Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 30. Dezember 1998
Aktenzeichen: 6 U 104/98

(OLG Köln: Urteil v. 30.12.1998, Az.: 6 U 104/98)

Wirbt ein Anbieter gewerblicher Dienstleistungen (hier: Beschichtungen von Werkstücken) unter Bezugnahme auf Produkte von Konkurrenten und unter Hinweis auf durchgeführte Leistungstests mit der Behauptung, die von ihm angebotenen Beschichtungen seien besser als die jeweils besten (anderer) kommerziell erhältlichen Beschichtungen, liegt hierin eine relevante Irreführung, wenn nicht alle vergleichbaren Konkurrenzprodukte in den Test mit einbezogen worden sind und dies in der Werbung nicht hinreichend deutlich wird.

Tenor

Die Kosten des in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärten Rechtsstreits beider Instanzen hat die Beklagte zu tragen.

Gründe

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung von 18.12.1998 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, hat der Senat lediglich noch gem. § 91 a ZPO über die Kosten zu entscheiden. Die Kosten des Rechtsstreits sind der Beklagten aufzuerlegen, weil ihrer Berufung ohne Abgabe der Unterlassungsverpflichtungserklärung, durch die die Erledigung eingetreten ist, bei streitigem Fortgang des Verfahrens kein Erfolg beschieden gewesen wäre und es billigem Ermessen im Sinne des § 91 a ZPO entspricht, die Kosten der voraussichtlich unterlegenen Partei aufzuerlegen.

Die Berufung der Beklagten wäre zurückzuweisen gewesen, weil die angegriffene Graphik - ungeachtet eines in Betracht kommenden Verstoßes auch gegen § 1 UWG - jedenfalls im Sinne des § 3 UWG irreführend und aus diesem Grunde zu Recht von dem Landgericht untersagt worden ist. Die Graphik erweckt zumindest bei einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise den Eindruck, die beworbenen Beschichtungen der Beklagten seien besser als sämtliche auf dem Markt angebotenen Konkurrenzprodukte und dies habe ein Test mit eben sämtlichen Konkurrenzprodukten ergeben. Letzteres ist indes nicht der Fall, weswegen die Werbung irreführend ist. Die Beklagte hat ihre Beschichtungen nämlich nach ihrem eigenen Vortrag lediglich mit demjenigen Konkurrenzprodukt verglichen, das sie für das beste auf dem Markt gehalten hat.

Die Werbung erweckt zunächst den Eindruck, daß ihre Aussage, wonach die angebotenen Beschichtungen besser als die jeweils besten (anderen) kommerziell erhältlichen Schichten seien, nicht auf einer bloßen Einschätzung der Beklagten, sondern auf Laborversuchen und objektiven Messungen beruht. Das ergibt sich ohne weiteres aus der graphischen Darstellung, die solchen bei wissenschaftlichen Aussagen entspricht, der detaillierten Angabe von angeblich gebohrten Löchern und der übrigen Aufmachung der Werbung, die offenkundig den Eindruck einer sachlichen Aussage hervorrufen soll.

Nicht wenige Betrachter der Graphik werden diese auch dahingehend auffassen, daß tatsächlich alle konkurrierenden Produkte getestet worden seien und dabei schlechter abgeschnitten hätten, als diejenigen der Beklagten. Das gilt auch im Hinblick auf den Umstand, daß die Beklagte ihre Produkte wörtlich nicht mit allen anderen Beschichtungen auf dem Markt, sondern nur mit den "besten kommerziell erhältlichen" in Vergleich gesetzt hat. Der Betrachter wird nämlich ohne weiteres annehmen, daß in der Graphik aus Gründen der Übersichtlichkeit lediglich das Bohrergebnis derjenigen Konkurrenzprodukte dargestellt sei, das denen der von der Beklagten vertriebenen Beschichtungen am nächsten komme, daß aber gleichwohl auch sämtliche anderen getestet worden seien. Diese Feststellung ergibt sich aus dem Umstand, daß die Beklagte seriöserweise die angegriffene Aussage aus der Sicht des Verkehrs auch nicht hätte machen können, ohne vorher sämtliche Konkurrenzprodukte einer Prüfung unter gleichen Bedingungen unterzogen zu haben. Denn da es in Fachkreisen auch nach der Darstellung der Beklagten nicht etwa einen Konsens darüber gibt, welches Produkt die "beste kommerziell erhältliche Schicht" darstelle, erwartet der Betrachter, daß mit dieser Angabe eben dasjenige Konkurrenzprodukt gemeint sei, daß bei den Versuchen der Beklagten am besten abgeschnitten habe. Diese Feststellungen vermag der Senat selbst zu treffen, obwohl seine Mitglieder nicht zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören. Denn das Verständnis der Graphik setzt keine besonderen Fachkenntnisse voraus und die dargestellten Vorstellungen der angesprochenen Verkehrskreise ergeben sich ohne weiteres aus der Graphik und ihren Aussagen selbst.

Vor diesem Hintergrund war der Ausgang des Rechtsstreits nicht etwa von der Frage abhängig, ob möglicherweise - wie die Beklagte behauptet - eine Begutachtung ergeben hätte, daß ihre beiden Produkte tatsächlich allen Konkurrenzprodukten auf dem Markt überlegen sind. Denn auch wenn das wirklich der Fall sein sollte, bleibt doch die Irreführung des Verkehrs, die - wie dargelegt - darin liegt, daß die Spitzenstellung auf dem Markt bereits zu einem Zeitpunkt behauptet worden ist, in dem sie jedenfalls noch nicht nachgewiesen war. Denn der Verkehr legt - gerade bei einer Werbung mit Versuchsergebnissen - Wert darauf, daß die angegebenen Werte sich auch im Laborversuch bewahrheitet haben, weswegen auch an der wettbewerblichen Relevanz der Irreführung kein Zweifel bestehen kann.

Die Berufung hätte auch nicht etwa mit Rücksicht auf die Fassung des angegriffenen Urteilstenors teilweise Erfolg haben müssen. Abgesehen davon, daß aus den Gründen, die der Senat in der mündlichen Verhandlung mehrfach dargelegt hat, ein Fall des § 308 ZPO nicht vorliegt, stand es ohnehin der Klägerin frei, wie sie es durch ihren angekündigten Antrag zur Hilfsanschlußberufung auch vorgesehen hatte, in der Berufungsinstanz ihren Antrag dem Urteilstenor anzupassen, weil diese eine zweite Tatsacheninstanz darstellt.

Schließlich kommt eine teilweise Belastung der Klägerin auch nicht deswegen in Betracht, weil sie auf ihre Ansprüche auf Auskunft und Schadensersatz verzichtet hat. Denn dieser Verzicht ist mit Blick auf die vorangegangene Unterlassungsverpflichtungserklärung der Beklagten und damit nicht etwa deswegen erfolgt, weil die Klägerin auch ohne diese Erklärung von der weiteren Verfolgung jener Ansprüche abgesehen hätte.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird wie folgt festgesetzt:

für die Zeit bis zum 18.12.1998

auf 250.000 DM,

für die anschließende Zeit auf die Summe

der bis dahin angefallenen Kosten, nämlich einen Betrag zwischen 40.000 und 45.000 DM.






OLG Köln:
Urteil v. 30.12.1998
Az: 6 U 104/98


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/2c203e3d3405/OLG-Koeln_Urteil_vom_30-Dezember-1998_Az_6-U-104-98




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share