Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 30. September 1997
Aktenzeichen: 10 WF 229/97

(OLG Köln: Beschluss v. 30.09.1997, Az.: 10 WF 229/97)

Berechnung der Vergleichsgebühr nach Erörterung einer nicht anhängigen Folgesache

Wird in einem Scheidungsverfahren einer Partei PKH für den Abschluß eines Vergleichs in einer nicht anhängigen Scheidungsfolgesache bewilligt, steht dem beigeordneten Rechtsanwalt jedenfalls dann keine erhöhte Vergleichsgebühr zu, wenn der Vergleich nach Erörterung geschlossen wurde.

Gründe

Das Amtsgericht hat die ursprünglich zu Gunsten des

Beschwerdeführers für dessen Mitwirkung an dem am 29.11.1996

geschlossenen Vergleich festgesetzte Gebühr von 15/10 auf 10/10

gekürzt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist gemäß § 128 Abs. 4

BRAGO zulässig, jedoch nicht begründet; dem Beschwerdeführer steht

nämlich vorliegend nicht die erhöhte Gebühr, sondern nur die Gebühr

von 10/10 zu. Eine erhöhte Gebühr erhält ein Rechtsanwalt gemäß §

23 Abs. 1 Satz 3 BRAGO nur für die Mitwirkung bei Abschluß eines

Vergleichs, soweit nicht über den Gegenstand des Vergleichs ein

gerichtliches Verfahren oder ein Verfahren über die

Prozeßkostenhilfe anhängig ist. Im vorliegenden Fall ist davon

auszugehen, daß ein Verfahren über die Prozeßkostenhilfe im Sinne

dieser Vorschrift anhängig war.

Der Antragsgegnerin war im Scheidungstermin zunächst

Prozeßkostenhilfe für das Scheidungsverfahren bewilligt worden. In

demselben Termin wurde die Prozeßkostenhilfe auf den Vergleich

erweitert. In diesem Vergleich haben die Parteien eine Regelung

über Hausrat, Zugewinn und nachehelichen Unterhalt getroffen. Diese

Folgesachen waren zwar nicht anhängig; der Senat folgt jedoch nicht

der Ansicht, daß ein Prozeßkostenhilfeverfahren im Sinne von § 23

BRAGO als nicht anhängig anzusehen ist, wenn in einer

Scheidungsvereinbarung nichtanhängige Folgesachen miterledigt

werden und hierfür Prozeßkostenhilfe gewährt wird. Auch wenn der

Gesetzeswortlaut dafür sprechen könnte, daß mit einem

Prozeßkostenhilfeverfahren nur ein Verfahren gemeint ist, in dem um

Prozeßkostenhilfe für den Anspruch selbst, also die Folgesachen

nachgesucht wird, rechtfertigen es Sinn und Zweck der Vorschrift,

das Prozeßkostenhilfegesuch für den Abschluß eines Vergleichs über

eine Folgesache einem solchen Verfahren gleichzusetzen. Mit der

Regelung des § 23 BRAGO wollte der Gesetzgeber das Bemühen des

Rechtsanwalts fördern, Streitigkeiten ohne Inanspruchnahme des

Gerichts durch gütliche Einigung mitzuerledigen. Der hiermit

verfolgte Entlastungseffekt der Gerichte wird aber nur dann

erreicht, wenn sich das Gericht mit der von den Parteien

ausgehandelten Regelung nicht befassen muß und somit durch die

Protokollierung des Vergleichs sozusagen nur als Beurkundungsorgan

in Anspruch genommen wird. Auch wenn wegen Fehlens eines

entsprechenden Vortrags eine eingehende Prüfung der

Erfolgsaussichten der im Vergleich geregelten Ansprüche kaum

möglich und die Erfolgsaussicht eines Begehrens in aller Regel

bereits durch den angekündigten Vergleichsabschluß indiziert sein

wird, wird das Gericht jedoch nicht automatisch einer Partei

Prozeßkostenhilfe für den Abschluß eines Vergleichs bewilligen,

sondern eine Bewilligung vom Gegenstand und Inhalt der zu

treffenden Regelung abhängig machen. Dies gilt insbesondere bei

solchen Scheidungsfolgesachen, über die sich die Ehegatten im Falle

einer einverständlichen Scheidung gemäß § 630 Ziffer 3 ZPO geeinigt

haben sollen, also Unterhalt, Hausrat und Ehewohnung, mithin

Gegenstände, denen der Gesetzgeber besondere Bedeutung für den Fall

einer einverständlichen Scheidung beimißt. Das Gericht wird

Prozeßkostenhilfe für den Abschluß eines Vergleichs über eine

Folgesache in aller Regel nur dann gewähren, wenn es die

Angemessenheit und Ausgewogenheit der Vereinbarung zumindest grob

überprüft hat. Hat es Zweifel hieran, wird die Bewilligung von

Prozeßkostenhilfe nicht in Betracht kommen. Auch im vorliegenden

Falle hat sich der Familienrichter offensichtlich mit den zu

regelnden Gegenständen auseinandergesetzt, da der Vergleich erst

nach Erörterung geschlossen wurde. Prozeßkostenhilfe wurde zudem

nicht bereits vor Abschluß des Vergleichs, sondern erst danach

bewilligt, also zu einem Zeitpunkt, als die Vereinbarung in ihren

Einzelheiten feststand.

Ist somit davon auszugehen, daß das Gericht die Voraussetzungen

für die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe mit Blick auf die

getroffene Vereinbarung geprüft hat, muß dies ausreichen, um ein

solches Verfahren als ein Prozeßkostenhilfeverfahren im Sinne von §

23 Abs.1 S. 3 BRAGO anzusehen. Dabei kann letztlich dahinstehen, in

welchem Umfang das Gericht die fragliche Prüfung vorgenommen hat.

Denn für die Frage, ob der gewünschte Entlastungseffekt eintritt,

kommt dem Ausmaß der Inanspruchnahme des Gerichts nur

untergeordnete Bedeutung zu. Entscheidend ist vielmehr, daß

überhaupt eine Prüfung in einem gerichtlichen Verfahren veranlaßt

war und das Gericht durch die Parteien in Form der Erörterung der

Sach- und Rechtslage und der anschließenden Protokollierung in

Anspruch genommen wurde (so auch OLG Saarbrücken, MDR 96, 1193; OLG

Köln, Rechtspfleger 1997, 187; OLG Nürnberg, JurBüro 1996, 25;

Mümmler, Rechtsanwaltsgebühren in Familiensachen, JurBüro 1995,

353, 356; a.A. OLG Bamberg, JurBüro 1996, 23 ff; OLG Karlsruhe,

JurBüro 1996, 638, OLG Zweibrücken, Rechtspfleger 1997, 187;

Gerold-Schmidtvon Eicken, 13. Auflage, § 23 BRAGO Rn. 40; Enders

JurBüro 1995, 393 ff).

Beschwerdewert: 175,38 DM

Köln, den 30. September 1997 Oberlandesgericht, 10. Zivilsenat -

Familiensenat -

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Beschluss v. 30.09.1997
Az: 10 WF 229/97


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