Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. März 2001
Aktenzeichen: 33 W (pat) 143/00

(BPatG: Beschluss v. 13.03.2001, Az.: 33 W (pat) 143/00)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Am 23. November 1999 hat der Anmelder das Wortzeichen Next Levelangemeldet und nach Überarbeitung des Verzeichnisses Schutz für folgende Waren und Dienstleistungen beantragt:

Klasse 9:

Computer; Datenverarbeitungsgeräte; Festplatten; Computerperiphergeräte; Hardware (sämtliche, soweit in Klasse 9 enthalten); Informationen auf Datenträgern aller Art (sämtliche, soweit in Klasse 9 enthalten); Computerprogramme; Erstellung, Design und Einstellung von Internet-Seiten (jeweils gespeichert); alle Datenträger (auch optische) ' Magnetaufzeichnungsträger, Compact Disk (Ton und Bild), Compact-Disk (ROM, Festspeicher), CDI, Disketten, jeweils bespielt; Tonträger; Geräte zum Datenübermitteln, Tonübertragungsgeräte.

Klasse 16:

Druckereierzeugnisse, Handbücher, Lehrbücher, Lehr- und Unterrichtsmaterial (ausgenommen Apparate); Prospekte, Werbedruckarbeiten; graphische Darstellungen (Bilder, Skizzen, Schaubilder); Photographien.

Klasse 35:

Werbung; Marketing; Dienstleistungen einer Werbeagentur, auch Multimedia-Werbung; Public Relations; Produktion und Verteilung von Werbematerial, auch Multimedia; Werbung in Fernsehen, Rundfunk, Internet und neuen Medien; Geschäftsführung; Beratung der Geschäftsführung (Organisation, Planung, Führung, Netzwerke, Internet, neue Medien).

Klasse 37:

Installation und Wartung von Computerhard-/software und Internet-Seiten; technische Beratung.

Klasse 38:

Telekommunikation (inklusive Online-Service); Dienstleistungen eines Internet-Providers (Hosting und Zugangsvermittlung).

Klasse 41:

Ausbildung; Schulung; Unterhaltung; Veranstaltung von Seminaren, Konferenzen, Kongressen, sportliche und kulturelle Veranstaltungen; Multimediaschulungs- und unterhaltungsproduktionen und Filmproduktion (Unterhaltung).

Klasse 42:

Verpflegung, Catering, Beherbergung von Gästen; Erstellen von Computerprogrammen; Entwicklung von Kommunikationssystemen und Netzwerken; Programmieren von Bildschirmoberflächen, Websites und Computeranimationen, Multimediaproduktionen.

Die Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 14. Juni 2000 zurückgewiesen. Dazu hat sie ausgeführt, "Next Level" weise auf einen höheren Leistungsstandard hin und sei damit ein freihaltungsbedürftiger sowie nicht unterscheidungskräftiger Qualitätshinweis. Mit dieser Bedeutung könne "Next Level" alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreiben. Bei denen der Klassen 9, 37 und 38 besage es, dass ein höherer Stand der Entwicklungstechnik erreicht werde. In den Klassen 16 und 41 weise es auf ein höheres Leistungsniveau hin, das vermittelt werde oder auf eine höhere Leistungsstufe.

Die Voreintragungen im Ausland könnten dies nicht entkräften.

Am 14. Juli 2000 hat der Anmelder Beschwerde eingelegt. Er ist der Ansicht, die Eintragung der Marke in den USA, wo Englisch Muttersprache sei, spreche für Unterscheidungskraft und gegen ein Freihaltungsbedürfnis, ebenso die Tatsache, daß die Gemeinschaftsmarke "Next Level Solutions" als eintragungsfähig veröffentlicht worden sei. Next Level" sei nicht eindeutig beschreibend und keinesfalls eine Gattungsbezeichnung. Nur bei Computerspielen stehe "Next Level" für die nächste Spielebene. Spiele seien aber gegenüber Programmen ein eigenes Genre. Die Fähigkeit einer Marke, Aufmerksamkeit zu wecken und eine positive Einstellung herbeizuführen, könne nicht mit fehlender Unterscheidungskraft gleichgesetzt werden. "Next Level" sei noch nicht in den Duden aufgenommen worden. "Next Level" werde auch nicht zur Beschreibung von Waren- und Dienstleistungen verwendet, sondern kennzeichenmäßig für Zeitschriften, Bands etc. Mit "Mega/Super" könne es nicht gleichgesetzt werden. Seine Bedeutung bleibe diffus. Er, der Anmelder, habe ein gesteigertes Eintragungsinteresse, weil er "Next Level" seit 1995 benutze und auch im Firmennamen führe.

Der Anmelder beantragt sinngemäß, den Beschluss der Markenstelle aufzuheben und dem Antrag auf Eintragung stattzugeben, hilfsweise Zulassung der Rechtsbeschwerde.

Der Senat hat dem Anmelder mit Schreiben vom 1. Februar 2001 Gelegenheit gegeben, sich zu der Verwendung des Ausdrucks "Level" für Spiele, in Internetadresen und als allgemeinen Ausdruck für Höherwertigkeit zu äußern.

Der Anmelder hat sich hierzu nicht geäußert.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Für die Waren und Dienstleistungen, für welche der Anmelder Markenschutz begehrt, steht der Eintragung die Vorschrift des § 8 Abs 2 Nrn 1 und 2 MarkenG entgegen. An der nicht unterscheidungskräftigen Marke besteht auch ein Freihaltungsbedürfnis.

Die Markenstelle hat im angefochtenen Beschluss zutreffend dargestellt, dass "Next Level" ein Qualitätshinweis ist. Damit fehlt die Unterscheidungskraft und für viele der beanspruchten Waren- und Dienstleistungen besteht auch ein Freihaltungsbedürfnis.

"Next Level" versteht der Verbraucher zunächst aus der Verwendung im Zusammenhang mit Computerspielen. Dabei geht es nicht nur um die Spielstärke des Spielers, sondern ebenso um Spielvarianten bzw Schwierigkeitsgrade. Auch werden CD-Roms mit "Extra-Levels" für Computerspiele vertrieben (vgl OLG Hamburg CR 1999, 298). So wird auf dem Cover des Datenträgers für Spielstände mit dem Hinweis "Extra Levels" geworben (OLG Hamburg 1998, 332).

Auch in Internetadressen trifft der Verbraucher auf die Ausdrücke "Top/Second/Third Level Domain". Eine solche Aufzählung unterschiedlicher Levels bzw der Superlativ "Top Level" lassen auch für "Next Level" ein Verständnis als beschreibend erwarten.

Bei den Waren der Klasse 9 "Hardware, Peripheriegeräte; Informationen, Computerprogrammen; Datenträgern und Speichermedien" weist "Next Level" auf einen höheren Stand, wie zB Rechner- und Speicher-Leistung, hin. Die Erstellung von Internet-Seiten kann ebenfalls so erfolgen, dass das Produkt der Dienstleistung höheren technischen Möglichkeiten entspricht.

Bei den Waren der Klasse 16 "Druckereierzeugnisse" wird der Verbraucher - wenn er nur "Next Level" liest - fragen, welche Hard- oder Software diesen höheren Level aufweist, über die er sich in den Druckschriften informieren kann. Gleiches gilt für Lehrmaterial, Prospekte, Werbedruckarbeiten und graphische Darstellungen (Bilder, Skizzen, Schaubilder). Selbst Photographien können im Zeitalter digitaler Kameras einen "Next Level", etwa was Auflösung (Schärfe) anbelangt, aufweisen.

Die Dienstleistungen der Klasse 35 "Werbung; Produktion und Verteilung von Werbematerial" können schon deshalb einen "Next Level" aufweisen, weil hierbei auch Multimedia, Film und Rundfunk, Internet und andere neuen Medien eingesetzt werden.

Dass "Geschäftsführung und deren Beratung (Organisation, Planung, Führung, Netzwerke, Internet, neue Medien)" zu einem "Next Level" führen soll, ist so einsichtig, dass die Übertragung des eher technischen Begriffs hierauf nicht für Schutzfähigkeit spricht.

Im Zusammenhang mit "Installation und Wartung von Computerhard-/software und Internet-Seiten; technische Beratung, Telekommunikations-Dienstleistungen" kann das Installierte, Gewartete oder Angebotene technisch einen "Next Level" im og Sinn haben. Ferner können die Dienstleistungen an und mit Geräten erbracht werden, die einen technischen Level haben.

Die Dienstleistungen der Klasse 41 "Ausbildung; Schulung" können den Schüler ebenso auf einen "Next Level" bringen, wie Multimediaschulungsproduktionen.

Unterhaltungs- sowie Filmproduktionen können mit neuer Technik erfolgen. "Unterhaltung; sportliche und kulturelle Veranstaltungen" kann Spiele und Wettbewerbe umfassen, bei denen unterschiedliche Niveaus eine Rolle spielen.

Bei den Dienstleistungen der Klasse 42 "Verpflegung, Catering, Beherbergung von Gästen" gibt es Kategorien in Führern oder sonstigen Kritiken (Sterne, Kochmützen etc), so dass auch hier "Next Level" eine beschreibende Aussage macht.

Das "Erstellen von Computerprogrammen; Entwicklung von Kommunikationssystemen und Netzwerken; Programmieren von Bildschirmoberflächen, Websites und Computeranimationen, Multimediaproduktionen" kann mit und für neue technische Gegebenheiten erfolgen (siehe oben).

Der fehlende Nachweis eines Wortes in Wörterbüchern - auf den der Anmelder abstellt - kann allein die phantasievolle Eigenart eines neuen Wortes nicht belegen (Beier, Anm zu ErgoPanel, GRUR Int. 1997, 750). Wörterbücher haben keine codifizierende Wirkung; sie sind keine Sprachgesetzbücher. Lücken sind unvermeidlich (Grimm, Wie neu ist der Duden€ in: Deutsch als Fremdsprache XXIX (1992), H 3, S 139); neue Wortbildungen finden - wenn überhaupt - zum Teil erst mit erheblicher zeitlicher Verzögerung Eingang in Nachschlagewerke (Bloomer, Robert, "Dopen" im Deutschen, Muttersprache 1997, 206; BPatGE 37, 194 - Asthmabrause). Wörterbücher reagieren oft verzögert und warten aus guten Gründen ab, ob sich eine Modeerscheinung selbst überlebt. Allein die Auflagenfolge bewirkt zeitliche Verschiebungen.

Der Anmelder kann sich zur Frage der Schutzfähigkeit auch nicht auf eingetragene Drittzeichen berufen. Dies gilt sowohl grundsätzlich (vgl BPatGE 13, 113 -men's club), als auch im Hinblick auf die vom Anmelder herangezogenen. Selbst eine Reihe von Eintragungen gleicher oder ähnlicher Marken kann nicht zu einer Selbstbindung des DPA führen und ist erst recht für das Bundespatentgericht unverbindlich (vgl BGH GRUR 1989, 420 - KSÜD; BPatGE 32, 5 - CREATION GROSS, vgl zur indiziellen Bedeutung ausländischer Eintragungen: BGH GRUR 1988, 379 - RIGIDITE I; GRUR 1989, 421 - Conductor; GRUR 1990, 517 - SMARTWARE; GRUR 1991, 136 - NEW MAN; GRUR 1993, 746 - Premiere, HABM GRUR Int. 1998, 889 - Lasting Performance; BPatGE 41, 211 - Tablettenform; BGH GRUR 1995, 732 - Füllkörper, 1997, 527 - Autofelge; 1996, 771 - THE HOME DEPOT).

Auch die EG-Markenrechtsrichtlinie gebietet nicht zwangsläufig und ausnahmslos die Eintragung einer in einem EU-Staat voreingetragenen Marke in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union. Mit der Richtlinie werden zwar gleiche rechtliche Rahmenbedinungen, insbesondere auch im Hinblick auf die der Markeneintragung entgegenstehenden absoluten Schutzhindernisse geschaffen, andererseits wird die Berücksichtigung besonderer nationaler Sprach- und Werbegepflogenheiten nicht ausgeschlossen (vgl BPatG GRUR 1996, 132 - ErgoPanel).

Damit ist der angemeldeten Marke hinsichtlich aller Waren und Dienstleistungen die Eintragung zu versagen, so dass die Beschwerde des Anmelders zurückzuweisen war.

Für die vom Anmelder beantragte Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen die Voraussetzungen nach § 83 Abs 2 MarkenG nicht vor. Ausländische Voreintragungen haben, wie oben ausgeführt, nach herrschender Rechtsprechung nur eine indizielle Wirkung.

Winklerv. Zglinitzki Dr. Albrecht Hu






BPatG:
Beschluss v. 13.03.2001
Az: 33 W (pat) 143/00


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