Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Februar 2000
Aktenzeichen: 15 W (pat) 11/98

(BPatG: Beschluss v. 14.02.2000, Az.: 15 W (pat) 11/98)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Anmelderin reichte am 19. September 1995 eine Patentanmeldung mit der Bezeichnung

"Verfahren zur Herstellung einer Verbundbahn aus einer Nonwoven-Vliesbahn und einer einseitigen Beschichtung aus einer Kunststoff-Folie"

ein, die am 20. März 1997 in Form der DE 195 34 702 A1 veröffentlicht wurde.

Mit Beschluß vom 6. Oktober 1997 wies die Prüfungsstelle für Klasse B 32 B des Deutschen Patentamts die Patentanmeldung zurück.

Dem Beschluß lagen der mit Schriftsatz vom 2. Februar 1996 eingereichte und am 7. Februar 1996 eingegangene Patentanspruch 1 sowie die ursprünglich eingereichten Patentansprüche 2 bis 8 zugrunde. Der Patentanspruch 1 hatte folgenden Wortlaut:

"1. Verfahren zur Herstellung einer Verbundbahn aus einer Faserbahn und einer einseitigen Beschichtung aus Kunststoff-Folie aus thermoplastischem Kunststoff im Durchlauf, wobei die Faserbahn auf eine Verbundtemperatur erwärmt wird und mit einer mit Hilfe einer Breitschlitzdüse aus einer Schmelze des thermoplastischen Kunststoffes erzeugten Kunststoff-Folie in Berührungskontakt gebracht wird, wobei die Kunststoff-Folie im Bereich des Berührungskontaktes mit Hilfe von zumindest einer Elektronen-Sprühelektrode, die sich quer zur Durchlaufrichtung erstreckt, elektrostatisch aufgeladen wird und die dadurch gebildete Verbundbahn danach abgekühlt wird, dadurch gekennzeichnet, daß eine Nonwoven-Vliesbahn aus Kunststoff-Filamenten und/oder Kunststoff-Fasern aus thermoplastischem Kunststoff auf eine Verbundtemperatur, die beachtlich niedriger liegt als die Schmelztemperatur, erwärmt wird und dem Auflaufbereich einer Verbundwalze zugeführt wird, die entsprechend der Durchlaufgeschwindigkeit rotiert und zumindest die Breite der Nonwoven-Vliesbahn aufweist, und die Kunststoff-Folie im jungfräulichen, plastischen Zustand im wesentlichen tangential mit der auf der Verbundwalze aufliegenden Nonwoven-Vliesbahn in Berührungskontakt gebracht wird, wobei der Schlitzmund der Breitschlitzdüse im Auflaufbereich der Verbundwalze angeordnet ist."

Wegen der auf den Verfahrensanspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 11 wird auf die DE 195 34 702 A1 Bezug genommen.

Die Zurückweisung der Patentanmeldung erfolgte aus den Gründen des die Niederschrift über eine Anhörung darstellenden Bescheides vom 5. Juni 1997 (PatG § 48). In diesem hat die Prüfungsstelle ihre im Hinblick auf den Gegenstand des ursprünglich eingereichten Anspruchs 1 im Bescheid vom 1. Dezember 1995 dargelegte Ansicht auch im Hinblick auf den Gegenstand des lediglich redaktionell geänderten Anspruchs 1 vom 7. Februar 1996 wiederholt. Im Bescheid vom 1. Dezember 1995 war im wesentlichen ausgeführt worden, daß der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in Kenntnis des aus der DE-OS 17 04 734 (1) und der DE 40 16 348 A1 (5) bekannten Standes der Technik nahegelegen habe und nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Zum relevanten Stand der Technik waren in diesem Bescheid außerdem die Druckschriften US 31 96 063 (2), US 30 81 214 (3), EP 05 46 988 A1 (4) und DE 42 21 611 A1 (6) entgegengehalten worden. Zu der in der Anhörung von der Anmelderin vertretenen Ansicht, eine erfinderische Tätigkeit sei darin zu sehen, daß ein formschlüssiger und stoffschlüssiger Verbund zwischen der Kunststoffbahn und der Nonwoven-Vliesbahn eintrete, wurde von der Prüfungsstelle laut Bescheid vom 5. Juni 1997 ausgeführt, daß sich dieser Verbund automatisch ergebe; hierzu wurde auf Entgegenhaltung (5) verwiesen.

Die Beschwerde der Anmelderin richtet sich gegen diesen Beschluß.

Der Senat hat den Vertreter der Anmelderin am 10. Februar 2000 bereits telefonisch darauf hingewiesen, daß eine erfinderische Tätigkeit im Hinblick auf eine Kombination der Lehren der Entgegenhaltungen (2) und (5) nicht erkennbar sei und diese Ansicht zu Beginn der mündlichen Verhandlung nochmals eingehend erläutert. Die von der Anmelderin zur Abgrenzung gegenüber (5) mit Schriftsatz vom 10. Dezember 1997 eingereichte Anspruchsfassung vermittle mit dem aus dem ursprünglichen Anspruch 2 in den Anspruch 1 aufgenommenen Merkmal keine klare Lehre zum technischen Handeln, da unklar sei, was unter dem "Bereich des Berührungskontaktes" zu verstehen sei. Zudem sei das Merkmal "mit einem Umschlingungswinkel im Bereich von 90 bis 180¡ oder mehr umschlingt" schon deshalb nicht ausführbar, weil mit dem beanspruchten Verfahren zwangsläufig nicht nur ein solcher Umschlingungswinkel erreicht werde, vielmehr in den Randbereichen des Umschlingungskontaktes von Kunststoff-Folie und Vliesfaser stets auch Umschlingungswinkel unterhalb von 90¡ gebildet würden. Auch sei keine Methode für die Bestimmung des Umschlingungswinkels angegeben. Eine weitgehende Umschlingung der äußeren Fasern der Vliesschicht durch eine darauf in plastischem Zustand aufgebrachte Kunststoff-Folie werde auch nach dem aus (5) bekannten Stand der Technik bereits erreicht.

Die Anmelderin hat daraufhin in der mündlichen Verhandlung einen neuen, gegenüber dem aus (5) bekannten Stand der Technik abgegrenzten Patentanspruch 1 überreicht und ausgeführt, daß sie das Patentbegehren mit diesem Anspruch 1 und den am 12. Dezember 1997 eingegangenen Ansprüchen 2 bis 10 aus dem Schriftsatz vom 10. Dezember 1997 weiterverfolge.

Die danach geltenden Patentansprüche 1 bis 10 haben folgenden Wortlaut:

"1. Verfahren zur Herstellung einer Verbundbahn aus einer Nonwoven-Vliesbahn aus Kunststoff-Filamenten und/oder Kunststoff-Fasern aus thermoplastischem Kunststoff und einer einseitigen Beschichtung aus Kunststoff-Folie aus thermoplastischem Kunststoff im Durchlauf, wobei die Nonwoven-Vliesbahn dem Auflaufbereich einer Verbundwalze zugeführt wird, die entsprechend der Durchlaufgeschwindigkeit rotiert und zumindest die Breite der Nonwoven-Vliesbahn aufweist, wobei die Kunststoff-Folie mit Hilfe einer Breitschlitzdüse, deren Schlitzmund im Auflaufbereich der Verbundwalze angeordnet ist, aus einer Schmelze des thermoplastischen Kunststoffes erzeugt und im jungfräulichen, plastischen Zustand im wesentlichen tangential mit der auf der Verbundwalze aufliegenden Nonwoven-Vliesbahn in Berührungskontakt gebracht wird, wobei die dadurch gebildete Verbundbahn auf der Verbundwalze und/oder danach abgekühlt wird, und wobei mit Hilfe von zumindest einer Elektronen-Sprühelektrode, die sich quer zur Durchlaufrichtung erstreckt, eine elektrostatische Aufladung vorgenommen wird, dadurch gekennzeichnet, daß die Nonwoven-Vliesbahn vor der Zuführung zum Auflaufbereich der Verbundwalze auf eine Verbundtemperatur erwärmt wird, die beachtlich niedriger liegt als die Schmelztemperatur, daß die Kunststoff-Folie in dem Bereich, in dem die im plastischen Zustand befindliche Kunststoff-Folie mit der Nonwoven-Vliesbahn in Berührungskontakt kommt, elektrostatisch aufgeladen wird, unddaß die Temperaturen, die Durchlaufgeschwindigkeit, die Extrusionsgeschwindigkeit der Kunststoff-Folie aus der Breitschlitzdüse und die elektrostatische Aufladung so gewählt werden, daß im Bereich des Berührungskontaktes eine möglichst formschlüssige Verbindung zwischen Kunststoff-Folie und Kunststoff-Filamenten und/oder Kunststoff-Fasern erzeugt wird, so daß die Kunststoff-Folie die Kunststoff-Filamente und/oder Kunststoff-Fasern mit möglichst großem Umschlingungswinkel von 180¡ oder mehr umschlingt.

2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß mit einer Nonwoven-Vliesbahn gearbeitet wird, deren Kunststoff-Filamente und/oder Kunststoff-Fasern einem Kunststoff der Gruppe "Polyolefine" oder Mischungen davon angehören.

3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß mit einer Kunststoff-Folie gearbeitet wird, die aus einem Kunststoff der Gruppe "Polyolefine" oder Mischungen davon besteht.

4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß mit einer Nonwoven-Vliesbahn mit einem Vliesgewicht von 15 bis 25 g/m2, vorzugsweise von 17 g/m2, und einer Kunststoff-Folie mit einer Schmelzpunkttemperatur von etwa 80¡C, Foliendicke 12 bis 18 µm, vorzugsweise etwa 14 µm, gearbeitet wird, wobei die Nonwoven-Vliesbahn auf eine Verbundtemperatur von etwa 60¡C und die Verbundwalze auf einer Temperatur von etwa 50¡C gehalten werden.

5. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß mit einer Kunststoff-Vliesbahn aus einem Polypropylen-Kunststoff und einer Kunststoff-Folie aus einem Äthylen-Acrylsäureester gearbeitet wird.

6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß die metallische oder mit metallischer Oberfläche versehene Verbundwalze geerdet wird.

7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß die metallische oder mit metallischer Oberfläche versehene Verbundwalze gegenüber der Elektronen-Sprühelektrode als Anode geschaltet wird.

8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß zumindest die Oberfläche der Verbundwalze aus einem dielektrischen Werkstoff besteht.

9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß zwischen der Elektronen-Sprühelektrode und der Kunststoff-Folie zusätzlich eine weitere Nonwoven-Vliesbahn zugeführt und mit der Verbundbahn in elektrostatischen Verbund gebracht wird.

10. Verfahren nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, daß als zusätzliche Nonwoven-Vliesbahn eine Zellstoff-Vliesbahn zugeführt wird."

Zur Begründung ihrer Beschwerde hat die Anmelderin im wesentlichen vorgetragen, der unbestritten neue Gegenstand des Patentbegehrens beruhe auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die Lehre der nächstvergleichbaren DE 40 16 348 A1 (5) beschreibe ein Verfahren zur Herstellung einer Verbundbahn aus einer Kunststoff-Folie und einer Vliesbahn gemäß Oberbegriff des geltenden Patentanspruchs 1, bei dem das Andrücken der in plastischem Zustand befindlichen Kunststoffbahn an die Vliesbahn durch Ansaugen mittels eines Unterdruckes erfolge und eine elektrostatische Aufladung nur gegebenenfalls zusätzlich vorgenommen werde. In Kenntnis dieses Standes der Technik habe der Fachmann daher davon ausgehen müssen, daß zum Verbinden der Vliesbahn mit der Kunststoff-Folie das Anlegen eines Unterdruckes zwingend erforderlich sei. Außerdem werde die Kunststoff-Folie nach dieser Entgegenhaltung nur an den Berührungskontaktstellen mit den Fasern des Vlieses verbunden. Eine weitgehende Umschlingung der Fasern dieses Vlieses durch die Kunststoff-Folie an den Berührungsstellen und damit eine möglichst formschlüssige Verbindung erfolge bei dem in (5) beschriebenen Verfahren nicht. Dort sei auch von einem Vorerwärmen der Vliesbahn vor der Stelle der Kontaktierung mit der Kunststoff-Folie nicht die Rede. Diese Entgegenhaltung rege daher nicht dazu an, einen formschlüssigen Verbund ohne Anlegen eines Unterdruckes allein durch elektrostatische Aufladung im Bereich des Berührungskontaktes von Vlies und Kunststoff-Folie zu erreichen. Hierzu werde man auch durch die Lehre der US 31 96 063 (2) nicht angeregt. Diese befasse sich mit der Herstellung eines Verbundes einer Papierschicht mit einer Kunststoff-Folie und nicht eines Vlieses. Papier sei an seiner Oberfläche relativ glatt und habe dort keine Fasern, die umschlungen würden, sodaß nur ein oberflächliches Ankleben der Kunststoff-Folie auf das Papier erfolge. Daß bei der Herstellung eines Verbundes von Vliesen mit Kunststoff-Folien eine weitgehende Umschlingung der Fasern des Vlieses durch die Kunststoff-Folie an den Berührungskontaktstellen und damit ein formschlüssiger Verbund bei dem aus (5) bekannten Verfahren ohne Anlegen eines Unterdrucks allein durch elektrostatische Aufladung und Vorwärmen des zugeführten Vlieses erreichbar sei, sei auch unter Berücksichtigung des aus (2) bekannten Standes der Technik nicht zu erwarten gewesen.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung noch die Literaturstelle "Römpp Chemie Lexikon" 9. Aufl, 1991, S 3207 bis 3208 zum Stichwort "Papier" überreicht und unter Hinweis auf S 3208, li Sp, Z 11/12 ausgeführt, daß auch Papier aus einem verdichteten Faserfilz bestehe und damit an der Oberfläche Fasern aufweise.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent zu erteilen auf der Grundlage des Patentanspruchs 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung, an den sich die Patentansprüche 2 bis 10, eingegangen am 12. Dezember 1997, anschließen, der Beschreibung Seiten 1, 2, 4 bis 9, eingegangen am 12. Dezember 1997, Beschreibung Seite 3, überreicht in der mündlichen Verhandlung, und der ursprünglich eingereichten 2 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 4.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig (PatG § 73). Sie kann jedoch aus den nachfolgenden Gründen nicht zum Erfolg führen.

Bezüglich ausreichender Offenbarung der Gegenstände der Patentansprüche 1 bis 8 sowie 9 und 10 bestehen keine Bedenken, da deren Merkmale aus den ursprünglich eingereichten Unterlagen zu entnehmen bzw herleitbar sind (vgl zum Patentanspruch 1 die Ansprüche 1 und 2 iVm S 4, Z 7 bis 19 der ursprünglichen Unterlagen, zu den Ansprüchen 2 bis 8 die ursprünglichen Ansprüche 3 bis 9 und zu den Ansprüchen 9 und 10 die beiden letzten Ansprüche der ursprünglichen Unterlagen, die dort irrtümlich beide als Anspruch 10 numeriert sind).

In formaler Hinsicht bestehen zwar zum Anspruch 1 gewisse Bedenken insbesondere dahingehend, daß bei dem beanspruchten Verfahren zwangsläufig auch Kontaktbereiche zwischen Kunststoff-Folie und Vlies auftreten dürften, bei denen die Kunststoff-Folie die Kunststoff-Filamente und/oder Kunststoff-Fasern nur mit kleinerem Umschlingungswinkel von unter 180¡ umschlingt, somit unklar ist, ob und wie sich der beim beanspruchten Verfahren geforderte Umschlingungswinkel von 180¡ oder mehr ohne jegliche Bereiche mit kleinerem Umschlingungswinkel verwirklichen läßt. Diese Bedenken können jedoch dahingestellt bleiben, da der Gegenstand des Patentanspruchs 1, wie nachfolgend ausgeführt wird, aus sachlichen Gründen nicht patentfähig ist.

Die Neuheit des Gegenstandes gemäß geltendem Patentanspruch 1 ist anzuerkennen.

Von dem aus der DE 40 16 348 A1 (5) bekannten Verfahren zur Herstellung einer Verbundbahn aus einer Nonwoven-Vliesbahn aus Kunststoff-Filamenten und/oder Kunststoff-Fasern aus thermoplastischem Kunststoff und einer einseitigen Beschichtung aus Kunststoff-Folie aus thermoplastischem Kunststoff im Durchlauf unterscheidet sich das beanspruchte Verfahren darin, daß die zum Erzielen der Verbindung des Vlieses mit der Folie erforderliche Anpresskraft nicht durch Unterdruck in einer perforierten Verbundwalze, sondern ausschließlich durch elektrostatische Aufladung der Kunststoff-Folie im Bereich des Berührungskontaktes mit dem Vlies erzielt wird und daß die Vliesbahn vor der Zuführung zum Auflaufbereich der Verbundwalze auf eine Verbundtemperatur erwärmt wird.

Die US 31 96 063 (2) beschreibt ein Verfahren zur Herstellung einer Verbundfolie aus einer Papierschicht und einer Kunststoff-Folie. Die Verbindung erfolgt dort mit den auch beim vorliegend beanspruchten Verfahren angegebenen Verfahrensschritten und unter Anpressen der Schichten aneinander durch elektrostatische Aufladung der plastischen Kunststoff-Folie im Bereich des Berührungskontaktes mit der vorerwärmten Papierbahn. Nach der Lehre dieses Standes der Technik wird jedoch eine Papierbahn mit der Kunststoff-Folie verbunden und kein Vlies.

Von dem aus der DE-OS 17 04 734 (1) bekannten Verfahren zur Herstellung einer Verbundbahn aus einer Kunststoff-Folie und einer Papierbahn unterscheidet sich das vorliegend beanspruchte Verfahren ebenfalls durch eine Vliesbahn aus thermoplastischen Kunststoff-Filamenten oder -Fasern anstelle der Papierbahn sowie dadurch, daß die beiden Bahnen bei dem bekannten Verfahren an einem feststehenden Stab oder einem feststehenden Rohr miteinander in Berührungskontakt gebracht werden und nicht an einem rotierenden Rohr, dh nicht an einer rotierenden (Verbund)Walze.

Die im Prüfungsverfahren darüber hinaus entgegengehaltenen Druckschriften US 30 81 214 (3) und EP 05 46 988 A1 (4) sowie die DE 42 21 611 (6) liegen dem Patentbegehren ferner als der vorstehend erörterte Stand der Technik.

So wird nach dem in (3) beschriebenen Verfahren eine Verbundfolie aus einer Polyethylentherephthalatbahn und einem Polyethylenfilm hergestellt und somit ebenfalls keine Verbundfolie aus einem Vlies und einem Polyethylenfilm. Dabei wird die Polyesterfolie elektrostatisch geladen, über eine rotierende Verbundwalze gezogen und dort mit der dieser Walze tangential zugeführten Polyethylenfolie in noch plastischem Zustand in Berührung gebracht. Dieses Verfahren der Verbundfolienherstellung unterscheidet sich vom vorliegend beanspruchten Verfahren zusätzlich auch noch dadurch, daß die zu verbindenden Folien durch eine an der Verbundwalze anliegende zweite rotierende Walze zusammengepreßt werden.

Auch Entgegenhaltung (4) beschreibt nur die Herstellung von Verbundfolien aus einer durch Koronabehandlung elektrostatisch aufgeladenen Kunststoff-Folie im noch plastischen Zustand und einer weiteren Kunststoff-Folie durch deren Verpressen in einem Walzenspalt zwischen einer Andruckwalze und einer Kühlwalze. Sie betrifft somit eine ähnliche Verfahrensweise wie (3).

Die noch weiter abliegende Druckschrift (6) beschreibt das kontinuierliche Aufbringen von Papierbahnabschnitten an die Oberseite und/oder Unterseite von Holzwerkstoffplatten und gibt dabei nur das bereits aus (2) bekannte Fachwissen wieder, daß zwei Bahnen durch Behandlung mit elektrischen Sprühelektroden elektrostatisch aufgeladen und dadurch elektrostatisch aneinander fixiert werden können.

Das Verfahren des Patentanspruchs 1 beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist von der Aufgabe auszugehen, ein Verfahren zur Herstellung einer Verbundbahn aus einer Nonwoven-Vliesbahn aus Kunststoff-Filamenten und/oder Kunststoff-Fasern aus thermoplastischem Kunststoff und einer einseitigen Beschichtung aus einer Kunststoff-Folie aus thermoplastischem Kunststoff anzugeben, das einen guten und möglichst formschlüssigen Verbund ergibt. Dieser Verbund soll gegenüber einem Stand der Technik, bei dem die zu verbindenden Bahnen bspw mittels Kalandern unter Anwendung von mechanischem Druck und Wärme vereint werden, verbessert sein (vgl DE 195 34 702 A1, Sp 1, Z 16 bis 34).

Gelöst wird diese Aufgabe durch das im Patentanspruch 1 näher beschriebene Verfahren.

Eine derartige Lösung war für den Durchschnittsfachmann, hier einem Ingenieur für chemische Verfahrenstechnik, der mit der Herstellung von Verbundstoffen unter Mitverwendung von Kunststoffen befaßt und vertraut ist, in Kenntnis des Standes der Technik naheliegend.

Die Lehre der DE 40 16 348 A1 (5) befaßt sich bereits mit der Aufgabe, ein Verfahren zur Herstellung einer Verbundbahn aus einer Nonwoven-Vliesbahn aus thermoplastischen Kunststoff-Filamenten und/oder Kunststoff-Fasern und einer thermoplastischen Kunststoff-Folie zu schaffen, das gegenüber der bekannten Herstellung einer solchen Verbundbahn mittels Kalandern verbessert ist und einen möglichst guten Verbund ergeben soll. Hierzu wird dort, wie zur Neuheit bereits ausgeführt wurde, ein Verfahren beschrieben, das sich von dem vorliegend beanspruchten Verfahren nur darin unterscheidet, daß das Vlies vor dem Zulauf zur Verbundwalze nicht vorgewärmt wird und der Anpressdruck für die Verbindung der Folie mit dem Vlies durch Anlegen eines Unterdruckes an die Verbundwalze und somit nicht ausschließlich durch elektrostatische Aufladung und dadurch bewirktes Anpressen von Vlies und Folie aneinander erfolgt. Bei diesem Unterdruck-Beschichtungsverfahren wird die sich noch in schmelzflüssigem Zustand befindliche thermoplastische Kunststoff-Folienbahn an der Verbundwalze auf das Vlies aufgebracht und mit dem an der Vliesbahn anliegenden Unterdruck in der Walze nur oberflächlich mit einer geringen Eindringtiefe in das Vlies eingesogen; dabei kann die Eindringtiefe durch die Intensität des Unterdruckes auf einfache Weise gesteuert werden (vgl insbes die Ansprüche iVm Sp 1, Z 17 bis 43 und Sp 3, Z 37 bis 40 iVm den Figuren 7 bis 10 und zugehörige Beschreibung). Entgegen der Auffassung der Anmelderin werden nach diesem Verfahren keine Verbunde hergestellt, bei denen die Folie nur auf der Oberfläche des Vlieses aufgeklebt vorliegt und die oberflächlichen Fasern des Vlieses nicht umschlingt. Vielmehr ergibt sich nach Überzeugung des Senats aus der Angabe in dieser Druckschrift, daß die schmelzflüssige Kunststoff-Folie gesteuert oberflächlich mit geringer Eindringtiefe in das Vlies eingesogen wird, zwangsläufig, daß mit diesem Verfahren ein Verbund erreicht wird, bei dem die Kunststoff-Folie die Kunststoff-Filamente und/oder Kunststoff-Fasern der Vliesbahn im Bereich des wie auch immer definierten Berührungskontaktes mit einem großen Umschlingungswinkel auch von 180¡ und mehr umschließt. Somit sind auch bereits bei diesem bekannten Verfahren die Verfahrensbedingungen so ausgewählt worden, daß eine möglichst formschlüssige Verbindung zwischen der Kunststoff-Folie und den Kunststoff-Filamenten und/oder Kunststoff-Fasern des Vlieses im Bereich des Berührungskontaktes erzeugt wird.

In der US 31 96 063 (2) wird eingangs ausgeführt, daß Verbundbahnen aus einer Papierschicht und einer thermoplastischen Kunststoff-Folie bis zum Anmeldetag dieser Entgegenhaltung durch Zusammenpressen der extrudierten Kunststoff-Folie mit dem Papier in einem Walzenpaar, dh unter Anwendung von mechanischem Druck und Wärme mittels Kalandern und damit erkennbar in gleicher Weise erfolgte, wie sie früher auch für die Herstellung von Verbundbahnen aus einem Vlies und einer Kunststoff-Folie üblich war. Für den Fachmann lag es daher nahe, auf dem Gebiet der Herstellung von Verbundbahnen aus einer Papierbahn und einer Kunststoff-Folie gewonnene Erkenntnisse auch bei der Herstellung von Verbundbahnen aus einem Vlies und einer Kunststoff-Folie anzuwenden. Aus dieser Entgegenhaltung (2) geht nun hervor, daß die Herstellung von Verbundbahnen aus einer Papierbahn und einer thermoplastischen Kunststoff-Folie gegenüber den früher angewandten Kalanderverfahren durch das in (2) beanspruchte Verfahren verbessert werden kann. Hierzu wird in dieser Druckschrift eine Verfahrensweise beschrieben, die, abgesehen vom Einsatz einer Papierbahn anstelle einer Vliesbahn sowie dem Umstand, daß dort zum Eindringen der Kunststoff-Folie in die Papieroberfläche keine weiteren Informationen enthalten sind, dieselben Verfahrensmaßnahmen wie das vorliegend beanspruchte Verfahren aufweist (vgl insbes die Ansprüche iVm Figur 1 und der zugehörigen Beschreibung). So wird hier die zur Erzielung der Verbindung zwischen der Kunststoff-Folie und der Papierbahn erforderliche Anpresskraft ausschließlich durch elektrostatische Aufladung der Kunststoff-Folie erreicht (vgl insbes Sp 3, Z 46 bis 48, Sp 4, Z 31 bis 35 und Z 43 bis 45). Dabei wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Kraft, mit der der Kunststoff-Film an das Papier angepresst wird, um so größer ist, je größer die Kraft des elektrostatischen Feldes ist (vgl Sp 4, Z 56 bis 58). In dieser Druckschrift wird außerdem ausgeführt, daß bei diesem Verfahren die Papierbahn vor der Zuführung zum Auflaufbereich der Verbundwalze aufgewärmt werden soll und zwar auf eine Temperatur in einem Bereich von etwa 65 bis 115¡C und damit auf eine Temperatur, die beachtlich niedriger liegt, als die Schmelztemperatur der Kunststoff-Folie; hierdurch werde der Verbindungsprozess beschleunigt (vgl insbes die Angaben zu den dampfbeheizten Rollen 29 und 30 in Sp 4, Abs 2 iVm Sp 5, Z 44 bis 54 und Figur 1).

Durch diesen Stand der Technik war der Fachmann daher angeregt, bei dem aus (5) bekannten Verfahren zur Herstellung einer Verbundbahn aus einem Vlies und einer Kunststoff-Folie zu versuchen, ob dieser Verbund nicht auch ausschließlich durch elektrostatische Aufladung der Kunststoff-Folie ohne die Anwendung eines Unterdruckes erreicht werden kann. Dabei war es ihm durch (2) auch nahegelegt, das Eindringen der Kunststoff-Folie in die Oberfläche des Vlieses sinngemäß mit geringer Eindringtiefe und somit das Erzielen des formschlüssigen Verbundes mit einem möglichst hohen Umschlingungswinkel der Folie um die Fasern des Vlieses im Bereich des "Berührungskontaktes" auch von mindestens 180¡ durch eine entsprechende Höhe der elektrostatischen Aufladung einzustellen. Darüber hinaus war er durch (2) angehalten, zur Erleichterung der Ausbildung des Verbundes das Vlies vor Zuführung zum Auflaufbereich der Verbundwalze auf eine Verbundtemperatur zu erwärmen, die beachtlich niedriger liegt als dessen Schmelztemperatur. Zu einem solchen Versuch war er auch deshalb angeregt, weil in (2) Sp 1, Z 33 bis 35 ausgeführt wird, daß die Maßnahmen dieser Erfindung auch auf andere Substratmaterialien als Papier anwendbar sind, welche ähnliche Dielektrizitätskonstanten aufweisen wie Papier. Für den Fachmann war es zudem selbstverständlich, daß das Eindringen der Kunststoff-Folie in das Vlies und die für den gewünschten formschlüssigen Verbund erforderliche möglichst große Umschlingung der Fasern des Vlieses durch die Kunststoff-Folie im Bereich des Berührungskontaktes und damit eine gute Verbindung nicht nur von der elektrostatischen Aufladung und der Temperatur, sondern auch von der Extrusionsgeschwindigkeit der Kunststoff-Folie und der Durchlaufgeschwindigkeit und damit der Zeitdauer des Laufes der zu verbindenden Folien über die Verbundwalze abhängt. Es lag daher auch auf der Hand, zur Erzielung der gewünschten guten Verbindung all diese die Verbindung beeinflussenden Maßnahmen entsprechend auszuwählen.

Damit gelangt man aber in Kenntnis des Standes der Technik ohne erfinderisches Bemühen zum vorliegend beanspruchten Verfahren.

Nach alledem beruht der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, so daß dieser Anspruch nicht gewährbar ist.

Die auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 10 teilen das Schicksal des Anspruchs 1 (vgl BGH "Elektrisches Speicherheizgerät" GRUR 1997, 120).

Kahr Deiß

Niklas Schroeter Pü






BPatG:
Beschluss v. 14.02.2000
Az: 15 W (pat) 11/98


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