Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. Februar 2000
Aktenzeichen: 28 W (pat) 45/99

(BPatG: Beschluss v. 16.02.2000, Az.: 28 W (pat) 45/99)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die seit dem 24. September 1996 für die Waren Stutenmilch, Stutenmilchprodukte, vorgenannte Waren auch als diätetische Erzeugnisse für nichtmedizinische Zwecke; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege aus Stutenmilch, nämlich Hautcremes und Lotioneneingetragene Marke 395 45 096 ist Widerspruch eingelegt aus der Marke 1 103 536 Equilaceingetragen seit dem 11. März 1987 für "Stutenmilch als Nahrungsmittel und Diätetikum".

Die Markenstelle hat den Widerspruch zurückgewiesen, da wegen des jeweils unterschiedlichen Gesamteindrucks der Marken eine Verwechslungsgefahr nicht zu befürchten sei und auch ein gedankliches Inverbindungbringen etwa in Form eines Serienzeichens ausscheide, zumal der gemeinsame Bestandteil "Equi" im einschlägigen Warensektor eine naheliegende Bedeutung darstelle.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der beiden Widersprechenden. Sie tragen vor, der übereinstimmende Bestandteil "Equi" sei nicht geschwächt, da zwar im Veterinärbereich, nicht jedoch auf dem Warengebiet der Klasse 29 entsprechende Voreintragungen vorhanden seien. Gegenüber den glatt beschreibenden Elementen "vita" und "lac" präge der Bestandteil "Equi" die Marken, so daß Verwechslungsgefahr anzunehmen sei.

Die Widersprechenden beantragen, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und die Löschung der jüngeren Marke anzuordnen.

Der Markeninhaber beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

II.

Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig, aber nicht begründet. Nach Ansicht des Senats besteht keine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Absatz 1 Nr 2 MarkenG zwischen den einander gegenüberstehenden Kennzeichnungen.

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr, die nach der Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu erfolgen hat, impliziert eine Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (BGH BlPMZ 1999, 226 "LION DRIVER"). Nach diesen Grundsätzen ist der Widerspruch mangels Verwechslungsgefahr zurückzuweisen.

Was die zu vergleichenden Waren betrifft, ist nach der hier maßgeblichen Registerlage von Warenidentität auszugehen, sofern es sich um Stutenmilch und Stutenmilchprodukte als Nahrungsmittel und als Diätetikum handelt. Soweit die angegriffene Marke darüber hinaus auch für Mittel zur Körper- und Schönheitspflege aus Stutenmilch, nämlich Hautcremes und Lotionen, geschützt ist, ist - wenn überhaupt - allerdings von einer eher unterdurchschnittlichen Ähnlichkeit, insbesondere zu den Diätetika auszugehen. Insgesamt sind an den von der jüngeren Marke einzuhaltenden Abstand damit strengere Anforderungen zu stellen.

Vor dem Hintergrund einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und unter Berücksichtigung der Tatsache, daß es sich vorliegend nicht gerade um Waren des täglichen Bedarfs, gerichtet an allgemeine Verkehrskreise, handelt, sondern um den Gesundheitsbereich berührende Spezialprodukte, die eher mit einem höheren Grad an Aufmerksamkeit erworben werden, hält die angegriffene Marke den erforderlichen deutlichen Abstand ein.

Bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit ist grundsätzlich auf den Gesamteindruck abzustellen, wobei auch zwischen den Beteiligten außer Streit steht, daß die Marken als Ganzes sowohl schriftbildlich als auch klanglich deutliche Unterschiede aufweisen, zumal die angegriffene Marke sich aus mehreren Wort- wie Bildbestandteilen zusammensetzt. Daher begegnet es bereits grundsätzlichen Bedenken, den Bestandteil "Equivita" der angegriffenen Marke allein der Widerspruchsmarke gegenüberzustellen, denn der markenrechtliche Schutz geht von der eingetragenen Gestaltung der Marke als Ganzes und nicht einzelner herausgelöster Elemente aus.

Dies schließt es im Einzelfall jedoch nicht aus, daß nur einem Markenelement eine besondere, das gesamte Zeichen prägende Kennzeichnungskraft zukommt und dieses dann bei der Prüfung der Markenähnlichkeit isoliert herangezogen wird. Das ist vorliegend insoweit der Fall, als gerade bei einer mündlichen Empfehlung, mit der bei Lebensmittel wie auch bei Kosmetika trotz überwiegendem Kauf auf Sicht weiterhin gerechnet werden muß, nicht auszuschließen ist, daß eine Benennung der jüngeren Marke ausschließlich anhand des Bestandteils "Equivita" erfolgen wird. Selbst wenn damit rechtlich nicht zu beanstanden ist, daß bei der Frage der Markenähnlichkeit der Bestandteil "Equivita" der angegriffenen Marke der Widerspruchsmarke isoliert gegenübergestellt wird, führt dies entgegen der Auffassung der Widersprechenden nicht bereits zwingend zu einer eine Verwechslungsgefahr begründenden Ähnlichkeit der Marken bzw Markenwörter, die als ganzes immer noch ausreichend verschieden sind.

Eine weitere Verkürzung der Marke auf den (dann identischen) Bestandteil "Equi" verbietet sich aber bereits aus registerrechtlichen Gründen. Eine Aufspaltung von Wörtern in einzelne Bestandteile setzt eine analysierende Betrachtungsweise des Verkehrs voraus, die nach der Lebenserfahrung in der Regel nicht zu erwarten und daher dem Markenrecht fremd ist.

Im konkreten Fall hat der Verkehr ohnehin keine besondere Veranlassung, sich bei den relevanten Markenwörtern allein am Bestandteil "Equi" zu orientieren. Vielmehr vermitteln beide Wörter jeweils einen einheitlichen Fantasiecharakter. Das gilt insbesondere für die Widerspruchsmarke, da das der lateinischen Sprache entnommene Wort "lac" für "Milch" gerade dem allgemeinen Verkehr nicht geläufig ist. Im Kosmetik-Bereich werden hierfür Bezeichnungen wie "Lotion" oder "Milk" verwendet. Der Verkehr dürfte damit kaum wahrnehmen, daß die Widerspruchsmarke beschreibende Angaben enthält bzw hieran angelehnt ist mit der Folge, daß der Verkehr auch keinen Anlaß hat, diese in ihre Bestandteile zu zergliedern. Die ebenfalls lateinische Ableitung des Wortes "Equi" und ihr Hinweis auf "Pferde" kann ohnehin allenfalls im veterinärmedizinischen Bereich, bei Landwirten und Pferdeliebhabern als bekannt angenommen werden, nicht jedoch bei den Verkehrskreisen, die Lebensmittel, Diätetika und Kosmetika nachfragen. Angesichts der damit allenfalls noch festzustellenden äußerst geringen Markenähnlichkeit kommt vor dem aufgezeigten Warenhintergrund eine unmittelbare Verwechslungsgefahr nicht in Betracht.

Auch eine Verwechslungsgefahr infolge gedanklichem Inverbindungbringen im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 Halbs 2 MarkenG scheidet aus. Für diesen Ausnahmefall fehlt es bereits an tatsächlichen Anhaltspunkten, daß der Verkehr zwar die beiden Marken als ganzes auseinanderhält, aufgrund von Gemeinsamkeiten fälschlicherweise aber dennoch auf eine übereinstimmende betriebliche Herkunft schließt. Insbesondere ist weder vorgetragen noch ersichtlich, daß die Widersprechende eine Zeichenserie unter Verwendung des Bestandteils "Equi" aufgebaut hat oder dieser Bestandteil aus anderen Gründen auf sie hinweist.

Im Ergebnis war die Beschwerde damit unter allen rechtlichen wie tatsächlichen Gesichtspunkten zurückzuweisen. Zu einer Kostenauferlegung bestand kein Anlaß.

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