Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 5. November 2004
Aktenzeichen: IXa ZB 77/04

(BGH: Beschluss v. 05.11.2004, Az.: IXa ZB 77/04)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Der Bundesgerichtshof hat in einem Beschluss entschieden, dass die Rechtsbeschwerde gegen den vorherigen Beschluss des Landgerichts Bonn zurückgewiesen wird. Die Kosten für die Rechtsbeschwerde trägt die Gläubigerin. Der Beschwerdewert beträgt 206,25 Euro.

Der Hintergrund des Falls ist folgender: Im Juni 2002 hat der Rechtsanwalt der Gläubigerin den zuständigen Gerichtsvollzieher beauftragt, eine Mobiliarpfändung und die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung bei Fruchtlosigkeit bei der Schuldnerin in Düren durchzuführen. Da der Gerichtsvollzieher das Geschäftslokal der Schuldnerin dort nicht mehr fand, beauftragte der Anwalt einen anderen Gerichtsvollzieher für die Wohnanschrift der Schuldnerin in St. Augustin. Diese Vollstreckung war erfolgreich und die Schuldnerin zahlte die Forderung in monatlichen Raten.

Die Gläubigerin verlangt nun Gebühren ihres Verfahrensbevollmächtigten für beide Gerichtsvollzieheraufträge als Kosten der Zwangsvollstreckung. Der erste Gerichtsvollzieherauftrag wurde jedoch abgeschlossen, da er erfolglos war, und es musste ein neuer Gerichtsvollzieher für die Vollstreckung unter der Wohnanschrift beauftragt werden.

Das Amtsgericht und das Landgericht haben die Forderung der Gläubigerin zurückgewiesen. Das Beschwerdegericht hat entschieden, dass die beiden Gerichtsvollzieheraufträge nur eine Angelegenheit der Mobiliarvollstreckung darstellen und daher nur eine Gebühr für den Verfahrensbevollmächtigten geltend gemacht werden kann.

Der Bundesgerichtshof hat diese Entscheidung bestätigt. Es gilt nach § 58 BRAGO, dass jede Vollstreckungsmaßnahme zusammen mit den vorbereitenden Vollstreckungshandlungen bis zur Befriedigung des Gläubigers als eine Angelegenheit betrachtet wird. In diesem Fall besteht ein innerer Zusammenhang zwischen den beiden Aufträgen, da sie dem gleichen Ziel der Befriedigung der Forderung dienen.

Die Gläubigerin kann daher nur eine Gebühr für ihren Verfahrensbevollmächtigten geltend machen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BGH: Beschluss v. 05.11.2004, Az: IXa ZB 77/04


Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 23. März 2004 wird auf Kosten der Gläubiger zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 206,25 €.

Gründe

I.

Im Juni 2002 beauftragte der Rechtsanwalt der Gläubigerin den zuständigen Gerichtsvollzieher mit der Mobiliarpfändung und der Abnahme der eidesstattlichen Versicherung bei Fruchtlosigkeit unter der Geschäftsadresse der Schuldnerin in Düren, wo auch der Mahnund der Vollstreckungsbescheid zugestellt worden waren. Der Gerichtsvollzieher fand ein Geschäftslokal der Schuldnerin unter dieser Anschrift nicht mehr vor. Danach erteilte der Rechtsanwalt einen gleichlautenden Auftrag an den für die Wohnanschrift der Schuldnerin in St. Augustin zuständigen Gerichtsvollzieher. Diese Vollstreckung war erfolgreich; die Schuldnerin zahlte die Forderung in monatlichen Raten von je 2.000 €. Als gemäß § 788 ZPO mit zu vollstreckende Kosten der Zwangsvollstreckung macht die Gläubigerin für die beiden Aufträge an die Gerichtsvollzieher Gebühren ihres Verfahrensbevollmächtigten in Höhe von jeweils 206,25 € (einschließlich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer) geltend. Die Gerichtsvollzieherin hat die zweite Gebühr abgesetzt. Sie vertritt den Standpunkt, es liege nur eine Angelegenheit der Zwangsvollstreckung vor, für welche die anwaltliche Gebühr nur einmal entstehe.

Das Amtsgericht hat die Erinnerung der Gläubigerin zurückgewiesen. Die von der Gläubigerin eingelegte sofortige Beschwerde hat das Landgericht Bonn zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Gläubigerin mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

Das gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im übrigen zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1.

Nach Auffassung des Beschwerdegerichts kann die Gläubigerin als notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung nur eine (3/10) Gebühr ihres anwaltlichen Vertreters gemäß § 57 BRAGO geltend machen, weil die beiden Gerichtsvollzieheraufträge im vorliegenden Fall nach § 58 BRAGO nur eine Angelegenheit der Mobiliarvollstreckung darstellten. Die Mobiliarvollstreckung gegen Gewerbetreibende sei zweckmäßigerweise sowohl in deren Geschäftslokal als auch in deren Wohnung durchzuführen. An beiden Orten sei -alternativ oder kumulativ -mit pfändbaren Sachen im Gewahrsam des Schuldners zu rechnen. Sollte die Zwangsvollstreckung nach vergeblichem Mobiliarpfändungsversuch im Offenbarungsverfahren fortgesetzt werden, sei regelmäßig eine Fruchtlosigkeitsbescheinigung sowohl für das Geschäftslokal als auch die Wohnung erforderlich. Die Gläubigerin werde daher den Rechtsanwalt regelmäßig mit der Durchführung der Mobiliarvollstreckung insgesamt beauftragen, auch wenn dieser Auftrag jedenfalls dann nur nacheinander und durch Erteilung mehrerer Vollstreckungsaufträge an den Gerichtsvollzieher zu erfüllen sei, wenn -wie regelmäßig -nur eine vollstreckbare Ausfertigung des Titels vorliege und Geschäftslokal und Wohnung in die Zuständigkeit verschiedener Gerichtsvollzieher fielen.

2.

Die Gläubigerin ist der Meinung, sie könne die Erstattung einer zweiten Anwaltsgebühr in Höhe von 206,25 € verlangen. Hintergrund sei, daß der erste Vollstreckungsversuch unter der Geschäftsadresse der Schuldnerin in Düren fruchtlos verlaufen sei und anschließend ein weiterer Gerichtsvollzieher für die Vollstreckung unter der Wohnanschrift der Schuldnerin in St. Augustin habe beauftragt werden müssen. Von einer Angelegenheit im Sinne von § 58 Abs. 1 BRAGO könne nur dann gesprochen werden, wenn sich eine weitere Maßnahme als Fortsetzung der zuerst ergriffenen Maßnahme erweise: Davon könne im vorliegenden Fall keine Rede sein, weil der erste Vollstreckungsauftrag abgeschlossen gewesen sei, nachdem der Vollstreckungsversuch im Geschäftslokal der Schuldnerin fruchtlos verlaufen sei. Es habe ein weiterer Gerichtsvollzieher für eine Vollstreckung unter der Wohnanschrift der Schuldnerin beauftragt werden müssen. Hätten aber verschiedene Gerichtsvollzieher beauftragt werden müssen, so lägen mehrere Angelegenheiten vor. Dem lasse sich nicht entgegenhalten, daß zweckmäßigerweise eine Mobiliarvollstreckung sowohl in dem Geschäftslokal als auch in der Wohnung durchzuführen sei. Eine solche gleichzeitige Durchführung von Vollstreckungsmaßnahmen sei völligunüblich und würde auch praktisch kaum durchführbar sein, wenn wie im vorliegenden Fall Geschäftslokal und Wohnung in verschiedenen Gerichtsbezirken liegen.

3. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist richtig.

Dem Verfahrensbevollmächtigten steht in der Zwangsvollstreckung eine Gebühr nach § 57 Abs. 1 Satz 1 BRAGO zu, weil er die Gläubigerin vertreten hat. Jedoch wird seine gesamte Tätigkeit durch die 3/10-Gebühr abgegolten, weil sie im Sinne von § 58 Abs. 1 BRAGO die gleiche Angelegenheit betrifft. Danach gilt jede Vollstreckungsmaßnahme zusammen mit den durch sie vorbereiteten Vollstreckungshandlungen bis zur Befriedigung des Gläubigers als eine Angelegenheit (Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte, 15. Aufl., § 57 Rn. 24, 28). Dazu hat der Senat entschieden, daß grundsätzlich die gesamten zu einer bestimmten Vollstrekkungsmaßnahme gehörenden, miteinander in einem inneren Zusammenhang stehenden Einzelmaßnahmen von der Vorbereitung der Vollstreckung bis zur Befriedigung des Gläubigers oder bis zum sonstigen Abschluß der Vollstrekkung dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit bilden, wenn die weitere Vollstreckungshandlung die einmal eingeleitete Maßnahme mit demselben Ziel der Befriedigung fortsetzt (BGH, Beschl. vom 12. Dezember 2003 -IXa ZB 234/03, Rpfleger 2004, 250 und Beschl. vom 24. September 2004 - IXa ZB 15/04, z.V.b.).

So liegt der Fall hier. Beide Einzelmaßnahmen stehen in einem inneren Zusammenhang, weil sie dem Ziel der Befriedigung derselben Forderung der Gläubigerin dienen und der zweite Gerichtsvollzieherauftrag eine inhaltsgleiche Wiederholung des ersten Auftrags an der Wohnanschrift der Schuldnerin darstellt.

Raebel Athing Boetticher Kessal-Wulf Zoll






BGH:
Beschluss v. 05.11.2004
Az: IXa ZB 77/04


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