Hessischer Verwaltungsgerichtshof:
Beschluss vom 4. Juni 1998
Aktenzeichen: 8 TG 4000/97

(Hessischer VGH: Beschluss v. 04.06.1998, Az.: 8 TG 4000/97)

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes in Gestalt der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage des Antragstellers gegen einen Auskunftsbescheid.

Mit Schreiben vom 17. September 1996 richtete die Antragsgegnerin durch den Leiter der Handelsüberwachungsstelle der Wertpapierbörse, Herrn, an den Antragsteller ein Auskunftsersuchen mit folgendem Wortlaut:

"Auskunftsersuchen gem. § 1 b BörsG

Sehr geehrter Herr

Bitte teilen Sie uns mit, welche Vereinbarungen Sie mit Ihrem Angestellten, Herrn Kursmaklerstellvertreter, in 1995 getroffen hatten hinsichtlich der Verrechnung angefallener Kursdifferenzen aus Aufgabegeschäften für Werte Ihres Skontros

a)während der Zeit einer Abwesenheitsvertretung,b)während der Zeit einer Anwesenheitsvertretung zu Ausbildungszwecken bzw. in sogenannten "Spitzenzeiten",c)während Ihrer Anwesenheit ohne die Übertragung von Vertretungsfunktionen.Wir wären Ihnen dankbar, wenn uns die Antwort bis zum 24. September 1996 vorliegen würde.

Mit freundlichen Grüßen

Anlage: Belehrung"

Mit Schreiben vom 27. September 1996 fragte der Antragsteller unter Bezugnahme auf dieses Auskunftsersuchen bei der Handelsüberwachungsstelle an, inwieweit die Kenntnis über Vereinbarungen zwischen ihm und seinem Mitarbeiter, dem Kursmaklerstellvertreter zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben erforderlich sei. Auf diese Frage reagierte die Handelsüberwachungsstelle mit Schreiben vom 8. Oktober 1997, in welchem sie ausführte, daß ihr Auskunftsersuchen auf § 1 b Abs. 3 BörsG gestützt sei. Durch diese Vorschrift sei der Handelsüberwachungsstelle die originäre Befugnis übertragen worden, unter anderem auch von den Kursmaklern Auskünfte und die Vorlage von Unterlagen zu verlangen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sei. Einer weitergehenden Begründung bedürfe es nicht.

Mit Schreiben vom 16. Dezember 1996 bat die Handelsüberwachungsstelle, wiederum durch ihren Leiter, den Antragsteller um die Beantwortung weiterer, im Zusammenhang mit dem vom Antragsteller am 12. Mai 1995 getätigten Geschäftseingaben stehenden Fragen. Hierbei erinnerte die Handelsüberwachungsstelle unter Ziff. II. auch an die noch nicht erfolgte Beantwortung des Auskunftsersuchens vom 17. September 1996. Unter Ziff. II. des Schreiben heißt es sodann wörtlich:

"Ich fordere Sie auf, mir bis zum 27. Dezember 1996 die oben angeführten Fragen und das Auskunftsersuchen vom 17.09.96 detailliert zu beantworten. Sollten Sie dieser Aufforderung nicht fristgerecht nachkommen, werde ich ein Zwangsgeld in Höhe von DM 5.000,00 gegen Sie festsetzen."

Diesem Schreiben war neben einer Begründung, in welcher die Handelsüberwachungsstelle ihr aktuelles Auskunftsersuchen auf § 1 b Abs. 3 i.V.m. § 1 a Abs. 1 Satz 1 BörsG stützte, sowohl eine Belehrung über das Auskunftsverweigerungsrecht nach § 1 a Abs. 1 BörsG als auch eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt.

Mit Schreiben vom 26. Dezember 1996 legte der Antragsteller gegen das Auskunftsersuchen vom 17. September 1996 in Verbindung mit dem Schreiben vom 16. Dezember 1996, soweit sich dieses auch auf das Auskunftsersuchen vom 17. September 1996 beziehe, Widerspruch ein, den er im wesentlichen damit begründete, die Handelsüberwachungsstelle überschreite mit dem Auskunftsersuchen vom 17. September 1996 ihre Befugnisse. So sei die streitgegenständliche Anfrage nicht vom Aufgabenbereich des § 1 b BörsG erfaßt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 1997 wies die Handelsüberwachungsstelle, wiederum durch ihren Leiter, den Widerspruch des Antragstellers zurück und führte aus, der gegen das Auskunftsersuchen vom 17. September 1996 gerichtete Widerspruch sei unbegründet.

Zum einen verfolge das streitgegenständliche Auskunftsersuchen den Zweck zu klären, ob eine mißbräuchliche Nutzung der Börsengeschäftsabwicklung (BOEGA) durch die Eingabe sogenannter fingierter Geschäfte erfolgt sei. Solche fingierten Geschäfte lägen vor, wenn der Eingebende bewußt Geschäftsdaten vermeintlicher Börsengeschäfte eingebe, ohne daß ein entsprechender geschäftlicher Vorgang mit der bezeichneten Partei vorgelegen habe. Wie den BOEGA-Protokollen zu entnehmen sei, seien immer zwei Geschäfte im gleichen Wertpapier und über die gleiche Stückzahl eingegeben worden. Unter Benennung der Lombardkasse sei jeweils ein Wertpapierkauf und anschließender Verkauf zu einem niedrigeren Kurs in die BOEGA eingegeben worden, wobei zur Abwicklung das Depot von Herrn angesagt worden sei.

Insoweit bestehe eine originäre Überwachungskompetenz der Handelsüberwachungsstelle nach § 1 b Abs. 1 BörsG verbunden mit dem gegenüber den Handelsteilnehmern bestehenden Auskunftsrecht nach § 1 a Abs. 1 BörsG.

Zum anderen solle mit dem Auskunftsersuchen vom 17. September 1996 ein Abgleich dahingehend ermöglicht werden, ob Herr Geschäfte zu Zeiten getätigt habe, in denen er nicht für eine Vertretungstätigkeit gemeldet gewesen sei. Bezweckt sei damit eine Kontrolle der Einhaltung der Vertretungsregelung vom 29. Juni 1995, soweit es um Geschäfte gehe, die nach deren Inkrafttreten getätigt worden seien. Mit deren Überwachung sei die Handelsüberwachungsstelle seinerzeit auch durch die Hessische Börsenaufsichtsbehörde beauftragt worden.

Schließlich könne sich die geschilderte Vermögensverlagerung aus der Sphäre des Antragstellers als unzulässige Beeinträchtigung seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit darstellen. Auch diesbezüglich solle das Auskunftsersuchen vom 17. September 1996 die Aufklärung des Sachverhalts ermöglichen.

In dem Widerspruchsbescheid wurde die Beantwortung der im Auskunftsersuchen vom 17. September 1996 enthaltenen Fragen schließlich nochmals angeordnet und mit der Aufforderung verbunden, zu diesen Fragen bis zum 31. Januar 1997 Stellung zu nehmen. Im Falle eines fruchtlosen Fristablaufs werde anderenfalls das in der Verfügung vom 16. Dezember 1996 angedrohte Zwangsgeld festgesetzt.

Ferner war dem Widerspruchsbescheid als Anlage WB 1 die Kopie eines an den Vorstand der Kursmaklerkammer in adressierten Schreibens des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung vom 29. Juni 1995 beigefügt, in welchem auf die Neuregelung der Zulässigkeit der Vertretungen durch Kursmaklerstellvertreter bei Abwesenheit des Kursmaklers, in Spitzenzeiten sowie zu Ausbildungszwecken hingewiesen wird. In diesem Schreiben wird auch darauf aufmerksam gemacht, daß die Einhaltung dieser Regelungen durch das Staatskommissariat und durch die Handelsüberwachungsstelle überwacht werde.

Daraufhin hat der Antragsteller am 5. Februar 1997 Klage bei dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main erhoben, die unter dem Aktenzeichen 15 E 322/97 geführt wird, und zugleich einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt.

Der Antragsteller hat beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen Teil II. des Auskunftsbescheides der Handelsüberwachungsstelle an der Frankfurter Wertpapierbörse vom 16. Dezember 1996 in Verbindung mit dem Auskunftsersuchen vom 17. September 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Antragsgegnerin vom 22. Januar 1997 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Im Laufe des Eilverfahrens ist der Kursmaklerstellvertreter aus seiner beruflichen Position ausgeschieden. Gegen den Antragsteller erging mit Bescheid der Börsenaufsichtsbehörde vom 30. Juni 1997 eine Entlassungsverfügung, deren sofortige Vollziehung angeordnet wurde. Auch gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Frankfurt am Main sowohl Klage erhoben als auch einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gestellt, dem das Verwaltungsgericht durch unanfechtbaren Beschluß vom 28. Oktober 1997 - 15 G 2083/97 - entsprochen hat.

Das Verwaltungsgericht hat den Eilantrag durch den angefochtenen Beschluß vom 10. September 1997 im wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, nach der gebotenen summarischen Prüfung erweise sich der angefochtene Bescheid vom 16. Dezember 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 1997 als rechtmäßig mit der Folge, daß das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das private Interesse des Antragstellers, von Vollziehungsmaßnahmen vorläufig verschont zu bleiben, überwiege. Der Bescheid sei sowohl formell wie auch materiell rechtmäßig.

In formeller Hinsicht bestünden zunächst keine Bedenken dahingehend, daß die Handelsüberwachungsstelle an der Wertpapierbörse für den Erlaß des Widerspruchsbescheides nicht zuständig gewesen wäre. Die Zuständigkeit ergebe sich allerdings nicht aus § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VwGO; denn die Handelsüberwachungsstelle nehme ihre Aufgaben nach § 1 b BörsG nicht im Wege der Selbstverwaltung wahr. Sie sei als Börsenorgan den Weisungen der Börsenaufsichtsbehörde unterworfen, wobei dieser sogar ein "Selbsteintrittsrecht" dahingehend zukommen, daß sie die Ermittlungen der Handelsüberwachungsstelle übernehmen könne (§ 1 b Abs. 1 Satz 3 BörsG).

Die Zuständigkeit der Antragsgegnerin ergebe sich aber aus § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwGO.

Der Bescheid vom 16. Dezember 1996 sei auch deswegen formell rechtmäßig, weil er die nach § 1 b Abs. 3 i.V.m. § 1 a Abs. 1 Satz 6 und 7 BörsG erforderliche Belehrung über das Zeugnisverweigerungsrecht enthalte. Unerheblich sei deshalb, daß in dem ursprünglichen Auskunftsersuchen vom 17. September 1996 diese Belehrung nicht aufgeführt gewesen sei.

Die Antragsgegnerin sei auch berechtigt, von dem Antragsteller die geforderte Auskunft zu verlangen. Rechtsgrundlage hierfür sei § 1 b Abs. 3 i.V.m. § 1 a Abs. 1 BörsG in der Fassung des Zweiten Finanzmarktförderungsgesetzes vom 26. Juli 1994 (BGBl. I S. 1749). Der Antragsteller gehöre als Kursmakler zu dem auskunftspflichtigen Personenkreis - anders als übrigens die Kursmaklerstellvertreter.

§ 1 a Abs. 1 Satz 1 BörsG sei besonders weit gefaßt. Das Auskunftsrecht der Handelsüberwachungsstelle sei allerdings an die Voraussetzung geknüpft, daß die Erteilung der Auskünfte zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sei. Die Aufgaben der Handelsüberwachungsstelle würden in § 1 b Abs. 1 BörsG beschrieben. Hiernach habe die Handelsüberwachungsstelle den Handel an der Börse und die Börsengeschäftsabwicklung zu überwachen. Nach § 1 b Abs. 1 Satz 2 BörsG habe die Handelsüberwachungsstelle Daten über den Börsenhandel und die Börsengeschäftsabwicklung systematisch und lückenlos zu erfassen und auszuwerten sowie notwendige Ermittlungen durchzuführen. Wann die verlangte Auskunft zur Wahrnehmung dieser Aufgaben erforderlich sei, könne nicht allgemein bestimmt werden, sondern richte sich nach den Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles. In jedem Fall müsse aber zumindest ein Bezug der erwünschten Informationen zu dem Aufgabenbereich der Handelsüberwachungsstelle erkennbar sein. Dies hat das Verwaltungsgericht im einzelnen ausgeführt.

Die Auskunftspflichten nach § 1 a Abs. 1 Satz 1 BörsG sollten gerade erst dem Feststellen der Tatsachen dienen, die einen Regelverstoß zum Gegenstand hätten. Zudem habe die Handelsüberwachungsstelle nach § 1 b Abs. 1 Satz 2 BörsG auch die notwendigen Ermittlungen durchzuführen. Dies schließe nach der Gesetzesbegründung die Pflicht ein, Untersuchungen bis zur Entscheidungsreife durchzuführen und die Ergebnisse an die Börsenaufsichtsbehörde und Börsengeschäftsführung weiterzuleiten. Dieser Aufgabe diene insbesondere die den Handelsteilnehmern nach § 1 a Abs. 1 Satz 1 BörsG obliegende Auskunftspflicht.

Nach dem dargelegten Maßstab sei die Erteilung der geforderten Auskunft für die Erfüllung der Aufgaben der Antragsgegnerin erforderlich. Es habe für die Antragsgegnerin Aufklärungsbedarf dahingehend bestanden, ob der Antragsteller in unzulässiger Weise Geschäfte zwischen sich und seinem Kursmaklerstellvertreter über das Börsengeschäftsabwicklungsprogramm BOEGA abgewickelt habe. Ferner habe bei der Antragsgegnerin der Eindruck entstehen können, daß es sich um sogenannte fingierte Geschäfte gehandelt habe.

Die Entscheidung der Handelsüberwachungsstelle lasse keine Ermessensfehler erkennen. Die Antragsgegnerin habe die in dem Bescheid vom 16. Dezember 1996 noch fehlende Darstellung der Ermessenserwägungen wirksam in dem Widerspruchsbescheid sowie durch ihre Antragserwiderung in dem vorliegenden Eilverfahren nachgeholt. Die Entscheidung sei auch mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar. Die Antragsgegnerin weise zu Recht darauf hin, daß das dem Antragsteller zustehende, aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG herzuleitende Recht auf informationelle Selbstbestimmung durch die Vorschriften des Börsengesetzes eingeschränkt worden sei. Im übrigen sei anzumerken, daß die Mitarbeiter der Antragsgegnerin der Verschwiegenheitspflicht des § 2 b Abs. 1 Satz 1 BörsG unterlägen.

Da das Auskunftsverlangen der Handelsüberwachungsstelle somit bereits nach den §§ 1 b Abs. 3 i.V.m. 1 a Abs. 1 Satz 1 BörsG rechtmäßig sei, könne die Kammer es dahingestellt lassen, ob der Bescheid auch deswegen zu Recht erlassen worden sei, weil die Handelsüberwachungsstelle damit gleichzeitig im Auftrag der Börsenaufsichtsbehörde nach den §§ 8 b Abs. 1, 2 Abs. 2 BörsG im Wege der Makleraufsicht tätig geworden sei.

Die in dem angegriffenen Bescheid enthaltene Zwangsgeldandrohung sei ebenfalls rechtmäßig. Die Vollstreckung sei nicht deswegen unzulässig, weil der Antragsteller als Kursmakler Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehme. Dem amtlichen Kursmakler komme eine Doppelnatur zu. Einerseits nehme er die Kursfeststellung als öffentlich-rechtliche Verpflichtung wahr. Andererseits erfolge die Vermittlung von Börsengeschäften zwischen den Börsenbesuchern auf zivilrechtlicher Grundlage. Vorliegend gehe es um den privatrechtlichen Aufgabenbereich des Antragstellers.

Die dem Antragsteller gesetzte Frist sei auch zumutbar im Sinne des § 69 Abs. 1 Nr. 2 Hessisches Verwaltungsvollstreckungsgesetz (HVwVG). Auch die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes von 5.000,00 DM begegne keinen rechtlichen Bedenken.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die vom Senat zugelassene Beschwerde des Antragstellers.

Zur Begründung wiederholt und vertieft der Antragsteller sein bisheriges Vorbringen. Nach Ansicht des Antragstellers ist § 1 b Abs. 3 i.V.m. § 1 a Abs. 1 Satz 1 BörsG keine hinreichende Rechtsgrundlage für das streitgegenständliche Auskunftsersuchen.

Bei dem Auskunftsersuchen gehe es allein um arbeitsvertragliche Vereinbarungen und damit um arbeitsrechtliche Fragen, für welche die Handelsüberwachungsstelle nicht zuständig sei. Auch lasse das Auskunftsersuchen keinen konkreten börsenrechtlichen Bezug erkennen. Vielmehr werde, indem sich die Handelsüberwachungsstelle nach der internen Verrechnung von Kursdifferenzen zwischen dem Antragsteller und seinem Stellvertreter erkundige, allein ein außerbörslicher und damit ein von der Auskunftskompetenz der Handelsüberwachungsstelle von vornherein nicht umfaßter Vorgang erfragt. Ob und inwieweit das Börsengeschäftsabwicklungssystem in unzulässiger Weise genutzt worden sein könne, gehöre zur Ebene der ordnungsgemäßen Geschäftspraxis des Antragstellers, die unter die Makleraufsicht nach § 8 a Abs. 1 BörsG und damit in den Zuständigkeitsbereich der Börsenaufsicht, nicht jedoch in den der hier tätig gewordenen Handelsüberwachungsstelle falle.

Im übrigen sei die vorliegende Verrechnungsweise von Kursdifferenzen im Jahre 1995 unproblematisch zulässig gewesen. So sei das bisher übliche Verfahren des Ansagens des Depots des Kursmaklerstellvertreters zum Ausgleich von negativen und positiven Kursdifferenzen erst mit Erlaß der Börsenaufsichtsbehörde vom 7. Februar 1996 an nicht mehr möglich gewesen. Erst von diesem Zeitpunkt an könne überhaupt eine Überprüfungskompetenz der Handelsüberwachungsstelle zur Kontrolle der Einhaltung von Handelsusancen bestehen.

Im Rahmen des § 1 a Abs. 1 Satz 1 BörsG seien Fragen unzulässig, die erst der Feststellung von Tatsachen dienten, die einen Regelverstoß möglicherweise zum Inhalt haben könnten. Die Ermessenserwägungen hätten nicht wirksam nachgeholt werden können.

Der Antragsteller macht weiterhin geltend, daß hinsichtlich des Leiters der Handelsüberwachungsstelle, Herrn der begründete Verdacht der Besorgnis der Befangenheit nach §§ 20, 21 Hessisches Verwaltungsverfahrensgesetz (HVwVfG) bestehe. Dieser habe sich vor seiner jetzigen Stellung selbst um das Amt eines Kursmaklers beworben, die Bewerbung jedoch zurückgezogen, als die Kursmaklerkammer und auch er - der Antragsteller - Zweifel hinsichtlich seiner fachlichen Kompetenz geäußert hätten.

Schließlich habe die Handelsüberwachungsstelle das streitgegenständliche Auskunftsersuchen auch an den falschen Adressaten gerichtet. In Ermangelung anderer Bestimmungen im Börsengesetz sei bei der Ermittlung des richtigen Adressaten auf die allgemeinen Grundsätze der Datenschutzgesetze zurückzugreifen. Danach gelte nach § 12 Abs. 1 Hessisches Datenschutzgesetz (HDSG) ebenso wie nach § 13 Abs. 2 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), daß personenbezogene Daten beim Betroffenen zu erheben seien. Betroffen von der begehrten Auskunft sei jedoch der (frühere) Stellvertreter des Antragstellers, Herr denn im Ergebnis gehe es um die Hintergründe der von Herrn getätigten Geschäftseingaben während seiner - des Antragstellers - Abwesenheit oder als sein Stellvertreter. Daher sei ein eigener Auskunftsbescheid - zumindestens jedoch eine Duldungsverfügung - gegen seinen Stellvertreter zu richten gewesen.

Im übrigen sieht der Antragsteller die Zwangsgeldandrohung als rechtswidrig an.

Der Antragsteller beantragt,

unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 10. September 1997 die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen Teil II. des Auskunftsbescheides der Handelsüberwachungsstelle der Antragsgegnerin vom 16. Dezember 1996 in Verbindung mit dem Auskunftsersuchen vom 17. September 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 1997 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Bei dem Auskunftsersuchen sei es vorrangig darum gegangen festzustellen, ob möglicherweise das Börsengeschäftsabwicklungsprogramm BOEGA in unzulässiger Weise genutzt worden sei. Eine Kursdifferenzverrechnung unter Nutzung der BOEGA sei bis einschließlich 1995 gerade nicht zulässig und üblich gewesen.

Soweit es im Rahmen des angegriffenen Auskunftsbescheides um die Überprüfung der für die Kursmaklerstellvertreter maßgeblichen Vertretungsregelungen gehe, beziehe sich das Auskunftsersuchen nicht auf Vereinbarungen für das ganze Jahr 1995, sondern vielmehr allein auf den Zeitraum nach Erlaß der Vertretungsregelung vom 29. Juni 1995. Gegenüber einer Einzelbefragung stelle die Vorgehensweise der Handelsüberwachungsstelle das mildere Mittel dar.

Der Antragsteller sei der richtige Adressat des Auskunftsbescheides. Das Börsengesetz enthalte hinsichtlich der Adressaten von Auskunftsersuchen der Börsenaufsicht und der Handelsüberwachungsstelle abschließende Regelungen. Für einen Rückgriff auf die Störerermittlung nach den allgemeinen Grundsätzen des Polizeirechts oder auf die Bestimmungen des Datenschutzgesetzes bleibe damit kein Raum, zumal es vorliegend nicht um die Erhebung personenbezogener Daten im Sinne des § 3 Abs. 1 BDSG gehe.

Auch habe von dem Erlaß eines gesonderten Auskunftsbescheides gegen den früheren Kursmaklerstellvertreter oder einer an diesen adressierten sofort vollziehbaren Duldungsverfügung abgesehen werden können. Der streitgegenständliche Auskunftsbescheid berühre keine subjektiven Rechte des Herrn. Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse unterfielen nicht dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.

Auch die Zwangsgeldandrohung sei rechtlich nicht zu beanstanden.

Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

Er verteidigt den angefochtenen Beschluß und führt ergänzend aus, Gegenstand des streitgegenständlichen Auskunftsersuchens der Handelsüberwachungsstelle sei die Frage, ob der Antragsteller als amtlich bestellter Kursmakler die börslichen Abwicklungssysteme in der Gestalt mißbraucht habe, daß er fingierte Geschäfte eingegeben habe. Die Ermittlungen der Handelsüberwachungsstelle hätten ergeben, daß der Antragsteller Geschäfte als börsliche Geschäfte deklariert habe, die keine Grundlage im Börsengeschehen hätten. Der diesbezügliche Aufklärungsbedarf beruhe insbesondere auf dem Umstand, daß die Geschäftseingaben mit einem summenmäßigen erheblichen Verlust von insgesamt ca. 400.000,00 DM auf dem Geschäftskonto des Antragstellers geführt hätten und aus Sicht der Börsenaufsicht es bedeutsam sei, welche Ursachen eine solche völlig unverständliche freiwillige Vermögensminderung unter möglicherweise mißbräuchlicher Verwendung des börslichen Abwicklungssystems habe.

Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung der Handelsteilnehmer der von einem Auskunftsersuchen möglicherweise betroffenen Dritten habe seine Schranken in den Regelungen der §§ 1 b, 1 a BörsG und werde ausreichend durch die Geheimhaltungspflichten der Angehörigen der Börsenaufsichtsbehörde und der Börsenorgane nach § 2 b BörsG geschützt.

Der Erlaß eines Auskunftsersuchens nach §§ 1 b Abs. 3, 1 a Abs. 1 Satz 1 BörsG oder der Erlaß einer für sofort vollziehbar erklärten Duldungsverfügung gegenüber dem ehemaligen Stellvertreter des Antragstellers sei nicht erforderlich. Selbst wenn möglicherweise der ehemalige Stellvertreter des Antragstellers die mißbräuchlichen Handlungen vorgenommen gehabt hätte, bleibe dennoch der Antragsteller für die ordnungsgemäße Nutzung der Systeme gegenüber der Börsenaufsicht verantwortlich. Der Antragsteller sei als Handelsteilnehmer nach §§ 1 a, 1 b BörsG zur Auskunft verpflichtet.

Auch die Ausführungen des Antragstellers zu den arbeitsrechtlichen Geheimhaltungspflichten könnten nicht das Erfordernis einer Duldungsverfügung gegenüber dem ehemaligen Kursmaklerstellvertreter begründen. Habe der (mögliche) Mißbrauch von Börsensystemen seine Grundlage in einer Vereinbarung zwischen dem Antragsteller und einem Dritten, so habe die Börsenaufsicht selbstverständlich ein diesbezügliches Auskunftsrecht, auch wenn es sich bei dieser Vereinbarung um eine Vereinbarung zwischen Personen handeln möge, die in einem arbeitsvertraglichen Verhältnis zueinander stünden. So gelte auch für die vergleichbare Vorschrift des § 44 Abs. 1 Nr. 1 Kreditwesengesetz, daß das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen Auskünfte verlangen könne und diese Auskünfte sich auch auf die Personalangelegenheiten der überwachten Institute beziehen könnten. Die geforderte Auskunft zu verweigern sei dem Antragsteller lediglich im Hinblick auf die Regelung des § 1 a Abs. 1 Satz 6 BörsG möglich. Diese Bestimmung sei abschließend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte des vorliegenden Beschwerdeverfahrens (2 Bände) und den Inhalt der Gerichtsakte des Klageverfahrens beim Verwaltungsgericht Frankfurt am Main 15 E 322/97 Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung waren.

De.

Gründe

Die zugelassene Beschwerde ist zulässig aber nicht begründet.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht den Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner Anfechtungsklage gegen den Auskunftsbescheid vom 17. September 1996 i.V.m. Ziff. II. des Auskunftsbescheides vom 16. Dezember 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 1997 abgelehnt. Der nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellte Antrag ist nämlich unbegründet. Der angefochtene Auskunftsbescheid ist offensichtlich rechtmäßig, so daß das öffentliche Vollzugsinteresse - wie es auch in § 1a Abs. 3 BörsG in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Juli 1996 (BGBl. I S. 1030) zum Ausdruck kommt - überwiegt, zumal der Antragsteller über die Frage der Rechtmäßigkeit des Auskunftsbescheides hinausgehende Gesichtspunkte, wonach sein privates Aussetzungsinteresse überwiegen könnte, nicht dargelegt hat.

Der Auskunftsbescheid vom 17. September 1996 i.V.m. Ziff. II. des Auskunftsbescheides vom 16. Dezember 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 1997 ist sowohl formell wie auch materiell rechtmäßig.

Die Handelsüberwachungsstelle der Antragsgegnerin war zum Erlaß des streitgegenständlichen Auskunftsersuchens befugt. Soweit sie im Rahmen ihrer originären Aufgaben nach § 1b Abs. 1 Satz 1 BörsG gehandelt hat, folgt dies aus § 1b Abs. 3 i.V.m. § 1a Abs. 1 Satz 1 BörsG. Soweit sie im Rahmen der Aufsicht über die Kursmakler (vgl. § 8a BörsG) tätig geworden ist, beruht dies auf einer Beauftragung durch die Börsenaufsichtsbehörde nach § 8b Abs. 1 Satz 1 BörsG (siehe Schreiben der Börsenaufsichtsbehörde vom 13. Januar 1997 an die Handelsüberwachungsstelle, Bl. 124 f der Gerichtsakte) i.V.m. § 1a Abs. 1 Satz 1 BörsG.

Objektiv hinreichende Anhaltspunkte für die geltend gemachte Besorgnis der Befangenheit des Leiters der Handelsüberwachungsstelle im Sinne von § 21 Abs. 1 HVwVfG hat der Antragsteller nicht dargelegt. Daß der Leiter der Handelsüberwachungsstelle sich erfolglos um das Amt eines Kursmaklers beworben hat und seine diesbezüglichen Fähigkeiten auch vom Antragsteller in Frage gestellt wurden, stellt keinen Grund dar, der geeignet ist, Mißtrauen in dessen unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen und ihn zu einer Anzeige an die Aufsichtsbehörde zu veranlassen (§ 21 Abs. 1 HVwVfG).

Der Leiter der Handelsüberwachungsstelle durfte auch den Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 1997 erlassen. Die Antragsgegnerin - Handelsüberwachungsstelle - ist, auch soweit sie im Wege der Beauftragung durch die Börsenaufsichtsbehörde tätig geworden ist, die nach § 73 Abs. 1 Nr. 2 VwGO zuständige Widerspruchsbehörde. Im übrigen fehlt es für das Widerspruchsverfahren an einer dem § 41 Nr. 6 ZPO entsprechenden Regelung, der somit nach § 54 Abs. 1 VwGO nur für das verwaltungsgerichtliche Verfahren gilt.

Der streitgegenständliche Auskunftsbescheid, dessen Begründung im übrigen nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 HVwVfG, § 114 Satz 2 VwGO nachgeholt werden konnte, erfüllt auch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1b Abs. 3 i.V.m. § 1a Abs. 1 Satz 1 BörsG bzw. § 8b Abs. 1 Satz 1 BörsG i.V.m. § 1a Abs. 1 Satz 1 BörsG.

Mit dem Auskunftsersuchen verfolgt die Handelsüberwachungsstelle verschiedene Zwecke. Einerseits sieht sie Aufklärungsbedarf hinsichtlich der möglichen mißbräuchlichen Nutzung des Börsenabwicklungssystems der Antragsgegnerin durch den Antragsteller bzw. seinen früheren Stellvertreter. Andererseits dient das Auskunftsersuchen der Überwachung der Vertretungsregelung der Börsenaufsichtsbehörde vom 29. Juni 1995 sowie der Aufklärung hinsichtlich der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Antragstellers.

Nach § 1a Abs. 1 Satz 1 BörsG können Auskünfte u.a. verlangt werden von Kursmaklern, soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben (hier der Aufgaben der Handelsüberwachungsstelle) erforderlich ist. Ob dies auch ohne besonderen Anlaß geschehen kann, wie in dieser Bestimmung ausdrücklich geregelt, läßt der Senat dahingestellt. Im Streitfall liegen jedenfalls Anhaltspunkte dafür vor, die einen Aufklärungsbedarf rechtfertigen. Nach § 1b Abs. 1 Satz 1 BörsG überwacht die Handelsüberwachungsstelle den Handel an der Börse und die Börsengeschäftsabwicklung. Da im Streitfall in 66 Fällen gegenläufige Geschäfte (Kauf und Verkauf) mit positiven Kursdifferenzen in Höhe von ca. 400.000 DM durch den Antragsteller zugunsten des Depots seines früheren Kursmaklerstellvertreters angesagt worden sind, deren Hintergrund die Handelsüberwachungsstelle näher aufklären will, ist das Tatbestandsmerkmal "zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich" erfüllt. Ob diesen Vorgängen sogenannte fingierte Geschäfte zugrundelagen und deshalb ein unzulässiger Mißbrauch der Börsengeschäftsabwicklungssysteme der Antragsgegnerin anzunehmen ist, ist für die Frage der Zulässigkeit des streitgegenständlichen Auskunftsersuchens nicht entscheidungserheblich.

Wenn die Handelsüberwachungsstelle ferner die Einhaltung der Vertretungsregelung vom 29. Juni 1995 kontrollieren will, soweit es um Geschäfte geht, die nach deren Inkrafttreten getätigt worden sind, kann offenbleiben, ob dieser Zweck von § 1b Abs. 1 Satz 1 BörsG - nämlich der Überwachung des Handels an der Börse - erfaßt wird. Verneinendenfalls läge nämlich eine Beauftragung im Sinne des § 8b Abs. 1 Satz 1 BörsG durch die Börsenaufsichtsbehörde in dem Schreiben vom 29. Juni 1995 vor. Auch insoweit ist der Auskunftsbescheid zulässig.

Schließlich soll mit dem Auskunftsersuchen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Antragstellers aufgeklärt werden, da eine Vermögensverlagerung in Höhe von ca. 400.000 DM aus der Sphäre des Antragstellers in die seines früheren Stellvertreters erfolgt ist und daher eine unzulässige Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Antragstellers vorliegen könnte. Da die Prüfung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Börsenaufsichtsbehörde obliegt (siehe insbesondere § 8a Abs. 4 BörsG), bedurfte die Handelsüberwachungsstelle insoweit einer Beauftragung durch die Börsenaufsichtsbehörde nach § 8b Abs. 1 Satz 1 BörsG, die spätestens mit dem Schreiben der Börsenaufsichtsbehörde vom 13. Januar 1997 und damit vor Erlaß des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 1997 erfolgt ist. Auch insoweit sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für das streitgegenständliche Auskunftsersuchen erfüllt.

Das Auskunftsersuchen ist auch ermessensfehlerfrei ergangen. Es ist gegenständlich beschränkt auf die im Jahre 1995 zwischen dem Antragsteller und seinem früheren Stellvertreter getroffenen Vereinbarungen hinsichtlich der Verrechnung angefallener Kursdifferenzen aus Aufgabegeschäften für Werte seines Skontros während der Zeit einer Abwesenheitsvertretung, der Zeit einer Anwesenheitsvertretung zu Ausbildungszwecken bzw. in sogenannten "Spitzenzeiten" und während der Abwesenheit des Antragstellers ohne die Übertragung von Vertretungsfunktionen.

Die Handelsüberwachungsstelle hat rechtsfehlerfrei das Auskunftsersuchen an den Antragsteller gerichtet. Er gehört als Kursmakler zu den Handelsteilnehmern, die nach § 1a Abs. 1 Satz 1 BörsG primär zur Auskunft verpflichtet sind. Die Vertretungstätigkeit wird ihm zugerechnet. Auch er ist einer der beiden Vertragspartner. Soweit seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in Rede steht, erscheint darüber hinaus nur er als der zutreffende Adressat.

Ferner ist das Auskunftsersuchen auch verhältnismäßig. Wegen der relativ großen Anzahl von auffälligen Geschäftsvorfällen ist das Verlangen nach Offenlegung der Vereinbarung hinsichtlich der Verrechnung von Kursdifferenzen geeignet und erforderlich. Statt einer Vielzahl von Einzelauskunftsersuchen stellt es den geringstmöglichen Eingriff dar. Auch die zuletzt im Widerspruchsbescheid bis zum 31. Januar 1997 verlängerte Auskunftsfrist ist angemessen.

Schließlich stellt das Auskunftsersuchen keinen Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Antragstellers aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG dar. Nach § 4 Abs. 1 BDSG bzw. § 7 Abs. 1 HDSG ist die Verarbeitung personenbezogener Daten und deren Nutzung u.a. nur zulässig, wenn das Bundesdatenschutzgesetz bzw. das Hessische Datenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt oder anordnet. Insoweit ist das Recht des Antragstellers auf informationelle Selbstbestimmung durch § 1 Abs. 1a BörsG zulässigerweise eingeschränkt, so daß der Antragsteller sich im vorliegenden Fall nicht mit Erfolg darauf berufen kann, daß die Vereinbarungen zwischen ihm und seinem früheren Stellvertreter Teil einer vertraglichen Regelung sind. Ferner schließt auch seine etwaige nachwirkende arbeitsrechtliche Verschwiegenheitspflicht nicht aus, daß er die verlangte Auskunft erteilen muß. Einerseits ist das Auskunftsverweigerungsrecht in § 1a Abs. 1 Sätze 6 und 7 BörsG abschließend geregelt. Andererseits ist er insoweit durch die Geheimhaltungspflicht nach § 2b Abs. 1 BörsG geschützt.

Da auch arbeitsvertragliche Regelungen unter den Voraussetzungen des § 1a Abs. 1 Satz 1 BörsG Gegenstand eines Auskunftsersuchens sein können, bedurfte es schließlich auch keiner Duldungsverfügung gegenüber dem früheren Stellvertreter des Antragstellers, der im Rahmen seiner Stellung als Kursmaklerstellvertreter im Hinblick auf § 1a Abs. 1 Satz 1 BörsG nicht davor geschützt ist, daß der von ihm vertretene Kursmakler Auskünfte erteilt, die ihn in seiner Eigenschaft als Vertreter berühren.

Das Verwaltungsgericht hat auch zutreffend angenommen, daß die Zwangsgeldandrohung rechtmäßig ist. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Beschluß verwiesen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend weist der Senat darauf hin, daß etwaige Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit des in Ziff. III. des Bescheides vom 16. Dezember 1996 angedrohten Zwangsgeldes durch die Ziff. 3 im Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 1997 ausgeräumt worden wären.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Da der Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt und deshalb kein Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es nicht der Billigkeit, seine außergerichtlichen Kosten dem Antragsteller als unterliegenden Beteiligten aufzuerlegen (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 14 Abs. 1, 13 Abs. 1 Satz 2 und 20 Abs. 3 GKG. Trotz der Vorläufigkeit seiner Entscheidung sieht der Senat es im Hinblick auf die Bedeutung der Sache für den Antragsteller als angemessen an, den vollen Auffangstreitwert anzusetzen.

Die Befugnis zur Abänderung des erstinstanzlichen Streitwertes ergibt sich aus § 25 Abs. 2 Satz 3 GKG.

Dieser Beschluß ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).






Hessischer VGH:
Beschluss v. 04.06.1998
Az: 8 TG 4000/97


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/21c73fb1fe92/Hessischer-VGH_Beschluss_vom_4-Juni-1998_Az_8-TG-4000-97




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