Bundespatentgericht:
Urteil vom 20. März 2007
Aktenzeichen: 1 Ni 8/06

(BPatG: Urteil v. 20.03.2007, Az.: 1 Ni 8/06)

Tenor

1. Das europäische Patent 350 528 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist Inhaberin des am 15. Juli 1988 angemeldeten und am 1. April 1992 in deutscher Sprache veröffentlichten europäischen Patents 0 350 528 (Streitpatent). Das mit "Radiator" bezeichnete Patent wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 38 69 773 geführt. Es umfasst neun Patentansprüche, die alle mit der Klage angegriffen sind. Die Patentansprüche 2 bis 9 sind unmittelbar oder mittelbar dem Anspruch 1 untergeordnet.

Der Patentanspruch 1 hat in seiner erteilten Fassung folgenden Wortlaut:

"Radiator, bestehend aus einem ebenen Halterahmen (1) und mehreren von diesem gehaltenen, sich parallel zueinander in der von dem Halterahmen (1) aufgespannten Ebene erstreckenden, länglichen, wärmeabgebenden Elementen (4), an die jeweils eine Vielzahl von Lamellen (8) aus gut wärmeleitendem Material anstoßen, die sich quer zur Längserstreckung der wärmeabgebenden Elemente (4) im wesentlichen planparallel zueinander und in gegenseitigem Abstand zwischen diesen bzw. zwischen diesen und zwei ersten Holmen (2) des Halterahmens (1) erstrecken, wobeidie wärmeabgebenden Elemente (4) jeweils aus zwei planparallel zueinander angeordneten Blechbändern (5) und mehreren dazwischen nebeneinander angeordneten elektrischen Kaltleiterelementen (6), die die beiden Blechbänder (5) flächig berühren und mit diesen elektrisch verbunden sind, bestehen, die Lamellen (8) stirnseitig jeweils an zwei benachbarte wärmeabgebende Elemente (4) bzw. an ein wärmeabgebendes Element (4) und einen der ersten Holme (2) des Halterahmens (1) oder ein Halteelement (9) anstoßen, unddie Blechbänder (5) an ihren Enden in sich senkrecht dazu erstreckenden zweiten Holmen (3) des Halterahmens (1) elektrisch voneinander isoliert abgestützt sind und dort mit elektrischen Anschlußelementen (7) versehen sind, dadurch gekennzeichnet, dassdie ersten Holme (2) des Halterahmens (1) jeweils aus einem mit den Lamellen (8) in Berührung stehenden inneren Band (11), einer parallel im Abstand dazu verlaufenden, steifen äußeren Schiene (12) und einer dazwischen angeordneten Federeinrichtung (14), die sich an der äußeren Schiene (12) abstützt und das innere Band (11) gegen die benachbarten Lamellen (8) drückt, bestehen".

Die Klägerin macht den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend und beruft sich hierzu auf folgende Druckschriften:

- europäische Patentanmeldung 0 243 077 A2 (Entgegenhaltung K3),

- US-amerikanisches Patent 4 414 052 (Entgegenhaltung K5),

- deutsche Offenlegungsschrift 29 48 593 A1 (Entgegenhaltung K6) und - deutsche Offenlegungsschrift 31 19 302 A1 (Entgegenhaltung K7).

Sie ist der Auffassung, die Gegenstände der Unteransprüche seien durch den Stand der Technik vorweggenommen, zumindest nahegelegt.

Die Klägerin beantragt, das europäische Patent 0 350 528 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig zu erklären.

Die Beklagte, die der Klage rechtzeitig widersprochen hat, beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien auf die Akte verwiesen.

Gründe

Die in zulässiger Weise erhobene Klage, mit der der Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a i. V. m. Art. 52, 56 EPÜ) geltend gemacht wird, ist begründet.

I.

Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 ist nicht patentfähig.

Der beanspruchte Radiator mag neu und gewerblich anwendbar sein. Er beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

1. Das angefochtene Patent betrifft einen Radiator mit mehreren Wärme abgebenden Elementen, die ihrerseits von elektrischen Kaltleiterelementen beheizt werden. Die Kaltleiterelemente sind von der Art, die üblicherweise als PTC-Elemente bzw. PTC-Widerstände bezeichnet werden, vgl. Streitpatentschrift Spalte 1 Zeilen 27 bis 31.

PTC-Widerstände zeichnen sich durch Besonderheiten in ihrem temperaturabhängigen Verhalten aus. Oberhalb einer charakteristischen Temperatur nimmt ihr Widerstandswert mit ansteigender Temperatur überproportional stark zu. Wird bei einem an eine Spannungsquelle angeschlossenen PTC-Widerstand die in ihm erzeugte Wärme nicht oder nur unzureichend abgeführt, steigt seine Temperatur an. Nach Überschreiten der charakteristischen Temperatur wächst der elektrische Widerstand in einem kleinen Temperaturintervall um Größenordnungen an und die vom PTC-Element abgegebene Heizleistung fällt stark ab.

Eine Heizung mit PTC-Elementen, wie sie z. B. in einer Kraftfahrzeug-Luftheizung Verwendung findet, wird im normalen Einsatz bei einer Temperatur unterhalb der charakteristischen Temperatur der PTC-Elemente betrieben, um deren volle Heizleistung im gewünschten Maß nutzen zu können. Dafür ist es wichtig, die von den PTC-Elementen erzeugte Wärme zuverlässig abzuführen und über Lamellen, die an die Wärme abgebenden Elemente anstoßen, auf die zu erwärmende Luft zu übertragen. Das Streitpatent befasst sich mit dieser Problematik, siehe Streitpatentschrift Spalte 1 Zeilen 24 bis Spalte 2 Zeile 14.

2. Der Erfindung ist die Aufgabe zu Grunde gelegt, einen Radiator der eingangs genannten Art anzugeben, der insbesondere für den Einsatz zur Kraftfahrzeugscheibenbeheizung geeignet ist, einen kompakten Aufbau zulässt und einen guten Wärmeübergang zwischen den Wärme abgebenden Elementen und den Lamellen gewährleistet, siehe Spalte 1, Zeilen 13 bis 19 der Streitpatentschrift.

3. Die Lösung sieht das Streitpatent in einem Radiator mit den im Anspruch 1 genannten Merkmalen. Diese Merkmale können in Anlehnung an die von der Patentinhaberin vorgeschlagenen Gliederung wie folgt gegliedert werden:

Radiator 1. mit einem Halterahmen (1);

1.1 der Halterahmen (1) ist eben;

1.2 der Halterahmen (1) hat zwei erste Holme (2) und zweite Holme (3);

2. mit mehreren Wärme abgebenden Elementen (4);

2.1 die Wärme abgebenden Elemente (4) sind länglich und erstrecken sich parallel zueinander in der von dem Halterahmen (1) aufgespannten Ebene;

2.2 die Wärme abgebenden Elemente (4) sind von dem Halterahmen (1) gehalten;

2.3 die Wärme abgebenden Elemente (4) bestehen jeweils aus zwei Blechbändern (5) und mehreren elektrischen Kaltleiterelementen (6);

2.3.1 die zwei Blechbänder )

2.3.1.1 sind planparallel zueinander angeordnet, 2.3.1.2 erstrecken sich senkrecht zu den zweiten Holmen (3) und 2.3.1.3 sind an ihren Enden in den zweiten Holmen (3) des Halterahmens (1) elektrisch voneinander isoliert abgestützt und dort mit elektrischen Anschlusselementen versehen;

2.3.2 die elektrischen Kaltleiterelemente (6)

2.3.2.1 sind zwischen den beiden Blechbändern (5) nebeneinander angeordnet, 2.3.2.2 berühren die Blechbänder (5) flächig und 2.3.2.3 sind mit den beiden Blechbändern (5) elektrisch verbunden;

3. an die Wärme abgebenden Elemente (4) stoßen eine Vielzahl von Lamellen (8) an, die 3.1 aus einem gut Wärme leitenden Material sind, 3.2 sich quer zur Längserstreckung der Wärme abgebenden Elemente (4) zwischen den Wärme abgebenden Elementen (4) bzw. (d. h. oder) zwischen den Wärme abgebenden Elementen (4) und den zwei ersten Holmen (2) des Halterahmens (1) erstrecken, 3.3 sich im Wesentlichen planparallel zueinander und in gegenseitigem Abstand erstrecken und 3.4 jeweils stirnseitig an zwei benachbarten Wärme abgebenden Elementen (4) bzw. (d. h. oder) an ein Wärme abgebendes Element (4) und einen ersten Holm (2) des Halterahmens (1) oder an ein Wärme abgebendes Element (4) und ein Halteelement (9) anstoßen;

4. die ersten Holme (2) des Halterahmens bestehen jeweils 4.1 aus einem inneren Band (11), 4.1.1 das mit den Lamellen (8) in Berührung steht, 4.2 aus einer äußeren Schiene (12), die 4.2.1 parallel im Abstand zum inneren Band verläuft und 4.2.2 steif ist, und 4.3 aus einer Federeinrichtung (14), 4.3.1 die zwischen dem inneren Band (11) und der äußeren Schiene (12) angeordnet ist, 4.3.2 die sich an der äußeren Schiene (12) abstützt und 4.3.3 das innere Band (11) gegen die benachbarten Lamellen (8) drückt.

4. Als Fachmann ist vorliegend ein Fachhochschul-Ingenieur der Elektrotechnik mit Erfahrungen in der Konstruktion und Entwicklung von Elektroheizungen für Lufterwärmung, speziell von solchen mit PTC-Heizelementen anzusehen.

5. Nächstkommend ist die im Streitpatent als Ausgangspunkt der Erfindung genannte Druckschrift EP 0 243 077 A2 (K3). Der in dieser Entgegenhaltung gezeigte und beschriebene Radiator soll nach der Beschreibung des Streitpatents (siehe dort Spalte 1 Zeilen 3 bis 12) die Merkmale des Oberbegriffs (nämlich die Merkmale 1 bis 3.4) aufweisen. Die Patentinhaberin ist aber jetzt der Auffassung, dass die Oberbegriffsmerkmale 1., 1.1, 1.2, 2. und 2.3.1.3 bei dem Radiator der Druckschrift K3 nicht verwirklicht seien.

Die US-amerikanische Patentanmeldung K3 betrifft einen Radiator mit PTC-Elementen und Wärme übertragenden Lamellen, der (wie schon aus der Bezeichnung der Patentanmeldung hervorgeht) als Heizung in einem Kraftfahrzeug vorgesehen ist. Als dem Halterahmen des Streitpatents mit ersten und zweiten Holmen entsprechende Einrichtung (vgl. Merkmale 1. und 1.2) dient eine Umhüllung der Wärme erzeugenden und abgebenden Elemente mit einem isolierenden Material (insulating sheet 27). Als erste Holme des Halterahmens sind die in der Figur 2 von links nach rechts verlaufenden Bereiche der Umhüllung 27, als zweite Holme die senkrecht dazu liegenden Teile von 27 zu sehen. Der Halterahmen ist - wie Figur 1 zeigt - entsprechend Merkmal 1.1 eben.

Dem Vortrag der Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung, wonach die gezeigte Umhüllung aus einem isolierenden Material lediglich als dünne elektrische Isolationsschicht gegenüber dem Kanal 10 und nicht als Halterahmen zu sehen sei, kann nicht gefolgt werden. Ein Luftführungskanal in einem Kraftfahrzeug bestand schon vor dem Anmeldetag der Entgegenhaltung üblicherweise aus Kunststoff, wie die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat. Da aus der Druckschrift K3 nicht hervorgeht, dass ein spezielles, elektrisch leitfähiges Kunststoffmaterial zum Einsatz kommen soll, musste der Fachmann also davon ausgehen, dass das Material des Kanals 10 ein Nichtleiter und eine elektrische Isolation des in den Kanal eingesetzten Radiators deshalb nicht erforderlich ist. Zudem ist der Radiator in den Figuren mit einem Halterahmen von beträchtlicher Materialstärke (z. B. im Vergleich zu den Lamellen) und nicht lediglich mit einer sehr dünnen bandförmigen Umhüllung dargestellt.

Das Ausführungsbeispiel nach den Figuren 1 bis 3 der Entgegenhaltung K3 zeigt einen Radiator mit einem Wärme abgebenden Element. Im Beschreibungsteil der Patentanmeldung ist in Spalte 3 Zeilen 59 ff. ausgeführt, dass mehrere Einheiten (units) zusammengefasst werden können. Die Patentinhaberin interpretiert diese Textstelle so, dass mehrere komplette Einheiten, jeweils bestehend aus Wärme abgebendem Element sowie aus Lamellen und Halterahmen bzw. Umhüllung, kombiniert werden sollen und somit nur Radiatoren mit jeweils einem Wärme abgebenden Element gezeigt seien. Die Klägerin hingegen sieht in der Druckschrift K3 als Einheiten Gebilde aus Wärme abgebenden Elementen und Lamellen offenbart, die in einen gemeinsamen Halterahmen eingesetzt werden, womit Merkmal 2 verwirklicht wäre.

Unabhängig vom Verständnis dieser Merkmal 2 betreffenden Textstelle, auf die weiter unten noch einmal eingegangen werden wird, ist in der Druckschrift in Entsprechung zu den Merkmalen 2.1 bis 2.3.1.3 des Anspruchs 1 des angegriffenen Patents offenbart, dass das oder die Wärme abgebenden Elemente von dem oder den Halterahmen gehalten sind, ferner dass sie länglich sind und sich parallel zueinander in der von dem oder den Halterahmen aufgespannten Ebene erstrecken. Die Wärme abgebenden Elemente bestehen jeweils aus zwei Blechbändern und mehreren elektrischen Kaltleiterelementen, wobei sich die zwei Blechbänder senkrecht zu den zweiten Holmen erstrecken und an ihren Enden in den zweiten Holmen des Halterahmens elektrisch voneinander isoliert abgestützt und dort mit elektrischen Anschlusselementen versehen sind, was der Fachmann der Figur 2 in Verbindung mit Spalte 3 Absatz 2 entnimmt.

Aus Figuren 1 und 2 in Verbindung mit Spalte 3 Absatz 2 der K3 gehen die Merkmale 2.3.2 bis 2.3.2.3 hervor, wonach die elektrischen Kaltleiterelemente zwischen den beiden Blechbändern nebeneinander angeordnet sind, die Blechbänder flächig berühren und mit den beiden Blechbändern elektrisch verbunden sind.

An die Wärme abgebenden Elemente stoßen Lamellen (finned members 16) aus Metall an, die sich quer zur Längserstreckung der Wärme abgebenden Elemente zwischen den Wärme abgebenden Elementen und den zwei ersten Holmen des Halterahmens erstrecken, vgl. Merkmale 3. und 3.2. Die Lamellen sind in Übereinstimmung mit Merkmal 3.1 des Anspruchs 1 gut Wärme leitend, was der Fachmann aufgrund der Materialangabe "Metall" ohne weiteres mitliest. Die Lamellen erstrecken sich entsprechend Merkmalen 3.3 und 3.4 im Wesentlichen planparallel zueinander und in gegenseitigem Abstand und sie stoßen auch an einen ersten Holm des Halterahmens an, siehe insbesondere Figur 2, so dass Merkmalsgruppe 3 insgesamt verwirklicht ist.

Auch die kennzeichnenden Merkmale 4., 4.1, 4.1.1, 4.2 und Teile von 4.2.1 des Anspruchs 1 liegen bei dem aus der Druckschrift K3 bekannten Radiator vor, denn die ersten Holme des Halterahmens bestehen jeweils aus einem inneren Band, das mit den Lamellen in Berührung steht, und einem äußeren Teil, das mangels weiterer Festlegungen in Patentanspruch 1 und in der Beschreibung eine Schiene im Sinne des Anspruchs 1 darstellt, die parallel zum inneren Band verläuft, siehe Figuren 1 und 2 der Druckschrift K3.

Die Entgegenhaltung K3 befasst sich speziell mit der Problematik des Wärmeübergangs von den PTC-Widerständen zu den Lamellen (primary heat transfer, siehe u. a. Spalte 1 Zeilen 41 f. und 54, Aufgabe Spalte 2 Zeile 20) und auch von den Lamellen auf die Luft (secondary heat transfer, siehe u. a. Spalte 1 Zeile 52, Spalte 2 Zeile 7 und Aufgabe Spalte 2 Zeile 21). Hierfür ist die Maßnahme des Umhüllens des Wärmetauschers wichtig. Dies sorgt nach Spalte 3 Zeilen 16 bis 22 der K3 für einen höchst effektiven Wärmeübergang von den PTC-Widerständen 25 zu den Lamellen 16 und von diesen auf die strömende Luft im Kanal 10, in den die Radiatoranordnung eingesetzt ist.

6. Der die Schrift studierende Fachmann sah als möglichen Problempunkt der gezeigten Konstruktion des Radiators, den in der Druckschrift erwähnten guten Wärmeübergang über die ganze Breite des Radiators (siehe Figur 2) dauerhaft sicherzustellen. Diesen Umstand hat auch die Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung als dem Fachmann ins Auge springenden Nachteil des vorbekannten Radiators bezeichnet: Der Kontakt der Lamellenanordnung 16 und der Bänder 14 zu den PTC-Widerständen 25 ist in den seitlichen Randbereichen der Lamellenanordnung und der Bänder in der Nähe der zweiten Holme auf Grund der durch diese ausgeübten Zugspannung gut zu erreichen. In der Mitte des Radiators hingegen lässt sich die erforderliche Druckbeaufschlagung der Lamellen und der PTC-Elemente nicht so leicht erzielen und dauerhaft aufrecht erhalten. Diese Nachteile veranlassten den Fachmann, nach einer Lösung für eine verbesserte und vor allem über die Breite des Radiators gleichmäßigere Druckbeaufschlagung zu suchen.

7. Zum präsenten Wissen des hier angesprochenen Fachmanns gehörte am Anmeldetag des Streitpatents, dass bei einer Heizeinrichtung mit PTC-Element und wärmeübertragenden Lamellen für den notwendigerweise geringen elektrischen und thermischen Übergangswiderstand zwischen den Teilen eine gewisse Druckbeaufschlagung erforderlich ist und diese durch elastische Kräfte, z. B. durch Federspannung, erzielt werden kann.

Belege hierfür ergeben sich aus dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik.

So beschreibt die US-Patentschrift 4 414 052 (K5) im Zusammenhang mit den Radiatoren nach den Figuren 1 und 2 in der Spalte 1 Zeilen 44 bis 59 verschiedene Arten von Federelementen zur Druckbeaufschlagung (bias spring 6 und spring locking washer 15) als vorbekannt (prior art). In Figur 1 dieser Druckschrift ist gezeigt, dass die an einem Halterahmen 7 abgestützte Feder 6 die Lamellenpakete (heat radiator 4) auf das mit Elektroden 2, 3 versehene PTC-Element 1 drückt, wobei sich ein Band (sheet metal 8) zwischen der Feder und dem beaufschlagten Lamellenpaket befindet.

In der deutschen Offenlegungsschrift 29 48 593 A1 (K6) ist ein PTC-Widerstandsheizer gezeigt, bei dem ein PTC-Element 4 und zugehörige Kontaktbleche 3', 3" in einem Halterahmen (Haltering 2) von einer Federeinrichtung (Federelement 6) mit Druck beaufschlagt werden. In dieser Schrift ist außerdem auf vorbekannte PTC-Elemente verwiesen, die mit federnden Schienen für den elektrischen Kontakt und für die Wärmeableitung in Verbindung stehen, siehe Seite 4 (gemäß handschriftlicher Nummerierung) Absatz 3.

Die Schrift DE 31 19 302 A1 (K7) betrifft eine Luftheizvorrichtung, die "Thermistor- bzw. Heißleiterelemente mit positivem Temperaturkoeffizienten", also offensichtlich PTC-Elemente, verwendet, siehe u. a. Seite 5 Absatz 1 und Anspruch 1. Nach Anspruch 4, der direkt auf Anspruch 1 rückbezogen ist, soll die Luftheizvorrichtung (den Lamellen entsprechende) Abstrahlungsanordnungen mit elastischen Metallplatten umfassen, welche zwischen sich die PTC-Elemente einspannen, vgl. Figur 3A, 3B und 3C der Druckschrift.

Es lag daher im Griffbereich des Fachmanns, den Radiator nach der Entgegenhaltung K3 mit einer Federeinrichtung zu versehen, um vom Halterahmen ausgehend eine zuverlässige Druckbeaufschlagung über die gesamte Breite des Radiators zu erzielen und damit im Sinne der gestellten Aufgabe einen Radiator anzugeben, der einen guten Wärmeübergang zwischen den Wärme abgebenden Elementen und den Lamellen gewährleistet, vgl. Spalte 1, Zeilen 13 bis 19 der Streitpatentschrift.

8. Für den Einbau einer Federeinrichtung in den Radiator nach der Druckschrift K3 waren konstruktive Anpassungsmaßnahmen notwendig. Diese begründen jedoch keine erfinderische Tätigkeit, sondern sind nach Überzeugung des Senats dem handwerklichen Können des Fachmanns zuzurechnen. Die Federeinrichtung zwischen dem inneren Band und der äußeren Schiene anzuordnen (siehe Merkmal 4.3.1) bot sich ohne weiteres an, da so die Federkraft in etwa gleichmäßig auf eine Vielzahl von Lamellen bzw. auf fast alle Lamellen und von diesen auf die Wärme abgebenden Elemente übertragen werden kann. Eine lokal begrenzte Krafteinwirkung der Feder direkt auf nur einige wenige Lamellen würde diese an der Einwirkungsstelle verbiegen. Die äußere Schiene der ersten Holme zur Aufnahme der Federkräfte und auch zur Erzielung einer Formstabilität der gesamten Radiatoranordnung entsprechend Merkmal 4.2.2 steif auszubilden, war dabei selbstverständlich.

9. Sollte der bei der Betrachtung des Merkmals 2 des Anspruchs 1 schon diskutierte Hinweis auf mehrere Wärme abgebende Elemente in Spalte 3 Zeilen 60 ff. der Druckschrift K3 - der Interpretation der Patentinhaberin entsprechend - so zu verstehen sein, dass mehrere komplette Radiatoren - so wie sie in der Figur 2 der Schrift K3 dargestellt sind - übereinanderstehend in den Kanal 10 eingesetzt werden, wäre Merkmal 2 bei dem Radiator nach der K3 nicht offenbart. Die zusätzliche Maßnahme, mehrere Wärme abgebende Elemente mit zugehörigen Lamellen in einem einzigen Halterahmen anzuordnen, sieht der Senat jedoch nicht als patentbegründend an, da sie sich schon aus Kostengründen anbietet und erkennbar platzsparend ist, da nur zwei außenliegende Rahmenholme erforderlich sind. Die Maßnahme bietet sich für den Fachmann auch deshalb an, weil nicht mehrere Teilmodule einzeln eingebaut und gegeneinander fixiert werden müssen, was ersichtlich auch einer leichteren Montage dient. Im Übrigen zeigt auch schon die Offenlegungsschrift DE 31 19 302 A1 (K7) in dem Ausführungsbeispiel nach Figur 3A einen Radiator mit mehreren Lagen von PTC-Elementen, die zusammen mit mehreren Lamellenanordnungen in einem gemeinsamen Rahmen eingespannt sind.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 ergab sich somit für den Fachmann in naheliegender Weise aus der Druckschrift K3 in Verbindung mit seinem Fachwissen und handwerklichen Können.

10. Die Patentinhaberin hat vorgetragen, dass der im Verfahren befindliche Stand der Technik nach den Entgegenhaltungen K5, K6 und K7 dem Fachmann ein eindeutiges und ausschließliches Vorbild allein für das Verkleben gegeben und von der im Streitpatent beanspruchten Lösung eines Radiators mit Halterahmen und Federeinrichtungen weggeführt habe.

Dieser Auffassung kann sich der Senat nicht anschließen. Die Entgegenhaltungen K5, K6 und K7 belegen vielmehr, dass beide Konstruktionen gängig waren und dem Fachmann zur Auswahl standen.

a) Die Patentinhaberin hat in zutreffender Weise vorgetragen, dass die Druckschrift US 4 414 052 (K5) den Federn wie auch den Halterahmen Nachteile wie Ermüdung durch Temperaturbeanspruchung zuschreibe und als eigene Lösung einen anderen Weg vorschlage, nämlich das Verkleben von Wärme abgebenden Elementen und Lamellen. Dies konnte den Fachmann jedoch nicht grundsätzlich von dem Einsatz von Federn abhalten, denn dem Fachmann war auch bekannt, dass einerseits je nach Anwendungsfall PTC-Elemente mit unterschiedlichen charakteristischen Temperaturen eingesetzt werden können und andererseits für weite Temperaturbereiche geeignete Werkstoffe für Federeinrichtungen und Halterahmen zur Verfügung standen. Überdies ist in Anspruch 1 keine Festlegung auf einen bestimmten Temperaturbereich getroffen.

b) Die Entgegenhaltung DE 29 48 593 A1 (K6) zeigt und beschreibt bei einem Radiator für die Sicherstellung eines guten elektrischen und thermischen Kontakts zwischen PTC-Element und Strom zuführenden und Wärme abführenden Blechbändern als einzige Lösung eine Druckbeaufschlagung durch elastische Kräfte, die durch eine Federeinrichtung aufgebracht werden.

c) Die Offenlegungsschrift DE 31 19 302 A1 (K7) schließlich offenbart in sämtlichen Ansprüchen Radiatoranordnungen, bei denen die PTC-Elemente und die Wärme abgebenden Lamellenanordnungen nicht notwendigerweise verklebt sind. Auf den allein wirksamen Einspannmechanismus durch elastische Metallplatten gemäß Anspruch 4 wurde schon vorstehend Bezug genommen. Auch in den Ausführungsbeispielen nach Figuren 3A bis 3C ist gezeigt, dass mehrere PTC-Elemente und mehrere Lamellenanordnungen durch elastische Vorspannung in einem gemeinsamen Rahmen gehalten sind. Erst im Zusammenhang mit weiteren Ausführungsbeispielen wird in der speziellen Beschreibung (z. B. auf Seite 10 Absatz 2 oder auf Seite 13 Absatz 3) auf die Verklebevariante hingewiesen.

11. Die Patentinhaberin hat in der mündlichen Verhandlung eine Zusammenstellung von Deckblättern verschiedener Patentdokumente vorgelegt, die sämtlich auf nach dem Veröffentlichungsdatum der Anmeldung des Streitpatents eingereichten Schutzrechtsanmeldungen beruhen sollen. Ihrer Ansicht nach belegt diese Zusammenstellung, dass durch das Streitpatent die Entwicklung von Radiatorheizungen "umgeswitcht" worden sei und die Fachwelt erst nach der Publikation der Lösung des Streitpatents den bis dahin für abwegig gehaltenen Einsatz von Federeinrichtungen zur Druckbeaufschlagung in Radiatoren mit mehreren Wärme abgebenden Elementen als gangbaren Weg erkannt und dann auch aufgegriffen habe.

Der Senat vermag diese Auffassung nicht zu teilen. Der im Verfahren befindliche und schon diskutierte vorveröffentlichte Stand der Technik zeigt, dass die beiden Entwicklungslinien "Federbeaufschlagung" und "Klebetechnik" vor dem Anmeldetag des Streitpatents verfolgt wurden. Das Vorhandensein zahlreicher Nachanmeldungen, die federbeaufschlagte Lamellen und Wärme abgebende Elemente zum Inhalt haben, kann nicht belegen, dass auf Grund der Veröffentlichung des Streitpatents die Entwicklung von Radiatoren mit mit den Lamellen verklebten Wärme abgebenden Elementen aufgegeben wurde. Der Senat geht davon aus, dass - dem Vortrag der Klägerin entsprechend - auch nach dem Anmeldetag des Streitpatents beide Lösungen parallel weiterentwickelt wurden.

II.

Die Maßnahmen der Unteransprüche sind aus dem Stand der Technik bekannt oder durch ihn nahegelegt oder sind dem handwerklichen Können des Fachmanns zuzurechnen.

1. Die Blechbänder entsprechend dem Vorschlag des Anspruchs 2 in der von dem Halterahmen aufgespannten Ebene in geringem Umfang beweglich zu halten ("schwimmende Lagerung") hielt der Fachmann für notwendig, um die Kräfte der Federn auf alle im Halterahmen aufgenommenen Wärme abgebenden Elemente und Lamellen wirken zu lassen und durch Temperaturänderungen bedingte Dimensionsänderungen auszugleichen.

2. Die feste Verbindung von Lamellen untereinander an wenigstens einer ihrer Stirnseiten nach Anspruch 3 war aus der Druckschrift K5, siehe dort Figur 1, vorbekannt.

3. Die feste Verbindung von Lamellen mit wenigstens einem der äußeren oder inneren Blechbänder nach Ansprüchen 4 und 5 lehrte schon die Druckschrift K3, siehe dort Spalte 2 Zeile 49. Hieraus ergab sich ebenso ein Vorbild für die feste Verbindung von Lamellen mit einem Halteband nach Anspruch 6, denn das Halteband 9 weist nach dem Wortlaut dieses Anspruchs strukturell keinen Unterschied zu einem der anderen Blechbänder 5 oder 11 des Radiators nach dem Streitpatent auf.

4. Zu Patentanspruch 7 wird auf die Druckschrift K5 verwiesen (siehe Figur 1 Bezugszeichen 7 in Verbindung mit Spalte 3 Zeile 30), zu Patentanspruch 8 auf die Entgegenhaltung K6 (siehe Bezugszeichen 6 in Figuren 2 und 3).

5. Die Maßnahme nach Patentanspruch 9 dient der Lagesicherung der PTC-Elemente bei und nach der Montage, die der Fachmann vorsah, ohne erfinderisch tätig zu werden. Die Dicke höchstens so groß zu bemessen wie die Dicke der Kaltleiterelemente, ist notwendig, um den elektrischen und thermischen Kontakt der PTC-Elemente zu den anschließenden Blechbändern nicht zu unterbrechen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG in Verbindung mit § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG in Verbindung mit § 709 Sätze 1 und 2 ZPO.






BPatG:
Urteil v. 20.03.2007
Az: 1 Ni 8/06


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