Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Juni 2000
Aktenzeichen: 32 W (pat) 127/99

(BPatG: Beschluss v. 28.06.2000, Az.: 32 W (pat) 127/99)

Tenor

Der Beschluß des Deutschen Patentamts vom 29. Juni 1998 wird aufgehoben.

Gründe

I.

Beim Deutschen Patentamt ist die Bezeichnung

"Ginko"

für

"Dienstleistungen eines Service-Providers für Kommunikationsnetze; Vermittlung von Datenbankdienstleistungen; Vermietung der Zugriffszeit zu Datenbanken; Vermittlung von Zugriffsrechten und Zugriffszeiten auf das Internet sowie damit im Zusammenhang stehende Nebenleistungen und/oder Zusatzdienste, insbesondere Zurverfügungstellung von Standleitungen für den Internetzugang, Betrieb von Web (Kurzform für worldwideweb)-Servern für Dritte, Bereitstellung und Inbetriebnahme von FTP-Archiven für im Internet übertragene Daten sowie Beantragung und Verwaltung einer Domaine (gemeinsamer Name, unter dem eine gewisse Anzahl von Rechnern (Hosts) angesprochen wird) fürDritte, Bereitstellung von E-Mail (electronic mail)-Funktionen für Dritte, Durchführen von Maßnahmen zur Erhöhung der Datensicherheit der Internetnutzer"

zur Eintragung als Wortmarke angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patentamts hat die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung mit Beschluß vom 29. Juni 1998 durch eine Beamtin des höheren Dienstes zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die angemeldete Wortmarke "Ginko" beschreibe die Art der Dienstleistungen, nämlich Dienstleistungen eines Service-Providers für Kommunikationsnetze, die sich mit der Thematik des Ginkobaumes und der Wirkungsweise der Bestandteile dieses Baumes beschäftigten. "Ginko" sei eine weniger verbreitete, aber sowohl im DUDEN Universalwörterbuch A-Z, 3. Auflage 1996, als auch im DUDEN Das Fremdwörterbuch, 6. Auflage 1997, verzeichnete Schreibweise von "Gingko" und mithin ein den Nadelhölzern verwandter, in Japan und China heimischer Zierbaum mit fächerartigen Blättern. "Ginko" als Bezeichnung der Dienstleistungen eines Service-Providers werde deshalb von den angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres Nachdenken und selbst bei nur flüchtiger Betrachtungsweise als Hinweis auf Dienstleistungen eines Service-Providers verstanden, der eine Mailbox zum Thema des Ginkobaumes und der Wirkungsweise seiner Bestandteile betreibe und den Zugang zu dieser Mailbox gewähre. Aufgrund seiner Eignung, auf die Art der Dienstleistungen hinzuweisen, sei "Ginko" im Interesse der Mitbewerber der Anmelderin freizuhalten. Auch ein Disclaimer in dem Waren- und Dienstleistungsverzeichnis könne das Freihaltebedürfnis nicht ausräumen. Eine solche Einschränkung sei weder wirtschaftlich ohne weiteres nachvollziehbar noch rechtlich eindeutig abgrenzbar. Insbesondere sei unklar, ob nur Dienstleistungen ausgeschlossen werden sollten, die auf Ginko beruhten, oder solche, die für Ginko bestimmt seien oder dabei nützlich seien. Letztlich fehle der angemeldeten Marke wegen ihres beschreibenden Charakters das zur Eintragung erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft. Der angesprochene Verkehr werde die angemeldete Marke als Hinweis auf Dienstleistungen eines Service-Providers verstehen, der eine Mailbox zu der Thematik von Ginko und dessen Wirkungsweise betreibt.

Gegen diesen Beschluß hat der Anmelder Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führt er aus, bei "Ginko" handele es sich um die Abkürzung einer Firma, nämlich "Gesellschaft für Internet-Kommunikation mbH", die vom Anmelder gegründet worden sei. Es werde darauf hingewiesen, daß für den gleichen Anmelder für die entsprechenden Dienstleistungen der Klasse 42 die Marke "Ginster" problemlos eingetragen worden sei. In beiden Fällen handle es sich um Pflanzen, die sich theoretisch in Internetangeboten thematisieren ließen. Die Wortmarke "Ginko" diene nicht dazu, im Verkehr die Art der Dienstleistungen eines Service-Providers für Kommunikationsnetze zu bezeichnen. "Ginko" weise das notwendige Maß an Unterscheidungskraft für die konkret angemeldeten Dienstleistungen auf. Ebenfalls liege keinerlei Freihaltungsbedürfnis vor. Ein Service-Provider biete ausschließlich technische Dienstleistungen an, deshalb sei hierfür "Ginko" auch nicht freihaltungsbedürftig.

Der Anmelder beantragt, den Beschluß der Markenstelle der Klasse 42 vom 29. Juni 1998 aufzuheben.

Hilfsweise schränkt er das Dienstleistungsverzeichnis auf

"Dienstleistungen eines Service-Providers für Kommunikationsnetze, nämlich das Internet; Vermittlung von Datenbankdienstleistungen; Vermittlung von Zugriffsrechten und Zugriffszeiten auf das Internet sowie damit im Zusammenhang stehende Nebenleistungen und/oder Zusatzdienste, nämlich Zurverfügungstellung von Standleitungen für den Internetzugang, Betrieb von Web (Kurzform für worldwideweb)-Servern für Dritte, Bereitstellung und Inbetriebnahme von FTP-Archiven für im Internet übertragene Daten sowie Beantragung und Verwaltung einer Domaine (gemeinsamer Name, unter dem eine gewisse Anzahl von Rechnern (Hosts) angesprochen wird) für Dritte, Bereitstellung von E-Mail (electronic mail)-Funktionen für Dritte, Durchführen von Maßnahmen zur Erhöhung der Datensicherheit der Internet-Nutzer"

ein.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Amtsakte 397 59 253.1 Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Anmelders ist zulässig (§ 66 Abs 2 und 5 MarkenG). In der Sache erweist sie sich auch als begründet, da der Eintragung die absoluten Schutzhindernisse nach § 8 MarkenG nicht entgegenstehen.

Nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, denen für die Waren oder Dienstleistungen des Verzeichnisses jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Diese Voraussetzung ist für die vorliegend zu beurteilende Marke "Ginko" nicht gegeben.

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden (§ 3 Abs 1 MarkenG). Diese Eignung kann der angemeldeten Marke insbesondereangesichts der neuere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs nicht abgesprochen werden (vgl BGH BlPMZ 1999, 408 "YES"). Die Tatsache, daß "Ginkgo" oder auch "Ginko" ein in Japan und China heimischer Zierbaum ist (vgl Duden, Die deutsche Rechtschreibung, 1991, S 306; Duden, Rechtschreibung der deutschen Sprache 1996, 317), erweckt bei den angesprochenen Verkehrskreisen nicht den Eindruck, daß hiermit die im Hauptantrag aufgeführten Dienstleistungen beschrieben werden. Für sämtliche Dienstleistungen wirkt "Ginko" keineswegs unmittelbar beschreibend. Insoweit ist für den Verkehr wenig naheliegend, in Verbindung mit den beanspruchten Dienstleistungen anzunehmen, diese befaßten sich speziell mit dem asiatischen Zierbaum. Um zu dieser beschreibenden Angabe zu gelangen, bedarf es vielmehr einer analysierenden Betrachtungsweise, die indes einer Schutzversagung wegen fehlender Unterscheidungskraft entgegensteht.

Der begehrten Eintragung der Marke steht auch nicht § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegen, wonach von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen sind, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Beschaffenheit oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können und für die mithin ein Freihaltungsbedürfnis besteht. Eine solche Eignung als beschreibende Angabe ist vorliegend entgegen der Auffassung der Markenstelle nicht ersichtlich, da ein Hinweis auf "Ginko" als spezielles Thema der beanspruchten Dienstleistung fernliegend ist. Dementsprechend haben sich auch keine Anhaltspunkte dafür ergeben, daß die schutzsuchende Bezeichnung auf dem vorliegenden Dienstleistungssektor Verwendung findet oder in Zukunft benötigt werden könnte.

Nach alledem war der Beschwerde des Anmelders stattzugeben.

Dr. Fuchs-Wissemann Klante Sekretaruk Wf






BPatG:
Beschluss v. 28.06.2000
Az: 32 W (pat) 127/99


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