Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg:
Urteil vom 24. November 2011
Aktenzeichen: 2 S 2295/10

(VGH Baden-Württemberg: Urteil v. 24.11.2011, Az.: 2 S 2295/10)

1. Die satzungsrechtliche Verpflichtung der Mitglieder der Postbeamtenkrankenkasse zur Vorlage ihrer Krankenunterlagen einschließlich der Verpflichtung, einer Weitergabe dieser Unterlagen an Sachverständige zuzustimmen, sowie die sich bei Verletzung dieser Obliegenheiten ergebenden satzungsrechtlichen Rechtsfolgen beruhen auf einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage; die Mitwirkungsobliegenheiten und die sich im Fall einer Verletzung dieser Obliegenheiten ergebenden Rechtsfolgen mussten insbesondere nicht durch Parlamentsgesetz geregelt werden.

2. Die Postbeamtenkrankenkasse ist berechtigt, bei Zweifeln über die Notwendigkeit und Angemessenheit der von ihr zu beurteilenden ärztlichen Behandlungen vom Mitglied die entsprechenden Krankenunterlagen anzufordern und zur Überprüfung einen medizinischen Sachverständigen ihres Vertrauens einzuschalten.

3. Der Postbeamtenkrankenkasse steht bei der Entscheidung, ob und in welchem Umfang die Notwendigkeit und Angemessenheit der ärztlichen Behandlung eines Mitglieds einer Überprüfung unterzogen wird, ein Beurteilungsspielraum zu; die gerichtliche Überprüfung dieser Entscheidung hat sich darauf zu beschränken, ob die Postbeamtenkrankenkasse die Grenzen ihres Beurteilungsspielraums überschritten hat, etwa indem sie ohne greifbare tatsächliche Anhaltspunkte - gleichsam willkürlich - eine Überprüfung der Rechnungsstellung vornimmt.

4. Nach der Satzung der Postbeamtenkrankenkasse besteht solange kein Leistungsanspruch, als das Mitglied seinen satzungsrechtlichen Mitwirkungspflichten - hier die Vorlage der maßgeblichen Krankenunterlagen - nicht nachkommt. Im Fall der Verletzung der Mitwirkungspflicht im Verwaltungsverfahren ist das Verwaltungsgericht deshalb nicht verpflichtet, die Frage, ob die Aufwendungen des Mitglieds angemessen und notwendig waren, selbst zu beurteilen und in diesem Zusammenhang den Sachverhalt - etwa durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens - weiter aufzuklären.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 01. September 2010 - 12 K 629/10 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Bewilligung von höheren Kassenleistungen.

Die Klägerin ist B 1-Mitglied der Beklagten mit einem Bemessungssatz für Kassenleistungen von 30 %. Mit Formularantrag vom 08.11.2007 beantragte sie Kassenleistungen für Aufwendungen aufgrund dreier ärztlicher Rechnungen vom 23.08.2007 in Höhe von 928,01 EUR, vom 30.09.2007 in Höhe von 653,41 EUR und vom 29.10.2007 in Höhe von 1.007,90 EUR (Gesamtbetrag 2.643,32 EUR). Die Rechnungen betrafen ambulante ärztliche Behandlungen durch Dr. A., einem Arzt für Allgemeinmedizin, Naturheilverfahren und Chirotherapie, im Zeitraum zwischen Juni und Ende Oktober 2007 wegen multipler Beschwerden. Mit Schreiben vom 12.12.2007 teilte die Beklagte der Klägerin sinngemäß mit, sie habe die Absicht, zur Überprüfung der Notwendigkeit und Angemessenheit der von ihr in Anspruch genommenen Leistungen eine gutachtliche Stellungnahme einzuholen und bitte deshalb um die Übersendung der Krankenunterlagen zu im Einzelnen bezeichneten Rechnungspositionen der genannten Rechnungen. Ferner bat sie um die Abgabe einer vorformulierten Erklärung, wonach die Klägerin damit einverstanden sei, die übersandten ärztlichen Unterlagen an den Gutachtendienst Institut für Medizinische Begutachtungen (im Folgenden: IMB) weiterzuleiten. Die Klägerin wies die Forderung unter dem 18.01.2008 mit der Begründung zurück, private Gutachteninstitute wie das IMB seien nach der Satzung der Beklagten von der Beauftragung einer Begutachtung ausgeschlossen; sie sei aber bereit, die Entbindungserklärung zu Gunsten eines Vertrauensarztes bzw. Amtsarztes - wie es in der Satzung vorgesehen sei - abzugeben.

Mit Bescheid vom 28.04.2009 erkannte die Beklagte von der Gesamtsumme von 2.643,32 EUR einen Betrag von 337,76 EUR, der im Wesentlichen auf unstreitige Beratungsgebühren entfiel, als erstattungsfähig an.

Mit weiteren Formularanträgen vom 22.01.2008 und 06.02.2008 beantragte die Klägerin Kassenleistungen für Aufwendungen aufgrund von Rechnungen vom 10.01.2008 und 28.01.2008 über 1.366,11 EUR bzw. 786,08 EUR. Die Rechnung vom 10.01.2008 betraf ärztliche Behandlungen durch Dr. A. in der Zeit vom 30.11.2007 bis 07.12.2007, die Rechnung vom 28.01.2008 ärztliche Behandlungen durch Dr. A. in der Zeit vom 10.12.2007 bis 31.12.2007. Mit Bescheiden vom 24.04.2009 erkannte die Beklagte von den Aufwendungen für die ärztliche Rechnung vom 10.01.2008 einen Betrag von 26,58 EUR und von den Aufwendungen für die ärztliche Rechnung vom 28.01.2008 einen Betrag von 43,19 EUR als erstattungsfähig an.

Mit Bescheid vom 19.01.2010 half die Beklagte den von der Klägerin gegen die Bescheide vom 24.04.2009 und 28.04.2009 erhobenen Widersprüchen insoweit ab, also sie weitere Kassenleistungen in Höhe von 18,14 EUR bewilligte. Im Übrigen wies sie die Widersprüche zurück und führte zur Begründung aus: Sie habe das Recht, bei Zweifeln an der Notwendigkeit und Angemessenheit von Behandlungen diesen Zweifeln nachzugehen. Zweifel an der Notwendigkeit und Angemessenheit der Behandlungen durch Dr. A. bestünden insbesondere aufgrund der Häufigkeit der abgerechneten Akupunkturbehandlungen, der Vielzahl der durchgeführten Laboruntersuchungen, der häufigen Nebeneinanderberechnung der intravenösen Infusion neben der intravenösen Injektion, der fortlaufenden Mehrfachberechnung der GOÄ-Nr. 261 sowie der nahezu täglichen Inanspruchnahme der ärztlichen Behandlungen im Zeitraum vom 19.06.2007 bis 31.12.2007. Die Behandlungsmethoden seien die gleichen geblieben, ohne dass sich eine Besserung des Gesundheitszustands der Klägerin abgezeichnet habe. Hier könne an der richtigen und auf die Patientin abgestimmten Behandlungsmethode und an der Angemessenheit der vorgenommenen Behandlungen im Hinblick auf die Häufigkeit der durchgeführten Behandlungen gezweifelt werden. Vor diesem Hintergrund sei die Klägerin ihrer satzungsrechtlichen Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen mit der Folge, dass insoweit kein weiterer Anspruch auf Erstattung bestehe. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am 21.01.2010 zugestellt.

Am 22.02.2010, einem Montag, hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und beantragt, die Beklagte zu verpflichten, ihr weitere Kassenleistungen in Höhe von 1.298,26 EUR zum Ersatz ihrer Aufwendungen für die ärztliche Behandlung durch Dr. A. zu gewähren und die beiden Bescheide der Beklagten vom 24.04.2009, den Bescheid der Beklagten vom 28.04.2009 sowie den Widerspruchsbescheid vom 19.01.2010 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.

Durch Urteil vom 01.09.2010 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen heißt es: Die Beklagte habe auf den Einzelfall bezogene nachvollziehbare Zweifel an der Vereinbarkeit der ärztlichen Rechnungen des Dr. A. mit der Gebührenordnung für Ärzte dargelegt. Diese Zweifel seien bereits wegen der Häufigkeit von Infusionen und Injektionen nachvollziehbar. Deshalb sei die Beklagte berechtigt gewesen, die Klägerin zur Mitwirkung bei der Begutachtung der von ihr eingereichten ärztlichen Rechnungen aufzufordern. Die Klägerin sei demgegenüber nicht berechtigt gewesen, die von ihr konkret geforderte Mitwirkung, d.h. die Übersendung der Unterlagen über ihre Erkrankungen an ein konkret bezeichnetes Begutachtungsinstitut und die Unterzeichnung einer damit zusammenhängenden Einverständniserklärung, zu verweigern. Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, bei dem Begutachtungsinstitut handele es sich nicht um einen Amts- oder Vertrauensarzt im Sinne der Satzung der Beklagten. Auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung stehe der von der Klägerin geforderten Mitwirkung nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts könne in dieses Recht aufgrund eines Gesetzes eingegriffen werden, so dass § 78 Abs. 3 der Satzung der Beklagten eine ausreichende Eingriffsgrundlage darstelle. Die Vorgehensweise der Beklagten sei im Fall der Klägerin auch in der Sache mit deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu vereinbaren. Die Satzungsbestimmungen der Beklagten ermöglichten in Zweifelsfällen die Einholung der Äußerung eines medizinischen Sachverständigen ohne jede Kostenbelastung für das betroffene Mitglied. Die Praxis der Beklagten, nicht einzelne Gutachter zu benennen, sondern ein Begutachtungsinstitut zu beauftragen, sei im Übrigen die einzig sinnvolle Methode, um eine im Interesse der Mitglieder liegende zeitnahe Bearbeitung zu erreichen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung der Klägerin. Zur Begründung trägt sie vor: Für die Regelung in § 78 Abs. 4 der Satzung der Beklagten, wonach kein Anspruch des Mitglieds auf Erstattung bestehe, wenn es seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkomme, fehle eine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage. Diese einschneidende Rechtsfolge müsse bereits durch Parlamentsgesetz geregelt werden.

Das Verwaltungsgericht habe ferner verfahrensfehlerhaft angenommen, dass objektive Zweifel an der Vereinbarkeit der streitgegenständlichen Rechnungen mit der Gebührenordnung für Ärzte bestünden. Für diese Beurteilung seien Spezialkenntnisse erforderlich, die ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen nicht in Erfahrung gebracht werden könnten. Das Gericht hätte insoweit nicht der pauschalen und medizinisch nicht begründeten Einwendung der Beklagten zu den angeblich gleichförmigen und regelmäßig sich wiederholenden Behandlungen folgen dürfen, sondern stattdessen ein gerichtliches Sachverständigengutachten einholen müssen. Sie sei bereit, die entsprechende Krankendokumentation an einen vom Gericht benannten Gutachter herauszugeben.

Sie sei entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts auch bereit gewesen, bei der weiteren Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Sie habe der Beklagten bereits mehrfach angeboten, die Krankendokumentation an einen objektiven Gutachter zur entsprechenden Überprüfung der umstrittenen Positionen herauszugeben und insoweit auch die Entbindung von der Schweigepflicht zu erklären. Sie sei aber nicht bereit, die Krankendokumentation an die Firma IMB herauszugeben. Diese werde von der Beklagten laufend zur Begutachtung eingeschaltet, so dass durchgreifende Bedenken gegen deren Unabhängigkeit bestünden.

Die Einschaltung der Firma IMB verstoße zudem gegen Datenschutzgrundsätze. Eine Qualitätskontrolle der Gutachten durch die Firma IMB mit der Befugnis, sämtliche Daten des Versicherten zur Kenntnis zu nehmen, scheide nach dem derzeitigen Stand des Bundesdatenschutzgesetzes aus. Dementsprechend habe die Beklagte die Patientendaten direkt an den Gutachter und dieser wiederum nach Abschluss seines Gutachtenauftrags die ihm überlassene Patientendokumentation sowie das Gutachten direkt an die Beklagte zu versenden. Das Vermittlungsinstitut dürfe weder von den Patientendaten noch von dem Inhalt des Gutachtens in der Form Kenntnis nehmen, dass eine entsprechende Identifizierung des jeweiligen Versicherten ermöglicht werde. Zudem sei der Umgang der Firma IMB mit den überlassenen Krankenunterlagen nicht bekannt. So sei insbesondere nicht bekannt, ob die gesamte Dokumentation nach Gebrauch an die Beklagte zurückgesandt werde oder ob die Firma Kopien für die eigenen Akten zurückhalte. Auf der Grundlage der Stellungnahmen des Datenschutzbeauftragten des Landes Nordrhein-Westfalen vom 27.01.2006 und 26.03.2008 könne davon ausgegangen werden, dass die Firma IMB im Rahmen der Bearbeitung der Mandate die entsprechenden Bestimmungen des Datenschutzes nicht einhalte. Verstoße die Beklagte insoweit gegen ihre Verpflichtung als verantwortliche datenverarbeitende Stelle, dann sei das Mitglied nicht verpflichtet, der geforderten Mitwirkungshandlung nachzukommen.

Die Mitglieder hätten ferner das Recht, bei der Auswahl des Gutachters mitzubestimmen. Dies sei bei der Einschaltung der Firma IMB nicht gewährleistet. Das Institut binde im Rahmen seiner Geschäftsbeziehung zu privaten Krankenversicherern in einem Franchise-System etwa 1.000 Ärzte vertraglich, die im Jahr etwa 3.000 Gutachten erstellten. Im Gegensatz zu dieser Handhabung müsse die Beklagte den Mitgliedern ermöglichen, alternative Gutachter auszuwählen, ohne dabei rechtliche und finanzielle Nachteile in Kauf nehmen zu müssen. Schließlich sei nach der Satzung der Beklagten lediglich die Begutachtung durch einen Amts- oder Vertrauensarzt zulässig. Von einem Vertrauensarzt in diesem Sinne könne aber nur gesprochen werden, wenn die Unparteilichkeit gegenüber den Patienten und den beauftragenden Krankenkassen gewährleistet sei. Dies setze eine finanzielle Unabhängigkeit der eingeschalteten Gutachter voraus. All dies sei im Fall der Firma IMB nicht gegeben.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 01.09.2010 - 12 K 629/10 - zu ändern, die Beklagte zu verpflichten, ihr weitere Kassenleistungen in Höhe von 1.298,26 EUR zu bewilligen, und die Bescheide der Beklagten vom 24.04.2009 und 28.04.2009 sowie deren Widerspruchsbescheid vom 19.01.2010 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert: Die bundesgesetzlichen Regelungen des § 26 Abs. 2 und § 26c Abs. 1 BAPostG stellten eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage für die Vorschrift des § 78 Abs. 4 der Satzung dar. Gemäß § 26 Abs. 2 BAPostG werde die Beklagte in der bestehenden Rechtsform einer rechtsfähigen Körperschaft des öffentlichen Rechts nach Maßgabe dieses Gesetzes und näherer Ausgestaltung durch die Satzung weitergeführt. Dies bedeute zum einen, dass der Gesetzgeber den Stand der Versicherungsverhältnisse, wie er im November 2005 geregelt gewesen sei, in seinen Willen aufgenommen und gesetzlich bestätigt habe. Es bedeute aber auch, dass die Beklagte in näherer Ausgestaltung durch die Satzung ihre Versicherungsverhältnisse den weiter verändernden Bedürfnissen durch Satzungsänderung anpassen könne. Die am 30.11.2005 gültige Satzung habe in § 87 solche Satzungsänderungen mit Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde vorgesehen. Dies stelle eine hinreichend bestimmte gesetzliche Ermächtigung für die Satzungsbestimmungen über die Versicherungsverhältnisse und auch die Mitwirkungspflichten der Mitglieder dar. Auch die Bestimmungen des § 26c Abs. 1 und § 26d Abs. 1 BAPostG beinhalteten eine hinreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage. Diese Vorschrift ermächtige die Beklagte, ihre Leistungen und Beiträge durch die Satzung zu regeln und - soweit die Satzung dies vorsehe - Krankenversicherungsleistungen zu erbringen. Von der Ermächtigung erfasst sei auch die Befugnis der Beklagten, Einzelheiten zum Verwaltungsverfahren, zur Mitwirkung und den Konsequenzen bei Verweigerung der Mitwirkung zu regeln.

Die Klägerin sei ihren Verpflichtungen aus § 30 Abs. 3 Satz 5 i.V.m. § 78 Abs. 3 Satz 2 der Satzung, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, bisher nicht nachgekommen. Sie sei verpflichtet gewesen, die entsprechenden Behandlungsunterlagen vorzulegen und deren Weitergabe zum Zweck der Gutachtenerstellung an die Firma IMB schriftlich zuzustimmen.

Es könne nicht beanstandet werden, dass sie zunächst die Firma IMB für die Gutachterauswahl einschalte und diese wiederum einen dritten Gutachter auswähle. Aufgrund der Bandbreite von Kassenleistungen ergebe sich zwangsläufig eine von einem Einzelgutachter nicht abzudeckende Vielzahl und Vielschichtigkeit von speziellen Fragestellungen. Um diese Fragestellungen neutral, effizient, zielorientiert, spezialisiert und wirtschaftlich abdecken zu können, habe sie mit dem Gutachtendienst der Firma IMB einen Vertrag geschlossen. Im Rahmen dieses Vertrags habe sie mit der Firma IMB Qualitätskriterien vertraglich fixiert, die unter anderem die medizinische Objektivität der Gutachten und eine interne Qualitätssicherung gewährleisteten. Auch die Vertragsbeziehung zwischen der Firma IMB und den von ihr eingeschalteten Gutachtern gewährleiste die Neutralität der Gutachten. Eine Einflussnahme seitens der Firma IMB erfolge nur im Bereich des organisatorischen Rahmens, etwa wenn formale Gestaltungsvorgaben, die der Vermeidung von Missverständnissen dienen sollten, nicht eingehalten, wenn übersandte Unterlagen augenscheinlich nicht berücksichtigt oder gewürdigt oder wenn bekannte Rechtssätze ignoriert würden. Im Übrigen seien die eingeschalteten Gutachter für das Ergebnis selbst verantwortlich und böten für dessen Qualität mit ihrer beruflichen Reputation Gewähr. Für ihre Unabhängigkeit spreche zudem ihre vertraglich vereinbarte Objektivität und vertraglich vereinbarte Stichproben der Gutachtenqualität durch Querbegutachtungen; auch würden keine erfolgsorientierten Honorare vereinbart.

Auch datenschutzrechtliche Bedenken gegen die praktizierte Vorgehensweise bestünden nicht. Den Mitgliedern werde insbesondere die Möglichkeit eröffnet, die Begutachtung ohne Nennung persönlicher Daten, d.h. in anonymisierter Form, durchführen zu lassen. Dem Gutachter werde in diesem Fall ein Auftrag zur Begutachtung der Rechnungen unter Nennung konkreter Fragen erteilt. Die dem Gutachtendienst zur Begutachtung zu übersendenden Unterlagen, z.B. eine Arztrechnung, würden anonymisiert. Einziges verbindendes Kennzeichen sei die Versicherungsnummer der Beklagten. Der Gutachten- dienst erstelle dann nach Eingang der Unterlagen des Mitglieds, die dieses selbst anonymisieren könne, ein Gutachten. Nach Eingang des Gutachtens setze sie die Leistungen endgültig fest. Bei Rückfragen und Einwendungen werde das Gutachten den Mitgliedern zugesandt, so dass sie auch über den Namen und die Fachgebietsbezeichnung des begutachtenden Arztes informiert würden. Durch dieses Verfahren sei es sichergestellt, dass die Beklagte keine Kenntnis von ärztlichen Befundberichten erhalte, es sei denn, die Unterlagen würden ihr von den Mitgliedern direkt zugesandt.

Ein Wahlrecht des Mitglieds oder der behandelnden Arztpraxis bezüglich der Person des Gutachters eröffneten weder die Satzung noch die Beihilfevorschriften des Bundes. Die Firma IMB könne entgegen der Auffassung der Klägerin auch Vertrauensarzt sein. Der Begriff des Vertrauensarztes sei aufgrund der Besonderheit der Festsetzung von Beihilfe und Kassenleistungen durch die Beklagte im sog. vereinfachten Verfahren beihilfekonform auszulegen. Insoweit sei der Vertrauensarztbegriff i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 4 der bis zum 13.02.2009 geltenden Beihilfevorschriften des Bundes (BhV) zugrundezulegen. Danach könne Vertrauensarzt jeder Arzt sein, den die Feststellungsstelle im Allgemeinen, weil z.B. dem ärztlichen Dienst der Verwaltung angehörend, oder im Einzelfall wegen des speziellen Fachgebiets des Arztes gutachterlich höre. Der Gutachtendienst der Firma IMB stelle danach eine Gruppe von Vertrauensärzten dar, welche aus organisatorischen und rechtlichen Gründen einer privatrechtlichen Gesellschafts- und Organisationsform bedürfe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten des Verwaltungsgerichts und der Beklagten sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die Klägerin kann derzeit nicht beanspruchen, dass die Beklagte ihr für die Aufwendungen, die durch die ärztliche Behandlung des Dr. A. entstanden sind, über die bewilligten Beträge hinaus Kassenleistungen gewährt. Das Verwaltungsgericht hat die hierauf gerichtete Klage somit zu Recht abgewiesen.

I. Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 der Satzung der Beklagten in ihren hier maßgeblichen, im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen geltenden Fassungen vom 01.05., 01.07. und 01.10.2007 haben die Mitglieder für sich und die mitversicherten Angehörigen Anspruch auf die in den §§ 31 bis 48 der Satzung festgelegten Leistungen. Die Leistungen richten sich nach den entstandenen Aufwendungen nach näherer Maßgabe der §§ 30 ff. der Satzung. Nach § 30 Abs. 1 Satz 2 der Satzung sind Aufwendungen erstattungsfähig, wenn sie beihilfefähig und Leistungen dafür in der Satzung vorgesehen sind. Bestehen Zweifel über die Notwendigkeit und Angemessenheit, ist die Beklagte nach § 30 Abs. 3 Satz 5 der Satzung berechtigt, ein amts- oder vertrauensärztliches bzw. vertrauenszahnärztliches Gutachten einzuholen. Um der Beklagten bei Zweifeln an der Notwendigkeit und Angemessenheit der Aufwendungen die Überprüfung zu ermöglichen, ist das Mitglied verpflichtet, auf Anforderung die zur Prüfung erforderlichen Behandlungsunterlagen vorzulegen und insoweit einer Weitergabe dieser Unterlagen zum Zwecke der Erstellung eines amts- oder vertrauensärztlichen bzw. vertrauenszahnärztlichen Gutachtens schriftlich zuzustimmen (§ 78 Abs. 3 Satz 2 der Satzung). Kommt das Mitglied seinen Mitwirkungspflichten nach § 78 Abs. 3 nicht nach, besteht insoweit kein Anspruch des Mitglieds auf Erstattung (§ 78 Abs. 4 Satz 1 der Satzung).

Diese Regelungen berechtigen die Beklagte dazu, die Mitglieder bei Zweifeln über die Notwendigkeit und Angemessenheit der geltend gemachten Aufwendungen zur Mitwirkung aufzufordern und bei ihnen die für die Überprüfung erforderlichen Krankenunterlagen anzufordern. Kommt das Mitglied diesen Mitwirkungsobliegenheiten nicht nach, besteht für die Beklagte die Befugnis, die Leistungen solange zu verweigern, bis das jeweilige Mitglied seinen Mitwirkungsobliegenheiten nachkommt. Der Senat versteht die zitierten Vorschriften somit - in Übereinstimmung mit der Beklagten - in der Weise, dass die Verletzung der in der Satzung der Beklagten geregelten Mitwirkungspflichten zwar keine (endgültige) Leistungsfreiheit der Beklagten nach sich zieht, das Mitglied aber seine möglichen Leistungsausgleiche solange nicht durchsetzen kann, als es seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen ist.

II. Die Verpflichtung der Mitglieder zur Vorlage der Behandlungsunterlagen einschließlich der Verpflichtung, einer Weitergabe dieser Unterlagen an Sachverständige zuzustimmen, sowie die sich bei Verletzung dieser Obliegenheiten ergebenden Rechtsfolgen beruhen auf einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage; die Mitwirkungsobliegenheiten der Mitglieder und die sich im Falle einer Verletzung dieser Obliegenheiten ergebenden Rechtsfolgen mussten insbesondere nicht durch Parlamentsgesetz geregelt werden.

Der parlamentarische Gesetzgeber muss die Verantwortung für die Regelung nur dann selbst übernehmen, wenn mit dieser wesentliche Einschränkungen des Leistungsstandards für die Mitglieder verbunden sind. Dies kann hier jedoch nicht angenommen werden. Die dargestellten Satzungsregelungen ermächtigen die Beklagte gerade nicht dazu, auf der Grundlage eines eigenständigen Spielraums Leistungsansprüche der Mitglieder zu beschränken und auf diese Weise selbständig Leistungsausschlüsse vorzunehmen. Die Regelungen betreffen vielmehr allgemeine Rechtsgrundsätze, die im Rahmen einer behördlichen oder privatrechtlichen Leistungsgewährung allgemein üblich sind und in der Natur der Sache liegen. Dass die Gewährung von Leistungen die erforderliche Mitwirkung des Anspruchsstellers voraussetzt und ihm jedenfalls solange kein Anspruch zusteht, bis er die Prüfung seiner Ansprüche ermöglicht hat, versteht sich im Rechtsverkehr von selbst und stellt insbesondere keine zusätzliche Belastung dar, die einer besonderen Rechtfertigung bedürfte. Etwas anderes könnte sich ausnahmsweise nur dann ergeben, wenn in den Satzungen der Beklagten geregelt wäre, dass die Ansprüche der Mitglieder unter bestimmten Voraussetzungen einer materiellen Präklusion unterlägen. Eine solche materielle Präklusion kann jedoch bei sinnorientierter Auslegung der Regelung in § 78 Abs. 4 Satz 1 der Satzungen gerade nicht entnommen werden (vgl. unter IV.) Folglich stellt § 26c Abs. 1 BAPostG, wonach die Satzung der Postbeamtenkrankenkasse ihre Organisation und Verwaltung sowie ihre Leistungen und Beiträge regelt, eine ausreichende gesetzliche Regelung dar, um auf der Ebene des Satzungsrechts allgemeine Verfahrensregelungen treffen zu können und auf dieser Grundlage die Leistungsansprüche der Mitglieder abzuwickeln.

III. Nach den aufgeführten Bestimmungen ihrer Satzung war die Beklagte berechtigt, die Notwendigkeit und Angemessenheit der ärztlichen Behandlungen durch Dr. A. zu überprüfen.

1. Für die Frage nach der Notwendigkeit medizinischer Behandlungen im Sinne des Beihilferechts ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa Urteil vom 20.03.2008 - 2 C 19.06 - NVwZ-RR 2008, 713) zwar zunächst der Einschätzung des behandelnden Arztes besondere Bedeutung beizumessen. § 30 Abs. 3 Satz 5 der Satzungen soll der Beklagten jedoch die Möglichkeit eröffnen, eine selbständige Überprüfung vornehmen zu können, ohne dem behandelnden Arzt in jedem Fall blind glauben zu müssen. Dabei ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass es für die Frage der medizinischen Notwendigkeit auf objektive Kriterien ankommen muss, nicht aber auf die subjektive Ansicht des behandelnden Arztes. Danach besteht ohne weiteres ein berechtigtes finanzielles Interesse der Beklagten daran, in Zweifelsfällen die medizinische Notwendigkeit einer durchgeführten ärztlichen Behandlung überprüfen zu können. Eine solche Prüfung kann die Beklagte aber nur durchführen, wenn sie in geeigneter Form und möglichst vollständig über den Anlass der Behandlung und deren Verlauf unterrichtet wird. Dieses Recht auf vollständige Unterrichtung der Beklagten findet seinen Niederschlag in der Verpflichtung des Mitglieds, die die ärztliche Behandlung betreffenden Krankenunterlagen vorzulegen (§ 78 Abs. 3 Satz 2 der Satzungen) und der weiteren Verpflichtung des Mitglieds, sich auf Verlangen der Beklagten von einem beauftragten Arzt untersuchen zu lassen (§ 78 Abs. 3 Satz 4 der Satzungen).

Zur Überprüfung der Notwendigkeit und Angemessenheit der Leistungen anhand der vom Mitglied vorgelegten Unterlagen über die fragliche Behandlung muss sich die Beklagte medizinischen Sachverstands bedienen. § 30 Abs. 3 Satz 5 der Satzungen erlaubt es der Beklagten, die vom Mitglied entsprechend der Verpflichtung aus § 78 Abs. 3 Satz 2 der Satzungen vorgelegten Informationen an externe Gutachter weiterzugeben, weil die Beklagte mangels eigenen medizinischen Sachverstands der Hilfe von nicht bei ihr beschäftigten Ärzten oder Zahnärzten bedarf. Mit dem Recht der Beklagten, die Notwendigkeit und Angemessenheit der ärztlichen Behandlung überprüfen zu lassen, ist zugleich die Verpflichtung der Mitglieder geregelt, ihr Einverständnis mit der für dieses Verfahren erforderlichen Übermittlung von Daten über die erfolgte ärztliche Behandlung an externe Gutachter zu erteilen. Eine Rechtspflicht für die Beklagte, eigenes Personal zu beschäftigen, das aufgrund seines medizinischen Sachverstands die Notwendigkeit und Angemessenheit der Aufwendungen in jedem Fall selbst beurteilen kann, so dass die Weitergabe an externe Gutachter ausscheidet, besteht nicht (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29.07.2008 - 10 S 2327/07 - VBlBW 2009, 230).

2. Hiernach durfte die Beklagte von Zweifeln über die Notwendigkeit und Angemessenheit der ärztlichen Behandlungen der Klägerin durch Dr. A. ausgehen. Die Beklagte hat diese Zweifel unter Hinweis auf Umfang, Gleichförmigkeit und Regelmäßigkeit der Rechnungstellungen durch Dr. A. nachvollziehbar dargelegt. Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf, die Frage, ob Zweifel über die Notwendigkeit und Angemessenheit der ärztlichen Behandlungen bestünden, könne nur auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens aus dem medizinischen Bereich beurteilt werden. Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang die Notwendigkeit und Angemessenheit der ärztlichen Behandlung einer Überprüfung unterzogen wird, ist grundsätzlich Sache der Beklagten. Dementsprechend steht ihr bei der Überprüfung ein Beurteilungsspielraum zu mit der Folge, dass die behördliche Entscheidung nicht in vollem Umfang der gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Diese hat sich vielmehr darauf zu beschränken, ob die Beklagte die Grenzen ihres Beurteilungsspielraums überschritten hat, etwa indem sie ohne greifbare tatsächliche Anhaltspunkte - gleichsam willkürlich - eine Überprüfung der Rechnungstellung vornimmt. Eine solche Konstellation kann hier nach den vorstehenden Ausführungen ausgeschlossen werden. Der von der Klägerin für erforderlich gehaltenen Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens bedarf es dazu nicht.

Diese Auslegung der maßgeblichen Regelungen in der Satzung der Beklagten wird sowohl den Interessen der Beklagten als auch den Interessen ihrer Mitglieder gerecht. Allein die vorprozessualen Befugnisse zur Aufklärung des Sachverhalts ermöglichen es der Beklagten, sich ihrer Rechtsposition zu vergewissern und danach die - ihrer Ansicht nach bestehenden - Ansprüche der Mitglieder zu erfüllen und so den Prozessstoff auf das streitige Geschehen zu beschränken. Die Möglichkeit zur Aufklärung des Sachverhalts vermindert danach zum einen das Prozessrisiko der Beklagten. Die Überprüfung und Beschränkung des Prozessstoffs dient gleichzeitig aber den Interessen der Mitglieder, da sich dadurch auch ihr Kostenrisiko im Fall eines sich anschließenden Prozesses vermindert bzw. vermindern kann. Auch die Gefahr, dass die Beklagte von ihrer vorprozessualen Möglichkeit zur Aufklärung des Sachverhalts in unverhältnismäßiger Weise Gebrauch macht bzw. dass sie in nennenswertem Umfang sachlich nicht gerechtfertigte Überprüfungen vornimmt, ist als gering einzuschätzen. Die Beklagte hat die Kosten der Überprüfung und damit die Kosten für die Erstellung der Sachverständigengutachten zu tragen; dieser Umstand beugt schon in tatsächlicher Hinsicht einer willkürlichen und uferlosen Überprüfung der ärztlichen Behandlungen wirksam vor.

IV. Die im Zusammenhang mit der danach zu Recht für erforderlich gehaltenen Überprüfung der Abrechnungen des Dr. A. erfolgte Aufforderung der Beklagten, die Krankenunterlagen vorzulegen und der Überprüfung dieser Unterlagen durch einen von der Beklagten ausgewählten ärztlichen Sachverständigen zuzustimmen, kann - entgegen der Auffassung der Klägerin - ebenfalls nicht beanstandet werden.

1. Für die Frage, ob die Einsichtnahme in die Krankenunterlagen erforderlich i.S.v. § 78 Abs. 3 Satz 2 der Satzungen ist, kommt es auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalls an. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte auf Informationen des behandelnden Arztes angewiesen ist, die in spezifizierter Weise eine Leistungsprüfung ermöglichen müssen. Dazu reichen Arztatteste oder ärztliche Pauschalbescheinigungen sowie die ärztlichen Abrechnungen mit den darauf vermerkten Diagnosen in der Regel nicht aus. Die Beklagte muss in derartigen Fällen prinzipiell die Möglichkeit haben, vom Inhalt der Krankenunterlagen Kenntnis zu nehmen, weil letztendlich nur die dort festgehaltenen Befunde und die Dokumentation von Diagnostik und Therapie maßgebliche Grundlage einer Überprüfung des Falls anhand objektiver Kriterien sein können (vgl. zum privaten Krankenversicherungsrecht: LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 30.08.1993 - 2 O 1234/93 - RuS 1995, 30). Insbesondere in einem Fall wie dem hier zu beurteilenden, in dem aufgrund multipler Erkrankungen des Mitglieds unterschiedliche ärztliche Behandlungsmethoden in kurzen Zeitabständen zur Anwendung gekommen sind, ist deshalb der Einblick in die Krankenunterlagen als erforderlich anzusehen. Die Beklagte musste sich in diesem Zusammenhang insbesondere nicht mit der Möglichkeit begnügen, Fragen an die Klägerin zu richten, um die Rechnungen auf ihre Richtigkeit hin überprüfen zu können. Denn eine umfassende Prüfung kann in einem solchen Fall nur durch Einblick in die Behandlungsunterlagen vorgenommen werden (vgl. zur entsprechenden Problematik im privaten Krankenversicherungsrecht: Prölls/Martin, VVG, 28. Aufl., § 9 MB/KK, RdNr. 5).

Die Beklagte hat die erforderlichen Krankenunterlagen auch ausreichend spezifiziert. In ihrem Schreiben vom 12.12.2007 hat sie die aus ihrer Sicht zu überprüfenden Rechnungspositionen im Einzelnen bezeichnet und nur insoweit um die Übersendung der Krankenunterlagen gebeten. Es versteht sich auch von selbst, dass sich diese Anforderung in zeitlicher Hinsicht nicht auf sämtliche bei Dr. A. über die Klägerin vorhandenen Krankenunterlagen bezogen hat, sondern dass insoweit eine Einschränkung auf den Zeitraum von Juni bis Oktober 2007, d.h. auf den Zeitraum, in dem nach Auffassung der Beklagten Anhaltspunkte für eine Übermaßbehandlung bestanden, erfolgt ist.

2. Unerheblich ist der Umstand, dass seitens der Beklagten keine erneute Anforderung von Krankenunterlagen erfolgt ist, nachdem die Klägerin mit Formularanträgen vom 22.01.2008 und 06.02.2008 weitere Rechnungen des Dr. A. eingereicht hatte. Die in diesem Zusammenhang eingereichten Rechnungen betrafen die ärztliche Behandlungen im November und Dezember 2007 und diese unterschied sich nicht von den vorangegangenen Behandlungen in den Monaten Juni bis Oktober 2007. Vor diesem Hintergrund ergab sich die von der Klägerin geforderte Mitwirkung bereits ausreichend aus dem Schreiben der Beklagten vom 12.12.2007, und es bedurfte keiner Wiederholung dieser Ausführungen, zumal die Klägerin bereits zuvor ihre Mitwirkung unter Hinweis auf die Unzulässigkeit des von der Beklagten ausgewählten Gutachteninstituts endgültig verweigert hatte.

3. Die danach konkretisierte Verpflichtung zur Vorlage der Krankenunterlagen begründet auch keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin.

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) gewährleistet die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden, nicht schrankenlos; Einschränkungen können im überwiegenden Allgemeininteresse erforderlich sein. Das Bundesverfassungsgericht erkennt jedoch in ständiger Rechtsprechung einen letzten unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung an, der der öffentlichen Gewalt - selbst bei schwerwiegenden Interessen der Allgemeinheit - schlechthin entzogen ist. Die streitgegenständlichen Krankenunterlagen können diesem unantastbaren Kernbereich privater Lebensführung aber nicht zugeordnet werden (so auch OLG Braunschweig, Beschluss vom 05.11.2008 - 1 W 64/08 - NdsRpfl 2010, 80, im Hinblick auf die Vorlage von Röntgenaufnahmen). Dies wird auch dadurch deutlich, dass die Klägerin grundsätzlich bereit ist, die Krankenunterlagen an einen - von ihr ausgewählten - Sachverständigen herauszugeben. Vor diesem Hintergrund kommt den Krankenunterlagen kein höchstpersönlicher Charakter zu, zumal sich aus ihrer sachverständigen Auswertung die Ansprüche der Klägerin und spiegelbildlich die Pflichten der Beklagten ergeben.

Ist demzufolge der Kernbereich der Privatsphäre der Klägerin nicht betroffen, ist eine Abwägung zwischen der Wahrnehmung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Patientin in Bezug auf ihre Krankenunterlagen und dem Interesse der Beklagten vorzunehmen. Danach überwiegen im vorliegenden Fall die Interessen der Beklagten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 23.10.2006 - 1 BvR 2027/02 - VersR 2006, 1669) führt zwar eine uneingeschränkte Einwilligung zur Einsicht in die Krankenakten zu einer für den Versicherungsnehmer nicht mehr kontrollierbaren Preisgabe des informationellen Selbstbestimmungsrechts. Hier geht es aber gerade nicht um eine Obliegenheit zur Gewährung umfassender Einsicht in die Krankenakte der Klägerin. Das Begehren der Beklagten beschränkt sich - wie dargelegt - vielmehr auf Einsicht in den Teil der Krankenakte, der für die Beurteilung der Leistungsansprüche der Klägerin erforderlich ist. Auch die Klägerin hat in diesem Zusammenhang nicht behauptet, dass das Begehren der Beklagten über das hinausgehe, was für die Beurteilung der Angemessenheit und Notwendigkeit der ärztlichen Aufwendungen hinausgehe.

Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23.10.2006 (aaO) kann darüber hinaus nicht entnommen werden, dass die Klägerin wegen der in dieser Entscheidung festgestellten Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung durch eine in Versicherungsverträgen enthaltene generelle Verpflichtung, zur Feststellung des Versicherungsfalls eine Schweigepflichtentbindung zu erteilen, ihrer satzungsrechtlichen Mitwirkungspflicht bei der Prüfung, ob ein Leistungsanspruch gegeben ist, enthoben ist. Vielmehr steht dem Interesse der Klägerin an informationeller Selbstbestimmung ein Offenbarungsinteresse der Beklagten von gleichfalls erheblichem Gewicht gegenüber, weil es für diese von hoher Bedeutung ist, die Voraussetzungen für die Leistungsgewährung überprüfen zu können. Dieses besondere Informationsbedürfnis hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 23.10.2006 (aaO) ausdrücklich anerkannt (vgl. zur Interessenabwägung bei der Prüfung des Eintritts des Versicherungsfalles in der privaten Krankenversicherung: OLG Nürnberg, Urteil vom 08.10.2007 - 8 U 1031/07 - VersR 2008, 627).

4. Auch ansonsten ist nicht ersichtlich, dass der Beklagten mildere Mittel zur Verfügung stünden, um die Ansprüche der Klägerin überprüfen zu können. Soweit der Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 29.07.2008 (aaO) entschieden hat, dass eine Rechtspflicht des Mitglieds zur Abgabe einer Erklärung über die Entbindung von der Schweigepflicht nicht bestehe und ihm stattdessen die Möglichkeit eingeräumt werden müsse, die erforderlichen Informationen beim behandelnden Arzt zu beschaffen und dann der Postbeamtenkrankenkasse selbst vorzulegen, rechtfertigt dies keine abweichende Betrachtung. Die Beklagte ist mit der Neuregelung ihrer Satzungsbestimmungen diesen Anforderungen gerade nachgekommen und sieht deshalb für Fälle wie dem hier zu beurteilenden keine generelle Schweigepflichtentbindungserklärung durch das Mitglied mehr vor. Das Mitglied ist - nur noch - verpflichtet, die erforderlichen Unterlagen und Informationen selbst beim behandelnden Arzt zu beschaffen und dann der Beklagten zu übermitteln.

5. Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin ferner darauf, sie müsse die Krankenunterlagen deshalb nicht vorlegen, weil die Beklagte keinen Vertrauensarzt i.S.d. §§ 30 Abs. 3 Satz 5 und 78 Abs. 3 Satz 2 der Satzungen mit der Überprüfung beauftragt habe. Die Klägerin meint in diesem Zusammenhang, von einem Vertrauensarzt könne nur gesprochen werden, wenn die Objektivität und Unparteilichkeit sowohl gegenüber dem Patienten als auch gegenüber der Beklagten gewährleistet sei. Dies trifft nicht zu. Es ist insbesondere nicht erforderlich, dass die von der Beklagten eingeschalteten medizinischen Sachverständigen den Anforderungen eines gerichtlichen Sachverständigen an seine Objektivität und Unabhängigkeit gerecht werden. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch darauf, dass ihr die Beklagte alternativ verschiedene Sachverständige zur Auswahl anbietet und ihr insoweit eine Einflussmöglichkeit auf die Person des Sachverständigen einräumt.

Während es sich bei den Amtsärzten, die in den entsprechenden Satzungsvorschriften der Beklagten ebenfalls genannt sind, um die bei den Gesundheitsämtern tätigen Ärzte handelt, kann als Vertrauensarzt jeder Arzt in Frage kommen, den die Beklagte im Allgemeinen, weil z.B. dem ärztlichen Dienst ihrer Verwaltung angehörend, oder im Einzelfall wegen des speziellen Fachgebiets des Arztes gutachtlich hört (vgl. dazu Schröder/Beckmann/Weber, Beihilfevorschriften des Bundes und der Länder, Stand: Juli 2009, § 5 BhV, RdNr. 7). Danach kann Vertrauensarzt jeder medizinische Sachverständige sein, den die Beklagte für geeignet hält. Die Auslegung des Vertrauensarztbegriffs hat - so zu Recht die Beklagte - auf der Grundlage von § 5 Abs. 1 Satz 4 der bis zum 13.02.2009 geltenden Beihilfevorschriften des Bundes (BhV) zu erfolgen. Auch nach dieser in gleicher Weise formulierten Regelung konnte die Beihilfestelle nach allgemeiner Meinung einen Arzt ihres Vertrauens einschalten. Für eine einheitliche Auslegung des Vertrauensarztbegriffs einmal im Beihilferecht und zum anderen im Satzungsrecht der Beklagten spricht - neben der gleichen Wortwahl - auch die Besonderheit, dass die Beklagte auf den Antrag des Mitglieds hin nicht nur Kassenleistungen, sondern auch die Beihilfeleistungen im sog. vereinfachten Verfahren festsetzt. Im Übrigen ist in Deutschland der Begriff Vertrauensarzt nicht allgemeingültig festgelegt; eine objektive und unparteiliche Institution, auf die die Formulierung hinweisen könnte, gibt es mithin nicht.

Auch im Übrigen sehen die Satzungsbestimmungen der Beklagten für die Bestimmung des medizinischen Sachverständigen kein Verfahren vor, in dem etwa ein Einfluss des Mitglieds bzw. die Bestimmung des Sachverständigen durch eine unabhängige Institution festgelegt wäre. Deshalb muss es der Beklagten überlassen bleiben, bestehende Zweifel über die Notwendigkeit oder Angemessenheit der Aufwendungen auf die ihr geeignet erscheinende Weise zu klären. Die genannten Satzungsvorschriften, die es der Beklagten erlauben, einen Amts- bzw. Vertrauensarzt zur Überprüfung der Krankenunterlagen einzuschalten, räumen demgemäß dem Mitglied ein subjektives Recht auf eine bestimmte Verfahrensweise nicht ein.

Die genannten Satzungsvorschriften verletzen auch nicht höherrangige Rechtspositionen der Klägerin. Sie dienen - wie dargelegt - in erster Linie den Interessen der Beklagten. Die Mitglieder haben zwar keinen Anspruch auf eine unabhängige und objektive Begutachtung im Verwaltungsverfahren. Ihren Interessen wird jedoch ausreichend im gerichtlichen Verfahren Rechnung getragen.

6. Die Klägerin meint schließlich zu Unrecht, sie könne die von ihr geforderte Mitwirkung deshalb verweigern, weil die Beklagte ihre Unterlagen durch die Firma IMB, ein privates Gutachteninstitut, überprüfen lasse. Nach den unwidersprochenen Angaben der Beklagten hat sie im Rahmen der Vertragsgestaltung zwischen ihr und der Firma IMB sichergestellt, dass ausschließlich im Beruf stehende (Fach-)Ärzte die die Mitglieder betreffenden unterschiedlichen Fallgestaltungen und Fragestellungen bearbeiten. Der Gutachtendienst der Firma IMB stellt danach eine Gruppe von Vertrauensärzten dar. Dass die Firma in privatrechtlicher Form organisiert ist, stellt im Hinblick auf die Qualifikation ihres Personals diese Einschätzung nicht in Frage.

Es kann auch nicht beanstandet werden, dass die Beklagte in einer Vielzahl von Fällen zunächst die Firma IMB für die Gutachterauswahl einschaltet und die Firma dann wiederum für die Erstellung des endgültigen medizinischen Gutachtens einen weiteren Sachverständigen auswählt. Eine Rechtspflicht, Personal zu beschäftigen, das aufgrund seines medizinischen Sachverstands die Notwendigkeit und Angemessenheit der Aufwendungen selbst beurteilen kann, besteht - wie dargelegt - nicht. Deshalb ist die Beklagte auch befugt, nicht nur die endgültige Begutachtung, sondern bereits die Vorprüfung der Angelegenheit einschließlich der Auswahl der geeigneten Gutachter sowie die anschließende Überprüfung dieser Begutachtung extern zu vergeben. Die Beklagte weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass sich bereits in diesem Verfahrensstadium aufgrund der Bandbreite von Kassenleistungen eine Vielzahl und Vielschichtigkeit von speziellen Fragestellungen ergeben, die im normalen Verwaltungsgang durch die Mitarbeiter der Beklagten nicht - bzw. nicht ohne die Beschäftigung weiterer qualifizierter Mitarbeiter - abgearbeitet werden können.

Die in diesem Zusammenhang vorgenommene Übermittlung personenbezogener oder personenbeziehbarer Daten der betroffenen Mitglieder an die Firma IMB verstößt auch nicht gegen datenschutzrechtliche Vorschriften. Zur Bestimmung des Begriffs der personenbezogenen Gesundheitsdaten ist auf § 3 Abs. 1 und Abs. 9 BDSG zurückzugreifen. Danach sind personenbezogene Daten Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Dabei zählen Krankenunterlagen als Angaben zur Gesundheit nach § 3 Abs. 9 BDSG zu den besonderen Arten der personenbezogenen Daten, die auch nach § 28 Abs. 7 und Abs. 8 BDSG besonders geschützt werden. Vor diesem Hintergrund kann nicht angenommen werden, dass der erforderliche Schutz der Gesundheitsdaten der Klägerin durch die Firma IMB nicht sichergestellt wird. Nicht nur die Beklagte und der von der Firma IMB eingeschaltete Gutachter, der letztendlich den Fall des Mitglieds im Einzelnen überprüft, sondern gerade auch die Firma IMB ist verantwortliche Person oder Stelle i.S.v. § 3 Abs. 7 BDSG und damit für die Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorschriften verantwortlich. Verantwortliche Stelle in diesem Sinne ist jede Person oder Stelle, die personenbezogene Daten für sich selbst erhebt, verarbeitet oder nutzt oder dies durch andere im Auftrag vornehmen lässt. Die Firma IMB unterliegt danach schon deshalb datenschutzrechtlichen Bestimmungen, weil sie die Krankenunterlagen der Mitglieder in diesem Sinne selbst nutzt und zudem eine Nutzung durch die mit ihr vertraglich verbundenen Sachverständigen vornehmen lässt. Die abweichende und nicht näher erläuterte Einschätzung des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen in seiner Stellungnahme vom 27.01.2006 entspricht daher nicht der Rechtslage. Dass die Firma IMB zur Einhaltung der jeweils aktuellen Bestimmung über den Datenschutz verpflichtet ist, ergibt sich im Übrigen auch aus der vertraglichen Rahmenvereinbarung zwischen der Beklagten und der Firma IMB. § 6 dieser Vereinbarung legt nicht nur umfangreiche datenschutzrechtliche Verpflichtungen der Firma IMB fest, sondern verlangt gleichzeitig technische und organisatorische Maßnahmen, um diese Verpflichtungen auch tatsächlich zu gewährleisten.

Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang pauschal den Umgang der Firma IMB mit den überlassenen Krankenunterlagen unter Datenschutzgesichtspunkten rügt, rechtfertigt dies keine abweichende Beurteilung. Greifbare Anhaltspunkte für Verstöße benennt die Klägerin nicht, solche sind für den Senat im Übrigen auch nicht ersichtlich. Auch der Stellungnahme des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit des Landes Nordrhein-Westfalen vom 26.03.2008 lässt sich nicht entnehmen, dass die Firma IMB bei der Verarbeitung der Patientendaten und der Speicherung der Daten nach Beendigung der Aufträge gegen datenschutzrechtliche Vorschriften verstößt. Der Landesbeauftragte hat vielmehr im Rahmen seiner Überprüfung ausdrücklich bestätigt, dass das Verfahren zur Speicherung der Daten nach Beendigung der Aufträge keinen datenschutzrechtlichen Bedenken begegnet.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch darauf, dass die Überprüfung der Abrechnungsunterlagen in anonymisierter Form erfolgt und insbesondere dass der Name des Mitglieds gegenüber der Firma IMB sowie gegenüber den von der Firma eingeschalteten Sachverständigen anonym bleibt. Sowohl die Firma IMB als auch die im zweiten Schritt eingeschalteten Gutachter sind zur Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorschriften verpflichtet. Verstöße gegen diese Vorschriften sind auch strafbewehrt. Dass die Beklagte ihren Mitgliedern ein anonymisiertes Begutachtungsverfahren, d.h. ein Verfahren, bei dem der jeweilige Name des Mitglieds sowohl bei den zu überprüfenden Rechnungen als auch bei den Krankenunterlagen geschwärzt wird, anbietet und damit den Datenschutz weiter optimiert, führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Die Beklagte ist jedenfalls aus Rechtsgründen hierzu nicht verpflichtet.

Ohne Erfolg wendet die Klägerin schließlich in diesem Zusammenhang ein, die Firma IMB stehe in einem wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis zur Beklagten und die von der Firma eingeschalteten Sachverständigen wiederum in einem wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis von dieser. Nach den obigen Ausführungen hat die Klägerin im Verwaltungsverfahren keinen Anspruch auf Einschaltung eines unparteiischen Sachverständigen, der weder zum Mitglied noch zur Beklagten in einem Näheverhältnis steht. Die von der Beklagten im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten und Stellungnahmen sind als Privatgutachten zu qualifizieren, die in erster Linie der Meinungsbildung der Beklagten dienen. Soweit der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit des Landes Nordrhein-Westfalen in seinen Stellungnahmen die Unabhängigkeit der Gutachter bereits im Verwaltungsverfahren fordert, besteht dafür keine gesetzliche Grundlage. Seiner Einschätzung, dass die fehlende Unabhängigkeit der Gutachter gleichzeitig einen Verstoß gegen die Bestimmungen des Datenschutzes begründe, ist deshalb ebenfalls nicht zu folgen.

Unerheblich ist vor diesem Hintergrund schließlich der Einwand der Klägerin, die Firma IMB biete keine Gewähr für die notwendige Objektivität und könne deshalb nicht mit der Erstellung gerichtlicher Sachverständigengutachten beauftragt werden. Diese Einschätzung, die auch das Landgericht Köln in seinem Beschluss vom 15.01.2004 - 23 T 1/04 - teilt, mag für das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten gelten, sie hindert die Beklagte aber nicht daran, die Firma IMB im Verwaltungsverfahren einzuschalten und sich von dieser ein Privatgutachten erstellen zu lassen.

V. Aufgrund der dargestellten Verletzung der Mitwirkungsobliegenheit steht der Klägerin derzeit gemäß § 78 Abs. 4 Satz 1 der Satzung der Beklagten kein Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Aufwendungen zu.

Auf die Frage, ob die Aufwendungen angemessen und notwendig im Sinne der Satzungen der Beklagten sind, kommt es deshalb nicht an. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens zu dieser Frage, bedarf es dementsprechend nicht. Die Klägerin hat allerdings die Möglichkeit, ihre Mitwirkung - auch nach Klageabweisung - nachzuholen und nachträglich die Behandlungsunterlagen der Beklagten vorzulegen. Sofern dies innerhalb der Verjährungsfrist geschieht, ist diese nach dem oben dargelegten Verständnis der maßgeblichen Satzungsbestimmungen verpflichtet, auf der Grundlage der vorgelegten Krankenunterlagen erneut über die Ansprüche des Mitglieds zu entscheiden. Schließt sich danach eine gerichtliche Auseinandersetzung an, dann erst hat das Verwaltungsgericht - ggf. unter Einschaltung eines gerichtlichen Sachverständigen - in der Sache zu entscheiden. Diese Auslegung entspricht auch der Rechtsprechung der Zivilgerichte bei vergleichbaren Konstellationen in der privaten Krankenversicherung (vgl. etwa OLG Nürnberg, Urteil vom 08.10.2007, aaO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Beschluss vom 24. November 2011

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.298,26 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).






VGH Baden-Württemberg:
Urteil v. 24.11.2011
Az: 2 S 2295/10


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/2258436aef19/VGH-Baden-Wuerttemberg_Urteil_vom_24-November-2011_Az_2-S-2295-10




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