Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. Juli 2000
Aktenzeichen: 26 W (pat) 26/00

(BPatG: Beschluss v. 19.07.2000, Az.: 26 W (pat) 26/00)

Tenor

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 39 IR des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. September 1999 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Markenstelle für Klasse 39 IR des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit dem vorgenannten Beschluß der für die Dienstleistungen 39 Transport; emballage et entreposage de marchandises; organisation de voyages.

in der Bundesrepublik Deutschland um Schutz nachsuchenden IR-Marke 676 389 den Schutz mit der Begründung verweigert, daß sie hinsichtlich der vorgesehenen Dienstleistungen einen beschreibenden Werbeslogan darstelle, der gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG schutzunfähig sei und dem zudem jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG) fehle.

Zwar seien Werbeslogans grundsätzlich dem Markenschutz zugänglich, der Eintragung in das Markenregister stehe aber ein Freihaltebeüdrfnis dann entgegen, wenn das Zeichen ausschließlich aus einem Werbespruch bestehe, der sich in einer Benennung des Gegenstands oder einer allgemeinen Anpreisung der betreffenden Dienstleistungen erschöpfe. Die schutzsuchende Bezeichnung stelle ein solches inhaltsbezogenes Schlagwort dar. Die aus dem Englischen stammenden Begriffe "NUMBER 1", "LOGISTICS" und "GROUP" seien dem angesprochenen Verkehr unmittelbar verständlich, da sie zum englischen Grundwortschatz gehörten und zudem mit den entsprechenden deutschen Begriffen ("Nummer", "Logistik" und "Gruppe") unübersehbare Übereinstimmungen aufwiesen. Die völlig sprachüblich gebildete Bezeichnung "NUMBER 1 LOGISTICS GROUP" sei deshalb im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen aus sich heraus verständlich. Die Markenbestandteile beinhalteten sowohl für sich genommen, als auch insgesamt für den inländischen Verkehr erkennbar eine anpreisende und damit beschreibende Aussage, woraus sich zumindest ein zukünftiges Freihaltebedürfnis der Mitbewerber ergebe. Der inländische Verkehr werde die Marke im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen ohne weiteres Nachdenken als werbeüblichen Hinweis auf ein Unternehmen verstehen, das sich selbst als die "Nr. 1 Logistik-Gruppe" anpreise und auf diese Weise eine führende Stellung auf diesem Wirtschaftssektor in Anspruch nehme. Damit liege der direkte und beschreibende Bezug der schutzsuchenden Marke zu den beanspruchten Dienstleistungen auf der Hand. Den Mitbewerbern der Inhaberin der IR-Marke müsse es unbenommen bleiben, für ihre Dienstleistungen ebenfalls mit dieser Sachaussage zu werben.

Da die IR-Marke weder einen selbständig kennzeichnenden Bestandteil noch einen hinreichend phantasievollen Überschuß in der Aussage oder ihrer sprachlichen Gestaltung aufweise, sei der angesprochene Verkehr auch nicht in der Lage, sie als betrieblichen Herkunftshinweis zu werten.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Ihrer Ansicht nach stellt die schutzsuchende Wortkombination keine die beanspruchten Dienstleistungen konkret beschreibende Sachaussage dar, was nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erforderlich sei, um ein Freihaltebedürfnis bejahen zu können (vgl BGH BlPMZ 1999, 410 - FOR YOU"). Eine derartige konkrete Aussage sei in der schutzsuchenden Bezeichnung nicht enthalten. Aus den gleichen Erwägungen sei auch die erforderliche Unterscheidungskraft zu bejahen.

Demgemäß beantragt die Markeninhaberin sinngemäß die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

II.

Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als begründet, denn der begehrten Eintragung stehen die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht entgegen.

1. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind - nur - Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr (ua) zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen dienen können. Dabei ist davon auszugehen, daß ein Eintragungshindernis auch dann besteht, wenn eine Benutzung als Sachangabe bisher noch nicht erfolgt ist, eine solche jedoch nach den gegebenen Umständen erfolgen wird (vgl BGH GRUR 1995, 408, 409 - PROTECH). Zu den nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG vom Markenschutz ausgeschlossenen Angaben zählen allerdings nicht nur die ausdrücklich aufgeführten, sondern auch solche, die für den Warenverkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die betreffenden Waren oder Dienstleistungen selbst beschreiben (vgl BGH GRUR 1998, 813, 814 - CHANGE; BGH BlPMZ 1999, 410, 411 - FOR YOU). Zu diesen Angaben oder Umständen gehört die angemeldete Marke "NUMBER 1 LOGISTICS GROUP" jedoch nicht.

Eine Verwendung der um Schutz nachsuchenden Bezeichnung als beschreibende Angabe ist nicht nachweisbar. Von einem auf gegenwärtiger Benutzung als Sachangabe beruhenden Freihaltungsbedürfnis kann deshalb nicht ausgegangen werden. Ebensowenig liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, daß im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen wie Lagern, Verpacken und Transport von Waren sowie Organisation von Reisen in Zukunft eine Benutzung der Marke als Sachangabe erfolgen wird.

Selbst wenn mit der Markenstelle davon ausgegangen wird, daß den angesprochenen Verkehrskreisen die schutzsuchende, aus den englischen Begriffen "NUMBER 1", "LOGISTICS" und "GROUP" gebildete Bezeichnung unmittelbar verständlich ist, da die Einzelworte zum englischen Grundwortschatz gehören und außerdem mit den entsprechenden deutschen Begriffen "Nummer, Logistik und Gruppe" weitgehend übereinstimmen, sagen diese Sinngehalte weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit etwas Konkretes darüber aus, welche besonderen Merkmale die unter dieser Bezeichnung angebotenen Dienstleistungen auszeichnen. Entsprechendes gilt bei einer Wertung von "NUMBER 1 LOGISTICS GROUP" als werbeüblicher Hinweis auf ein Unternehmen, das sich selbst als die "Nr. 1 Logistik-Gruppe" anpreist und auf diese Weise eine führende Stellung auf diesem Dienstleistungssektor in Anspruch nimmt, denn diese Aussage bezieht sich ausschließlich auf Geschäftsbetriebe wie Transportunternehmen oder Reiseunternehmen, nicht dagegen auf die von diesen Unternehmen erbrachten Dienstleistungen selbst (vgl dazu BGH GRUR 1999, 988 - HOUSE OF BLUES). Von einem gegenwärtigen oder zukünftigen Freihaltebedürfnis der Mitbewerber der Inhaberin der schutzsuchenden Marke kann deshalb nicht ausgegangen werden.

2. Ebensowenig kann der Marke jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG abgesprochen werden. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die der Anmeldung zugrundeliegenden Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hierbei ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden, zumal der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch nicht um ein so gebräuchliches Wort der deutschen oder einer sonst im Inland geläufigen Sprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung (vgl BGH WRP 1998, 495, 496 - Today) - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß einem als Marke verwendeten Wortzeichen die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH MarkenR 1999, 349 - YES).

Hiervon ausgehend kann der Wortfolge "NUMBER 1 LOGISTICS GROUP" nicht die erforderliche Unterscheidungseignung abgesprochen werden: Eine warenbeschreibende Sachaussage, die auf bestimmte Eigenschaften der in Frage stehenden Dienstleistungen selbst Bezug nimmt, stellt diese Bezeichnung nicht dar (siehe oben). Ebensowenig handelt es sich hierbei um eine gebräuchliche Aussage der Alltagssprache, die der Verkehr infolge einer entsprechenden Verwendung in der Werbung nur als eine englischsprachige, schlagwortartige Angabe versteht. Selbst wenn "NUMBER 1 LOGISTICS GROUP" als Hinweis darauf gewertet wird, daß die damit gekennzeichneten Dienstleistungen von einer auf diesem Dienstleistungssektor führenden Unternehmensgruppe erbracht werden, stellt diese Aussage eine werbemäßige, schlagwortartige Anpreisung dar, die die Aufmerksamkeit des angesprochenen Verkehrs wecken soll und die es verbietet, dem Zeichen jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen (vgl BGH aaO - FOR YOU).

Vors. Richter Schülke ist infolge einer Dienstreise an der Unterschriftsleistung gehindert.

Kraft Richter Reker ist infolge Urlaubs an der Unterschriftsleistung gehindert.

Kraft Kraft Mr/prö






BPatG:
Beschluss v. 19.07.2000
Az: 26 W (pat) 26/00


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