Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. Juli 2006
Aktenzeichen: 21 W (pat) 318/04

Tenor

Nach Prüfung des Einspruchs wird das Patent widerrufen.

Gründe

I.

Auf die am 28. Januar 1998 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung ist das nachgesuchte Patent unter der Bezeichnung "Subgingivales Kieferimplantat" erteilt worden; die Veröffentlichung der Erteilung ist am 27. November 2003 erfolgt.

Gegen das Patent ist am 26. Februar 2004 Einspruch erhoben worden.

Zur Begründung des Einspruchs hat der Einsprechende auf folgende Druckschriften verwiesen:

D1: EP 0 868 889 A1 D2: US 4 468 200.

Nach Auffassung des Einsprechenden ist der Gegenstand des Anspruchs 1 nicht neu und er beruht auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der Einsprechende stellt den Antrag, das Patent zu widerrufen.

Der Patentinhaber hat sich zu dem Einspruch nicht geäußert und ist auch, wie schriftsätzlich angekündigt, zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen.

Der erteilte Patentanspruch 1 (Merkmalsgliederung hinzugefügt) lautet:

M1 Subgingivales Kieferimplantat mit M2 einem aus einem metallischen Werkstoff hergestellten Ankerkörper (4), M3 an dessen einem Ende eine mit einem Profil zum Eingriff eines Schraubwerkzeugs versehene Fläche (5) vorgesehen ist, M4 auf der ein Zahnersatzträger (7) mit einer korrespondierenden Gegenfläche (14) abstützbar ist, M5 wobei der maximale Durchmesser (D1) des Zahnersatzträgers (7) gleich oder kleiner als der maximale Durchmesser (D2) der Fläche (5) ist, dadurch gekennzeichnet, dass M6 die Fläche (5) einen Kamm (12) und zwei davon abfallende Flanken (12a, 12b) aufweist, derart, dass M7 der Ankerkörper (4) so in den Kieferknochen (K) einzuschrauben ist, dass der Kamm (12) in Ausrichtung mit dem Kieferkamm (KK) ist und M8 der Sattel der Fläche (5) in dieser Stellung die natürliche Kontur des Kieferkamms (KK) ergänzt.

Bezüglich der rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 16 wird auf die Patentschrift verwiesen.

Im Prüfungsverfahren wurden u. a. noch folgende Druckschriften genannt:

D2«: EP 0 111 134 A1 (Familienmitglied zu D2)

D4: EP 0 747 017 A2 Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Gemäß § 147 Abs. 3 PatG hat über den vorliegenden Einspruch der technische Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zu entscheiden.

Der frist- und formgerecht eingelegte Einspruch ist zulässig, denn es sind innerhalb der Einspruchsfrist die den Einspruch rechtfertigenden Tatsachen im Einzelnen dargelegt, so dass der Patentinhaber und insbesondere der Senat daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Widerrufsgrundes ziehen können.

Der Einspruch hat auch Erfolg, denn der Gegenstand des Patentanspruch 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit und ist deshalb nicht patentfähig (§§ 1, 4 PatG). Das Patent war daher zu widerrufen (§ 61 Abs. 1, § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG).

Der Streitpatentgegenstand betrifft ein Kieferimplantat, d. h. eine künstliche Zahnwurzel mit einem Ankerkörper, auf dem ein Zahnersatzträger (auch Implantataufbau; englisch "abutment" genannt) angeordnet ist, auf dem dann eine künstliche Zahnkrone (auch Implantat-Krone oder Suprakonstruktion genannt) befestigt werden kann. Der Erfindung liegt gemäß der Patentschrift die Aufgabe zugrunde, ein Kieferimplantat anzugeben, das einen verbesserten Halt gewährleistet und aus paradontologischer Sicht möglichst unbedenklich ist (siehe Patentschrift, Absatz [0006]).

Fachmann ist ein mit der Herstellung von entsprechenden Implantaten vertrauter Zahntechniker.

Die patentierten Ansprüche sind zulässig. Der patentierte Anspruch 1 weist in Merkmalsgruppe M1 bis M6 die Merkmale des ursprünglichen Anspruchs 1 auf und die Merkmale der Merkmalsgruppen M7 und M8 sind in der Beschreibung, Spalte 3, Zeilen 45 bis 51 offenbart (siehe Offenlegungsschrift). Die weiteren Unteransprüche entsprechen den ursprünglich eingereichten Ansprüchen.

Aus der Druckschrift D2' (siehe insbesondere die Fig. 1, 2 und 7 mit zugehöriger Beschreibung) ist ein M1= subgingivales Kieferimplantat 1 bekannt, mit M2­ einem aus einem keramischen Werkstoff (siehe Anspruch 1) hergestellten Ankerkörper 2, 3, M3= an dessen einem Ende eine mit einem Profil (siehe Öffnung 18) zum Eingriff eines Schraubwerkzeugs versehene Fläche 10 vorgesehen ist, M4= auf der ein Zahnersatzträger 12 mit einer korrespondierenden Gegenfläche 20 abstützbar ist, M5= wobei der maximale Durchmesser des Zahnersatzträgers gleich der maximale Durchmesser der Fläche ist (siehe Fig. 1), wobei M6= die Fläche einen Kamm 14 und zwei davon abfallende Flanken 11 aufweist, derart, dass M7= der Ankerkörper so in den Kieferknochen einzuschrauben ist, dass der Kamm in Ausrichtung mit dem Kieferkamm ist und M8= der Sattel der Fläche in dieser Stellung die natürliche Kontur des Kieferkamms ergänzt (siehe Seite 7, Absatz 2).

Das Implantat gemäß der Druckschrift D2' unterscheidet sich vom Implantat gemäß dem Anspruch 1 des Streitpatents somit lediglich dadurch, dass der Ankerköper aus Keramik und nicht aus Metall hergestellt ist.

Aus der Druckschrift D4 (siehe insbesondere die Fig. 1 mit zugehöriger Beschreibung) ist ein subgingivales Kieferimplantat 10 gemäß Merkmalsgruppe M1 bis M4 bekannt, mit einem aus einem metallischen Werkstoff hergestellten Ankerkörper (implant base fixture 12, siehe Spalte 3, Zeilen 26 bis 31), an dessen einem Ende eine mit einem Profil (siehe Ausnehmung 89 in Fig. 4) zum Eingriff eines Schraubwerkzeugs versehene Fläche 22 vorgesehen ist, auf der ein Zahnersatzträger (abutment part 28) mit einer korrespondierenden Gegenfläche abstützbar ist (siehe Spalte 3, Zeilen 35 bis 43).

Dem Fachmann ist aus diesen Druckschriften somit bekannt, dass subgingivale Kieferimplantate mit einem Ankerkörper sowohl aus keramischen Werkstoff als auch aus metallischem Werkstoff hergestellt werden. Aufgrund seines Fachwissens ist ihm außerdem allgemein bekannt, dass sich als Materialien für Kieferimplantate das Metall Titan und verschiedene Keramikarten durchgesetzt haben, wobei das heute überwiegend verwendete Implantatmaterial Titan ist. Titan besitzt eine ausgezeichnete Bioverträglichkeit und weist gegenüber Keramiken eine höhere Elastizität und Festigkeit sowie eine bessere Osseointegration (fester Verbund zwischen Implantatoberfläche und dem Kieferknochen) auf. Für den Fachmann ist es daher nahe liegend, das aus der Druckschrift D2« bekannte Kieferimplantat auch mit einem Ankerkörper aus einem metallischen Werkstoff herzustellen. Der Fachmann gelangt somit ohne erfinderisch tätig zu werden zum Gegenstand des Anspruchs 1.

Mit dem nicht gewährbaren Anspruch 1 fallen aufgrund der Antragsbindung auch die weiteren untergeordneten Patentansprüche 2 bis 16 (vgl. BGH GRUR 1997, 120 - Elektrisches Speicherheizgerät). Insoweit bedurfte es keiner gesonderten Erörterung der weiteren Patentansprüche.






BPatG:
Beschluss v. 04.07.2006
Az: 21 W (pat) 318/04


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