegt. Zur Begründung hat sie behauptet, der Gegenstand des Patents sei nicht patentfähig.

Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet:

"Verfahren zur Steuerung einer Werkzeugmaschine, insbesondere einer Funkenerosionsmaschine, durch eine Steuervorrichtung, welche die zur Bearbeitung eines oder mehrerer Werkstücke notwendigen Bearbeitungsschritte anhand eines Steuerprogrammes steuert, wobei:

a) die Steuerungsvorrichtung über jeweils wenigstens einen Datenspeicher verfügt, in dem Geometriedaten (10) und Bearbeitungsparameter dauerhaft gespeichert werden; undb) das Steuerprogramm aus Programmbausteinen aufgebaut wird, deren Steuerdaten einerseits aus einer oder mehreren aus Geometriedaten (10) gebildeten Modellgeometrie(n) in Form einer ISO-Datei und andererseits aus aus Bearbeitungsparametern gebildeten Modifikatoren zusammengesetzt werden."

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 lautet:

"Verfahren zur Steuerung einer Werkzeugmaschine, insbesondere einer Funkenerosionsmaschine, durch eine Steuervorrichtung, welche die zur Bearbeitung eines oder mehrerer Werkstücke notwendigen Bearbeitungsschritte anhand eines Steuerprogrammes steuert, wobei:

a) die Steuerungsvorrichtung über jeweils wenigstens einen Datenspeicher verfügt, in dem Geometriedaten (10) und Bearbeitungsparameter dauerhaft gespeichert werden; undb) das Steuerprogramm aus Programmbausteinen aufgebaut wird, deren Steuerdaten einerseits aus einer oder mehreren aus Geometriedaten (10) gebildeten Modellgeometrie(n) in Form einer ISO-Datei und andererseits aus aus Bearbeitungsparametern gebildeten Modifikatoren zusammengesetzt werden, wobei die Steuerung auf Grundlage der Modellgeometrie(n) durch Eingabe der Modifikatoren mittels einer Benutzerschnittstelle der Steuerungsvorrichtung direkt auf der Steuerungsebene geändert werden kann."

(Die Ergänzung im Hinblick auf den Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist kursiv geschrieben.)

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 lautet:

"Verfahren zur Steuerung einer Werkzeugmaschine, insbesondere einer Funkenerosionsmaschine, durch eine Steuervorrichtung, welche die zur bei der Bearbeitung eines oder mehrerer Werkstücke notwendigen Bearbeitungsschritte anhand eines Steuerprogrammes steuert, wobei:

a) die Steuerungsvorrichtung über jeweils wenigstens einen Datenspeicher verfügt, in dem Geometriedaten (10) und Bearbeitungsparameter dauerhaft gespeichert werden; undb) das Steuerprogramm aus Programmbausteinen aufgebaut wird, deren Steuerdaten einerseits aus einer oder mehreren aus Geometriedaten (10) gebildeten Modellgeometrie(n) in Form einer ISO-Datei und andererseits aus aus Bearbeitungsparametern gebildeten Modifikatoren zusammengesetzt werden, wobei die Steuerung auf Grundlage der Modellgeometrie(n) durch Eingabe der Modifikatoren mittels einer Benutzerschnittstelle der Steuerungsvorrichtung direkt auf der Steuerungsebene während der Bearbeitung geändert werden kann."

(Die Ergänzung im Hinblick auf den Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist unterstrichen geschrieben, das Wort 'zur' ist gestrichen und durch die Worte 'bei der' ersetzt.)

Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 lautet:

"Verfahren zur Steuerung einer Werkzeugmaschine, insbesondere einer Funkenerosionsmaschine, durch eine Steuervorrichtung, welche die zur Bearbeitung eines oder mehrerer Werkstücke notwendigen Bearbeitungsschritte anhand eines Steuerprogrammes steuert, wobei:

a) die Steuerungsvorrichtung über jeweils wenigstens einen Datenspeicher verfügt, in dem Geometriedaten (10) und Bearbeitungsparameter dauerhaft gespeichert werden; undb) das Steuerprogramm aus Programmbausteinen aufgebaut wird, deren Steuerdaten einerseits aus einer oder mehreren aus Geometriedaten (10) gebildeten Modellgeometrie(n) in Form einer ISO-Datei und andererseits aus aus Bearbeitungsparametern gebildeten Modifikatoren zusammengesetzt werden, wobei die Steuerung auf Grundlage der Modellgeometrie(n) durch Eingabe der Modifikatoren mittels einer Benutzerschnittstelle der Steuerungsvorrichtung direkt auf der Steuerungsebene geändert werden kann, wobei die Modellgeometrie(n) an beliebiger Stelle in ein oder mehrere Konturabschnitte unterteilt wird/werden, denen jeweils ein oder mehrere Modifikatoren zuordbar sind."

(Die Ergänzung im Hinblick auf den Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist kursiv geschrieben.)

Im Hinblick auf die nebengeordneten Patentansprüche 8 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 bis 3 wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Es soll die Aufgabe gelöst werden, ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Steuerung einer Werkzeugmaschine unter Verwendung eines Steuerprogramms dahingehend zu verbessern, dass die Definition und/oder Änderung des Steuerprogramms für den Bediener vereinfacht ist [Abs. 0008].

Die Einsprechende ist der Ansicht, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 bis 3 unzulässig erweitert und im Übrigen gegenüber dem entgegengehaltenen Stand der Technik nicht erfinderisch sei.

Die Einsprechende beantragt, das Patent 196 14 130 zu widerrufen.

Nachdem die Patentinhaberin die Teilung erklärt hat, stellt sie den Antrag, das Patent 196 14 130 nach Hauptantrag in der erteilten Fassung, hilfsweise mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüchen 1 und 8 gemäß Hilfsanträgen 1 bis 3, im Übrigen wie Patentschrift aufrechtzuerhalten.

Die Patentinhaberin ist der Meinung, die Gegenstände der Patentansprüche 1 nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 gingen nicht über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinaus, in der sie beim Deutschen Patent- und Markenamt ursprünglich eingereicht worden sind; im Übrigen seien die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 8 nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 gegenüber dem Stand der Technik auch patentfähig.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Gemäß § 147 Abs. 3 PatG ist die Entscheidungsbefugnis auf den hierfür zuständigen 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts übergegangen.

Dieser hatte - wie in der Entscheidung in der Einspruchssache 19 W (pat) 701/02 (m. w. N.) (vgl. BPatGE 46, 134) ausführlich dargelegt ist - aufgrund öffentlicher mündlicher Verhandlung zu entscheiden.

Gegenstand des Verfahrens ist das erteilte Patent.

Der Einspruch ist zulässig und hat Erfolg, da das Verfahren des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 und 3 auf keiner erfinderischen Tätigkeit durch den Fachmann beruht und das Verfahren des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der es beim Deutschen Patent- und Markenamt ursprünglich eingereicht worden ist.

Als Fachmann ist ein Maschinenbauer mit Hochschulabschluss anzusehen, der Steuerungen für Werkzeugmaschinen entwickelt und hinsichtlich des hierfür benötigten Steuerprogramms einen Informatiker mit Hochschulabschluss hinzuzieht, der Erfahrungen mit der Entwicklung von numerischen Steuerungen und den dafür benötigten Steuerprogrammen hat.

1. Verständnis der Gegenstände der Patentansprüche 1 nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 Zum Verständnis der Gegenstände der Patentansprüche 1, insbesondere des Merkmals b) nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 zieht der Fachmann sein Fachwissen und die Beschreibung des Patents hinzu, soweit sie auf der ursprünglichen Beschreibung beruht. Hierbei kann die Beschreibung zwar zur Klärung von Begriffen herangezogen werden, so weit sie dem Fachmann nicht geläufig sind; die Beschreibung kann jedoch nicht den Inhalt des Patentanspruchs beschränken.

a) Hauptantrag Entsprechend dem Merkmal b) ist das Steuerprogramm aus Programmbausteinen aufgebaut. Für den Fachmann ist auf Grund seines Fachwissens jede Art von Computerprogramm und somit auch ein Steuerprogramm zur Steuerung einer Werkzeugmaschine aus einzelnen strukturierten Programmteilen aufgebaut, die auch als Programmbausteine angesehen werden können; das sind insbesondere Funktionen, Unterprogramme oder Subroutinen. Dieses Verständnis ergibt sich auch aus der Beschreibung, wo zu Programmbausteinen ausgeführt wird, dass sie in unterschiedlichen Bearbeitungsschritten immer wieder gleich bleiben (vgl. PS Sp. 3, Z. 5 bis 6). Es ist in der Patentbeschreibung jedoch nichts zu finden, was den Fachmann unter Programmbausteinen etwas anderes verstehen ließe.

Ferner sind nach dem Merkmal b) Modellgeometrie(n) aus einer oder mehreren Geometriedaten gebildet. In der Patentschrift gibt es unterschiedliche Begriffe: Modellgeometrie ([Abs. 0012]: im Vergleich zum ursprünglichen Text ist der Wortlaut des Patentanspruchs hier aufgenommen), modulartig vorprogrammierte Modelldaten [Abs. 0013], Bearbeitungsgeometrie, sogenannte Geometriedaten [Abs. 0028], Grundgeometrie (10) mit quadratischem Querschnitt [Abs. 0032 i. V. m. Fig. 2]. Aufgrund seines Fachwissens ergibt sich für den Fachmann, dass die Modellgeometrie, z. B. ein Quadrat aus 4 Ecken mit 90o Winkel und 4 gleich langen Seiten als Geometriedaten besteht. D. h. jede Modellgeometrie besteht immer aus einer oder mehreren Geometriedaten.

Zur Modellgeometrie wird im Patentanspruch 1 angegeben, sie habe die Form einer ISO-Datei. Der Fachmann entnimmt auf Grund seines Fachwissens unter Hinzuziehung der Beschreibung [Abs. 0010, 0019, 0029], dass die Modellgeometrie, also die einzelnen Geometriedaten, in Form einer ISO-Datei kodiert ist/sind.

Außerdem werden nach dem Merkmal b) Modifikatoren aus Bearbeitungsparametern gebildet. Nach der Beschreibung werden die Bearbeitungsparameter zu Gruppen, sogenannten Modifikatoren, zusammengefasst [insbesondere Abs. 0015]. Es können also z. B. 2 Bearbeitungsparameter einen Modifikator bilden.

Der Fachmann kommt somit zu folgendem Verständnis des Merkmals b) im Patentanspruch 1 nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3:

"das Steuerprogramm wird z. B. aus Unterprogrammen oder Funktionen als Programmbausteine aufgebaut, deren Steuerdaten einerseits aus Modellgeometrien, d. h. Geometriedaten, die in Form einer ISO-Datei kodiert sind, und andererseits aus Modifikatoren, d. h. mehreren Bearbeitungsparametern, zusammengesetzt sind."

Aus der Beschreibung in der Patentschrift insbesondere zum Stand der Technik, Abschnitt [0003], und dem zu lösenden Ziel im Abschnitt [0008] ergibt sich keine Beschränkung der Begriffe im Patentanspruch 1.

b) Hilfsantrag 1 Das zusätzliche Merkmal im Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 1 bedeutet für den Fachmann, dass das Steuerprogramm und somit die Steuerung geändert werden kann, in dem mehrere Bearbeitungsparameter, also z. B. ein Modifikator, geändert werden, was für den Fachmann auf Grund seiner Fachkenntnisse selbstverständlich auf der Grundlage der Modellgeometrie und mit Hilfe einer Benutzerschnittstelle der Steuerungsvorrichtung erfolgen muss. Die Steuerungsebene ist für den Fachmann hierbei die Mensch-Maschine-Schnittstelle, also die Benutzerschnittstelle. Eine Einschränkung auf eine Programmänderung ausschließlich während der Bearbeitung von Werkstücken ist dem Wortlaut im Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 1 nicht zu entnehmen (vgl. demgegenüber Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 2). Auch die Beschreibung lässt hier keine andere Auslegung zu.

c) Hilfsantrag 3 Das zusätzliche Merkmal im Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 3 bedeutet für den Fachmann auf Grund seiner Fachkenntnisse, dass er die Modellgeometrie, die aus einem oder mehreren Geometriedaten besteht, auch in ein oder mehrere Geometriedaten unterteilen kann (vgl. PS Abs. [0019]). Demnach können die anspruchsgemäßen Konturabschnitte identisch sein mit den Geometriedaten. Da den Geometriedaten bereits Bearbeitungsparameter bzw. Modelldaten zugeordnet sind, trifft dies auch für die Konturabschnitte zu, denen jeweils ein oder mehrere Modifikatoren zuordenbar sind. Für den Fachmann wird demnach im allgemeinsten Fall durch das zusätzliche Merkmal im Hilfsantrag 3 dem Gegenstand von Hilfsantrag 1 nichts hinzugefügt.

Im Übrigen ergibt sich für den Fachmann aus dem zusätzlichen Merkmal nicht, in wie weit sich hierdurch das beanspruchte Steuerprogramm ändert. Eine einschränkende Sicht, wie es die Patentinhaberin vorgetragen hat, kann der Senat dem Patentanspruch nicht entnehmen.

2.1. Patentanspruch 1 nach Hauptantrag Das Verfahren des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag beruht auf keiner erfinderischen Tätigkeit durch den Fachmann.

Aus dem Artikel von J. Rosanski, F.J. Weigert: "Der schnelle Weg zum Drehteil mit SINUMERIK 840 T-CAD" in: Energie & Automation 11 (1989) S. 23 bis 26, ist mit der numerischen Steuerung SINUMERIK 840T (Bild 1 i. V. m. S. 23 li. Sp.) auch ein Verfahren zur Steuerung einer Werkzeugmaschine durch diese Steuervorrichtung bekannt, welche die zur Bearbeitung eines oder mehrerer Werkstücke notwendigen Bearbeitungsschritte anhand eines Steuerprogrammes steuert (Bild 2). Diese bekannte Steuerungsvorrichtung verfügt in Übereinstimmung mit dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 über jeweils wenigstens einen Datenspeicher, in dem Geometriedaten (Geometrie Rohteil und Fertigteil aus Konturelementen: S. 24 re. Sp.) und Bearbeitungsparameter (Bearbeitungsinformationen: S. 25 li. Sp. untere Hälfte) eingegeben und somit auch dauerhaft gespeichert werden (vgl. Speicher für Anwenderdaten in Bild 2). Das bekannte Steuerprogramm ist auch aus Programmbausteinen aufgebaut, da frei vom Anwender erstellte Geometriemakros verwendet werden (S. 25 mittlere Sp. le. Abs. bis re. Sp. obere Hälfte). Die bekannten Steuerdaten des Steuerprogramms sind auch zusammengesetzt einerseits aus Modellgeometrien, das ist die Geometrie des Rohteils und des Fertigteils, die wiederum aus einer Kettung von Konturelementen unter Verwendung von Geometriemakros besteht, d. h. Geometriedaten (S. 24 re. Sp. und S. 25 li. Sp. oberer Teil), und andererseits aus mehreren Bearbeitungsparametern als Modifikatoren (S. 25 li. Sp. unterer Teil).

Ob bei dem bekannten Steuerprogramm die Modellgeometrie in Form einer ISO-Datei gespeichert ist, ist dem Artikel nicht zu entnehmen, lediglich der Hinweis, dass bei der Eingabe der Geometriedaten eine Kenntnis des DIN-Codes nicht mehr notwendig sei (S. 24 re. Sp. unten). Der Fachmann wird deshalb in naheliegender Weise daran denken, dass die bekannte Steuerungsvorrichtung diese Codeumwandlung vornimmt und hierbei den für numerische Steuerungen üblichen ISO-Standard verwendet, so dass die Modellgeometrie letztlich in Form einer ISO-Datei Kodierung vorliegt.

Das Verfahren des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag ergibt sich demnach für den Fachmann auf Grund seines Fachwissens auf naheliegende Weise aus dem Stand der Technik.

2.2. Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 Das Verfahren des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 beruht auf keiner erfinderischen Tätigkeit durch den Fachmann.

Nach dem unter 1.b) erläuterten Verständnis des zusätzlichen Merkmals im Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 1 kann bei der bekannten Steuerungsvorrichtung SINUMERIK 840T-CAD in Übereinstimmung mit dem zusätzlichen Merkmal im Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 auf der Grundlage der Modellgeometrie durch Eingabe der besonderen Bearbeitungsinformationen, also der Modifikatoren, mittels der graphischen Benutzerschnittstelle der Steuerungsvorrichtung direkt auf der Steuerungsebene erstellt und somit auch geändert werden (S. 25 li. Sp. untere Hälfte, S. 26 li. Sp. untere Hälfte).

Das Verfahren des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 ist demnach ebenfalls nicht erfinderisch.

2.3. Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 geht über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der es beim Deutschen Patent- und Markenamt ursprünglich eingereicht worden ist.

Denn den ursprünglichen beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichten Unterlagen, insbesondere den von der Patentinhaberin angegebenen Stellen (S. 2 Z. 4 und 5, S. 8 Z. 5 bis 8, S. 9 Z. 25 bis 28, S. 10 Z. 8 bis 10, S. 11 Z. 35 bis 37), ist nicht zu entnehmen, dass die Steuerung auf Grundlage der Modellgeometrie(n) durch Eingabe der Modifikatoren mittels einer Benutzerschnittstelle der Steuerungsvorrichtung direkt auf der Steuerungsebene während der Bearbeitung geändert werden kann, d. h. dass die Bearbeitung eines Werkstücks nicht unterbrochen werden soll, während Modifikatoren in die Steuerungsvorrichtung eingegeben werden. Insbesondere aus dem Hinweis, dass beim Stand der Technik der Bearbeitungsablauf durch das abgeschlossene Programm fest vorgegeben sei und während der Bearbeitung des Werkstücks nicht geändert werde (S. 2 Z. 4 und 5), ergibt sich für den Fachmann nicht, dass beim Patentgegenstand das Gegenteil erreicht wird, also dass während der Bearbeitung des Werkstücks Änderungen vorgenommen werden können, da weitere Hinweise in der Beschreibung hierzu fehlen.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 kann demnach einer Aufrechterhaltung des Patents nicht zugrundegelegt werden.

2.4. Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 Nach dem unter 1.c) erläuterten Verständnis wird für den Fachmann im allgemeinsten Fall durch das zusätzliche Merkmal im Hilfsantrag 3 dem Gegenstand von Hilfsantrag 1 nichts hinzugefügt. Bei der bekannten Steuerungsvorrichtung SINUMERIK 840T-CAD kann ebenfalls die Modellgeometrie an beliebiger Stelle in ein oder mehrere Konturabschnitte unterteilt werden, denen jeweils ein oder mehrere Modifikatoren zugeordnet werden können (S. 24 re. Sp. unterer Teil bis S. 25 li. Sp. unterer Teil).

Das Verfahren des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 ist demnach ebenfalls nicht erfinderisch.

3. Da das Verfahren des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 nicht patentfähig ist, ist der jeweilige Patentanspruch damit nicht gewährbar. Mit den jeweiligen Patentansprüchen 1 fällt auch der jeweils nebengeordnete Patentanspruch 8, da ein Patent nur so erteilt werden kann, wie es beantragt ist (BGH GRUR 1997, 120 - "Elektrisches Speicherheizgerät"). Die auf die Patentansprüche 1 und 8 nach Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 direkt oder indirekt rückbezogenen Patentansprüche teilen deren Schicksal.

Das Patent war demnach zu widerrufen.






BPatG:
Beschluss v. 16.01.2006
Az: 19 W (pat) 320/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/2c594dd94106/BPatG_Beschluss_vom_16-Januar-2006_Az_19-W-pat-320-03




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share