Landgericht Köln:
Urteil vom 16. Dezember 2004
Aktenzeichen: 84 O 136/04

(LG Köln: Urteil v. 16.12.2004, Az.: 84 O 136/04)

Tenor

Die Antragsgegnerin wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in der Bundesrepublik Deutschland Endverbrauchern gegenüber, wie nachstehend wiedergegeben, Flugreisen unter Angabe einer Flughafenbezeichnung "Flughafen Düsseldorf (Weeze)" und/oder "Düsseldorf-Weeze" zu bewerben:

- es folgt eine dreiseitige Bilddarstellung -

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Antragsgegnerin benutzt einen im Bereich der Gemeinde Weeze gelegenen Flughafen als Abflughafen. Bei Weeze handelt es sich um einen Ort im Regierungsbezirk Düsseldorf, der zwischen Kevelaer und Goch in der Nähe der niederländischen Grenze liegt und etwa 70 – 80 km von Düsseldorf entfernt ist. Der Flughafen war am 1. 5. 2003 zunächst unter dem Namen "Airport Niederrhein" eröffnet worden. Die Antragsgegnerin hatte ihn mit der Bezeichnung "Niederrhein (Düsseldorf)" beworben, was der Antragsgegnerin auf Antrag der Antragstellerin durch einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln, bestätigt durch Urteil des OLG Köln vom 5. 12. 2003 – Aktenzeichen 6 U 107/03 –, untersagt worden war.

Der Flughafen hatte sich daraufhin in Flughafen Düsseldorf-Weeze umbenannt. Sowohl die zuständigen Bundes- und Landesministerien als auch die IATA haben den Flughafen dem Großraum Düsseldorf zugeordnet.

Der Flughafen ist über die A 57 zu erreichen; ein Bus verkehrt von Düsseldorf zum Flughafen unter der Woche 7mal täglich und am Wochenende 5mal täglich; die Anreise ist mit dem Zug bis Weeze-Bahnhof möglich, wobei es einen Shuttle vom Bahnhof bis zum Flughafen gibt.

Die Parteien streiten nunmehr über das Recht der Antragsgegnerin, den Flughafen als "Düsseldorf (Weeze)" – wie in der vorstehenden Zeitungswerbung – oder als "Düsseldorf-Weeze" – wie in der Internetwerbung – zu bezeichnen. Der Flughafen hat sich aufgrund einer gegen ihn ergangenen einstweiligen Verfügung inzwischen in "Düsseldorf Regional (Weeze)" umbenannt.

Die Antragstellerin sieht die von der Antragsgegnerin verwendeten Bezeichnungen als irreführend an, weil sich der Flughafen nicht in Düsseldorf befinde und auch nicht in der näheren Umgebung von Düsseldorf.

Der Verbraucher müsse annehmen, daß es sich um einen Flughafen in unmittelbarer Nähe der Stadt Düsseldorf handele. Den Hinweis "Weeze" werde der Verbraucher nicht als Aufklärung empfinden, weil kaum jemandem der Ort "Weeze" bekannt sei. Soweit die Bezeichnung "Düsseldorf-Weeze" laute, werde ein Großteil der Verbraucher davon ausgehen, daß es sich um einen Stadtteil oder Vorort von Düsseldorf handele. Die Werbung sei geeignet, den Wettbewerb nicht unerheblich zu beeinträchtigen.

Im Wege der einstweiligen Verfügung beantragt die Antragstellerin,

wie erkannt.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin behauptet, daß der Flughafen der Region Düsseldorf politisch, wirtschaftlich, kulturell und luftfahrtrechtlich zugeordnet sei. Die Erwartungen der angesprochenen Verkehrskreise würden durch die Verwendung der Bezeichnung Düsseldorf-Weeze nicht enttäuscht. Es entspreche der gängigen Praxis, daß die Bezeichnung von Flughäfen sich an der Metropolenregion, der sie zugeordnet seien, orientieren würden. Es sei gerade nicht üblich, daß die Bestandteile eines Flughafennamens auf Stadtteile hinweisen würden. Die Werbung mit dem Namen Frankfurt-Hahn sei heute allgemein anerkannt.

Aufgrund kontinuierlicher Presseberichterstattung über sogenannte Low Cost Carrier sei den Verbrauchern bekannt, daß diese Billigflieger bevorzugt die Infrastruktur kleinerer, von den jeweiligen Metropolen weiter entfernt liegenden Regionalhäfen nutzen würden. Darüber hinaus sei den Verbrauchern die Lage des Flughafens auch aufgrund kontinuierlicher Berichte in der Presse bekannt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.

E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :

Der Antrag ist gemäß §§ 3, 5, 8, 12 UWG begründet, weil die in der Werbung der Antragsgegnerin verwendeten Bezeichnungen für den 70 bis 80 km von Düsseldorf entfernt liegenden Flughafen irreführend sind.

Die Bezeichnungen "Düsseldorf (Weeze)" oder "Düsseldorf-Weeze" lassen einen Flughafen erwarten, der in einem Vorort von Düsseldorf oder jedenfalls in einem Ort bei Düsseldorf liegt. Dies können die Mitglieder der Kammer beurteilen, die selbst zu den angesprochenen Verbraucherkreisen zählen. Der Verbraucher erwartet angesichts dieser Bezeichnung nicht, daß der Flughafen tatsächlich mit einer Fahrtzeit von ca. 1 Stunde von Düsseldorf erreichbar in nördlicher Richtung kurz vor der niederländischen Grenze liegt, wobei der Flughafen zu Städten wie Krefeld, Duisburg oder Kleve erheblich näher liegt als zu Düsseldorf.

Es trifft in der Allgemeinheit, wie die Antragsgegnerin vorträgt, nicht zu, daß es nicht üblich sei, daß bei Flughafennamen die der Bezeichnung eines größeren Ortes folgende weitere Ortsbezeichnung nicht auf Stadtteile des zuerst genannten Ortes hinweisen würde. "Berlin-Tegel" und "Berlin-Tempelhof" sowie "München-Riem" sind Gegenbeispiele; "Berlin-Schönefeld" grenzt unmittelbar an Berlin an. Der Flughafen "Düsseldorf International" ist auch heute noch als "Flughafen Düsseldorf-Lohausen" bekannt.

Soweit die Antragsgegnerin auf europäische oder außereuropäische Flughäfen verweist, die den Namen von Metropolen tragen, teilweise aber in noch größerer Entfernung zu der Metropole als Weeze zu Düsseldorf liegen, sind die Verhältnisse nicht vergleichbar. Wie schon das Oberlandesgericht Köln in seinem Urteil vom 5. 12. 2003 hierzu bemerkt hat, handelt es sich hierbei um Weltstädte, die die sie umgebende Region völlig beherrschen, während dies im Fall von Düsseldorf nicht der Fall ist; denn Städte wie Kleve, Krefeld oder Duisburg oder das gesamte Ruhrgebiet stehen selbständig neben Düsseldorf, so daß sich Weeze aufgrund der größeren Nähe zu diesen Gemeinden oder Gebieten eben nicht regional oder kulturell eindeutig Düsseldorf zuordnen läßt. Daß Weeze in dem großflächigen Regierungsbezirk Düsseldorf liegt, in dem es diverse andere sehr namhafte Gemeinden gibt, führt nicht dazu, daß der angesprochene Verbraucher den Ort Weeze der Stadt Düsseldorf zuordnet, weil das Verständnis des angesprochenen Verbrauchers von den Organisationsstrukturen der öffentlichen Verwaltung nicht geprägt wird. Ebenso ist für den Verbraucher eine vorgenommene luftfahrtrechtliche Zuordnung zu einem Großraum ohne Belang.

Soweit die Antragsgegnerin behauptet, daß der Verbraucher wisse, daß Billigflieger bevorzugt die Infrastruktur kleinerer, von den jeweiligen Metropolen weiter entfernt liegenden Regionalhäfen nutzen würden, so kann dies in dieser Allgemeinheit nicht festgestellt werden. Denn in der Nachfolge der Antragsgegnerin sind diverse weitere Billigflieger auf den Markt getreten, die ihren Flugverkehr durchaus von den Flughäfen innerhalb der Städte bzw. in der Nähe der Städte abwickeln und ihren Kunden weite Anfahrten ersparen. Soweit die Antragsgegnerin Frankfurt-Hahn anspricht, sind dieser Flughafen sowie seine Lage im Zusammenhang mit der großen Publizität, die der erste Auftritt der Antragsgegnerin auf dem deutschen Markt in Presse und Fernsehen gefunden hatte, allgemein bekannt geworden. Eine ähnlich intensive Berichterstattung, die die Lage des Flughafens in Weeze bekannt gemacht hätte, vermag die Kammer nicht festzustellen; der Mehrheit der Mitglieder der Kammer war die Existenz eines Flughafens in Weeze bis zur Befassung mit der vorliegenden Sache unbekannt geblieben.

Es kann auch nicht festgestellt werden, daß deshalb eine Irreführung ausscheidet, weil der Verbraucher die Flugtickets bei der Antragsgegnerin im Internet zu buchen pflegt und sich dort über ein vorhandenes Link zu "Informationen zum Flughafen Düsseldorf-Weeze" über dessen örtliche Lage informieren kann. Diese Informationsmöglichkeit besteht bei der Zeitungswerbung, die ebenfalls Gegenstand des Unterlassungsanspruchs ist, ohnehin nicht. Durch diese wird aber der Verbraucher bereits angesprochen und auf das Angebot der Antragsgegnerin gelenkt. Aus dem kleingedruckten Text am Fuß der Anzeige ergibt sich zur Lage des Flughafens nur, daß er sich an der A 57 befindet und die Abfahrt Weeze zu wählen ist. Wem Weeze bisher kein Begriff war, wird auch aufgrund dieses Hinweises nicht schlauer; der vorstehende Hinweis "Direktflüge ab Düsseldorf (Weeze)" sowie der weitere Hinweis "Direkte Busverbindung zum Hbf Düsseldorf" verleiten vielmehr zu der irrigen Annahme, daß sich der Flughafen im engeren räumlichen Umfeld von Düsseldorf befindet, wozu auch die Aussage "Nur ein Katzensprung von Düsseldorf und Dortmund" beiträgt.

Soweit es um die über das Internet gebotene Informationsmöglichkeit geht, hatte das OLG Köln bereits in seinem vorstehend angesprochenen Urteil vom 5. 12. 2003 die Fallgestaltungen angesprochen, in denen der Verbraucher eine Buchung vornimmt, ohne sich zuvor über die genaue Lage oder die Verkehrsanbindung des Flughafens zu informieren. Hierauf wird verwiesen.

Die hiernach bestehende Gefahr der Irreführung ist von wettbewerblicher Relevanz. Es macht für einen Flugreisenden, zumal wenn er mit einigem Gepäck verreist, einen Unterschied, ob er von einem an einem Verkehrsknotenpunkt gelegenen zentralen Flughafen, der aufgrund seiner engen, auch räumlichen Anbindung an eine Großstadt mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder einem Taxi bequem zu erreichen ist, fliegt oder ob er den Flughafen von diesem Verkehrsknotenpunkt aus, wie ihn etwa der Hauptbahnhof von Düsseldorf darstellt, nur erreichen kann, indem er noch eine weitere Strecke, für die die Kosten eines Taxis zu teuer wären, mit unterschiedlichen öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen muß, was zudem auch ein wiederholtes Umsteigen mit dem gesamten Gepäck bedingt, davon, daß eventuelle Verkehrsstörungen eingeplant werden müssen, einmal ganz abgesehen.

Kunden, für deren Anfahrtsweg es einen erheblichen Unterschied macht, ob der Flughafen bei Düsseldorf oder unweit der deutsch/niederländischen Grenze liegt, also etwa solche, die aus dem südlichen Bereich der Niederrhein-Region stammen, werden ihre Buchungsentscheidung auch von der angenommenen Nähe des Flughafens zu Düsseldorf abhängig machen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus dem Zweck der einstweiligen Verfügung.

Streitwert: € 20.000,00






LG Köln:
Urteil v. 16.12.2004
Az: 84 O 136/04


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