Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. März 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 346/02

(BPatG: Beschluss v. 09.03.2005, Az.: 32 W (pat) 346/02)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 41 - vom 28. Mai 2002 aufgehoben.

Gründe

I.

Am 5. Juli 2001 ist die Wortmarke Odenwaldschulezur Eintragung in das Markenregister für die Dienstleistungen in Klasse 41 Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitätenangemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung zunächst in einem Zwischenbescheid vom 6. August 2001 beanstandet. Die Bezeichnung weise den angesprochenen Verkehr lediglich auf irgendeine beliebige Schule im Odenwald hin. Mithin fehle jegliche Unterscheidungskraft. Zudem sei sie als Angabe über die geografische Herkunft der Dienstleistungen freihaltebedürftig.

Der Anmelder hat in der Sache eingehend erwidert. Die Odenwaldschule im Heppenheimer Stadtteil Ober-Hambach sei bereits im Jahre 1910 durch den Reformpädagogen Paul Geheeb als Landschulheim gegründet worden. Sie genieße als Privatschule bundesweit und sogar über die Grenzen Deutschlands hinaus Bekanntheit. Das Stichwort "Odenwaldschule" finde sich in Enzyklopädien (Brockhaus, Meyer) sowie im Lexikon der Schulpädagogik. In den beteiligten Verkehrskreisen - Schüler, die eine derartige Privatschule mit besonderer Erziehungsform besuchen wollten, und deren Eltern - sei die Bezeichnung durchgesetzt.

Durch Beschluss vom 28. Mai 2002 hat die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle der angemeldeten Marke die Eintragung versagt. Unter Hinweis auf Internet-Seiten wird ausgeführt, es sei üblich, Schulen nach einer geografischen Region zu benennen. Eine Durchsetzung im Verkehr sei nicht glaubhaft gemacht oder nachgewiesen worden.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er stellt den Antrag, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. Mai 2002 aufzuheben und die Wortmarke Odenwaldschule in das Markenregister einzutragen.

Unter Hinweis auf beigefügte Veröffentlichungen in Zeitungen, Zeitschriften und Fachbüchern, Schulprospekte und Stellungnahmen von z.T. wissenschaftlich tätigen Pädagogen wird an der Auffassung festgehalten, die Bezeichnung Odenwaldschule sei im Verkehr durchgesetzt.

In einem Zwischenbescheid des (damaligen) Berichterstatters vom 21. April 2004 wurde darauf hingewiesen, dass einer Eintragung der angemeldeten Marke das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegenstehe und dass eine Durchsetzung im Verkehr - bezogen auf das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland - fraglich sei.

Der Anmelder hat eingehend erwidert und weitere Auszüge und Zeitungs- und Zeitschriftenveröffentlichungen zum Beleg der - hilfsweise geltend gemachten - Verkehrsdurchsetzung vorgelegt. Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den gesamten Inhalt der Amts- und Gerichtsakten, insbesondere die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen, Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig (§ 66 MarkenG).

Der Senat macht von seiner Befugnis Gebrauch, den angefochtenen Beschluss aufzuheben ohne in der Sache selbst zu entscheiden (§ 70 Abs. 3 Nr. 3 MarkenG), weil die im Laufe des Beschwerdeverfahrens eingereichten Unterlagen Anhaltspunkte enthalten, dass eine Glaubhaftmachung der Verkehrsdurchsetzung möglich ist.

Von Hause aus (d.h. unabhängig von jeder Benutzung) ist die Bezeichnung Odenwaldschule allerdings nicht schutzfähig, weil einer Eintragung die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht. Danach sind Marken von der Registrierung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr u.a. zur Bezeichnung der Art und der geografischen Herkunft der Dienstleistungen dienen können. Das Wort Odenwaldschule ist geeignet, die beschreibenden Hinweise zu geben, dass es sich bei den angebotenen Dienstleistungen um solche handelt, welche seitens einer im Odenwald gelegenen Schule erbracht werden. Dass der Odenwald ein in ganz Deutschland bekanntes Mittelgebirge ist, kann nicht ernsthaft zweifelhaft sein. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (GRUR 2004, 674 - KPN Postkantoor, Rn 86) fehlt einer Wortmarke, die Merkmale von Dienstleistungen - also auch Art und geografische Herkunft - beschreibt, aus diesem Grunde zwangsläufig auch die Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) in Bezug auf diese Dienstleistungen.

Die genannten Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG würden jedoch einer Eintragung nicht entgegenstehen, wenn die angemeldete Marke gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG in Folge ihrer Benutzung für die beanspruchten Dienstleistungen in den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt wäre. Da die Regelung des § 8 Abs. 3 MarkenG auf harmonisiertem europäischen Recht beruht, kommt es darauf an, ob die Marke in Folge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft erworben hat (Art. 3 Abs. 3 Markenrichtlinie). Dafür, dass dem so sein könnte, liegen nach Auffassung des Senats gewichtige Anhaltspunkte vor, die allerdings eine abschließende Prüfung durch das Deutsche Patent- und Markenamt erforderlich machen. Diese Beurteilung gilt zumindest für die Dienstleistungen "Erziehung, Ausbildung, sportliche und kulturelle Aktivitäten"; bezüglich "Unterhaltung" müsste der Anmelder noch näher darlegen, welche Unterhaltungsangebote wem gegenüber unter dieser Bezeichnung erbracht werden.

Die zuständige Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts wird zunächst den gesamten Akteninhalt, sowohl des patentamtlichen Verfahrens wie des gerichtlichen Beschwerdeverfahrens, insbesondere die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen, (z.T. nochmals) auszuwerten haben. Dies bedingt die Beiziehung auch der Akten des Bundespatentgerichts. Sofern dann noch Zweifel an einer Verkehrsdurchsetzung verbleiben sollten, wäre eine weitere Aufklärung vor allem durch Befragung fachkundiger Stellen angezeigt. Als solche kommen zunächst die Landesschulverwaltungen (Kultusministerien) in Betracht, wobei sich die Auskünfte allerdings nicht auf das Sitzland (Hessen) sowie die sonstigen am Odenwald beteiligten Länder (Baden-Württemberg und Bayern) beschränken sollten, sondern wegen der erforderlichen Durchsetzung in ganz Deutschland zumindest auch einige weiter entfernt liegende Länder in die Anfrage einzubeziehen wären. Sodann könnten Auskünfte unabhängiger pädagogischer Fachleute - z.B. an Universitäten und Einrichtungen der pädagogischen Forschung - eingeholt werden. Eine Verkehrsbefragung (z.B. durch Marktforschungsunternehmen) dürfte demgegenüber im vorliegenden Sonderfall kaum möglich sein, da sich der Kreis der an einer internatsmäßigen Schulausbildung besonderer pädagogischer Prägung Interessierten - Schüler und deren Eltern - kaum hinreichend sicher bestimmen und abgrenzen lässt. Was das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG anbetrifft, so könnten auch öffentliche Schulträger (Landkreise, kreisfreie Städte) befragt werden, ob sie eine Notwendigkeit der Freihaltung dieser Bezeichnung von Monopolrechten sehen (und ggfls. aus welchen Gründen). Eine solche Anfrage würde allerdings nur bei solchen Schulträgern Sinn machen, deren Gebiet im oder am Odenwald liegt.

Viereck Kruppa Merzbach WA/Pü






BPatG:
Beschluss v. 09.03.2005
Az: 32 W (pat) 346/02


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