Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. April 2005
Aktenzeichen: 5 W (pat) 409/04

(BPatG: Beschluss v. 07.04.2005, Az.: 5 W (pat) 409/04)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Gebrauchsmusterabteilung I - vom 14. Oktober 2003 aufgehoben.

2. Das Gebrauchsmuster 297 21 502 wird insoweit gelöscht als es über die in der mündlichen Verhandlung übergebenen Schutzansprüche 1 bis 16 vom 7. April 2005 hinausgeht.

3. Im übrigen wird der Löschungsantrag zurückgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe

I Die Antragsgegnerin ist Inhaberin des durch Abzweigung aus der deutschen Patentanmeldung 197 25 376.8 mit Anmeldetag 16. Juni 1997 hervorgegangenen Gebrauchsmusters 297 21 502 mit der Bezeichnung "Strangregulierarmatur". Die Priorität der deutschen Voranmeldung 196 53 937.4 vom 21. Dezember 1996 ist in Anspruch genommen. Die Schutzdauer ist auf 8 Jahre verlängert. Das Gebrauchsmuster ist mit 17 Schutzansprüchen eingetragen.

Die eingetragenen Schutzansprüche lauten:

1. Strangregulierarmatur zur Einstellung von Volumenströmen in Rohrleitungen, insbesondere in Rohrleitungen von Versorgungssystemen, wobei mit Hilfe von Meßgeräten, Auswerte- und Anzeigemitteln ein lstzustand erfaßbar und mit einem in einen Strömungsraum der Strangregulierarmatur angeordneten Regulier- und/oder Absperrorgan ein Sollzustand einstellbar ist, dadurch gekennzeichnet, daß mindestens ein den Volumenstrom des Strömungsraumes (11) direkt oder indirekt erfassender Sensor (6) im Bereich des Strömungsraumes (11) angeordnet ist, daß in einem elektronischen Datenspeicher spezifische Kennwerte der Strangregulierarmatur abgelegt sind und daß eine Auswerteeinheit aus den Meßwerten des Sensors (6) und den Kennwerten des Datenspeichers den Volumenstrom ermittelt.

2. Strangregulierarmatur zur Einstellung von Volumenströmen in Rohrleitungen, insbesondere in Rohrleitungen von Versorgungssystemen, wobei mit Hilfe von Meßgeräten, Auswerte- und Anzeigemitteln ein lstzustand erfaßbar und mit einem in einen Strömungsraum der Strangregulierarmatur angeordneten Regulier- und/oder Absperrorgan ein Sollzustand einstellbar ist, dadurch gekennzeichnet, daß der Strömungsraum der Strangregulierarmatur in Wirkverbindung mit einem Strömungsraum (23) eines separaten Strömungsgehäuse (22) steht, daß mindestens ein den Volumenstrom direkt oder indirekt erfassender Sensor (6) im Bereich des Strömungsraumes (23) des separaten Strömungsgehäuses (22) angeordnet ist, daß in einem elektronischen Datenspeicher spezifische Kennwerte der Strangregulierarmatur abgelegt sind und daß eine Auswerteeinheit aus den Meßwerten des Sensors (6) und den Kennwerten des Datenspeichers den Volumenstrom ermittelt.

3. Strangregulierarmatur nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß der Sensor (6) nach einem kalorimetrischen Meßprinzip arbeitet.

4. Strangregulierarmatur nach Anspruch 1, 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß der Sensor (6) in der Wand (12) des Strömungsraumes (11, 23) mindestens flächenbündig oder mit einem geringen Überstand in den Strömungsraum (11, 23) hineinragt.

5. Strangregulierarmatur nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Auswerteeinheit mit dem Sensor (6) direkt oder durch Verbindungsmittel (14) verbunden ist.

6. Strangregulierarmatur nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß der elektronische Datenspeicher die gehäusespezifischen Kennwerte in Tabellenform, Kennlinienform oder als Algorithmus enthält.

7. Strangregulierarmatur nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß der Datenspeicher in den Sensor (6) integriert ist.

8. Strangregulierarmatur nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß ein in den Sensor (6) integrierter Datenspeicher mit geringem Speicherinhalt ausgeführt ist und eine Armaturenkennung enthält.

9. Strangregulierarmatur nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß der Datenspeicher in die Auswerteeinheit integriert ist.

10. Strangregulierarmatur nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, daß die Auswerteeinheit und/oder der Sensor (6) ein oder mehrere Schnittstellen zum Datenaustausch aufweist.

11. Strangregulierarmatur nach einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, daß die Auswerteeinheit daran oder an dem strömungsführenden Gehäuse angeordnet ist.

12. Strangregulierarmatur nach einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, daß die Auswerteeinheit als mobiles Gerät ausgebildet ist.

13. Strangregulierarmatur nach einem der Ansprüche 1 bis 16, dadurch gekennzeichnet, daß die Auswerteeiriheit in einen oder mehrere Sensoren (6) integriert ist.

14. Strangregulierarmatur nach einem der Ansprüche 1 bis 13, dadurch gekennzeichnet, daß die Auswerteeinheit mit einer Anzeige (15) versehen ist.

15. Strangregulierarmatur nach Anspruch 14, dadurch gekennzeichnet, daß die Auswerteeinheit mit einer Spannungsversorgung (16) versehen und/oder verbunden ist.

16. Strangregulierarmatur nach einem dar Ansprüche 1 bis 15, dadurch gekennzeichnet, daß der Sensor (6) auf der Zuströmseite des strömungsführenden Gehäuses angeordnet ist.

17. Strangregulierarmatur nach einem der Ansprüche 1 bis 16, dadurch gekennzeichnet, daß der Sensor (6) zusätzlich mit einer Temperaturerfassung zur Bestimmung der Wärmeleistung und/oder Wärmemenge ausgestattet ist.

Die Antragstellerin hat am 16. Mai 2001 die Löschung des Gebrauchsmuster in vollem Umfang beantragt. Als Löschungsgrund hat sie fehlende Schutzfähigkeit des Gegenstandes des angefochtenen Gebrauchsmusters gegenüber dem Stand der Technik geltend gemacht. Die Begründung ist gestützt auf den Stand der Technik nach folgenden Druckschriften:

1. EP 637 713 A1 (E1)

2. WO 92/01185 A (E2)

3. US 5 472 014 (E3)

4. "Sensors- A Comprehensive Survey", VCI-Verlagsges. MbH. 1990, S 322-343 (E4)

Die Antragsgegnerin hat dem Löschungsantrag widersprochen. Sie hat zur Stützung ihre Argumente ua den A...-Prospekt "Ihr neues A...-Strangregulier- Ventil: Regulieren Sie wirtschaftlich! Mit digitaler Präzision" und das Endres+Hauser Produktprogramm 2001, Ausgabe 8 00, Wirbeldurchfluss-Messsystem prowirl77, Technische Information TI 040D/06/de, Nr. 50084975, in Auszügen eingereicht.

In einem Zwischenbescheid hat das Deutsche Patent- und Markenamt - Gebrauchsmusterabteilung I - den Beteiligten mitgeteilt, dass voraussichtlich mit der Teillöschung des Gebrauchsmusters im Umfang der Schutzansprüche 1, 2, 5, 6, 9 bis 12 und 14 bis 17 zu rechnen sei.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Deutschen Patent- und Markenamt am 14. Oktober 2003 hat die Antragsgegnerin jeweils neue Schutzansprüche 1 und 2 nach Hilfsantrag 1 und Hilfsantrag 2 vorgelegt.

Am Ende der mündlichen Verhandlung hat das Deutsche Patent- und Markenamt - Gebrauchsmusterabteilung I - das Gebrauchsmuster (in vollem Umfang) gelöscht und der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens auferlegt.

Gegen diesen Beschluss hat die Antragsgegnerin Beschwerde eingelegt. Sie vertritt die Auffassung, dass der Gegenstand des Gebrauchsmusters im verteidigten Umfang schutzfähig sei.

Die Antragstellerin hat zum Stand der Technik noch die 5. DE 35 08 413 A1 (E5)

nachgereicht und ausgeführt, dass ihr Inhalt dem Gegenstand des Gebrauchsmusters neuheitsschädlich entgegenstehe.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht am 7. April 2005 legt die Antragsgegnerin neue Schutzansprüche 1 bis 16 vor und erklärt, dass sie das Gebrauchsmuster nur noch im Umfang dieser Schutzansprüche verteidige. Die Gegenstände dieser Schutzansprüche seien neu und nicht ohne erfinderischen Schritt aus dem entgegengehaltenen Stand der Technik herleitbar.

Die verteidigten Schutzansprüche 1 und 2 haben folgenden Wortlaut:

1. Strangregulierarmatur zur Einstellung von Volumenströmen in Rohrleitungen, insbesondere in Rohrleitungen von Versorgungssystemen, wobei mit Hilfe von Meßgeräten, Auswerte- und Anzeigemitteln ein lstzustand erfaßbar und mit einem in einen Strömungsraum der Strangregulierarmatur angeordneten Regulier- und/oder Absperrorgan ein Sollzustand einstellbar ist, mindestens ein den Volumenstrom des Strömungsraumes (11) direkt oder indirekt erfassender Sensor (6) im Bereich des Strömungsraumes (11) angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, daß der Sensor (6) ständig im Gehäuse verbleibt und darin dichtend angeordnet ist, daß in einem elektronischen Datenspeicher spezifische Kennwerte der Strangregulierarmatur abgelegt sind, daß eine Auswerteeinheit aus den Meßwerten des Sensors (6) und den Kennwerten des Datenspeichers den Volumenstrom ermittelt und daß der Datenspeicher in den Sensor (6) integriert ist.

2. Strangregulierarmatur zur Einstellung von Volumenströmen in Rohrleitungen, insbesondere in Rohrleitungen von Versorgungssystemen, wobei mit Hilfe von Meßgeräten, Auswerte- und Anzeigemitteln ein lstzustand erfaßbar und mit einem in einen Strömungsraum der Strangregulierarmatur angeordneten Regulier- und/oder Absperrorgan ein Sollzustand einstellbar ist, der Strömungsraum der Strangregulierarmatur in Wirkverbindung mit einem Strömungsraum (23) eines separaten Strömungsgehäuses (22) steht, daß mindestens ein den Volumenstrom direkt oder indirekt erfassender Sensor (6) im Bereich des Strömungsraumes (23) des separaten Strömungsgehäuses (22) angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, daß der Sensor (6) ständig im Gehäuse verbleibt und darin dichtend angeordnet ist, daß in einem elektronischen Datenspeicher spezifische Kennwerte der Strangregulierarmatur abgelegt sind, daß eine Auswerteeinheit aus den Meßwerten des Sensors (6) und den Kennwerten des Datenspeichers den Volumenstrom ermittelt und daß der Datenspeicher in den Sensor (6) integriert ist.

Zum Wortlaut der Schutzansprüche 3 bis 6 wird auf die eingetragenen Schutzansprüche 3 bis 6, zum Wortlaut der Schutzansprüche 7 bis 16 auf die eingetragenen Schutzansprüche 8 bis 17 verwiesen.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Gebrauchsmusterabteilung I - vom 14. Oktober 2003 aufzuheben und den Löschungsantrag im Rahmen der in der mündlichen Verhandlung übergebenen Anspruchsfassung zurückzuweisen.

Der Antragsstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen Sie vertritt die Ansicht, dass auch die Gegenstände der verteidigten Schutzansprüche 1 und 2 nicht neu seien gegenüber dem Stand der Technik nach E1 oder E3, zumindest diesem gegenüber nicht auf einem erfinderischen Schritt beruhten.

II 1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig. Sie hat insoweit Erfolg, als sie zur Teillöschung bzw. zum Teilbestand des Gebrauchsmusters geführt hat.

Soweit das Gebrauchsmuster nicht mehr verteidigt wird, folgt die Löschung aus § 17 Abs 1 Satz 2 GebrMG.

Die verteidigten Schutzansprüche sind zulässig. Die Schutzansprüche 1 und 2 beschränken die Gegenstände der eingetragenen, einander nebengeordneten Schutzansprüche 1 und 2 jeweils durch die Merkmale aus dem eingetragenen Schutzanspruch 7 sowie ein Merkmal aus der eingetragenen Beschreibung (GbmSchr S 5 Z 10 u 11). Die nachgeordneten Schutzansprüche gehen nicht über die Fassung der ihnen entsprechenden eingetragenen Schutzansprüche hinaus.

2. Der Gebrauchsmustergegenstand in der verteidigten Fassung der Schutzansprüche ist schutzfähig im Sinne der §§ 1 bis 3 GebrMG.

Als Fachmann ist hier ein mit der Entwicklung von Armaturen für hydraulische Systeme, zB Rohrleitungsanlagen für Gebäudebeheizungen, befasster Maschinenbauingenieur oder erfahrener Maschinenbautechniker anzusehen.

2.1 Zum Begriff "Strangregulierarmatur"

Strangregulierarmaturen im Sinne des Gebrauchsmusters sind Einstellmittel, mit denen in einem Rohrleitungssystem mit verzweigten Rohrsträngen für einen bestimmten (zB ungünstigsten) Betriebspunkt des Systems der für den jeweiligen Strang mit einem Verbraucher (zB Wärmetauscher) gewünschte Durchfluss (er repräsentiert den Strömungswiderstand des Rohrstranges) eingestellt werden kann (Gbm-Schrift S 1 Abs 2). Diese Einstellung bzw dieser Abgleich paralleler Strangwiderstände durch Änderung einer Durchflussöffnung bleibt idR für den weiteren Betrieb der Anlage unverändert, wenn nicht Umbauten des Rohrleitungssystems eine Neujustierung erforderlich machen. Für eine Strangregulierung sind mehrere Reguliervorgänge nötig, die insbesondere bei weit verzweigten Rohrleitungssystemen einen erheblichen Zeitaufwand erfordern (Gbm-Schrift S 1 leAbs bis S 2 Abs2). Grundsätzlich ist jede Absperrarmatur mit geeignetem Drosselvermögen als Strangregulierarmatur verwendbar (Gbm-Schrift S 4 Z 4-2 von unten).

2.2 Der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 ist neu.

Aus keiner der Entgegenhaltungen ist eine Strangregulierarmatur zur Einstellung von Volumenströmen in Rohrleitungen mit sämtlichen Merkmalen des Schutzanspruchs 1 bekannt. Insbesondere zeigen die bekannten Gegenstände keinen Sensor zur Erfassung eines Volumenstromes im Gehäuse einer Regulierarmatur, in den ein Datenspeicher integriert ist, der die spezifischen Kennwerte der Strangregulierarmatur enthält.

2.3 Der zweifellos gewerblich anwendbare Gegenstand des Schutzanspruchs 1 beruht auch auf einem erfinderischen Schritt.

Gemäß Beschreibung des angefochtenen Gebrauchsmusters vereinfache ein Strangregulierventil gemäß verteidigtem Schutzanspruch 1 die bisher übliche Strangregulierung vor Ort erheblich, weil jeder im Ventilgehäuse integrierte Sensor entsprechend seinem Einbauort schon werksseitig kalibriert werden könne, vor Ort nur noch die Auswerteeinheit anzuschließen und die Lage des Ventilschließkörpers entsprechend dem gewünschten Durchfluss zu verändern sei (Gbm-Schrift S 8 Abs 2). Ebenso entfalle der bisher erforderliche Eingriff in ein druckführendes Rohrleitungssystem während der Einregulierungsphase, wodurch das Gefährdungspotential für Bedienungspersonal und Umwelt gemindert werde (Gbm-Schrift S 5 Z 10 bis 16).

Aus der E3 (US 5 472 014) ist eine Strangregulierarmatur zur Einstellung von Volumenströmen in Rohrleitungen bekannt (Sp 1 Z 21 bis 35), die alle Merkmale des Oberbegriffs des Schutzanspruchs 1 umfasst. Es sind Messgeräte, Auswerte- und Anzeigemittel vorgesehen, mit deren Hilfe ein Istzustand des Volumenstromes erfassbar und ein Sollwert des Volumenstromes in einem Rohrstrang mittels eines Regulier- oder Absperrorgans (balancing valve) einstellbar ist (Sp 2 Z 39 bis 57). Der Volumenstrom wird mittels eines Sensors (flow detector) erfasst, der im Strömungsbereich der Strangregulierarmatur (balancing valve) angeordnet sein kann (Sp 3 Z 53 bis 62 iVm Sp 4 Z 47 bis 59 u Fig 17 mit zugehöriger Beschreibung).

In der E3 ist weiterhin ausgeführt, dass es im Rahmen der dort beschriebenen Erfindung möglich sei, einen (orts)beweglichen Sensor (zB Pitot-Rohr) zu nutzen, um ihn bei mehreren Regulierventilen einsetzen zu können (Sp 3 Z 55 bis 57). Der Fachmann schließt damit auch ein ständiges Verbleiben eines Sensors im Gehäuse, funktionsnotwendig stets in abgedichtetem Einbauzustand, nicht grundsätzlich aus, so dass die ersten beiden Merkmale im kennzeichnenden Teil des Schutzanspruchs 1 sich zumindest mittelbar ebenfalls aus der E3 entnehmen lassen. Soweit in E3 das Steuerventil (18) alternativ als Strangregulierventil verwendet werden soll, ist das an eine Justierung der Verstellmittel (thermostatic controller 19, actuator 20) des Steuerventils geknüpft (Sp 6 Z 39-40), so dass im Auslegungspunkt der Anlage bei idR voll geöffnetem Steuerventil immer der voreingestellte Durchfluss gewährleistet bleibt. Das entspricht dem funktionellen Verhalten von Rohrsträngen, die mit einem Strangregulierventil und einem Steuer- oder Regelventil in Reihe ausgestattet sind, wobei das Regel- oder Steuerventil während des Betriebes ggf. den Durchfluss ändert.

Zur Einstellung des Volumenstromes in einem Rohrstrang wird bei der aus E3 bekannten Strangregulierarmatur ein Kennfeld (chart) verwendet, das für bestimmte Stellungen (Kennwerte) des Regulierventils die Abhängigkeit des Volumenstroms durch den Rohrstrang vom Differenzdruck angibt (Sp 3 Z 18 bis 22). Eine Ablage der spezifischen Kennwerte der Strangregulierarmatur in einem elektronischen Datenspeicher gemäß Schutzanspruch 1 des angefochtenen Gebrauchsmusters ist nicht beschrieben. Folglich kann auch eine Auswerteeinheit, die aus den Messwerten des Sensors und den Kennwerten des elektronischen Datenspeichers den Volumenstrom ermittelt, sowie ein Sensor, in welchem der elektronische Datenspeicher integriert ist, gemäß den weiteren Merkmalen im Kennzeichen des Schutzanspruchs 1, nicht in E3 aufgezeigt oder durch diese Entgegenhaltung dem Fachmann nahegelegt sein.

Eine der E3 ähnliche Strangregulierarmatur ist in der E5 (DE 35 08 413 A1) insoweit beschrieben, als ebenfalls im Strömungsbereich (Passage 4, Fig 1) des Regulier- bzw. Drosselventils (31) für die Einstellung des Volumenstromes eine Aufnahme (52) im Gehäuse (1) für ein Messinstrument zur Erfassung der durch das Drosselventil strömenden Menge ausgebildet ist (S 6 Z 17 bis 26 iVm Fig 1). Die Anordnung ist derart gestaltet, dass der Sensor nach Einstellung des gewünschten Teilstromes durch den betroffenen Rohrstrang wieder ausgebaut werden kann (S 9 Z 31 bis S 10 Z 4). Über die Art des Sensors und die Auswertung der von ihm erfassten Messdaten ist in E5 nichts ausgeführt. Diese Entgegenhaltung kommt daher dem angefochtenen Schutzgegenstand nicht näher als die Entgegenhaltung E3.

Die E1 (EP 0 637 713 A1) beschreibt ein Diagnose-System für Regel- und Absperrventile, das mittels mehrerer Sensoren die Betriebsgrößen des Ventils im praktischen Einsatz überwacht und bei Abweichungen der gemessenen Werte von vorher bei einwandfreiem Betrieb aufgenommenen Vergleichsmesswerten ein Alarmsignal abgibt (Titelblatt Zusammenfassung). Es ist Zweck des Diagnose-Systems, den Ausfall von Anlagenkomponenten (hier eines Regelventils) und damit kostenverursachende Stillstandszeiten von Anlagen - zB in der petrochemischen Industrie - zu vermeiden (Sp 1 Z 4 bis 28). Einer der vorgesehenen Sensoren ist ein Durchflusssensor (38, 38'), der am Ventilgehäuse oder an einem vorgelagerten Rohrstück befestigt ist (Fig 1). Die analogen Messwerte der Sensoren werden über einen Analog/Digitalwandler an einen Prozessor zur Aufbereitung und Analyse sowie zum Vergleich mit Normwerten übertragen. Ergeben sich unzulässige Abweichungen erfolgt eine Fehleranzeige. Der Prozessor ist an elektronische Datenspeicher (48, 50) angeschlossen. (Sp 4 Z 23 bis 37). Bei den in dem Datenspeicher abgelegten Daten handelt es sich ua um die og Vergleichsmesswerte, die zumindest teilweise Kenndaten des Regelventils sein dürften. Der Fachmann folgert daraus, dass mit dem Sensor für den Durchfluss und den Kenndaten des Regelventils ein Volumenstrom ermittelt, dieser mit einem gespeicherten Volumenstrom für eine bestimmte Ventilstellung verglichen und bei bestimmter Abweichung der Vergleichsdaten eine Fehleranzeige veranlasst wird.

Danach hat weder das in E1 beschriebene Diagnose-System noch das dort beschriebene Regelventil, das dazu bestimmt ist, eine variable bzw. betriebsabhängige Durchflussmengeneinstellung zu ermöglichen (Sp 3 Z 25 bis 31) etwas mit einer Strangregulierung zu tun. Der Fachmann, der von der E3 als nächstkommenden Stand der Technik ausgeht, wird die E1 daher allenfalls dafür in Betracht ziehen, Anregungen für die Verarbeitung von Messdaten eines in einem Ventilraum angeordneten Durchflusssensors zu gewinnen. Danach wird ihm zwar ein elektronischer Datenspeicher mit darin abgelegten Ventilkenndaten und die Auswerteeinheit zur Ermittlung des Volumenstroms nahegelegt, nicht aber auch, den Datenspeicher im Durchflusssensor integriert auszubilden.

Die Entgegenhaltungen E2 (WO 92/01185 A1) und E4 ("Sensors A Comprehensive Survey") kommen dem Gegenstand des Schutzanspruchs 1 nicht näher als die oben gewürdigten Entgegenhaltungen. E2 beschreibt eine Strangregulierarmatur mit einem Messflansch zur herkömmlichen Erfassung einer Druckdifferenz für die Bestimmung des Durchflusses. E4 befasst sich mit thermischen Sensoren für die Durchflussmessung, wobei aber solche mit integrierten elektronischen Datenspeichern nicht angesprochen sind. Diese Entgegenhaltungen haben in der mündlichen Verhandlung keine Rolle mehr gespielt.

Da der aufgezeigte Stand der Technik dem Fachmann keinerlei Hinweise in Richtung auf eine Strangregulierarmatur mit einem Durchflusssensor liefert, in den zugleich auch ein elektronischer Speicher für die Ablage von Kenndaten der Regulierarmatur integriert ist, wodurch erst die oben genannten Vorteile bei der Einregulierung eines Rohrsystems erreicht werden, war zur Überzeugung des Senats die Auffindung des Gegenstandes nach dem verteidigten Schutzanspruch 1 nicht ohne einen erfinderischen Schritt erreichbar.

2.4 Neuheit und erfinderischer Schritt sind auch beim Gegenstand des Schutzanspruchs 2 gegeben, da die die Erfindung tragenden Unterschiedsmerkmale die gleichen sind wie beim Gegenstand nach Schutzanspruch 1 und die hierzu getroffenen Feststellungen daher in gleicher Weise für diesen gelten. Beim Strangregulierventil nach Schutzanspruch 2 ist der Sensor für den Volumenstrom lediglich nicht im Strömungsraum des Ventilgehäuses, sondern in einem separaten mit dem Strömungsraum des Ventilgehäuses in Wirkverbindung stehenden Gehäuse untergebracht. Dieser bauliche Unterschied ist für die Beurteilung des erfinderischen Schrittes ohne Relevanz.

2.5 Die Schutzfähigkeit der Gegenstände nach den verteidigten Schutzansprüchen 3 bis 16 ergibt sich durch die der Schutzansprüche 1 und 2.

3. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht jeweils auf § 18 Abs 2 GebrMG iVm § 84 Abs 2 PatG, § 92 Abs 1 ZPO. Die Billigkeit erfordert keine andere Entscheidung.

Müllner Köhn Frühauf Pr






BPatG:
Beschluss v. 07.04.2005
Az: 5 W (pat) 409/04


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/2707eaf524ae/BPatG_Beschluss_vom_7-April-2005_Az_5-W-pat-409-04




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share