Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 14. Januar 2005
Aktenzeichen: I-16 U 59/04

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 14.01.2005, Az.: I-16 U 59/04)

§§ 327 a ff.; 140, 141, 304 AktG; Art. 14 GG

1. Der Ausschluss von Minderheitsaktionären nach §§ 327 a ff. AktG und die dazu ergangenen Verfahrensregelungen sind mit Art. 14 GG vereinbar.

2. Ist der Hauptaktionär eine juristische Person, so ist der Óbertragungsbericht nach § 327 c Abs. 2 AktG von Mitgliedern des Vorstands oder der Geschäftsführung in vertretungsberechtigter Zahl zu unterzeichnen.

3. In § 327 c Abs. 3 AktG sind die auszulegenden Unterlagen abschließend aufgeführt, so dass Konzernabschluss nebst Lagebericht nicht ausgelegt zu werden brauchen.

4. Eine Parallelprüfung spricht nicht gegen eine unabhängige (Óber-) Prüfung der Angemessenheit der angebotenen Barabfindung i.S.d. § 327 c Abs. 2 AktG.

5. Berücksichtigt der im Gewinnabführungsvertrag vorgesehene Ausgleich den Dividendenvorzug des Vorzugsaktionärs und nimmt dieser den Ausgleich an, so kann sein wirksam ausgeschlossenes Stimmrecht nicht nach § 140 Abs. 2 AktG wieder aufleben.

6. Durch den Óbertragungsbeschluss nach § 327 a AktG wird der in der Satzung festgelegte Vorzug nicht unmittelbar beeinträchtigt, so dass er nicht eines zustimmenden Sonderbeschlusses der Vorzugsaktionäre nach § 141 AktG bedarf.

Tenor

Die Berufungen der Klägerinnen werden auf ihre Kosten zurückgewiesen. Die durch die Nebenintervention verursachten Kosten fallen den Nebenin-tervenienten zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund dieses Urteils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerinnen vor der Vollstreckung jeweils Sicherheit in glei-cher Höhe leisten. Die Sicherheit kann durch Bürgschaft eines der Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterliegenden Kreditinstituts geleistet werden.

Gründe

A.

Die Beklagte ist eine börsennotierte Aktengesellschaft, die Kommunikationsnetze herstellt und vertreibt. Ihr Grundkapital von 20,8 Mio. EUR besteht je zur Hälfte aus

Stammaktien und stimmrechtslosen Vorzugsaktien, die mehrheitlich (99,3 % des Grundkapitals) von der im Jahre 2000 gegründeten Hauptaktionärin der Beklagten, der E... ... V....-GmbH mit Sitz in Neuss, gehalten werden. Diese ist eine 100 %ige Tochter der ... G... H... GmbH (Muttergesellschaft: ... C..., M... /...). Die restlichen 72.832 Vorzugsaktien befinden sich derzeit noch in Streubesitz. Die Klägerin zu 1. hält mindestens 40 dieser Vorzugsaktien, die Klägerin zu 3. 50 und die Klägerin zu 2. 1.300 Vorzugsaktien.

Die Satzung der Beklagten sieht in § 5 Abs. 5 vor, dass die Vorzugsaktien vorbehaltlich zwingender gesetzlicher Vorschriften kein Stimmrecht haben. § 6 trifft zur Gewinnberechtigung folgende Regelung: "..2. Der an die Aktionäre zu verteilende Bilanzgewinn wird in nachstehender Reihenfolge verwandt: a) Zunächst sind die für die Vorzugsaktionäre bestimmten Vorzugsgewinnanteile von 0,08 EUR je Vorzugsaktie zu zahlen. Reicht der Gewinn zur Zahlung des Vorzugsgewinnanteils ... nicht aus, so ist der Rückstand ohne Zinsen aus dem Gewinn der folgenden Geschäftsjahre in der Weise nachzuzahlen, dass die älteren Rückstände vor den jüngeren zu tilgen sind ... b) Sodann sind die für die Stammaktionäre bestimmten Gewinnanteile von bis zu 0,04 EUR je Stammaktie zu zahlen. c) Der restliche Gewinn ist zur Zahlung eines zusätzlichen Gewinnanteils an die Vorzugs- und Stammaktionäre zu verwenden und in jeweils gleicher Höhe auf sämtliche Aktien zu verteilen. ..."

Unter dem 25. Juli 2000 schloss die Beklagte als abhängige Gesellschaft mit ihrer Hauptaktionärin E... ... V....-GmbH als herrschender Gesellschaft einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, der am 6. Oktober 2000 in das Handelsregister eingetragen wurde. Durch diesen Vertrag verpflichtete sich die Hauptaktionärin, auf Verlangen eines außenstehenden Aktionärs der Beklagten dessen Aktien gegen eine Barabfindung in Höhe von 19 EUR zu erwerben (§ 5 des Vertrages). Des weiteren garantierte sie den außenstehenden Aktionären der Beklagten als angemessenen Ausgleich für die Dauer des Vertrages einen Gewinnanteil (Bardividende) von mindestens 0,99 EUR je nennwertloser Vorzugsaktie und 0,95 EUR je nennwertloser Stammaktie jeweils für das Geschäftsjahr 2000 sowie von mindestens 1,07 EUR je nennwertloser Vorzugsaktie und 1,03 EUR je nennwertloser Stammaktie jeweils für das Geschäftsjahr 2001 und jedes darauf folgende Geschäftsjahr (§ 4 des Vertrages). Wegen der Angemessenheit dieser Festsetzungen ist vor dem Landgericht Düsseldorf ein Spruchstellenverfahren anhängig - Aktenzeichen: ... -.

Nachdem die Hauptaktionärin sämtliche Stammaktien und nahezu alle Vorzugsaktien der Beklagten hielt, trat sie am 8. Mai 2003 an den Vorstand der Beklagten mit dem Verlangen heran, dass deren Hauptversammlung die Übertragung der Aktien der übrigen Aktionäre auf sie gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung beschließe. Auf Antrag der Hauptaktionärin vom 3. Juni 2003 wählte das Landgericht Düsseldorf die von der Hauptaktionärin vorgeschlagene B... Deutsche Warentreuhand AG Wirtschaftprüfungsgesellschaft (nachfolgend B...) als sachverständige Prüferin nach § 327 b Abs. 1 Satz 1 AktG aus und bestellte sie mit Beschluss vom 17. Juni 2003.

Unter dem 11. Juli 2003 erstattete die Hauptaktionärin einen Bericht über die Voraussetzungen der Übertragung und die Angemessenheit der festzusetzenden Barabfindung, der von ihren Geschäftsführern H... und Dr. Z... unterschrieben wurde. In diesem legte sie die angemessene Barabfindung auf 21,17 EUR je Vorzugsaktie fest.

Der gerichtlich bestellte sachverständige Prüfer B... erstattete unter dem 14. Juli 2003 seinen Prüfbericht und bestätigte in diesem die Angemessenheit der Barabfindung.

Mit Schreiben vom 9. Juli 2003 übernahm die W... AG die Gewährleistung für die Erfüllung der Verpflichtung der Hauptaktionärin gegenüber den Minderheitsaktionären der Beklagten, indem sie sich diesen gegenüber verpflichtete, nach Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister der Beklagten unverzüglich jedem der Minderheitsaktionäre die festgelegte Barabfindung in Höhe von 21,17 EUR je Vorzugsaktie zzgl. der Zinsen nach § 327 b Abs. 2 AktG für die von ihm gehaltenen und auf die Hauptaktionäre übergegangenen Aktien zu zahlen.

Durch Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 29. August 2003, zu der ihr Vorstand unter dem 8. Juli 2003 eingeladen hatte, sind die Aktien der Minderheitsaktionäre der Beklagten "gemäß dem Verfahren zum Ausschluss der Minderheitsaktionäre gegen Gewährung einer Barabfindung in Höhe von 21,17 EUR für je eine auf den Inhaber lautende Vorzugsaktie der Q... AG auf die E... ... V....-GmbH mit Sitz in Neuss übertragen" worden. Der Beschluss wurde mit allen Stimmen der stimmberechtigten Aktionäre gefasst. Hierzu haben die Klägerinnen durch ihre Vertreter Widerspruch zur Sitzungsniederschrift erklärt.

Mit ihren Klagen machen die Klägerinnen die Nichtigkeit, hilfsweise die Unwirksamkeit des squeezeout-Beschlusses geltend. Sie haben gemeint, die Regelungen über den Ausschluss von Minderheitsaktionären seien verfassungswidrig. Unabhängig davon sei der angefochtene Beschluss verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Der vorgelegte Übertragungsbericht habe nicht dem Schriftformerfordernis genügt, die erforderlichen Konzernabschlüsse seien nicht ausgelegt gewesen und ihre Auskunfts- und Informationsrechte in der Hauptversammlung massiv verletzt worden. Auch fehle es an einer ordnungsgemäßen Prüfung der Angemessenheit der Barabfindung. Des Weiteren sei der Übertragungsbeschluss wegen fehlender Zustimmung der Vorzugsaktionäre und wegen Fehlens der erforderlichen Sonderbeschlussfassung unwirksam. Schließlich erfülle die E... ... V....-GmbH nicht die an einen Hauptaktionär zu stellenden Voraussetzungen, weil es sich bei ihr um eine reine "Briefkastenfirma" handele, die bei unzureichender Kapitalausstattung nur gegründet worden sei, um der Mehrheitsgesellschafterin die Möglichkeit der preisgünstigen Übernahme der Beklagten zu verschaffen.

Die Beklagte hat um Klageabweisung gebeten und geltend gemacht, der angefochtene Übertragungsbeschluss sei wirksam.

Das Landgericht hat die Klagen abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung zu Tagesordnungspunkt 7 über die Übertragung der von den Minderheitsaktionären der Beklagten gehaltenen Aktien auf die E... ... V....-GmbH als Hauptaktionärin gegen Gewährung einer Barabfindung sei wirksam. Weder seien die Regelungen des squeezeout-Verfahrens verfassungswidrig noch werde dieses Verfahren von der Hauptaktionärin rechtsmissbräuchlich betrieben noch leide der in der Hauptversammlung gefasste Beschluss an den geltend gemachten Mängeln und/oder Verfahrensfehlern.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung verfolgen die Klägerinnen ihre erstinstanzlichen Anträge weiter. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens macht die Klägerin zu 1. geltend, die Regelungen der §§ 327 a ff. AktG seien auch deshalb verfassungswidrig, weil die betroffenen Vorzugsaktionäre keinerlei Zustimmungsmöglichkeit zu diesem Übertragungsbeschluss hätten. Das Landgericht habe in seinem Urteil weiter verkannt, dass der Übertragungsbericht des Hauptaktionärs nicht der Schriftform genüge, weil sich aus dem Bericht nicht ergebe, wer für die Gesellschaft unterschrieben habe. Rechtsfehlerhaft sei das Landgericht weiter davon ausgegangen, dass eine Vorlage der (Teil-) Konzernabschlüsse nebst Lageberichten nicht erforderlich sei. Daneben fehle es an der erforderlichen Zustimmung zum squeezeout durch die Vorzugs- bzw. Minderheitsaktionäre. Schließlich sei auch die Gewährleistungserklärung der W... AG unzureichend, weil sie jederzeit frei widerruflich sei.

Die Klägerinnen zu 2. und 3. wenden unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ein: Eine ordnungsgemäße Prüfung der Angemessenheit der Barabfindung habe nicht stattgefunden, weil es schon die gesetzlich zwingend vorgeschriebene gerichtliche Auswahl des Prüfers nicht gegeben habe. Hinzu komme, dass diese von der Hauptaktionärin selbst ausgesuchte Prüferin schon vor ihrer Bestellung tätig geworden sei und damit an dem mitgearbeitet habe, was später Gegenstand der Prüfung habe werden sollen. Auch sei der Bericht - wie schon erstinstanzlich ausgeführt - inhaltlos, so dass er nicht als Bericht im Sinne des Gesetzes gewertet werden könne. Unabhängig davon fehle es an der Festsetzung einer angemessenen Barabfindung, weil die Hauptaktionärin öffentlich zugängliche Wertindikatoren von Anfang an übergangen habe. Dies stehe einer fehlenden Festsetzung gleich, die zur Anfechtbarkeit des Beschlusses führen müsse. Des Weiteren gehe das Landgericht zu Unrecht davon aus, dass es der Aus- und Vorlage der Konzernabschlüsse nicht bedurft habe. Schließlich fehle es auch an einer ordnungsgemäßen Bankgarantie, weil die der W... AG vom 9. Juli 2003 auf einen Höchstbetrag von insgesamt 1.541.853,44 EUR zzgl. etwaiger Zinsen begrenzt sei.

Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Berufungen, indem sie das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens verteidigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf den Inhalt der angegriffenen Entscheidung sowie auf die mit Senatsbeschluss vom 1. Dezember 2004 erteilten rechtlichen Hinweise Bezug genommen.

B.

Die zulässigen Berufungen der Klägerinnen haben aus den Gründen des Senatsbeschlusses vom 1. Dezember 2004 keinen Erfolg. Der in der Hauptversammlung vom 27. August 2003 zu Tagesordnungspunkt 7 gefasste Beschluss über die Übertragung der von den Minderheitsaktionären gehaltenen Aktien auf die Hauptaktionärin gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung ist weder nichtig noch wirksam angefochten oder sonst unwirksam. Zu Recht hat das Landgericht entschieden, dass die Regelungen des squeezeout-Verfahrens nicht verfassungswidrig sind (siehe I.), das Verfahren von der Hauptaktionärin nicht rechtsmissbräuchlich betrieben wird und der in der Hauptversammlung vom 27. August 2003 gefasste Beschluss auch nicht an den geltend gemachten Mängeln und Verfahrensfehlern leidet (siehe II.).

I.

Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 16. Januar 2004 (I-16 W 63/03, AG 2004, 207 ff. = DB 2004, 590 ff. = ZIP 2004, 359 ff.) ausgeführt hat, bestehen an der Verfassungsmäßigkeit der Regelungen des squeezeout-Verfahrens (§§ 327 a ff. AktG) keinerlei Zweifel, so dass kein Anlass dazu besteht, entsprechend der Anregung der Klägerin zu 2. den Rechtsstreit auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen:

1. Die gesetzliche Möglichkeit des Ausschlusses von Minderheitsaktionären stellt eine Enteignung i.S.d. Artikel 14 Abs. 3 GG nicht dar. Weder geht ein möglicher Rechtsverlust vom Staat selbst oder einem mit staatlichen Zwangsrechten beliehenen Unternehmer aus noch dient der Ausschluss von Minderheitsaktionären aus einer Aktiengesellschaft der Erfüllung öffentlicher Aufgaben.

2. Durch das Verfahren zum Ausschluss von Minderheitsaktionären gegen ihren Willen wird das durch Artikel 14 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistete aktienrechtliche Anteilseigentum lediglich eingeschränkt. Mit der ganz herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung ist der Senat der Ansicht, dass die gesetzlichen Regelungen der §§ 327 a ff. AktG den Anforderungen entsprechen, welche das Bundesverfassungsgericht an den Ausschluss von Minderheitsaktionären stellt, und dass sie als Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums im Sinne des Artikel 14 Abs. 1 Satz 2 GG damit verfassungskonform sind (Senat, a.a.O.; OLG Oldenburg ZIP 2003, 1351; OLG Köln BB 2003, 2307; OLG Hamburg AG 2003, 696 = ZIP 2003, 2076; ZIP 2003, 1344 = NZG 2003, 539 = AG 2003, 441; OLG Stuttgart ZIP 2003, 2363 = AG 2004, 105 = OLGR 2004, 139 = NZG 2004, 146; Steinmeyer/Häger, WpÜG, Rdnr. 8 ff. zu § 327 a; Hüffer, AktG, 6. Aufl., Rdnr. 4 zu § 327 a; Grzimek in: Geibel/Süssmann, WpÜG, Rdnr. 26 ff. zu § 327 a; Kölner Kommentar-WpÜG/Hasselbach, Rdnr. 11 zu § 327 a; Münchner Kommentar/Grunewald, AktG, 2. Aufl., Rdnr. 6 zu § 327 a; Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 3. Aufl., Rdnr. 7 zu § 327 a; Sieger/Hasselbach, ZGR 2002, 121, 127; Fleischer ZGR 2002, 757, 763 f.; Wirth/Arnold AG 2002, 503 ff.; Krieger BB 2002, 53, 54; Gesmann-Nuissl WM 2002, 1205; Sellmann WM 2003, 1545 ff.; a.A. Hans Hanau NZG 2002, 1040).

2.1 Artikel 14 Abs. 1 GG gewährleistet das Eigentum und damit auch das in der Aktie verkörperte Anteilseigentum, wobei sich der Schutz sowohl auf die mitgliedschaftliche Stellung als auch auf die vermögensrechtlichen Ansprüche erstreckt, welche das Aktieneigentum vermittelt (BVerfG DStR 2003, 990; AG 2001, 42 (Moto-Meter); E 100, 289 ,301 f. (DAT/Altana)).

Gleichwohl schließt Artikel 14 Abs. 1 GG es nicht grundsätzlich aus, eine Aktionärsminderheit gegen ihren Willen aus der Aktiengesellschaft zu drängen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber dem unternehmerischen Gestaltungsinteresse gegenüber dem Bestandsinteresse des Kleinaktionärs Vorrang einräumt, sofern dies mit hinreichenden Schutzvorkehrungen für den Minderheitsaktionär verbunden ist (BVerfG a.a.O.). Zwar wird durch das Hinausdrängen der Minderheitsaktionäre auch das mitgliedschaftliche Bestandsinteresse tangiert, im Vordergrund steht jedoch die Vermögenskomponente der Aktie, weil das mitgliedschaftliche Element naturgemäß bei Kleinaktionären nur von begrenzter Bedeutung ist. Der Schutz der Minderheitsaktionäre ist dann gewährleistet, wenn ihnen der Wert ihrer Aktien ersetzt wird und sie die Möglichkeit haben, die Richtigkeit der Wertbemessung in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen zu lassen (BVerfG a.a.O.).

2.2 Diese verfassungsrechtlichen Vorgaben werden durch die Regelungen der §§ 327 a ff. AktG erfüllt. Die berechtigten Interessen der zum Ausscheiden gezwungenen Minderheitsaktionäre werden gewahrt.

2.2.1 Die gesetzgeberische Zielsetzung ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Mit dem Rechtsinstitut des "squeezeout" soll einem Aktionär, der direkt oder indirekt über mindestens 95 % Anteile an einer Aktiengesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien verfügt, die Möglichkeit gegeben werden, die Aktien der noch in der Gesellschaft verbliebenen Minderheitsaktionäre gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung zwangsweise zu erwerben und damit die Minderheitsaktionäre aus der Gesellschaft auszuschließen. Dies dient in erster Linie der Vereinfachung der Unternehmensführung. Eine geringe Anzahl von Minderheitsaktionären in einer ganz überwiegend von einem Großaktionär oder einer Unternehmensgruppe kontrollierten Gesellschaft ist kaum in der Lage, in nennenswertem Umfang zur Eigenkapitalbeschaffung oder zur Unternehmensführung beizutragen. Gleichwohl aber müssen auch bei Vorgängen, welche die Interessen der Minderheitsaktionäre nicht oder kaum beeinträchtigen, sämtliche aktienrechtlichen Minderheitenschutzvorschriften - Einberufung der Hauptversammlung, deren ordnungsgemäße Durchführung, Fragerecht der Aktionäre und die diversen aktienrechtlichen Berichtspflichten - mit einem erheblichen Kostenaufwand beachtet werden. Des weiteren besteht die Gefahr missbräuchlicher Anfechtungsklagen, die weitere Verzögerungen, Synergieverluste und Kosten mit sich bringen (Regierungsentwurf BT-Drucksache 14/7034, S. 31 f., 72 ff.; Krieger BB 2002, 53; Kölner Kommentar-WpÜG/Hasselbach, Rdnr. 6 f. zu § 327 a; Steinmeyer/Häger, Rdnr. 4 ff. zu § 327 a; Grzimek in: Geibel/Süssmann, Rdnr. 2 zu § 327 a).

Schließlich soll die squeezeout-Möglichkeit der Vollendung des Kontrollwechsels dienen. Hat der Hauptaktionär eine 95 %ige Beteiligung durch ein Pflichtangebot i.S.d. § 35 WpÜG erworben, so soll ihm auch die Möglichkeit eingeräumt werden, überbleibende Splitterbeteiligungen abzufinden und alle Anteile an der Zielgesellschaft zu übernehmen (Regierungsentwurf BT-Drucksache 14/7034, S. 32; Steinmeyer/Häger, Rdnr. 6 zu § 327 a; Kölner Kommentar-WpÜG/Hasselbach, Rdnr. 8 zu § 327 a).

2.2.2 Das Vermögensinteresse des Minderheitsaktionärs, der gegen Zahlung einer Barabfindung ausscheidet, ist durch das dem Eingliederungsverfahren nachgebildete Verfahren der §§ 327 a ff. AktG nicht nur ausreichend geschützt. Die Schutzvorkehrungen gehen sogar über den Schutz hinaus, der Minderheitsaktionären bei sonstigen Strukturmaßnahmen gewährt wird.

Die Angemessenheit der vom Hauptaktionär festzulegenden Barabfindung unterliegt der Prüfung durch einen sachverständigen Prüfer, der vom Gericht ausgewählt und bestellt wird (§ 327 c Abs. 2 Satz 2 AktG). Die Leistung dieser von einem unabhängigen, gerichtlich ausgewählten und bestellten sachverständigen Prüfer als angemessen testierten Barabfindung wird durch eine deutsche Bank abgesichert, so dass die Minderheitsaktionäre zusätzlich einen unmittelbaren Anspruch gegen das Kreditinstitut erhalten (§ 327 b Abs. 3 AktG). Die Angemessenheit der Barabfindung können die ausgeschiedenen Minderheitsaktionäre im Spruchverfahren überprüfen lassen (§ 327 f Abs. 1 Satz 2 AktG). Außerdem haben sie die Möglichkeit, den in der Hauptversammlung gefassten Übertragungsbeschluss im Wege der Anfechtungsklage überprüfen zu lassen, wobei diese allerdings weder darauf gestützt werden kann, dass der Hauptaktionär nach § 243 Abs. 2 AktG Sondervorteile zu erlangen suchte, noch darauf, dass die festgelegte Barabfindung nicht angemessen ist (§ 327 f Abs. 1 Satz 1 AktG).

Dass die nach § 327 b Abs. 1 AktG zu stellende Bankgarantie sich notwendigerweise nur auf die beschlossene und nicht auch auf eine in einem möglichen Spruchstellenverfahren ermittelte Barabfindung bezieht, kann ebenso wenig zur Verfassungswidrigkeit des squeezeout-Verfahrens führen wie die vielfach überlange Dauer von Spruchstellenverfahren. Letztere ist nicht auf die gesetzliche Regelung als solche zurückzuführen, sondern auf die Schwierigkeit der Materie für Parteien, Gerichte und Sachverständige. Durch das mit Wirkung vom 1. September 2003 in Kraft getretene Spruchverfahrensgesetz soll die Verfahrensdauer abgekürzt werden (siehe dazu Büchel NZG 2003, 793 ff.). Das Risiko des Minderheitsaktionärs, den in einem Spruchverfahren festgesetzten Mehrbetrag im Falle einer zwischenzeitlichen Insolvenz des Hauptaktionärs nicht durchsetzen zu können, ist verhältnismäßig gering einzuschätzen, da die beschlossene Barabfindung bereits vorab durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen auf ihre Angemessenheit überprüft wird (§ 327 c Abs. 2 AktG). Im Übrigen wird das Insolvenzrisiko bei anderen Strukturmaßnahmen, deren Verfassungskonformität nicht angezweifelt wird, überhaupt nicht geschützt (siehe auch OLG Hamburg NZG 2003, 978, 979; AG 2003, 696).

Die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung lässt sich auch nicht damit begründen, dass die Zinspflicht nach § 327 b Abs. 2 AktG erst mit der Eintragung des Übertragungsbeschlusses beginnt. Diese Regelung knüpft an die konstitutive Wirkung der Eintragung an. Bis dahin behält der Aktionär seine Stellung als Anteilsinhaber mit der Folge, dass er daraus resultierende Ansprüche, insbesondere Dividenden oder Ausgleichsansprüche geltend machen kann (OLG Hamburg NZG 2003, 978, 979; OLG Köln BB 2003, 2307, 2309). Im Übrigen ist nach § 327 b Abs. 2 2. Halbsatz AktG die Geltendmachung eines weitergehenden (Verzugs-) Schadens nicht ausgeschlossen, so dass die Minderheitsaktionäre es in der Hand haben, den Hauptaktionär durch Einreichung ihrer Aktien in Verzug zu setzen (Kölner Kommentar-WpÜG/Hasselbach, Rdnr. 14 zu § 327 b).

3. An dieser Rechtsauffassung hält der Senat fest. Entgegen der Auffassung der Klägerin zu 1. lässt sich die Verfassungswidrigkeit der Regelungen des squeezeout-Verfahrens auch nicht daraus herleiten, dass Vorzugsaktionäre keinerlei Möglichkeit der Zustimmung zu einem entsprechenden Hauptversammlungsbeschluss haben. Es ist das vom Gesetzgeber ausdrücklich erklärte unmittelbare und ausschließliche Ziel dieser Regelungen, für den Mehrheitsaktionär, dem bereits der ganz überwiegende Teil der Aktien der Gesellschaft gehört, die Möglichkeit zu schaffen, die restlichen Minderheitsaktionäre ohne eine sachliche Rechtfertigung auch gegen ihren Willen auszuschließen. Damit kann und darf es auf ihre Zustimmung nicht ankommen, so dass nicht nur ihr entgegenstehender, sondern auch ihr fehlender Wille unmaßgeblich ist. Würde man für den Übertragungsbeschluss nach § 327 a AktG die Zustimmung der Minderheitsaktionäre verlangen, würde die gesetzgeberische Zielsetzung verfehlt, weil den Minderheitsaktionären dadurch ein Vetorecht eingeräumt würde. Dadurch, dass ihr Ausschluss gegen eine angemessene Barabfindung zu erfolgen hat und sie die Angemessenheit dieser im Spruchverfahren überprüfen lassen können, sind ihre Vermögensrechte ausreichend geschützt.

II.

Der in der Hauptversammlung vom 29. August 2003 zu Tagesordnungspunkt 7 gefasste Übertragungsbeschluss nach § 327 a AktG ist ordnungsgemäß zustande gekommen. Ohne Erfolg rügen die Klägerinnen zu 1. bis 3. auch in der Berufungsinstanz, die Vorbereitung und Durchführung der Hauptversammlung weise Verfahrensfehler auf.

1. Dass die Beklagte oder die Hauptaktionärin die ihnen bei der Vorbereitung der Hauptversammlung nach § 327 c AktG obliegenden Informations-, Berichts- und Prüfungspflichten verletzt haben, lässt sich nicht feststellen.

1.1 Die Hauptaktionärin hat der Hauptversammlung den von § 327 c Abs. 2 AktG geforderten schriftlichen Bericht vorgelegt.

1.1.1 Die Rüge der Klägerin zu 1., der Bericht der E... S... V... GmbH vom 11. Juli 2003 entspreche schon nicht der Schriftform, weil er nicht ordnungsgemäß unterzeichnet sei, ist unbegründet.

Der Bericht des Hauptaktionärs ist schriftlich abzufassen und daher gemäß § 126 BGB mit eigenhändiger Unterschrift zu versehen. Ist der Hauptaktionär eine juristische Person, so ist der Bericht von Mitgliedern des Vorstands oder der Geschäftsführung in vertretungsberechtigter Zahl zu unterzeichnen (Senat AG 2004, 207, 210; Kölner Kommentar-WpÜG/Hasselbach, Rdnr. 9 zu § 327 c; Grzimek in: Geibel/Süssmann, Rdnr. 5 zu § 327 c; Münchner Kommentar/Grunewald, Rdnr. 6 zu § 327 c). Dies ist hier geschehen. Der schriftlich verfasste Bericht ist von den seinerzeitigen Geschäftsführern der E... S... V... GmbH, Reinhold H... und Dr. H... Z..., unterzeichnet worden. Dass sie dies in dieser Funktion getan haben, geht klar und deutlich aus dem Zusatz "E... ... V....-GmbH" oberhalb der Unterschriftenzeile hervor. Bei einer solchen von § 35 Abs. 3 GmbHG geforderten Namenszeichnung unter Hinweis auf die Gesellschaft tritt der unterzeichnende Geschäftsführer ausdrücklich als ihr Vertreter auf (§ 36 GmbHG, § 164 Abs. 1 Satz 2 BGB) und genügt damit der in § 126 BGB vorgesehenen Schriftform. Weitergehende Anforderungen sind an diese nicht zu stellen, insbesondere bedurfte es nicht noch des von der Klägerin zu 1. geforderten Hinweises auf die Vertretungsberechtigung und damit der Erläuterung, dass es sich bei den Unterzeichnenden um die Geschäftsführer der Hauptaktionärin handelte (s.a. OLG Stuttgart ZIP 2003, 2363 f.). Ob diese Information entsprechend § 35 a Abs. 1 GmbHG geschuldet war, kann dahin stehen. Bei dieser Regelung handelt es sich - wie auch bei § 36 Abs. 3 GmbHG - nicht um eine Form-, sondern um eine bloße Ordnungsvorschrift, deren Verletzung nicht die Ungültigkeit der Erklärung zur Folge hat (vgl. nur: Zöllner in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl., Rdnr. 10 zu § 35 a; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl., Rdnr. 6 zu § 35 a).

1.1.2 Im Übrigen entspricht der Bericht den Anforderungen des § 327 c Abs. 2 Satz 1 AktG, denn er legt die Voraussetzungen für die Übertragung dar und erläutert die Angemessenheit der Barabfindung umfassend und nachvollziehbar. Dass die Barabfindung nicht ordnungsgemäß angeboten worden ist, lässt sich entgegen der Auffassung der Klägerinnen nicht feststellen. Soweit sie in diesem Zusammenhang die Höhe der von der Hauptaktionärin festgesetzten - und durch die Ausschlussprüferin überprüften - Abfindung beanstanden, müssen sie dies gemäß § 327 f Abs. 1 AktG i.V.m. § 2 Spruchverfahrensgesetz im Spruchverfahren geltend machen. Da die Überprüfung der Angemessenheit der Barabfindung ausschliesslich im Spruchverfahren erfolgt und die Anfechtung des Hauptversammlungsbeschlusses nur bei fehlendem Barabfindungsgebot zulässig ist, hängt die Wirksamkeit der Strukturmaßnahme nicht von der Angemessenheit der festgesetzten Kompensation ab (vgl. nur: Emmerich/Habersack, Rdnr. 5 zu § 327 f; Kölner Kommentar-WpÜG/Hasselbach, Rdnr. 4 zu § 327 e; Krieger, BB 2002, 53, 60).

1.2 Ohne Erfolg wenden die Klägerinnen auch ein, die Beklagte sei ihrer Verpflichtung zur Auslegung von Unterlagen nach §§ 327 c Abs. 3, 327 d Satz 1 AktG nur unzureichend nachgekommen, weil sie den (Teil-)Konzernabschluss nebst Lagebericht nicht vorgelegt habe.

Ergänzend zu den Berichtspflichten des § 327 c AktG wird dem Informationsinteresse der Minderheitsaktionäre dadurch Rechnung getragen, dass die Berichte, der Entwurf des Übertragungsbeschlusses sowie die Jahresabschlüsse und Lageberichte der Gesellschaft für die letzten drei Jahre vom Tage der Einberufung der Hauptversammlung an bis zu deren Beendigung auszulegen sind (§ 327 c Abs. 3, § 327 d Satz 1 AktG). Dies entspricht der Rechtslage beim Abschluss eines Unternehmensvertrages und bei der Eingliederung, die Regelungen sind §§ 293 f. Abs. 1, 319 Abs. 3, 293 g Abs. 1, 320 Abs. 1 Satz 3, Abs. 4 Satz 3 AktG nachgebildet. Die Aufzählung der in diesen Regelungen aufgeführten Unterlagen ist abschließend. Zu Recht ist das Landgericht daher zu der Feststellung gelangt, dass die Auffassung der Klägerin, es bedürfte daneben auch der Auslegung der (Teil-) Konzernabschlüsse nebst Lageberichten, im Gesetz keine Stütze findet (so auch OLG Hamburg NZG 2003, 978, 980 = ZIP 2003, 2076 = AG 2003, 698; Münchner Kommentar/Grunewald, Rdnr. 17 zu § 327 c; Kölner Kommentar-AktG/ Koppensteiner, 3. A., Rdnr. 15 zu § 327 c). Ob etwas anderes dann zu gelten hat, wenn Minderheitsaktionäre einer Holdinggesellschaft aus dieser ausgeschlossen werden (so OLG Celle AG 2004, 206 f.), braucht der Senat nicht zu entscheiden, weil es sich bei der Beklagten nicht um eine solche handelt. Sie entfaltet ihre operative Tätigkeit selbst, so dass sich ein vollständiges Bild dieser aus den gesetzlich geforderten und rechtzeitig vorgelegten Unterlagen ergibt.

1.3 Unbegründet ist auch der Einwand, die Hauptaktionärin habe kein ordnungsgemäßes Angebot i.S.d. §§ 327 a ff. AktG vorgelegt, weil die von der W... AG unter dem 9. Juli 2003 abgegebene Bankgarantie unzureichend sei.

Gemäß § 327 b Abs. 3 AktG muss ein Kreditinstitut die Gewährleistung für die Erfüllung der Verpflichtung der Hauptaktionärin übernehmen. Erforderlich ist die Abgabe eines eigenen Zahlungsversprechens, an dessen Rechtsnatur keine besonderen Anforderungen zu stellen sind. Neben einer Garantie kommen daher auch Bürgschaftsversprechen, Schuldbeitritt oder abstraktes Schuldversprechen in Betracht. Dass das Zahlungsversprechen schriftlich abzugeben ist, sieht das Gesetz zwar nicht ausdrücklich vor, aus Beweisgründen aber wird dies unerlässlich sein, denn die ausgeschlossenen Aktionäre sollen die Möglichkeit erhalten, aus der Erklärung unverzüglich und komplikationslos gegen das Kreditinstitut vorgehen zu können.

Der Umfang der Gewährleistung muss sich auf die Verpflichtung des Hauptaktionärs zur Zahlung der von ihm festgelegten Barabfindung beziehen. Entscheidend ist damit der im Übertragungsbeschluss genannte Betrag der Abfindung mit der Folge, dass etwaige Erhöhungen in der Hauptversammlung gegenüber dem bekannt gemachten Betrag von der Gewährleistung abgedeckt sein müssen. Im Spruchverfahren festgesetzte Erhöhungen sowie Zinsen müssen hingegen von der Garantie nicht erfasst werden, da sie sich nur auf die vom Hauptaktionär festgelegte Barabfindung erstrecken muss (vgl. zu Vorstehendem nur: Emmerich/Habersack, Rdnr. 11 ff. zu § 327 b; Hüffer, Rdnr. 9 zu § 327 b; Grzimek in: Geibel/Süssmann, Rdnr. 43 ff. zu § 327 b; Kölner Kommentar-WpÜG/Hasselbach, Rdnr. 30 ff. zu § 327 b; Kölner Kommentar-AktG/Koppensteiner, Rdnr. 9 ff. zu § 327 b; Münchner Kommentar/Grunewald, Rdnr. 15 ff. zu § 327 b; OLG Hamburg NZG 2003, 978, 980).

Die von der Hauptaktionärin beigebrachte Bankgarantie erfüllt diese Voraussetzungen. Die W... AG hat sich unter dem 9. Juli 2003 gegenüber den Minderheitsaktionären ausdrücklich verpflichtet, nach Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister unverzüglich jedem Minderheitsaktionär die festgelegte Barabfindung in Höhe von 21,17 EUR je Aktie zu zahlen und diese Garantie darüber hinaus sogar noch auf den Zinsanspruch nach § 327 b Abs. 2 AktG erstreckt. Diese Erklärung begründet für die Minderheitsaktionäre - wie im Text der Erklärung weiter ausdrücklich festgehalten ist - den von § 327 b Abs. 3 AktG geforderten unmittelbaren Anspruch gegen die W... AG auf Leistung der Barabfindung im Sinne eines echten Vertrages zu Gunsten Dritter. Damit aber ist sie entgegen der Auffassung der Klägerin zu 1. auch nicht frei widerruflich. Eine Aufhebung oder Änderung des Vertrages ohne die Zustimmung der aus ihnen begünstigten Minderheitsaktionäre ist vertraglich nicht vorgesehen und kann auch den weiteren Umständen nicht entnommen werden (§ 328 Abs. 2 BGB), denn sie würde dem Sicherungszweck des Garantieversprechens nach § 327 b Abs. 3 AktG widersprechen.

Ebenso wenig lässt sich entgegen der Auffassung der Klägerinnen zu 2. und 3. feststellen, dass die Garantie unzulässigerweise auf den Höchstbetrag von 1.541.853,41 EUR beschränkt worden ist. Die Garantie bezieht sich ausdrücklich auf alle Minderheitsaktionäre, die eine Barabfindung erhalten, so dass sie weder ausdrücklich noch konkludent auf einen Höchstbetrag beschränkt ist. Damit bedarf es auch keiner Entscheidung, ob eine solche Beschränkung unzulässig wäre (so LG Frankfurt NZG 2004, 672, 674; a.A.: Kölner Kommentar/Hasselbach, Rdnr. 32 zu § 327 b; Dißars/Kocher NZG 2004, 856 f.).

1.4 Keinen Erfolg hat auch die Rüge der Klägerinnen zu 2. und 3., die Angemessenheit der Barabfindung sei nicht ordnungsgemäß überprüft worden.

Der Prüfbericht ist von der mit Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 17. Juni 2003 gemäß § 327 c Abs. 2 Satz 3 AktG zur Ausschlussprüferin bestellten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft B... erstellt worden. Dass er inhaltlich nicht den Vorgaben des § 293 e Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 in Verbindung mit § 327 c Abs. 2 AktG entspricht, ist weder ersichtlich noch von den Klägerinnen näher aufgezeigt.

Entgegen der Auffassung der Klägerinnen lässt sich nicht feststellen, dass die Auswahl und Bestellung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft B... als Ausschlussprüferin oder die Prüfung selbst nicht ordnungsgemäß erfolgt ist.

§ 327 c Abs. 2 Satz 3 AktG sieht vor, dass der sachverständige Prüfer auf Antrag des Hauptaktionärs vom Gericht ausgewählt und bestellt wird. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass der Prüfer eine gewisse Distanz zum Hauptaktionär hat und sein Prüfergebnis von den Minderheitsaktionären eher akzeptiert wird oder im Spruchverfahren zugrunde gelegt werden kann (Münchner Kommentar/Grunewald, Rdnr. 12 f. zu § 327 c; Emmerich/Habersack, Rdnr. 11 zu § 327 c; Steinmeyer/Häger, Rdnr. 14 zu § 327 c; Kölner Kommentar-WpÜG/Hasselbach, Rdnr. 19 zu § 327 c). An den Vorschlag des Hauptaktionärs ist das Gericht, das nach billigem Ermessen entscheidet, grundsätzlich nicht gebunden. Die Bestellung des vom Hauptaktionär vorgeschlagenen Prüfers wird das Gericht allerdings nur dann ablehnen müssen, wenn im konkreten Fall tatsächliche Anhaltspunkte für eine mangelnde Unabhängigkeit des Prüfers bestehen. Fehlen solche und bestellt das Gericht den vorgeschlagenen Prüfer führt dies faktisch dazu, dass die Auswahl letztlich vom Hauptaktionär getroffen wird, wobei der Sachverständige durchaus den Gutachtenauftrag bereits kennen und unter Umständen auch schon seine Tätigkeit aufgenommen haben kann (Steinmeyer/Häger; Kölner Kommentar-WpÜG/Hasselbach; jeweils a.a.O; Büchel NZG 2003, 793, 801). Von einer solchen Verfahrensweise ist auch der Gesetzgeber ausgegangen (siehe nur die Nachweise bei Büchel, a.a.O.).

Vor diesem Hintergrund begegnet es keinen Bedenken, dass das Landgericht mit Beschluss vom 17. Juni 2003 die von der Hauptaktionärin vorgeschlagene Wirtschaftsprüfungsgesellschaft B... zur Ausschlussprüferin bestellt hat. Insbesondere können die Klägerinnen zu 2. und 3. nicht aufzeigen, dass gegen deren Unabhängigkeit zu irgendeinem Zeitpunkt Bedenken bestanden. Solche lassen sich nicht schon daraus herleiten, dass die Ausschlussprüferin - wie sie in ihrem Bericht vom 14. Juli 2003 festgehalten hat (S. 2) - ihre Prüfung im Juni und Juli 2003 zeitlich parallel zu den vorbereitenden Arbeiten der Hauptaktionärin durchgeführt hat, die sich wiederum der sachverständigen Hilfe der K... bedient hat (s. Bl. 27 des Übertragungsberichts). Eine Tätigkeit als Ausschlussprüfer ist gemäß § 319 Abs. 2 Nr. 5 bis 7 HGB lediglich dann ausgeschlossen, wenn der Wirtschaftsprüfer über seine Prüfungstätigkeit hinaus an der Aufstellung des Berichts des Hauptaktionärs mitgewirkt hat (vgl. nur: Steinmeyer/Häger, Rdnr. 11 zu § 327 c). Unschädlich ist hingegen die Einwirkung im Rahmen der Prüfungstätigkeit, um ein Testat erteilen zu können. Die Übernahme der Ansichten und Einschätzungen des gerichtlich bestellten Prüfers durch den Hauptaktionär und des in seinem Auftrag tätigen Bewertungsgutachters ist gerade der Zweck der Überprüfung. Daher wird der sachverständige Prüfer in der Praxis mit seiner Überprüfung des Vorstandsberichtes nicht erst beginnen, wenn dieser fertiggestellt ist, sondern zeitgleich an seiner Überprüfung arbeiten und etwaige Zweifel bei Bewertungsfragen im Vorfeld klären. Eine solche Parallelprüfung spricht daher nicht gegen eine unabhängige (Über-)Prüfung der Angemessenheit der angebotenen Barabfindung (Senat AG 2004, 207; OLG Stuttgart ZIP 2003, 2363, 2364 f.; Münchner Kommentar/Grunewald, Rdnr. 13 zu § 327 c; Leuering NZG 2004, 606, 609; Büchel NZG 2003, 793, 801; Ott DB 2003, 1615), und zwar selbst dann nicht, wenn - was die Klägerinnen nicht konkret aufzeigen können - die gerichtliche Bestellung erst zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem die Prüfungstätigkeit schon aufgenommen wurde (Büchel, a.a.O.). Die vom Landgericht geäußerten Zweifel sind daher unberechtigt.

Soweit es die Angemessenheit der Barabfindung angeht, gilt das oben unter 1.1.2. Ausgeführte.

2.

Ein Anfechtungsrecht kann die Klägerin zu 2. auch nicht mit Erfolg darauf stützen, dass ihr Auskunftsrecht nach § 131 AktG in der Hauptversammlung verletzt worden sei.

Gem. § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG können Aktionäre in der Hauptversammlung vom Vorstand Auskunft über Angelegenheiten der Gesellschaft verlangen, soweit sie zur sachgemäßen Beurteilung des Tagesordnungspunktes erforderlich sind.

Die Klägerin zu 2. zeigt eine Verletzung des Auskunftsrechts schon nicht schlüssig auf. Unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag rügt sie ganz allgemein nur, dass Fragen ihres Vertreters Dr. R... im Zusammenhang mit der Ermittlung des Kaufpreises bei der Veräußerung von Tochtergesellschaften der Beklagten nicht ausreichend beantwortet seien (Bl. 103 f. GA).

Dass dieser Umstand zur sachgerechten Beurteilung des Tagesordnungspunkts "Ausschluss der Minderheitsaktionäre" erforderlich war, aber ist unter keinem Gesichtspunkt ersichtlich. Für die Festlegung der Barabfindung nach § 327 a AktG sind gemäß § 327 b Abs. 1 Satz 1 AktG allein die Verhältnisse der Beklagten im Zeitpunkt der Beschlussfassung ihrer Hauptversammlung, also am 29. August 2003, maßgeblich, so dass die Frage der zutreffenden Wertermittlung bei in der Vergangenheit liegenden Beteiligungsveräußerungen hierfür keine Rolle spielen kann. Ob diese bei der Bemessung der Abfindung im Rahmen des am 25. Juli 2000 geschlossenen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages von Relevanz sind, kann offen bleiben, weil die Abfindung nach § 305 AktG auf einen anderen Bewertungsstichtag, den Zeitpunkt der Beschlussfassung der Hauptversammlung über diesen Vertrag, abhebt (vgl. nur: Hüffer, Rdnr. 23 zu § 305).

Damit kommt es nicht weiter darauf an, inwieweit unterlassene, unrichtige oder unvollständige Auskünfte zum Abfindungswert überhaupt eine Anfechtungsklage begründen können (bejahend: Hüffer, Rdnr. 2 zu § 327 f.; Emmerich/Habersack, Rdnr. 4 zu § 327 f.; Krieger BB 2002, 53, 60) oder ob eine solche Verletzung des Informationsrechts, die im Zusammenhang mit der Berechnung der Angemessenheit der Barabfindung steht, nur im Spruchverfahren nach § 327 f AktG geltend gemacht werden kann (so: OLG Köln BB 2003, 2307; Steinmeyer/Häger, Rdnr. 5 zu § 327 f.; Kölner Kommentar-WpÜG/Hasselbach, Rdnr. 3 ff. zu § 327 f.; differenzierend: Grzimek in: Geibel/Süßmann, Rdnr. 3 ff. zu § 327 f.).

3. Der Beschluss über die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre ist in der Hauptversammlung vom 29. August 2003 auch wirksam gefasst worden.

3.1 Die Beschlussfassung der Hauptversammlung über die Durchführung des "squeezeout" muss mangels abweichender gesetzlicher Regelungen in den §§ 327 ff. AktG nur mit einfacher Mehrheit gemäß § 133 Abs. 1 AktG erfolgen. Weder aus § 327 a AktG noch aus anderen gesetzlichen Vorschriften lässt sich eine Beschlussfassung mit 95 % der abgegebenen Stimmen oder eine sonstige qualifizierte Mehrheit entnehmen (Kölner Kommentar/Hasselbach, Rdnr. 8 zu § 327 d; Grzimek in: Geibel/Süssmann, Rdnr. 38 zu § 327 a; Hüffer, Rdnr. 11 zu § 327 a; Steinmeyer/Häger, Rdnr. 19 zu § 327 a; Münchner Kommentar/Grunewald, Rdnr. 16 zu § 327 a; Fuhrmann/Simon WM 2002, 1211, 1213).

In der Niederschrift über die Hauptversammlung ist zum maßgeblichen Tagesordnungspunkt 7 festgehalten, dass der Beschluss über die Übertragung der von den Minderheitsaktionären der Beklagten gehaltenen Aktien auf die Hauptaktionärin gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung mit allen Stimmen der stimmberechtigten Aktionäre angenommen worden ist.

3.2 Zu Recht hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass den Vorzugsaktionären bei der Abstimmung über den Beschluss nach § 327 a AktG ein Stimmrecht nicht zustand.

3.2.1 Gemäß § 4 Abs. 2 der Satzung der Beklagten ist das Grundkapital eingeteilt in 10,4 Mio. Aktien, zerlegt in 5,2 Mio. Stamm- und 5,2 Mio. Vorzugsaktien ohne Stimmrecht. Letztere haben gemäß § 5 Abs. 5 der Satzung - vorbehaltlich zwingender gesetzlicher Vorschriften - kein Stimmrecht. Rechtfertigende Voraussetzung - und Surrogat - für den Stimmrechtsausschluss ist gemäß § 139 AktG der Vorzug, d.h. der Vorrang des Aktionärs bei der Verteilung des nach § 58 Abs. 4 AktG verteilbaren Bilanzgewinns vor den Stammaktionären bei der Zahlung der Dividende und der damit einhergehende Nachzahlungsanspruch. § 6 Abs. 2 a der Satzung sieht einen solchen Vorzug vor, weil bei der Verteilung des Bilanzgewinns zunächst die für die Vorzugsaktionäre bestimmten Vorzugsgewinnanteile von 0,08 EUR je Vorzugsaktie zu zahlen sind und dieser nachzuzahlen ist, wenn und soweit in einem Jahr eine Vorzugsdividende nicht ausgeschüttet wird.

3.2.2 Entgegen der Auffassung der Klägerin zu 1. ist das mit § 5 der Satzung wirksam ausgeschlossene Stimmrecht der Vorzugsaktionäre nicht nach § 140 Abs. 2 AktG wieder aufgelebt.

§ 140 Abs. 2 Satz 1 AktG gibt den Vorzugsaktionären dann ein Stimmrecht, wenn die Vorzugsdividende in einem Jahr zumindest teilweise nicht gezahlt worden ist und der Rückstand im Folgejahr nicht vollständig nachgezahlt wird. Dies lässt sich entgegen der Auffassung der Klägerin zu 1. nicht feststellen.

Die Beklagte und die Hauptaktionärin haben unter dem 25. Juli 2000 einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag geschlossen, der nach Zustimmung der Hauptversammlung der Beklagten am 6. Oktober 2000 in das Handelsregister eingetragen und damit entsprechend § 294 Abs. 2 AktG wirksam geworden ist. Dieser garantiert den außenstehenden Aktionären als angemessenen Ausgleich für die Dauer des Vertrages einen Gewinnanteil von mindestens 0,99 EUR je nennwertloser Vorzugsaktie und 0,95 EUR je nennwertloser Stammaktie für das Geschäftsjahr 2000 sowie von mindestens 1,07 EUR je nennwertloser Vorzugsaktie und 1,03 EUR je nennwertloser Stammaktie für das Geschäftsjahr 2001 und jedes darauf folgende Geschäftsjahr. Da der Gewinnabführungsvertrag die Entstehung eines verteilbaren Bilanzgewinns verhindert und damit das mitgliedschaftliche Dividendenrecht leer laufen würde, sieht § 304 Abs. 1 AktG die Kompensation derartiger Verluste durch einen zu zahlenden Ausgleich vor. Ein solcher Ausgleich stellt daher eine Leistung an Erfüllungs Statt i.S.d. § 364 Abs. 1 BGB dar, wenn er - wie hier - den Dividendenvorzug der Vorzugsaktionäre (hier: 0,04 EUR bei Gewinnverteilung an Vorzugs- und Stammaktionäre) berücksichtigt. Sie hat zur Folge, dass der Aktionär, der diese annimmt, das Stimmrecht gemäß § 140 Abs. 2 AktG nicht wieder erlangt (Münchner Kommentar/Volhard, Rdnr. 11 zu § 140; G. Bezzenberger in: Grosskommentar zum AktG, 4. A., Rdnr. 22 zu § 140; T. Bezzenberger, Vorzugsaktien ohne Stimmrecht, S. 96 f.). Das Gleichgewicht von Gewinnvorzug und Stimmrechtsausschluss ist nicht gestört, so dass ein Wiederaufleben des Stimmrechts auch Sinn und Zweck des § 140 Abs. 2 AktG widerspräche.

Dass der Ausgleich für die Geschäftsjahre 2000 bis 2003 an die Vorzugsaktionäre gezahlt worden ist, stellt die Klägerin zu 1. nicht in Abrede.

3.2.3 Eine verfassungskonforme Anwendung des Aktiengesetzes gebietet es nicht, den Vorzugsaktionären ein Stimmrecht zuzubilligen.

Wie bereits eingangs ausgeführt, verkennt die Klägerin zu 1. insoweit, dass in dem Ausschluss der Minderheitsaktionäre gegen - oder ohne - ihren Willen kein Verstoß gegen Artikel 14 Abs. 1 GG liegt. Der Schutz dieser Minderheit wird - wie auch bei anderen Strukturmaßnahmen - durch die strengen Voraussetzungen ausreichend gewährleistet. So kann es zum Ausschluss der Minderheitsaktionäre ohne ihren Willen nur kommen, wenn sich 95 % des Grundkapitals in einer Hand befinden, die Zahl der außenstehenden Aktionäre also so klein geworden ist, dass ein besonderer, über die Gewähr einer angemessenen Barabfindung hinausgehender Minderheitenschutz nicht mehr geboten erscheint.

3.2.4 Damit kommt es nicht weiter darauf an, dass eine verfahrensfehlerhafte Nichtberücksichtigung des Stimmrechts der Vorzugsaktionäre die Anfechtbarkeit des Hauptversammlungsbeschlusses auch deshalb nicht begründen kann, weil sie keinen Einfluss auf das Beschlussergebnis gehabt hätte. Unstreitig besaß die Hauptaktionärin im Zeitpunkt der Hauptversammlung nicht nur 5,2 Mio. Stammaktien, sondern auch schon 5.127.168 Vorzugsaktien, also 99,3 % des Grundkapitals, so dass sie mit diesen Stimmen die Übertragung der restlichen 72.832 Vorzugsaktien beschließen konnte, für die es nur der einfachen Mehrheit bedurfte. In derartigen Fällen, in denen eine fehlerhafte Feststellung des Abstimmungsergebnisses auf das Beschlussergebnis ohne Einfluss geblieben ist, fehlt nicht nur die Kausalität, sondern auch die Relevanz des Verfahrensfehlers für das Beschlussergebnis (vgl. nur: Hüffer, Rdnr. 19 zu § 243; ders. in: Münchner Kommentar, Rdnr. 41 zu § 243).

3.3 Entgegen der Auffassung der Klägerin zu 1. war ein zustimmender Sonderbeschluss nach § 141 AktG nicht erforderlich.

Gemäß § 141 Abs. 1 AktG bedürfen sämtliche Beschlüsse, durch die der Vorzug aufgehoben oder aber beschränkt, also unmittelbar beeinträchtigt wird, zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung der Vorzugsaktionäre, nicht aber nur mittelbare Beeinträchtigungen. Maßnahmen mit mittelbarer, also lediglich nachteiliger wirtschaftlicher Auswirkung sind - von den Ausnahmen des § 141 Abs. 2 AktG abgesehen - grundsätzlich nicht zustimmungspflichtig (Hüffer, Rdnr. 4 ff. zu § 141; Münchner Kommentar/Volhard, Rdnr. 3 ff. zu § 141).

Der in der Satzung festgelegte Vorzug wird durch den Übertragungsbeschluss nicht unmittelbar beeinträchtigt, denn die Übertragung hat nur einen Inhaberwechsel zur Folge, lässt aber - ebenso wie Liquidations- und Verschmelzungsbeschlüsse - die rechtliche Ausgestaltung der Aktiengattung selbst unberührt (s.a. Emmerich/Habersack, Rdnr. 24 zu § 327 a; Rdnr. 45 vor § 311; Rdnr. 11 zu § 320; Kölner Kommentar-WpÜG/Hasselbach, Rdnr. 9 zu § 327 d; Fuhrmann/Simon WM 2002, 1211, 1213).

III.

Im Übrigen greifen die Klägerinnen das landgerichtliche Urteil schon nicht in der von § 521 Abs. 3 Nr. 2 geforderten Weise an, denn sie zeigen im Einzelnen nicht auf, aus welchen Gründen sie das Urteil im Übrigen für unrichtig halten. Unabhängig davon hat das Landgericht aber auch zu Recht entschieden, dass sich nicht feststellen lässt, dass die Hauptaktionärin das squeezeout-Verfahren rechtsmissbräuchlich betrieben hat, das Fragerecht der Aktionäre in der Hauptverhandlung im übrigen verletzt worden ist oder es eines Sonderbeschlusses der ausstehenden Aktionäre nach § 295 Abs. 1 AktG bedurfte.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1, 101 Abs. 1 2. HS ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Streitwert wird für jede der Berufungen der Klägerinnen auf jeweils 50.000 EUR festgesetzt (§§ 12 GKG, 247 AktG). In dieser Höhe sind die Klägerinnen auch beschwert.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2 ZPO liegen nicht vor. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung wirft der Rechtsstreit nicht auf, auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht. Insbesondere weicht der Senat bei den von ihm entschiedenen Rechtsfragen nicht von der Rechtsprechung anderer Instanzgerichte ab, auch aus dem Schrifttum sind gegen die in dieser Entscheidung vertretenen Rechtsauffassungen nachhaltige Bedenken nicht vorgebracht worden.

R... v... R... F...






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 14.01.2005
Az: I-16 U 59/04


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/2962ce9f5002/OLG-Duesseldorf_Urteil_vom_14-Januar-2005_Az_I-16-U-59-04




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