Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. April 2003
Aktenzeichen: 24 W (pat) 85/02

(BPatG: Beschluss v. 22.04.2003, Az.: 24 W (pat) 85/02)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. März 2002 aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Dienstleistung "Werbung" zurückgewiesen worden ist.

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke

"Venen-Tag"

soll für die Dienstleistungen

"Werbung; Telekommunikation; ärztliche Versorgung, Gesundheits- und Schönheitspflege"

in das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung nach vorheriger Beanstandung mit Beschluß eines Beamten des höheren Dienstes zurückgewiesen, weil der Kennzeichnung jegliche Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Die angemeldete Wortmarke setze sich aus den Wörtern "Venen" und "Tag" zusammen und werde ohne weiteres als ähnlich wie die existierenden Begriffe "Kirchentag, Weltspartag, Welt-Aids-Tag" gebildeter sprach- und werbeüblich anpreisender Hinweis darauf verstanden, daß die von der Anmeldung umfassten Dienstleistungen sich entweder inhaltlich mit Tagungen oder Veranstaltungen beschäftigten, die Venenleiden zum Gegenstand hätten oder daß die Dienstleistungen im Rahmen einer solchen Tagung oder Veranstaltung erbracht würden. Im Zusammenhang mit diesen Dienstleistungen handele es sich nicht um eine mehrdeutige, unklare und daher unterscheidungskräftige Angabe, denn "Venen-Tag" stelle eine Sammelbezeichnung dar, unter die verschiedene Dienstleistungen, die im unmittelbaren Zusammenhang mit einem "Venen-Tag" stünden, gefaßt werden sollten und die aus diesem Grund zwangsläufig entsprechend allgemein gehalten sein müsse.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zu deren Begründung wird vorgetragen, in der angemeldeten Wortkombination werde durch Nennung eines Leidens der Begriff der Tagung (des "Tages") näher konkretisiert und von anderen medizinischen Fachgebieten abgegrenzt. Außerdem lasse das Zeichen unterschiedliche Deutungen zu, wobei insbesondere das Verständnis der Marke von Laien und Fachleuten differiere. Im übrigen werde die Wortverbindung häufig verwendet, weil fachmedizinische Veranstaltungen üblicherweise mit dem Leiden und dem Zusatz "Tag" oder "Woche" benannt würden.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung und auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber in der Sache überwiegend nicht begründet. Die angemeldete Marke ist für alle von der Anmeldung umfaßten Dienstleistungen mit Ausnahme von "Werbung" gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1, § 37 Abs. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen, weil ihr für diese Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt.

1. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden (vgl. BGH GRUR 2001, 1150 "LOOK"; GRUR 2002, 64 "INDIVIDUELLE"). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Wortmarken nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen, wenn ihnen entweder ein im Hinblick auf die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zukommt oder es sich um ein gängiges Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als individuelles Kennzeichnungsmittel verstanden wird (st. Rspr vgl. BGH WRP 2001, 1082, 1083 "marktfrisch"; BGH GRUR 2001, 1043 "Gute Zeiten - Schlechte Zeiten"; BGH GRUR 2001 1042 "REICH UND SCHOEN"; BGH BlfPMZ 2001, 398 "LOOK"; BGH GRUR 2002, 64 "INDIVIDUELLE"; BGH GRUR 2002, 1070 "Bar jeder Vernunft"). Dies ist hier überwiegend der Fall. Bei der hier angemeldeten Kennzeichnung handelt es sich um eine Wortzusammensetzung aus den Begriffen "Venen" und "Tag", die - wie bereits die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat - in Verbindung mit den Dienstleistungen der Anmeldung ausschließlich als Sachangabe zu verstehen ist. Mit "Vene" wird eine Blutader bezeichnet (Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 4. Aufl.; Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 7. Aufl., jeweils Stichwort "Vene"). Veranstaltungen, Tagungen, Treffen oder Kongresse werden oft "Tage" genannt. Das Thema oder der Gegenstand wird bei der Bezeichnung dieser Veranstaltungen, Treffen oder Kongresse in der Regel dem Wortelement "Tag" vorangestellt, wie z.B. auch bei den aus den von der Markenstelle ermittelten gebräuchlichen Begriffen "Herztag, Lungentag, Magentag, Lebertag". Im Rahmen solcher Veranstaltungen, die meist auch für interessierte Laien offen sind, bietet in der Regel - wie allgemeinkundig ist - eine Vielzahl von Hotels, Apotheken, Kureinrichtungen oder Kurkliniken etc. für einen bestimmten Zeitraum ein Paket von Dienstleistungen an, die etwa neben Unterbringung und Verköstigung auch ärztliche Untersuchungen, Vorträge, Beratung, Information mittels verschiedenster Medien, medizinische und kosmetische Behandlung, körperliches Training und vieles mehr mit dem Ziel der Erkennung, Vorbeugung und Behandlung von Erkrankungen und deren Begleiterscheinungen umfassen, die Gegenstand der Veranstaltung sind. Damit stellt die angemeldete Kennzeichnung einen leicht erfaßbaren Hinweis auf den Gegenstand der ärztlichen Versorgung sowie Gesundheits- und Schönheitspflege dar. Gleiches gilt für die verschiedenen Informations- und Telekommunikationsdienstleistungen, die zur Herstellung bzw. Bereitstellung der Medien und Verbreitung der Informationen erforderlich sind. Um ein möglichst großes Publikum zu erreichen, werden bei solchen Veranstaltungen, insbesondere wenn sie Volkskrankheiten zum Gegenstand haben, Informationen über Erkennung, Vorbeugung und Behandlung von Venenerkrankungen durch Hotlines, Ausstellungen sowie in gedruckter, elektronischer und multimedialer Form, etwa durch Videofilme, mittels CD-ROM oder mit den Mitteln der Telekommunikation wie Radio und Fernsehen oder Internet vermittelt. Die angesprochenen Verkehrskreise, die hier neben Fachpublikum hauptsächlich aus dem breiten Publikum bestehen, werden deshalb in dem angemeldeten Zeichen für solche Dienstleistungen nur einen schlagwortartigen Hinweis darauf sehen, daß diese Leistungen im Rahmen eines Venentages erbracht werden oder einen Venen-Tag zum Gegenstand haben. Jedes andere Verständnis der angemeldeten Kennzeichnung liegt in Verbindung mit den betreffenden Dienstleistungen der Anmeldung angesichts deren üblicher Zweckbestimmung und Wirkungsweise sowie der oben aufgeführten Werbegepflogenheiten fern. Daher wird der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher, auf den abzustellen ist (EuGH GRUR Int. 1999, 734, 736 Tz. 26 "Lloyd"; WRP 2000, 289, 292 Tz. 27 "Lifting-Creme"; GRUR Int. 1998, 795, 797 "Gut Springenheide"; BGH GRUR 2000, 506 "ATTACHÉ/TISSERAND"), die angemeldete Wortverbindung in Verbindung mit den oben genannten Dienstleistungen nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auffassen. Bei "Venen-Tag" handelt es sich um die bloße Verbindung der beiden allgemein verständlichen Wörter "Venen" und "Tag" ohne jede inhaltliche Änderung, die keinerlei zusätzliches Merkmal aufweist, welches das Zeichen in seiner Gesamtheit geeignet erscheinen ließe, die Dienstleistungen der Anmelderin von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. dazu EuGH GRUR 2003, 58, 59 f. "Companyline" Tz. 21, 23). In diesem Zusammenhang ist zu beachten, daß eine Marke geeignet sein muß, die Waren oder Dienstleistungen nach ihrer betrieblichen Herkunftsstätte, nicht aber nach ihrer Beschaffenheit oder Bestimmung unterscheidbar zu machen (vgl. Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl. § 8 Rn 17). Die Eignung des angemeldeten Zeichens, eine Veranstaltung, die Venenleiden zum Gegenstand hat, von Veranstaltungen anderer medizinischer Fachrichtungen abzugrenzen sowie die Verwendung der Wortkombination durch unterschiedliche Veranstalter, auf die die Anmelderin hinweist, zeigen daher gerade, daß dieser Kennzeichnung die markenrechtliche Unterscheidungskraft fehlt.

2. Die Marke stellt jedoch in Bezug auf "Werbung" keinen konkret und eindeutig beschreibenden Hinweis auf eine hinreichend eng mit der Dienstleistung zusammenhängende Eigenschaft dar, da der Verkehr nicht annehmen wird, eine derartig gekennzeichnete Dienstleistung sei auf das Thema "Venen-Tag" beschränkt (vgl BGH GRUR 2001, 1043, 1045, 1046 "Gute Zeiten - Schlechte Zeiten"; BGH GRUR 2001, 1042, 1043 "REICH UND SCHOEN"). Zwar ist es möglich, daß diese Dienstleistung u.a. auch Veranstaltungen zur Vorbeugung und Bekämpfung von Venenerkrankungen mittelbar betrifft, etwa daß die Werbung Venenerkrankungen oder eine Veranstaltung betreffend Bekämpfung und Vorbeugung von Venenleiden zum Gegenstand hat. Werbung stellt jedoch eine Dienstleistung dar, die in der Art der Erbringung, den verwendeten Medien und Werbemitteln, den Methoden und sonstigen Eigenschaften und der betrieblichen Ausrichtung des Anbieters nicht immer abhängig vom konkret beworbenen Produkt ist. Der Senat konnte nicht feststellen, daß Werbung, deren Gegenstand ein "Venen-Tag" ist, speziellen Erfordernissen genügen und besondere Eigenschaften aufweisen muß, die sie von Werbung für andere Zwecke grundsätzlich unterscheidet oder daß es eine besondere Sparte in der Werbung gibt oder geben könnte, die sich auf "Venen-Tage" spezialisiert hat und für die eine Beschreibung mit "Venen-Tag" naheliegt. Bei angemeldeten Kennzeichnung handelt es sich auch nicht um eine Angabe, die zur Beschreibung der Dienstleistung "Werbung" dienen kann (§ 8 Abs. 2 Nr 2 MarkenG), da der Ausdruck "Venen-Tag" wie oben erläutert insoweit keine Sachangabe darstellt, sondern allenfalls mittelbar mit den Waren in Verbindung stehende Umstände bezeichnet.

Dr. Ströbele Dr. Hacker Guth Bb






BPatG:
Beschluss v. 22.04.2003
Az: 24 W (pat) 85/02


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