Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. Dezember 2001
Aktenzeichen: 29 W (pat) 190/00

(BPatG: Beschluss v. 19.12.2001, Az.: 29 W (pat) 190/00)

Tenor

1. Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. März 2000 wird insoweit aufgehoben, als die Anmeldung für folgende Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen worden ist: "Elektrische, elektronische, optische Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder geprägte Karten aus Karton oder Plastik; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate), Büroartikel (ausgenommen Möbel); Werbung und Geschäftsführung".

2. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke

"CleverCall"

soll für die Waren und Dienstleistungen

"Klasse 9: Elektrische, elektronische, optische, Meß-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte und Computer.

Klasse:16: Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder geprägte Karten aus Karton oder Plastik; Lehr- und Unterrichtsmaterial (ausgenommen Apparate); Büroartikel (ausgenommen Möbel).

Klasse 35: Werbung und Geschäftsführung.

Klasse 38: Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk- und Fernsehen.

Klasse 42: Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung der Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken, sowie Sammeln und Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation"

in das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 3. März 2000 zurückgewiesen, weil der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft fehle. "CleverCall" stelle eine sprachübliche Wortbildung dar, die sich aus den Wortbestandteilen "clever" (engl. gewandt, geschickt, klug, gescheit, intelligent) und "Call" (engl. Telefongespräch, Telefonanruf, anrufen, telefonieren) zusammensetze. Die Bestandteile des englischen Grundwortschatzes seien auch in den deutschen Sprachgebrauch eingegangen. Der Verkehr werde die Wortzusammensetzung als schlagwortartigen Hinweis darauf betrachten, dass die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen einer "intelligenten Art des Telefonierens" dienten und die Wortkombination darum als Qualitätshinweis auffassen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Bei der gebotenen großzügigen Betrachtungsweise könne der angemeldeten Marke nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Es handele sich um ein Phantasiewort, das der deutsche Verkehr nicht in seinen Einzelbestandteilen erkenne. Auch seien die Wörter, aus denen sich die Marke zusammensetze, nach den vom Bundesgerichtshof angelegten Maßstäben nicht gebräuchliche Wörter der Alltagssprache oder einer gebräuchlichen Fremdsprache. Der Wortbestandteil "Call" sei ebenso wie "clever" vieldeutig und weise keinen klar erfassbaren Begriffsgehalt auf. Die Marke in ihrer Gesamtheit stelle weder in der englischen Sprache noch in der deutschen Übersetzung eine hinreichend klare Sachangabe für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen dar, sondern könne höchstens ungenaue Assoziationen auslösen. Aus diesen Gründen bestehe auch kein Freihaltungsbedürfnis.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Anmelderin und die Akten sowie auf eine Internetrecherche des Senats, die in der mündlichen Verhandlung erörtert wurde, Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat in der Sache nur teilweise Erfolg. Die angemeldete Marke ist für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme der Waren und Dienstleistungen "Elektrische, elektronische, optische Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder geprägte Karten aus Karton oder Plastik; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate), Büroartikel (ausgenommen Möbel); Werbung und Geschäftsführung" von der Eintragung ausgeschlossen, weil der Marke jedenfalls für sämtliche Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme der genannten jegliche Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 1, § 37 Abs. 1 MarkenG).

1. Kann einer Wortmarke ein für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden oder handelt es sich auch sonst um einen verständlichen Ausdruck der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, der vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solcher und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so fehlt ihm die Unterscheidungskraft (vgl. BGH WRP 1999, 1169, 1171 "FOR YOU"; WRP 1999, 1167, 1168 "YES"; WRP 2000, 741 "LOGO"; BGH WRP 2001, 35 "RATIONAL SOFTWARE CORPORATION"; zuletzt BGH BlfPMZ 2001, 398 "LOOK"). Dies ist hier überwiegend der Fall. Die angemeldete Marke setzt sich aus den Wortbestandteilen "Clever" und "Call" zusammen. Entgegen der Ansicht der Anmelderin ist "clever" in die deutsche Sprache eingegangen und dort in der Bedeutung "klug, schlau, gewandt" nachweisbar (vgl. etwa Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 4. Aufl.; Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 2000; jeweils Stichwort "clever"). Das ebenfalls aus der englischen Sprache stammende Wort "call" bedeutet u.a. "(Telephon-)Anruf, (Telephon-)Gespräch" (vgl. Pons Collins Großwörterbuch Englisch - Deutsch Deutsch - Englisch, 1999; The Concise Oxford Dictionary, 10. Aufl.) und ist in dieser Bedeutung auch in der deutschen Umgangssprache, etwa in Begriffen wie "callbycall", "Call-Center", "Calling-Card" gebräuchlich (Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 4. Aufl.; Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Aufl.). Die angesprochenen breiten deutschen Verkehrskreise werden die angemeldete Marke darum ohne weiteres im Sinne von "schlauer Anruf", "cleverer Anruf" verstehen, d.h. als Hinweis, dass durch die Waren und Dienstleistungen "schlaue Anrufe" möglich sind oder dass die Waren und Dienstleistungen dazu dienen, "clevere Anrufe" durchzuführen, wobei in Verbindung mit dem Telefonieren angesichts des Preiswettbewerbs der verschiedenen Anbieter insbesondere an preisgünstige Telefontarife gedacht werden wird. So hat die Internet-Recherche des Senats Formulierungen wie "Wer clever wählt, wählt AktivPlus. Warum mehr fürs Telefonieren zahlen€", "Der Telefon-Berater - Clever telefonieren heißt Geld sparen.", "clever telefonieren Telefonieren und Surfen Sie zukünftig günstiger!", "Clever telefonieren - So finden Sie den günstigsten Anbieter", "Clever telefonieren und Geld sparen", Clever telefonieren mit tesion", "Mit RSL COM clever und ultra günstig mobil telefonieren" ergeben. Im Zusammenhang mit den angemeldeten Waren und Dienstleistungen wirkt "CleverCall als Sachangabe. Es gibt Datenbanken mit sog. "Tarifrechnern" im Internet zum Auffinden des günstigsten Tarifs. Geräte, die immer den aktuell günstigsten Tarif am Telefon oder am und über Computer einstellen und sich über den betreffenden Anbieter einwählen, sind im Handel. Diese Geräte arbeiten mit entsprechenden Programmen, die auf Datenträgern gespeichert sind und regelmäßig über Internet upgedatet werden können, also im Wege der Telekommunikation über spezielle Einrichtungen übermittelt, verarbeitet und gespeichert werden. Außerdem gibt es Geräte mit entsprechenden Anzeigen sowie Speicherfunktionen für Tarife und Kosten der Anrufe und es sind Geräte mit solchen eingebauten Funktionen denkbar. Aus diesen Gründen wirkt die angemeldete Kennzeichnung auch in Verbindung mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme von "Elektrische, elektronische, optische Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder geprägte Karten aus Karton oder Plastik; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate), Büroartikel (ausgenommen Möbel); Werbung und Geschäftsführung" als eine rein sachbezogene Aussage, nicht als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen.

2. In Bezug auf die Waren und Dienstleistungen "Elektrische, elektronische, optische Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder geprägte Karten aus Karton oder Plastik; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate), Büroartikel (ausgenommen Möbel); Werbung und Geschäftsführung" kann der Senat an der angemeldeten Wortmarke weder ein Freihaltungsbedürfnis (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) feststellen noch fehlt ihr insoweit jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), denn die Marke stellt insoweit keinen konkret und eindeutig beschreibenden Hinweis auf eine hinreichend eng mit den Waren und Dienstleistungen zusammenhängende Eigenschaft dar. Zwar benötigt ein Unternehmen, das preisgünstige Telefonverbindungen anbietet, Geschäftsführung und Verwaltung sowie manchmal wohl auch elektrische, elektronische, optische Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten) und Druckereierzeugnisse. Der Senat konnte jedoch nicht feststellen, dass diese Waren und Dienstleistungen speziellen Erfordernissen genügen und besondere Eigenschaften aufweisen müssen, die sie von für andere Zwecke verwendeten Waren und Dienstleistungen grundsätzlich unterscheiden und für die eine Beschreibung mit "CleverCall" denkbar ist. Die Waren "Büroartikel (ausgenommen Möbel)" und "Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate" haben keinen erkennbaren engeren Bezug zu "schlauen Anrufen". Die angemeldete Kennzeichnung weist darum insoweit nicht auf verkehrswesentliche Eigenschaften unmittelbar hin und wird auch nicht als reine Sachangabe verstanden werden.

3. Die Frage der Schutzfähigkeit ist nicht anhand von Entscheidungen über Drittzeichen, die mit dem hier zu beurteilenden Zeichen keine Gemeinsamkeit aufweisen, sondern jeweils im Einzelfall zu beurteilen (vgl. BGH GRUR 1989, 420, 421 "KSÜD"; BlPMZ 1998, 248 "Today").

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BPatG:
Beschluss v. 19.12.2001
Az: 29 W (pat) 190/00


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