Landesarbeitsgericht Köln:
Beschluss vom 31. Oktober 2006
Aktenzeichen: 3 (5) Ta 293/06

(LAG Köln: Beschluss v. 31.10.2006, Az.: 3 (5) Ta 293/06)

1. Das Begehren des Betriebsrats auf Unterlassung mitbestimmungswidrigen Verhaltens (hier: § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG) stellt regelmäßig eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit im Sinne von § 23 Abs. 3 RVG dar.

2. Bei besonders hartnäckigen Verstößen (hier: 18 Verstöße in 3 Monaten) ist eine Bewertung mit 12.000,00 € angemessen.

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 06.04.2006 – 7 BV 57/05 – abgeändert und der Gegenstandswert auf 12.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I. Der antragstellende Betriebsrat begehrte in dem zwischenzeitlich zweitinstanzlich durch Antragsrücknahme erledigten Verfahren von der Beteiligten zu 2) die Unterlassung der Anordnung oder Duldung von nicht mitbestimmten, von den Besetzungsplänen abweichenden Arbeitszeiten.

Im März 2005 schlossen die Betriebspartner eine Betriebsvereinbarung zur Regelung der regelmäßigen Arbeitszeiten im A Markt ab. Nach dieser Betriebsvereinbarung bedarf der Besetzungsplan der Zustimmung des Betriebsrats. Gleiches gilt für jede Änderung der Besetzungspläne bzw. der Lage der freien Arbeitstage. Im Zeitraum vom 29.06.2005 bis 05.10.2005 kam es in 18 Fällen zu Verstößen bezüglich der Einhaltung der in den Besetzungsplänen ausgewiesenen Sollarbeitszeiten, ohne dass der Antragsteller hierüber vorab informiert oder seine Zustimmung eingeholt worden wäre.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 06.04.2006 dem Unterlassungsantrag des Antragstellers stattgegeben und den Gegenstandswert für das Verfahren auf 16.000,00 € festgesetzt. Gegen diese Festsetzung des Gegenstandswerts hat die Beteiligte zu 2) am 13.04.2006 Beschwerde eingelegt und einen Gegenstandswert von allenfalls 4.000,00 € für angemessen erachtet. Der Antragsteller hält demgegenüber die Festsetzung des Arbeitsgerichts im Hinblick auf die Vielzahl der Verstöße nicht für ermessensfehlerhaft und meint seinerseits, eine Bewertung mit 40.000,00 € sei gleichermaßen ermessensgerecht.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 23.06.2006 der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht vorgelegt.

II. Die nach § 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde der Beteiligten zu 2) ist begründet. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit ist auf 12.000,00 € festzusetzen.

Die Wertfestsetzung für das vorliegende Beschlussverfahren richtet sich nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG, wonach der Gegenstandswert in Fällen der vorliegenden Art nach billigem Ermessen zu bestimmen ist. § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG stellt eine Auffangnorm für Angelegenheiten dar, für die Wertvorschriften fehlen und ist damit insbesondere für nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten bedeutsam.

Bei der im vorliegenden Beschlussverfahren vom Antragsteller begehrten Unterlassung handelt es sich um eine nicht vermögensrechtliche Streitigkeit im vorgenannten Sinn. Die im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren anfallenden Streitsachen sind typischerweise nicht vermögensrechtlicher Natur. Dies gilt auch und gerade dann, wenn der Betriebsrat sein Mitbestimmungsrecht nach § 87 BetrVG geltend macht (vgl. LAG Hamm, Beschluss vom 15.07.2005 – 10 TaBV 84/05 -). Bei der danach vorzunehmenden Bewertung der anwaltlichen Tätigkeit im Beschlussverfahren sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere der Umfang und die Bedeutung der Sache sind zu gewichten. Auch die wirtschaftlichen Auswirkungen des Rechtsstreits für Arbeitgeber und Belegschaft sind in die Gesamtbetrachtung mit einzubeziehen (vgl. LAG Nürnberg, Beschluss vom 21.07.2005 – 9 Ta 137/05 – LAGE § 23 RVG Nr. 1).

Unter Anwendung dieser Grundsätze hält die Beschwerdekammer eine Festsetzung auf den dreifachen Ausgangswert des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG für angemessen. Maßgebend ist dabei zunächst die Bedeutung der Angelegenheit für den antragstellenden Betriebsrat sowie für die Belegschaft. Unstreitig ist es trotz der im Jahr 2005 abgeschlossenen Betriebsvereinbarung innerhalb eines Zeitraums von etwas mehr als drei Monaten zu insgesamt 18 Verstößen gegen die Betriebsvereinbarung gekommen. Der Arbeitgeber hat also in einer beachtlichen Zahl von einschlägigen Fällen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats missachtet. Gerade bei derart hartnäckigen Verstößen gegen Mitbestimmungsrechte kommt dem auf eine Unterlassung gerichteten Beschlussverfahren eine gesteigerte Bedeutung zu, was regelmäßig zu einer Vervielfältigung des Ausgangswertes führt (vgl. LAG Hamm, Beschluss vom 08.07.2005 – 10 TaBV 71/05 -; LAG Düsseldorf, Beschluss vom 16.02.1989 – 7 Ta 11/89 -, LAGE § 8 BRAGO Nr. 13). Andererseits ist zu berücksichtigen, dass es sich insgesamt um einen sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht einfach und überschaubar gelagerten Sachverhalt handelt. Eine dies insgesamt bewertende Gesamtbetrachtung führt die Beschwerdekammer zu einer Bewertung mit dem dreifachen Ausgangswert, mithin also mit 12.000,00 €. Die Kammer folgt damit der Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Hamm, das in vergleichbaren Fällen den Gegenstand ebenfalls mit dem dreifachen Ausgangswert bemessen hat (vgl. LAG Hamm, Beschluss vom 08.07.2005 – 10 TaBV 71/05 -).

Gegen diese Entscheidung ist ein weiteres Rechtsmittel nicht gegeben.

(Dr. Kreitner)






LAG Köln:
Beschluss v. 31.10.2006
Az: 3 (5) Ta 293/06


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